Frage an Buddhisten: Warum seid ihr vom Buddhismus überzeugt bzw. könnt ihr mich überzeugen?

10 Antworten

  • ... fühlte mich dort deutlich wohler und richtiger am Platze

Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen, auch wenn man heute nicht mehr von einem einheitlichen Buddhismus sprechen kann.

  • Voll und ganz überzeugt bin ich aber leider noch nicht 

Hier wäre es natürlich gut, Einzelheiten zu erfahren.

  • Warum genau seid ihr vom Buddhismus überzeugt 

Schon relativ früh in meinem Leben las ich unter anderem auch Literatur über den Buddhismus, aber da gab es noch keinen plötzlichen „Urknall“, sondern es hat sich erst nach und nach aus diversen Vorkommnissen so ergeben. Am Anfang stand eine missliche Lage, während der ich mich an die erste edle Wahrheit erinnerte. In deren Folge beeindruckte mich der logische Aufbau der Lehre. Einer von etlichen weiteren Punkten ist das konkludente Leben Buddhas. U. a. tolerierte er auch andere Lehren und riet seinen Laienanhängern, ebenfalls andersgläubige Asketen zu unterstützen.

  • was könntet ihr sagen, um mich zu überzeugen?

Wir haben kein intrinsisches Verlangen, andere zu überzeugen und berichten nur, wenn jemand ernsthaft von sich aus fragt. Überprüfe grundlegend alles, was du hörst oder liest.

  • Auch wissenschaftliche Begründungen wären gerne gesehen 

Buddha hat nicht versucht, seine Erkenntnisse nach unseren wissenschaftlichen Vorstellungen zu beweisen. Marginal kann man seinen überlieferten Reden nach jedoch entsprechende Erkenntnisse entnehmen – so z. B. sprach er bereits von der Unendlichkeit des Raumes, als manch andere die Erde noch als Scheibe betrachteten.

  • Warum passen zum Beispiel eurer Meinung nach Buddhismus und heutige (Natur-)Wissenschaft gut zusammen 

Buddha erwähnte z. B. das ständige Entstehen und Vergehen von Welt-/Sonnensystemen als bei uns noch die Erde der Mittelpunkt des Universums stand. In entgegengesetzter Richtung waren es subatomare Teilchen (Suddhashtakas).

Allerdings gibt es genügend andere Dinge, die wissenschaftlich nicht beweisbar sind (Existenz über- und untermenschlicher Daseinsebenen, Karma, Reinkarnation usw.).

Tim0888 
Fragesteller
 02.04.2023, 13:13

Zu den Dingen, die nicht beweisbar sind; auch wenn es keine festen Beweise gibt, gibt es denn vielleicht aber Ansätze/Möglichkeiten/Theorien, um sie eventuell wissenschaftlich erklären zu können (welche?)?

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satian  02.04.2023, 16:46
@Tim0888

Da wären die außermenschlichen Daseinsbereiche (unterschiedliche Himmel und Höllen). Diese werden allerdings weder als Belohnung noch als Strafe und auch nicht als ewig andauernd sondern als karmische Folge dargestellt und gelten im Hinblick auf das Heilsziel (Nibbana) auch nicht als erstrebenswert. Eine (schwache) Parallele besteht hier zu "unserem Jenseits", wie es in der Esoterik-Szene beschrieben wird. Und genau hier finden wir - auch von ernstzunehmenden Wissenschaftlern - eine kaum zu überblickende Menge von Berichten über Nahtoderlebnisse sowie Erinnerungen an vorangegangene Leben. Einige davon entziehen sich möglichen natürlichen Erklärungen.

Aber im Prinzip ist das auch egal, denn das Betätigungsfeld des Buddhismus erstreckt sich nicht auf die naturwissenschaftlichen Bereiche. Wenn überhaupt dann können uns dahingehende Aussagen etwas über die Vertrauenswürdigkeit des Gründers sagen, ob er realistisch oder als verworrener Psychopath erscheint.

Hier sehe ich uns mit Buddha auf der "sicheren Seite" - in keiner seiner Aussagen finde ich - im Vergleich zu anderen Religionsstiftern - etwas, das ich persönlich nicht billigen könnte. Und wenn man zeitgenössische Gurus betrachtet, die z. B. von ihren "Fans" huldvoll den soundsovielten Rolls-Royce entgegennehmen und das mit Buddha vergleicht, der seinen Status als Prinz und designierter Herrscher aufgab und den Rest seines Lebens - trotz überwältigender Anerkennung durch seine Umwelt - als heimatloser Bettler verbrachte: (Ich habe) keine weiteren Fragen😉.

