Die haben das in dem Beitrag leider sehr verallgemeinert.
Wenn ich google, was man nicht sagen darf in Deutschland, finde ich nur eine relativ kleine Liste von Naziparolen.
Auf der anderen Seite scheint es für einige Mitbürger normal zu sein, Menschen, die sie nicht mögen, online Todesdrohungen zu schicken. Das hört man relativ häufig von Nicht-Promis, die mal in den Medien waren. Selbst von einer harmlosen Sendung über Training mit Tieren habe ich von den Trainern gehört, dass jeder der teilnehmenden Trainer schon Hassmails und Drohungen bekommen hat (ob das Todesdrohungen waren, weiß ich nicht)! Das waren nur Menschen, die bspw. gezeigt haben, wie man mit unsauberen Katzen umgeht und Ähnliches. Man würde nicht glauben, dass so ein Thema überhuapt irgendjemanden stören könnte!
Und dann ist es immer noch ein großer Unterschied, ob ich öffentlich schreiben würde, dass ich die Trainerin nicht mag, weil mir bspw. ihr Aussehen nicht gefällt oder erkläre, warum ich ihre Trainingsmethde oder Herangehensweise schlecht finde (was ja alles erlaubt wäre), oder sie als Person angreifen oder beleidigen würde. Das wäre nicht erlaubt, aber auch absolut unnötig! Meine Meinung dürfte ich dennoch schreiben, ich müsste mir nur erst mal bewusst werden, was denn genau meine Meinung ist!
Ich darf auch schreiben "bei der Problemlösung wurde ich wirklich wütend, weil ich die Methode absolut unsinnig finde".
Die Frage ist trotzdem: Wie viele dieser Fälle werden verfolgt und welche genau? Wie intensiv muss die "Hassrede" sein?
MUSS man wirklich Menschen gegen andere aufbringen, indem man die anderen verunglimpft oder gar bedroht oder zur Bedrohung oder sogar Straftaten gegen diese Menschen aufruft?
Ich habe mal vor Jahren regelmäßig auf Tumblr gelesen. Da war ich ziemlich erschrocken über die Häufigkeit der Aufrufe "kill all Xyz/ kill yourself, Xyz" und wie unspektakulär diese aufgenommen und verwendet wurden. Mir kam sofort der Gedanke "wenn ich Xyz wäre und selbstmordgefährdet, könnte mir das den letzten Grund geben".
Tumblr selbst hat aber offenbar diese Aussagen nicht gesperrt oder geahndet.
Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass so etwas nicht okay ist, weil man nie weiß, wer das liest, wie es dem geht und was er damit verbindet und dann für sich entscheidet, finde ich schon sehr gut.
Und mal ehrlich, es wäre nicht verboten, zu sagen, was man empfindet und warum man bestimmte Inhalte schlecht findet. Man muss ja nicht sagen "kill yourself, Xyz", sondern "wenn du dies und jenes sagst, fühle ich mich so und so und ich finde nicht, dass jemand verdient hat, sich aufgrund seiner Identität so zu fühlen".
Meinungsäußerungen sind mMn immer noch zulässig, wenn sie eben niemanden bewusst angreifen, beleidigen oder zu Straftaten gegen ihn aufrufen.
Erinnert sich noch jemand an Liliana von GNTM? Die wurde in der Sendung sehr negativ dargestellt (wofür sie nichts konnte und was sie in der Sendung selbst nicht mal bemerkte) und am Ende hatte sie einen Mob vor ihrem Haus, der sie mit Hasstiraden belagert und bedroht hat.
Ja, eine Seite der Geschichte ist der bewusste Umgang mit Gefühlen und Medien (die Belagerer hätten in der Schule und zu Hause mehr über die Grenzen anderer Menschen und angemessenes Verhalten lernen sollen), aber die andere Seite der Geschichte ist, was so etwas mit einem Menschen macht, wenn er dem nicht oder wenig entkommen kann. Und am Ende war es wohl von den meisten "nicht so gemeint", ihnen fehlte die Medienkompetenz, potenzielle Manipulation durch Schnitte etc. zu erkennen, aber ihnen fehlte auch das Bewusstsein für das eigne Handeln, für Grenzen, die man nicht überschreitet.
Wenn solche Umsetzungen der Gesetze dazu beitragen, dass wir alles und wieder mehr dieser Grenzen bewusst werden und nicht einfach Dinge sagen oder gar tun, die andere deutlich verletzen oder schädigen, dann ist das mMn eine gute Sache.
In den allermeisten Fällen DARF man schon etwas zum Thema sagen und auch seine Meinung sagen, aber sachlich und deutlich als Meinung gekennzeichnet und nicht verallgemeinert. Und eben ohne Gewaltaufruf oder Ähnliches.
In vielen Fällen sind wir uns einfach nicht bewusst, was wir wirklich meinen, fühlen, sagen wollen. Wir sagen eine Beleidigung und wollen eigentlich sagen "dein Verhalten hat mich verletzt oder beschämt". Das dürfen wir ja auch sagen, wir müssen es aber nicht über die Beleidigung tun. Nur dafür müssen wir reflektiert sein und oft etwas warten, bis die Wut oder Scham verraucht ist.
Ich mag mich irren, aber haben die USA nicht schon deutlich länger als Deutschland "Hassverbrechen" als Verbrechenskategorie? Also, die haben das jahrzehntelang eventuell schon strenger verfolgt als Deutschland?