Sprachliche Unsitte (was ist das für ein Hochdeutsch)?
Guten Abend,
in letzter Zeit fiel mir immer wieder auf, dass vor allem "jüngere" Leute (ich sage mal unter 40) ein teilweise merkwürdiges Hochdeutsch sprachen, bei dem das "i" als "ü" gesprochen, z.B. "bestümmt" statt "bestimmt" oder "würklich" statt "wirklich". Mir ist das jetzt einige Male aufgefallen, z.B. bei beruflichen Veranstaltungen, aber auch in Schulen, wenn z.B. Vorträge gehalten werden.
Es handelt sich dabei nicht um Norddeutsche, sondern um Leute definitiv süddeutscher Herkunft, die hochdeutsch sprechen bzw. sprechen wollen.
Woher kommt diese Unsitte und was ist das für eine Art Hochdeutsch?
Danke & Grüße!
7 Antworten
Klingt für mich schlicht fränkisch. Der Apfel Grips ist hier der Grübs. Allerdings ist die Vokalverschiebung hier regional sehr unterschiedlich. Das kann wenig weiter auch Griebs lauten.
Könnte auch ein Akzent gewesen sein, der durch den heimatlichen Dialekt entstanden ist.
Also ich kenne jetzt diese Gruppe junger Leute nicht, aber es gibt auch in der Standardaussprache einen minimalen Unterschied bei verschiedenen i (je nach Wort und Silbe).
Stiefel [ˈʃtiːfl̩]
stimmt [ʃtɪmt]
Es gibt also sowohl das [i] als auch das etwas dunklere [ɪ] - dieses ist aber auch kein ü, sondern nur dem ü etwas ähnlicher. Es ist ein "zentralisierter" Vokal.
Ungerundeter zentralisierter fast geschlossener Vorderzungenvokal – Wikipedia
Ich habe das ü (anstelle des zentralen i) bei einigen Sprechern und Sprecherinnen schon mal gehört (auch bei jüngeren Leuten), konnte das aber bisher nicht so recht regional zuordnen.
Ja genau. :)
Habe ich alles schon gehört, aber manche Dinge sind nicht so leicht zuzuordnen.
Das würde ich noch nicht als Unsitte bezeichnen, da gibt es viel Schlimmeres. Vielmehr sehe ich das als Mundart, die sich eben eingebürgert hat.
Kein Mensch spricht schließlich alle Worte genauso aus, wie sie geschrieben werden. Meine Tochter lernt grade lesen und schreiben. Da fällt mir immer auf, wie oft wir z.B. den Buchstaben "R" verschlucken. Kein Mensch sagt schließlich " HeRd" oder KoffeR".
Solange die Leute es richtig schreiben, ist mir das ziemlich egal.
[heᵃt] = Herd, [gə'feᵃtǝ] Gefährte, ['kɔfa] = Koffer und ['viːda] wieder/wider sind die standarddeutsche Aussprache dieser Wörter.
Bei dir klingt es so, als wäre diese Aussprache falsch, denn du sagst "Solange die Leute es richtig schreiben, ist mir das ziemlich egal." Diese Aussprache ist aber korrekt.
So habe ich das nicht gemeint. Auch ich sage es ja so. Meine Antwort sollte vielmehr verdeutlichen, dass die geschriebene und die gesprochene Sprache oft auseinander gehen.
Es regt mich also nicht auf, wenn jemand "bestümmt" sagt. Würde er es aber so schreiben, kämen mir Grundfragen.
Das ist entweder eine bewusst Betonung bzw. Anzeichen für Sarkasmus oder eventuell regional norddeutsch. Einige Norddeutsche sagen bspw. regulär "Kürche" statt Kirche.
Aber "bestüüüümmt" ist mehr ein Versuch, seine Skepsis zu bekunden.
Ich weiß, was du meinst.
Es wird aber nicht lang oder skeptisch oder sarkastisch betont, eher typisch "norddeutsch", obwohl es keine Norddeutschen sind.
Das ist mir auch schon aufgefallen.
Vielleicht ist es nur eine Angewohnheit.
Es ist Grenze Franken/Schwaben gewesen, aber hochdeutsch, kein fränkisch.