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Zunächst einmal ist „Buddhismus“ ein mindestens genauso weit gefasster Begriff wie „Christentum“. Es ziemlich viele ziemlich unterschiedliche Glaubensrichtungen im Buddhismus. Nur ein Beispiel: Eigentlich heißt es ja immer, Buddhismus sei keine monotheistische Religion, aber es gibt den Amidismus, der quasi-monotheistisch ist.

Buddhismus befasst sich (meiner laienhaften Erkenntnis nach) ausschließlich mit dem Tod. Die ganze Religion dreht sich darum, wie es gelingt, nach dem Tod der Wiedergeburt zu entgehen. Zwar geht es im Christentum letztendlich auch darum, ob man am Ende dann halt „in den Himmel“ kommt oder nicht, aber Buddhismus ist da noch viel mehr, ich nenne es mal „Jenseits-orientiert“ als Christentum. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass das in bestimmten Lebenssituationen zwar helfen kann, aber auch einen noch weiter herunterziehen, als man eh schon ist. Mittlerweile triggert mich schon der Geruch von Räucherstäbchen. Ich finde Buddhismus diesbezüglich ziemlich schwer, und habe eben zum Beispiel auch ein großes Verständnisproblem mit dem Konzept der „Sinnlosigkeit des Lebens“ im Buddhismus.

Mein persönlicher Grund, weshalb ich zum Buddhismus außerdem gespaltene Gefühle habe, war mal ein kurzer Aufenthalt bei einem buddhistischen Mönch, bei dem er mir viele Dinge über Buddhismus erzählt hat, unter anderem, dass es das Konzept von „Frieden“ nicht gibt im Buddhismus (in der Schule, der er anhängt), sondern nur „akzeptierendes Nebeneinanderleben“. Fand und finde ich schwierig.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan
Ayse28  22.04.2023, 23:50

Die Definition "Frieden" = "(gegenseitig) akzeptierendes Nebeneinanderleben" finde ich durchaus ganz gut gelungen.
Darf ich fragen, was Du darin vermisst und wie Du diese Definition abändern/verbessern würdest?

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warai87  23.04.2023, 00:17
@Ayse28

Es war ja dem Mönch sehr wichtig, mir zu erklären, dass „Frieden“ und „akzeptierendes Zusammenleben“ für ihn nicht dasselbe sind. Für mich klang es wie meine Definition von „Waffenstillstand“, also als sei es für ein temporärer Zustand „aus der Not heraus“ (zum Beispiel „eigentlich wollen wir nicht, dass Person X in der Nachbarschaft lebt oder man sich eine Grenze mit Land Y teilt, aber uns fehlen gerade die Mittel, dagegen vorzugehen, deshalb nehmen wir es hin“), der aber jederzeit beendet wird sobald diese „Not“ nicht mehr besteht. Ein echtes „Frieden-Mindset“ sollre für mich dauerhaft sein.

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Ayse28  23.04.2023, 01:37
@warai87

Danke für Deine Antwort.
Ich glaube, den Unterschied in beiden Sichtweisen nun besser zu erkennen.

Bei Buddhisten habe ich den Eindruck, dass nur das "Hier und Jetzt" wichtig ist. Und dass es darauf ankommt "wie Wasser" zu sein, wenn sich Randbedingungen ändern (oder: Wie ein Surfer auf der Welle - was meinem Denken mehr entspricht-: Immer im "Jetzt", aber halt stets ein bisschen anders.)

Von daher unterstelle ich Deinem Buddhisten jetzt mal, dass er einfach ganz pragmatisch den Status-Quo akzeptiert, ohne irgendwem böse zu sein. Und sich die Freiheit gestattet, bei sich ändernden Randbedingungen ggf. anders zu agieren. Die Akzeptanz betrifft also nur das "Hier und Jetzt" - das sich jeden Augenblick ändern kann. - Sie hat keinen raumzeitlichen Allgemeingültigkeitsanspruch.

Du wünscht Dir eher einen "verlässlichen" = dauerhaft gültigen Vertrag zwischen beiden Parteien, der (unabhängig von nicht im Vertrag explizit spezifizierten Randbedingungen) auf alle Zeit gültig ist.
Das ist ein hohes Gut Deiner Kultur und daher gut nachvollziehbar (römisches Recht + 2000 Jahre entsprechend gelebte Praxis).

Gleichzeitig mag der Buddhist (m.E. berechtigt) einwenden, dass dieser Denkweise ein (verallgemeinerndes und damit statisch machendes = dem Fluss des Lebens zuwider wirkendes) Konzept / gedankliches Konstrukt zugrunde liegt, das nicht notwendig in jedem Fall lebensdienlich ist und von Fall zu Fall (eben im "Hier und Jetzt") neu bewertet werden sollte.

