Nachvollziehbar ist es natürlich. Mit Anfang 20 sind die meisten Leute eh auch in Aufbruch- und Abenteuerstimmung, das ist normal und natürlich. Und auf eine Art ist es tatsächlich auch ratsam, sich bei Interesse so früh wie möglich damit auseinanderzusetzen. Pauschal würde ich schon sagen: Je früher, desto besser.
Ein solches Vorwort schreit allerdings nach einer Einschränkung / Differenzierung, und das drücke ich dir schon alleine für deinen unreflektierten Gebrauch des Wortes „depressiv“ rein (die Krankheit „Depression“ hat nichts mit normalen negativen Gefühlsreaktionen auf negative äußere Einflüsse zu tun).
Du bist Anfang 20, d. h. du kannst erst seit maximal 4 Jahren von deinem eigenen Geld leben. Da du geschrieben hattest, dass du „hoffst, in der Informatik beruflich Fuß zu fassen“, gehe ich davon aus, dass du entweder in Ausbildung bist oder in Selbstständigkeit Aufträge annimmst, und davon irgendwie lebst. „An warmen Tagen mit 38 Grad bin ich den ganzen Tag draußen und genieße es“ ist auch ein verdächtiger Satz; hast du rein zufällig Ferien? Auch wenn Selbstständige ihre Arbeitszeit frei einteilen können, können auch sie es sich eher nicht leisten, an warmen Tagen den ganzen Tag nicht zu arbeiten, weil sie draußen sind, und zwar erst recht nicht, wenn sie irgendwo leben, wo es noch längere Zeit im Jahr warm ist als in Deutschland. Dauerhafte Nachtarbeit würde wiederum bedeuten, dass du bei Tageslicht irgendwann auch mal schlafen musst… Also irgendwie habe ich lowkey das Gefühl, dass du noch nicht vollumfänglich erwerbstätig bist ;)
Wenn man erstmal 10+ Jahre wirklich komplett allein seinen Lebensunterhalt bestritten hat, ohne Kindergeld / Familienversicherung / Vergünstigungen aller Art, dafür aber mit selbst bezahlter Altersvorsorge (!!!) und Versicherungen und Steuern aller Art, wenn sowohl der Job als auch das Ausland den Reiz des Neuen verloren haben und in alles Gewohnheit übergegangen ist, wenn dann auch noch die ersten körperlichen Anzeichen des Alterns dazukommen, dann betrachtet man das Leben im Ausland eben auch mit etwas anderen Augen. Und das ist auch der Punkt, wo eben viele doch sagen: „Hm, vielleicht war Deutschland doch gar nicht so schlecht.“
Deshalb, zu dem Vater deines Freundes hätte ich noch ein paar Fragen, bevor ich mir ein Urteil bilde: Wie alt ist er? Wie lange ist er schon in Spanien? Verdient er vor Ort seinen Lebensunterhalt, oder lebt er von Vermögen in hotelähnlichen Umständen? Lebt er in Spanien und sein Sohn nicht, wenn ja stand seine Auswanderung vielleicht in Zusammenhang mit der Trennung von der Mutter seines Sohnes? Diese Fragen musst du jetzt natürlich nicht beantworten, ich möchte dich damit nur dafür sensibilisieren, dass sich „X lebt im Ausland!“ immer erstmal mega toll anhört, die Umstände, die dahinter stehen jedoch nicht unbedingt objektiv auch so toll sind.
Dennoch, ich will dich keineswegs davon abhalten, nach Spanien zu gehen. Probier es ruhig zumindest aus!
Nur eins noch: Ich war einmal auf dem spanischen Festland, im November. Sch**ße, war mir kalt.