Sollte der Schwangerschaftsabbruch legalisiert werden?

11 Antworten

Es ist ein schwieriges Thema.

Zunächst einmal sollte eine Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren (zB mit Abtreibungspillen im Essen) weiterhin eine Straftat bleiben, deswegen ist die komplette Abschaffung des §218 StGB keine Lösung.

Andererseits:

Niemand hat ein Leistungsrecht am Körper eines anderen - zB hat niemand ein Recht auf eine lebensrettende Organ- oder Blutspende, also warum sollte der Fötus hier besonders privilegiert sein?

Aber was ist dann mit Spätabbrüchen, die derzeit aus medizinischen Gründen möglich sind, und zwar während der gesamten Schwangerschaft?

Denn wenn man es ernst nimmt, dass niemand ein Recht am Körper eines anderen hat, dann wäre die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nur für Abbrüche gegeben, die stattfinden, bevor das Kind außerhalb der Gebärmutter lebensfähig ist, also vor der 24. Woche.

Ein ausführlicher Artikel zur Thematik findet sich auch hier Schwangerschaftsabbruch nach § 218: Quer zur Wirklichkeit - taz.de

Ich bin jedenfalls nicht "für" Abtreibung. Ich bin für Aufklärung und Verhütung, so dass es gar nicht erst soweit kommen muss.

Dennoch kann ich akzeptieren, dass manchmal eine Frau ungewollt schwanger wird und aus Gründen, über die ich nicht zu urteilen habe, eine Abtreibung möchte und dann ist es auch "ok".

Ich halte ganz grundsätzlich ein Abtreibungsverbot für nicht zielführend, deswegen kann und sollte man die aktuelle Fassung der §§218, 218a durchaus überarbeiten. 

Nur weil Abtreibungen verboten sind, heißt das ja nicht, dass es keine gibt. Es gibt sie halt dann im Ausland oder unter medizinisch, bzw. hygienisch fragwürdigen Umständen. Als der stern 1971 seine berühmte "wir haben abgetrieben"-Titelstory veröffentlichte, haben ja immerhin 374 Frauen öffentlich zugegeben, abgetrieben zu haben, obwohl es damals in Deutschland noch komplett illegal war. (Ja, okay, 373 - Alice Schwarzer zählt nicht, die hat gelogen, ich weiß).

Es gibt Frauen, die wollen einfach kein Kind. Und eine Sterilisation ist für kinderlose Frauen im gebärfähigen Alter noch schwerer zu bekommen als ein bezahlbarer Krippenplatz im Ballungsraum. Dann gibt es auch eine gar nicht mal so geringe Anzahl Frauen, die sich zuverlässige Verhütungsmittel wie Pille oder Spirale einfach nicht leisten können. Was bleibt denen denn? Enthaltsamkeit, klar. Wenn sie aber in einer Beziehung sind und der Partner "sein Recht einfordert"?

Es gibt hier halt eine Rechtekollision.

Auf der einen Seite ist die Frau und ihre Rechte und auf der anderen Seite das Ungeborene. In jedem Fall, wo es eine Kollision verschiedener Rechte gibt, muss man abwägen, welches Recht schwerer wiegt. Ein Kompromiss ist gerade bei der Abtreibung halt auch nicht möglich.

Ich persönlich habe ein Problem mit der Ansicht, dass grundsätzlich das Ungeborene wichtiger sein soll, als die Frau, in der es wächst. Wie weit geht man dann? Dürfen Schwangere nicht mehr Auto fahren, weil das gefährlich sein könnte für das Ungeborene? Dürfen Schwangere keine Kneipe mehr betreten, um geschützt zu werden vor Passivrauch? Wie viele Rechte der Schwangeren kann man einschränken, um das Ungeborene maximal zu schützen?

Deswegen muss es meiner Meinung nach möglich sein, rechtssicher und unter hygienisch und medizinisch einwandfreien Umständen abtreiben zu können, wenn die Schwangere das wünscht.

Ich bin absolut dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland nicht mehr nur unter bestimmten (und durchaus diskussionswürdigen) Bedingungen straffrei bleiben, sondern ganz grundsätzlich keine Straftat mehr darstellen sollten! Dass man sie generell als Straftat betrachtet, ist für meinen Geschmack einfach ein viel zu großer staatlicher Eingriff in die körperliche Selbstbestimmung von Frauen, man spricht ihnen die notwendige Reife ab, für sich, ihre Lebenssituation und ihren Körper mit ärztlicher Unterstützung diese Entscheidung treffen zu können.