Es würde mich interessieren, wie Du mit Deiner reichen Asien-Erfahrung darüber denkst: Wo klingt es an, wo siehst Du mich auf dem Holzweg?

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warai87  23.04.2023, 03:14
@Ayse28

Wow, was für ein sehr guter Kommentar! Meine Sichtweise hast du jedenfalls perfekt auf den Punkt gebracht und der Mönch kann es tatsächlich so gemeint haben. Fairerweise muss ich zugeben, dass diese Denkweise sich in der Realität ja auch weitaus häufiger bewahrheitet, siehe diverse aktuelle politische Streitigkeiten auf der Welt. Einen beispielsweise geopolitischen Status Quo, den ein Volk oder eine Landesregierung zu einem bestimmten Zeitpunkt akzeptiert, wird eine gewisse Zeit später vom selben Volk und der nächsten Regierung nicht unbedingt akzeptiert…

Meine Denkweise ist wahrscheinlich idealistisch und angesichts der typischen menschlichen Eigenschaften (eine gewisse Launenhaftigkeit) vermutlich leider utopisch. Dennoch halte ich diesen Idealismus aber für wichtig, denn ich sehe eine Gefahr dahingehend, dass man mit dem buddhistischen Konstrukt von stetiger Veränderung viel zu häufig selbst der Anstoß zu (nicht zwingend notwendiger, schlimmstenfalls egoistisch begründeter) Veränderung ist, die dann Reaktion beim Gegenüber bewirkt und man dann nicht mehr selbstkritisch zu erkennen in der Lage ist, dass die Veränderung beim Gegenüber (die in solchen Fällen ja oft erst recht schlecht ist) nur das Resultat des Anstoßes ist, den man selbst gegeben hat.

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Ich bin Soto-Zen-Buddhist und möchte versuchen, dir zu helfen.

Habe auch schon buddhistische Tempel/Einrichtungen besucht und fühlte mich dort deutlich wohler

Das ist natürlich erst einmal eine subjektive Wahrnehmung bzw. Bewertung. Da "der Buddhismus" aus vielen verschiedenen Traditionslinien (Theravada, Mahayana, Vajrayana) besteht, muss das nicht überall gleichermaßen gelten.

Warum genau seid ihr vom Buddhismus überzeugt

Ich bin nicht durch eine "spirituelle Suche" zum Buddhismus gekommen. Für mich war vor allem die Praxis von Zazen (Sitzmeditation) ausschlaggebend. Durch meine Praxis drückte sich das aus, was ich in anderen Konfession nur als ein passives "du musst glauben und vertrauen" kennen gelernt hatte.

Als weiteren wichtigen Faktor würde ich heute die Beschäftigung mit Schattenseiten des Buddhismus bezeichnen. Das erweiterte mein Verständnis wesentlich und bestätigte einige meiner instinktiven Abwehrreaktionen.

und was könntet ihr sagen, um mich zu überzeugen?

Ich habe nicht die Absicht, andere Menschen zu "bekehren" - auch nicht auf ihren Wunsch hin. Ob du Zuflucht nimmst, ist allein deine Verantwortung.

Tatsächlich kann es christlich geprägten Menschen sogar schwerfallen, "buddhistisch" zu denken, da etwa Konzepte wie göttliche Vergebung oder Gnade, das Konzept der Sünde und deren Bestrafung im Buddhismus fehlen.

Warum passen zum Beispiel eurer Meinung nach Buddhismus und heutige (Natur-)Wissenschaft gut zusammen?

Der moderne Buddhismus haftet nicht an alten Kosmologien, setzt keinen Glauben an einen Gott voraus und befasst sich mit der Wechselbeziehung zwischen Geist und Körper, den psychischen Zuständen.

Das macht ihn für manche Neurologen interessant.

Konzepte wie Karma - Aktivitäten des Geistes, der Sprache und das Körpers ziehen Folgen nach sich und manifestieren neue Wirkungen, die wieder zur Ursache für weitere Wirkungen werden - können zeitgemäß interpretiert werden.

Auch gibt es buddhistische Gelehrte, die Wiedergeburt lediglich als psychologisches Modell der Änderung psychologisch-emotionaler Zustände verstehen und nicht als eine "Jenseitsvorstellung" - was den Buddhismus rationaler erscheinen lässt.

Auch, dass der Buddha "unbeantwortete Fragen" offen stehen liess, statt zu versuchen, sie durch eigene Konzepte oder Dogmen zu füllen, kommt rational denkenden Menschen eher entgegen.

