Sterben die Dialekte auch in anderen Sprachen aus?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

In Schweden gibt es durchaus noch Dialekte. Heutzutage ist man diesen auch freundlicher gegenüber eingestellt als früher, man kann auch z.B. bei der Wettervorhersage schon mal jemandem im schonischen Dialekt reden hören (Südschweden). Auch gibt es Sänger/Sängerinnen in den lokalen Dialekten (Hasse Andersson singt in Schonisch, auch im gotländischen Dialekt wird manchmal gesungen).

Andererseits ist die Entwicklung ähnlich wie in Deutschland: auf der Insel Gotland konnte ich das ganz gut hören, während jüngere Leute meist Standardschwedisch sprechen, kann man bei älteren Leuten noch den gotländischen Dialekt hören (die Vokale werden dort etwas anders gesprochen).

Manche Dialekte sind bedroht ("hotat"), etwa Älvdalisch (Älvdalska), nur noch 2500 Leute sprechen dies, auch dies sind eher ältere als jüngere Leute.

https://sv.wikipedia.org/wiki/%C3%84lvdalska

Finnlandschwedisch weicht durch die räumliche Trennung nach wie vor etwas ab vom Standard. Auch ganz im Norden gibt es abweichende Dialekte (oder nördlich von Stockholm). In Ångermanland ist man nicht "glad" (froh/glücklich), sondern "fäjjen". Der Hering heißt dort nicht "sill", sondern "strömming" (von dort kommt der surströmming).

Auch Dänemark und Norwegen haben weiterhin Dialekte. In Norwegen gibt es sogar zwei offizielle Schriftsprachen. In einem Comic, den ich mir da gekauft habe, wird in den modernen Comics Standardnorwegisch gesprochen, aber Hägar der Schreckliche (der dort Hårek heißt), spricht - wie sich das gehört - Nynorsk, eine Variante, die etwa zwischen Standardnorwegisch und Färöisch/Isländisch liegt, was zu der Wikingerstory gut passt. Norwegen hat auch 2 Wikipedia-Varianten.

Island selber hat praktisch keine Dialekte. Färöisch hingegen sehr wohl, da es zahlreiche voneinander getrennte Inseln gibt (ähnlich wie in Dänemark). In Dänemark sind die Dialektunterschiede sogar ziemlich erheblich. Manchmal wird auch im dänischen Fernsehen untertitelt (ähnlich wie bei uns schon mal Schweizerdeutsch untertitelt wird).

Die Leute, die in den USA "hillbillies" genannt werden, könnte man in Dänemark (scherzhaft) "bondeknolde" nennen, und auch in Kopenhagen versteht man die Landleute nicht immer, wenn sie von einer entfernten Insel kommen (auch Jütland - besonders der Süden - hat stark abweichende Dialekte).

A æ u å æ ø i æ å. (Südjütland) [kein Konsonant im ganzen Satz!]

Jeg er ude på øen i floden. (normales Dänisch)

Jag är ute på ön i ån. (Schwedisch)

Ich bin draußen auf der Insel im Fluss. (Deutsch)

Deutschland ist seit den letzten Jahren doch etwas überfremdet. Von daher sterben Dialekte zwangsläufig aus, denn viele Bürger sprechen die nicht.

Wenn ich mal in Deutschland bin, höre ich verhältnismäßig wenig Deutsch auf Straßen, Festen, in Einkaufszentren oder im Freibad und wenn, dann oft auch eine Art Behelfsdeutsch, also Hochdeutsch aber eben mit typischen Fehlerchen oder Vereinfachungen. Außer es handelt sich um Ältere. Unter Jüngeren Deutschen scheint ja sogar schon fast Englisch eine Option zu sein.

Im spanischsprachigen Raum gibt es zwei Tendenzen: Eine ist die, vor internationalem Publikum möglichst neutral zu sprechen. Die andere, durch Dialekt seine Herkunft zu betonen. Die meisten Youtuber oder Influencer, aber eben auch Geschäftsleute sprechen Spanisch neutral. Also immer, wenn man etwas international verkaufen will.

Gerade was Musik angeht, ist dagegen fast immer Dialekt dabei. Ebenso was den lokalen Umgang angeht. Da wird sehr fein unterschieden. Es dient dem Zusammenhalt und der Gruppenzugehörigkeit. Das geht nicht gegen Fremde, denn auch denen steht es frei, Dialekt zu reden. Dialekt ist also immer angesagt, wenn man seine Herkunft bezeugen will. Auch in der Musik, wo eben tropische Rhytmen auch sprachlich so klingen sollten.

FernandoGF  29.09.2023, 17:56

Nachtrag: Im Spanischen ist es auch so, dass vieles, was früher Dialekt war, heute als Standard der jeweiligen Region gilt. Es gibt also kein Hochspanisch mehr im eigentlichen Sinne. Selbst Spanisch aus Kastilien klingt für 95% der Spanischsprecher eben nach Dialekt.

1

In Italien gibt es in manchen Regionen sehr starke Dialekte, aber in den meisten sprechen die Leute maximal mit etwas das wir cadenza dialettica nennen. Also eine sehr schwache Form von Dialekt.

Ungefähr so, wie wenn ein Bayer Hochdeutsch redet - man hört trotzdem raus, dass der vermutlich irgendwo aus Bayern kommt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 2010 in Italien

In England gibt es heute einen gegenläufigen Trend. Die Standardsprache, "received pronounciation", die man auch als Oxford English kennt, gilt inzwischen als etwas altmodisch. Es gibt Prominente aus verschiedenen Regionen Englands, die mit einer mehr oder weniger deutlichen Dialektfärbung sprechen, das wird als authentisch und selbstbewußt angesehen.

In Russisch gibt es fast gar keine Unterschiede mehr. Die ursprünglich vorhandenen Dialekte sind schon zu Sowjetzeiten ausgestorben.

Bobop  04.12.2023, 22:14

Oder sie mussten aussterben ...

0