That being said: natürlich sehe ich auch, dass es bei Schwangerschaftsabbrüchen um eine Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen und dem Schutz ungeborenen Lebens geht. Gerade durch die modernen, sich immer weiterentwickelnden medizinischen Möglichkeiten ist es inzwischen eben absolut möglich, dass ein Ungeborenes auch außerhalb des Uterus schon sehr viele Wochen vor dem natürlichen Ende einer Schwangerschaft überlebt.

Somit haben wir hier eben durchaus ein moralisch-ethisches Dilemma. Und um das zu lösen, ist es durchaus sinnvoll, wenn dort diese Abwägung als gesellschaftlicher Konsens ausgehandelt und in der dafür vorgesehenen Form - Gesetze - festgehalten wird.

Allerdings eben abseits des Strafgesetzbuches, also in einem eigenen Gesetz. Und bitte dann auch nur unter Beteiligung von faktenbasierter Wissenschaft - also ohne den großen Einfluss, den insbesondere die katholische Kirche auf den derzeitigen Stand hatte und hat.

In Deutschland gilt die Fristenlösung mit Pflichtberatungsgespräch. Das finde ich ausreichend. Bei einer kriminalistischen und medizinischen Indikation ist eine Unterbrechung der Gravidität sowieso straffrei. Es ist z.b. einem 14 jährigen Mädchen, daß vergewaltigt wurde, nicht zumutbar, ein Kind auszutragen. Ansonsten entscheidet jede Frau selber über ihren Körper und eine etwaige Abtreibung. Vor allem sollte niemand die Moralkeule schwingen, wenn man die Gründe der Frau nicht kennt.

brennspiritus  15.05.2023, 13:48

In Deutschland gilt nicht die Fristenlösung. Dann wären nämlich die ganzen Vorschriften zur Beratung etc. nicht notwendig. Eine Abtreibung ist strafbar außer...

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Rapunzel324  15.05.2023, 14:49
@brennspiritus

Was hat das bitte mit mir zu tun? Meine Kinder sind längst erwachsen. In Deutschland gilt! Ein Schwangerschaftsabbruch ist in den ersten 12 Wochen, nach der Befruchtung, d.h. logischerweise bis zur 14. SSW, mit Pflichtberatungsgespräch straffrei. Mit dieser Änderung trat in Deutschland eine faktische Fristenlösung in Kraft. Diese gilt seit dem 10.06.1993. Falls Du mir nicht glaubst, ein Gynäkologe/in erklärt Dir das sicher gerne.

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Ich bin da zwiegespalten.

Auf der einen Seite vernichtet man damit potenziell Menschenleben, was mit Mord gleichgesetzt werden kann, auf der anderen Seite gewährt man Frauen mehr Selbstbestimmungsrecht über deren eigenen Körper. Ob das Kind ein gutes Leben hat, wenn es ungewollt ist und von seiner Mutter verachtet wird, ist von der Situation abhängig. In manchen Fällen wäre es vielleicht besser gewesen, wenn das Kind nie auf die Welt gekommen wäre.

Heikles Thema..

Honeysuckle18  15.05.2023, 14:15

Eine Adoption wäre immer möglich - stimme dir ansonsten zu !

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Das finde ich auf jeden Fall. Bei solchen Themen ist ein Verbot absolut kontraproduktiv. Mal vom Recht auf körperliche Selbstbestimmung abgesehen, wenn Frauen unbedingt kein Kind bekommen möchte findet im Zweifel trotzdem ein Abbruch statt. Macht es eben unnötig gefährlich. Ich weiß auch nicht, ob ein von Anfang an ungeliebtes Kind glücklich im Leben wird. Leben um des Lebens Willen ist meiner Meinung nach nicht immer die beste Option.

Die Frage stellt sich mir eher, bis zu welchem Zeitpunkt das zu erlauben sei. 1 Monat? 3 Monate? 6? Solange die Fruchtblase nicht geplatzt ist? Ich könnte nicht für mich sagen, ab wann sich selbstständiges Leben definiert und ab welchem Zeitpunkt die Mutter "ihre Chance gehabt" haben soll.

Für mich persönlich wäre Abtreibung im Normalfall nie eine Option, allerdings hat das jede Frau selbst zu entscheiden, anstatt pauschal verboten zu sein.