Allerdings ist Buddhismus keine Therapie oder Methode zur Selbstoptimierung, um möglichst leistungsfähig zu werden.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Ich lebe in und schreibe aus Thailand, also einem Land, wo der Buddhismus jeden Tag praktiziert wird. Meinen katholischen Glauben habe ich inzwischen abgelegt, weil dort soviel Unsinn gepredigt wird und man versucht mit zig Verboten, Drohungen usw. Menschen zu veraengstigen, weil ja immer die Hoelle droht.

Meine Frau ist Buddhistin und so kann ich mit ihr immer wieder ueber den Buddhismus diskutieren, ich selbst aber werde, auch nicht Buddhist werden, weil ich inzwischen Atheist bin.

Aber ich erlebe ja die Menschen hier, die zu 95 % ueberzeugte Buddhisten sind. Das Zusammenleben ist einfach anders als in Deutschland z. Bsp. Man begegnet sich mit Respekt, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ohne Ende. Und das alleine macht fuer mich schon den grossen Unterschied aus. Zwar steht auch in der Bibel, liebe deinen Naechsten, nur ist davon in der christlichen Welt wenig zu spueren.

Wer religioes denkt, sich so betaetigen will, dem kann ich nur den Buddhismus empfehlen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Tim0888 
Fragesteller
 02.04.2023, 15:39

Aber es ist doch möglich, Buddhist und gleichzeitig Atheist zu sein, oder etwa nicht? Oder warum genau ist dein Atheismus der Grund, dass du nicht Buddhist wirst? :)

Bin btw selber Atheist.

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pluggy  02.04.2023, 16:27
@Tim0888

Als Atheist glaube ich an keinen Gott, an keinen Heilslehrer. Ich glaube nur an mich selbst. Ich bin nichts anderes als ein starker Baum auf dieser Welt, der entsteht aus dem Samen, wird gross und stark und stirbt, wie alle Lebewesen auf dieser Welt.

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Ayse28  22.04.2023, 23:44
@Tim0888

Ja, es ist (zunächst) sehr gut widerspruchsfrei möglich, gleichzeitig Atheist und Buddhist zu sein.
Vielleicht ist das für den Einstieg sogar eine sehr gute Basis.

Je länger Du Dich mit Buddhismus beschäftigst, umso mehr wirst Du vermutlich gewahr, dass auch der Atheismus letztlich ein Glaube ist, bzw. ein gedankliches Konstrukt, das an starren Konzepten hängt: Es gibt ein "innen" und ein "außen" plus die (für "wahr" gehaltene) Überzeugung, dass im "Außen" kein "Gott" (was auch immer das nun wieder sein mag) sei.

Mit der Zeit wirst Du vermutlich erkennen, dass auch "innen" und "außen" nur gedankliche Konzepte sind. Ab da wird die Reise spannend!

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tommy1T  03.04.2023, 17:00

Ich möchte noch hinzufügen, dass religion nicht unbedingt beiträgt, wie sich menschen miteinander verhalten.

Ich schätze du begegnest meistens auch andere menschen mit Respekt, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, obwohl du dich selbst als atheist beschreibst.

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Ich will dich garnicht überzeugen, sondern dich dazu ermuntern deinen Verstand einzusetzen und selbst zu Schlussfolgerungen zu gelangen.

So wie es vom Buddha überliefert wurde zb. In der Kalama Sutta.

https://www.gutefrage.net/frage/was-haltet-ihr-von-diesem-ratschlag-des-buddha

Übrigens aus eigener Erfahrung möchte ich Dir ans Herz legen, beschränke dein Interesse nicht nur auf den Buddhismus, generell die indischen Religionen sind thematisch eng verwandt und allesamt sehr lehreich.

Ich habe damals auch mit dem Buddhismus "begonnen", weil er im Westen eben noch am Bekanntesten ist, aber heute weiß ich, das er nicht isoliert zu betrachten ist, sondern eingebettet ist in die religiös historische Entwicklung im alten Indien.

Meiner Ansicht nach, sollte man sich sowohl mit der Lehre des Buddha und späteren buddh. Philosophen (zB. Nagarjuna und Dharmakirti) und Traditionen befassen als auch mit den Veden, speziell den Upanischaden und den daraus abgeleiteten Schriften und Philosophien, wie zb Adi Shankaras Advaita Vedanta.

Um nur ein Beispiel zu nennen, natürlich ist dies für einen Neueinsteiger ob der schieren Masse an Informationen überwältigend.

Step by Step..

Ich rede hier natürlich aus der Sicht eines "Allgemein Interessierten Menschen" nicht aus Sicht eines "streng Gläubigen".

Um blinden Glauben geht es nämlich eher weniger generell.

Gruß

Falls du Interesse an Links zu Videos hast, schreib mich einfach an.