Warum es schwer ist, Fehler einzugestehen?
Es fällt vielen Menschen schwer, in einer Diskussion zuzugeben, dass sie falsch liegen oder dass das Gegenüber das stärkere Argument hat. Oft hängt das damit zusammen, dass wir unser eigenes Weltbild oder unsere Identität an bestimmte Meinungen koppeln. Wenn jemand dann diese Meinung widerlegt, fühlt es sich nicht nur wie ein logisches Gegenargument an, sondern fast wie ein persönlicher Angriff. Das macht es schwer, objektiv zu bleiben.
Ein weiteres Problem ist, dass viele stark an ihren Überzeugungen festhalten, selbst wenn sie objektiv betrachtet nicht stichhaltig sind. Manchmal liegt das an Gewohnheit, manchmal an Stolz, manchmal auch daran, dass wir Angst davor haben, die Kontrolle zu verlieren oder unsicher zu wirken.
Spannend finde ich die Frage: Wo ist eigentlich die Grenze zwischen „Der andere hat mich falsch verstanden“ und „Ich liege wirklich falsch“? Oft ist das nämlich gar nicht so leicht zu unterscheiden. Manchmal entsteht ein Missverständnis einfach durch unklare Ausdrucksweise oder unterschiedliche Definitionen von Begriffen. In anderen Fällen merkt man aber, dass die Argumente des Gegenübers stärker, logischer oder besser belegt sind – und dann ist es wohl eher ein Eingeständnis, dass man verloren hat.
Oft sagt man: Der Gewinner einer Diskussion ist nicht unbedingt der, der „Recht hat“, sondern derjenige, der argumentativ überzeugt. Das wirft eine spannende Frage auf: Woran erkenne ich, ob ich wirklich im Unrecht bin – oder ob ich es einfach nicht geschafft habe, meine Position klar genug auszudrücken? Und genauso: Woher weiß ich, ob mein Gegenüber die Argumente nicht versteht oder ob ich mich schlicht nicht verständlich ausdrücken konnte?
Vielleicht hängt es auch mit unserer Diskussionskultur zusammen: Geht es uns um die Wahrheitssuche oder ums Gewinnen? Denn wenn das Ziel ist, gemeinsam etwas zu verstehen, sollte es eigentlich kein „Verlieren“ geben, sondern nur ein „dazulernen“.