Ab wann galt man im Nationalsozialismus als Arier/in?

6 Antworten

Man durfte nicht jüdischer Abstammung sein und keine jüdischen Vorfahren in den letzten Generationen haben. Wer mindestens einen jüdischen Elternteil oder Grosselternteil hatte galt als Nicht-arisch.

Diese Definitionen wurden mehrfach verändert und auch von verschiedenen Stellen verschieden. Die einheitliche Definition aller Behörden und Stellen über die ganzen 12 Jahre gab es leider nicht.

Mal wurde bestimmt, dass alle Eltern keiner schlechten Rasse angehören sollte, mal keine Grosseltern oder sogar noch mehr Generationen zurück. Einfache Parteimitgliedschaft oder SS-Mitgliedschaft waren z.B. zweierlei. Auch zwischen Partei und Staatsdienst gab es verschiedene Abstufungen. So konnte man z.B. als "Halbjude" in der Wehrmacht dienen, nicht aber Offizier werden oder in die Partei gehen. Und das wurde verschärft oder erleichtert, je nachdem, wie es gerade gebraucht wurde.

Falsch an den hier behaupteten Definitionen ist die Vorstellung, alles hätte sich nur nach Juden gerichtet. Das ist dieses einseitige Kreisen um die Juden als scheinbar einzige Feindgruppe der Nazis.

Sintiundroma oder Schwarzfrikaner konntest du ebenfalls nicht sein. Bei Asiaten war es verschieden. Teilweise wurden die auch abgelehnt, aber als Japan deutscher Bündnispartner wurde, veränderte sich die Blutzusammensetzung der Japaner plötzlich und es wurde arisch.

Auch die "slawischen Untermenschen" waren mit dem Ariertum anfangs nicht vereinbar. Aber als man die Ukrainer für sich und gegen die Russen gewinnen wollte (was auch großteils gelang), waren die Russen zwar weiterhin nichtarische Untermenschen, die Ukrainer aber nun plötzlich nicht mehr.

Das war alles sehr variabel. Und dann wurde plötzlich zwischen z.B. "Blutsjuden" und "Geltungsjuden" unterschieden und logischerweise somit umgekehrt auch zwischen "Blutsariern" und "Geltungsariern".

Wenn es ideologisch wird, verstricken sich alle in Widersprüchen. Und wer auf die hinweist und nicht die Klappe hält, wird schnell zum Aluhutverschwörungstheoretiker uä.

Als "arisch" galt derjenige, der keine jüdischen Eltern und Großeltern hatte. "Jüdisch" wurde religiös, nicht ethnisch bestimmt. Es zählten Geburtsurkunden und Taufscheine.

Also: Wenn von vier Großeltern eine Person Jude war, galt der Enkel oder die Enkelin schon nicht mehr als "arisch".

Plincheeee  10.12.2022, 08:07

Jüdisch zu sein war ein Ausschlusskriterium, ja.

Aber eine "arische" Person konnte in NS-Ideologie auch keiner anderen Ethnie angehören, körperlich beeinträchtigt sein usw.

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Fuellfeder  10.12.2022, 20:48
@Plincheeee

Dr. Joseph Goebbels hatte einen Klumpfuß und sah aus wie ein Italiener, Emil Maurice war Achteljude, Göring war dick, und Rudolf Heß soll Halbgrieche gewesen sein (umstritten, aber einiges deutet darauf hin, insbesondere die markanten Augenbrauen) ... so genau nahm man es nicht mit der körperlichen Makellosigkeit oder Reinrassigkeit. Der Halbjude Werner Goldberg wurde sogar als arischer Vorzeigesoldat propagiert!

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Plincheeee  10.12.2022, 21:04
@Fuellfeder

Ja, die Kriterien wurden oft verändert.

Selbst Hitlers Großvater war Jude.

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Fuellfeder  10.12.2022, 21:07
@Plincheeee

Das ist ebenfalls umstritten, aber möglich ist alles; wer weiß denn, ob wirklich niemand fremdging?

Heutige DNA-Tests würden etwas Klarheit in die Sache bringen, aber Tote soll man in Frieden lassen.

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Feniaron  08.05.2023, 10:07
@Fuellfeder

Bei Heß wird eher vermutet, dass er jüdische Vorfahren auf der männlichen Linie hatte. Der Name "Heß" (oder "Hess") kommt nämlich bei Juden signifikant häufig vor (z. B. Moses Hess).

Dasselbe gilt für nicht wenige NS-Größen.

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Satiharu  10.12.2022, 08:17

Über "jüdisch" wurde ethnisch, nicht religiös "bestimmt".*

Wolltest du aber vermutlich auch so schreiben (:

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Fuellfeder  10.12.2022, 20:40

Allerdings konnte ein Vierteljude immer noch zum deutschen Volk gehören und galt, insofern die anderen drei Großeltern deutscher Abstammung waren, als "deutschvölkisch" und Mischling 2. Grades.

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Rotfuchs716  12.02.2023, 13:18

nicht richtig da es eher um Ethnie als Religion ging. Juden konnten sich damals nicht damals ihrer Verfolgung entziehen indem sie ihre Religion wechselten.

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Wenn alle vier Großeltern laut Papier nicht jüdischer Konfession waren, so war man "arisch".

Es hatte also nichts mit der Haut-, Haar- oder Augenfarbe zu tun, wie oft behauptet wird. Auch die Körperhöhe war völlig egal; Joseph Goebbels war mit seinen 165 cm und schwarzen Haaren auch Arier.

Ein Mensch mit vier in Deutschland geborenen Großeltern galt zudem als deutschvölkisch- und blütig, einer mit nur drei als deutschvölkisch aber nicht deutschblütig und Mischling 2. Grades, und einer mit nur zwei oder weniger als Mischling 1. Grades und somit weder deutschvölkisch noch deutschblütig. So besagten es grob die Nürnberger Rassengesetze.

Rotfuchs716  14.12.2022, 02:27

es ging jedoch da um jüdische Abstammung und nicht Konfession. Selbst ein Religionswechsel half nicht bei den Kritierien.

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Fuellfeder  15.12.2022, 02:34
@Rotfuchs716

Da man jüdische Abstammung aber meist nur durch jüdische Konfession nachweisen konnte, war es ziemlich gleichbedeutend. Deshalb eben die ganzen Goldbergs und Rosenbaums in der SS und in der Wehrmacht; sicherlich alles Juden, aber eben nicht jüdischer Konfession, ergo "arisch".

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Wenn sie wie meine Großeltern in Masuren Ostpreußen aufgewachsen sind und Vorfahren hatten, die dort seit mehr als 300 Jahren gelebt hatten, slawisch waren, Einwanderer aus Masowien hatten und irgendwie polnische Nachnamen.

Kein Problem war, wenn polnische Nachbarn immernoch Voraussetzungen hatten nur kürzer, sie waren dann keine Arier, sondern Volkgruppenzugehörige, die in die Wehrmacht eingezogen wurden. War schom im 1 Weltkrieg so, und, diese sind im Krieg für Deutschland gefallen.

Wozu sollte ich dann meinen, dass ich Arier bin?