Warum trennt sich die AfD jetzt von ihrer Jugendorganisation "Junge Alternative"?
Die AfD will eine neue Jugendorganisation aufbauen. Die Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" steht schon länger im Fokus des Verfassungsschutzes. Doch der Grund für die Neugründung ist ein anderer.
"Jugend im Widerstand" prangt als Slogan auf der Startseite des Internetauftritts der "Jungen Alternative" (JA), dazu läuft im Hintergrund ein schnell geschnittenes Video einer JA-Demonstration in Dauerschleife, in dem augenscheinlich jemand den Hitlergruß zeigt.
Ein Blick ins Programm der "Jungen Alternative" zeigt zwar inhaltliche Schnittmengen mit dem Mutterschiff der AfD. Allerdings tritt die JA mit Parolen wie "Unser Volk zuerst!" teils deutlich radikaler auf, verkauft "Remigration" auf Instagram in Anspielung auf das Potsdamer Treffen der AfD nicht als "Geheimplan, sondern unser Versprechen" - und wünscht am 31. Oktober einen "Fröhlichen Remigrationstag".
Die "Junge Alternative" lehnt "LGBTQ/Gener-Irrsinn" (sic) ebenso ab wie "Massenmigration" und das "Corona-Regime". Einen programmatischen Abschnitt zum "Deutschen Volk" versteckt die Organisation auf ihrer Website inzwischen hinter einem Passwort.
JA "missachtet Menschenwürde"Auch wegen solcher Aussagen wird die "Junge Alternative" inzwischen vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Die Behörde darf die Jugendorganisation so mit geheimdienstlichen Methoden beobachten.
Dagegen hatten sowohl die JA als auch die AfD vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt - erfolglos. Auch das Gericht war im Februar zu der Überzeugung gelangt, "dass es sich bei der JA um eine extremistische Bestrebung handelt". Die JA vertrete "einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff", Migranten würden "verächtlich gemacht und dadurch in ihrer Menschenwürde missachtet".
Nachwuchs enger an die AfD binden
Obwohl die AfD bei vergangenen Wahlen wohl auch mit Hilfe der JA gerade bei jungen Wählerinnen und Wählern Stimmen holen konnte, wird ihr die Sache wohl inzwischen zu heiß. Auch wenn Parteichefin Alice Weidel im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio betont, dass die Entscheidung, eine neue Jugendorganisation zu gründen, nichts mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu tun habe.Trotzdem: Es ist der Zeitpunkt kurz vor der Bundestagswahl im kommenden Februar und bei der AfD fürchtet man wohl, dass der fehlende Einfluss auf die eigene Jugendorganisation zum Problem werden könnte. Zumal sich mehr Stimmen für ein Verbot der AfD stark machen und der Verfassungsschutz weiter Indizien sammelt, wie rechtsextrem die AfD insgesamt ist.
Engere Zusammenarbeit?
Dass die Entscheidung zur Reorganisation des Nachwuchses nichts mit der Einschätzung des Verfassungsschutzes zu tun hat, dass die JA rechtsextrem sei, das sieht auch Dennis Hohloch so. Er hat den Antrag im AfD-Bundesvorstand erarbeitet und kennt auch die Perspektive der "Jungen Alternative", in der er selbst Mitglied ist.
"Es geht darum, Partei und Jugendorganisation zusammenwachsen zu lassen", so Hohloch im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. "Für mich ist wichtig, dass wir eine funktionierende, zukunftssicher aufgestellte Jugendorganisation haben."
Zu wenig Einfluss
Derzeit ist die "Junge Alternative" zwar von der AfD als ihr Nachwuchs anerkannt, sie ist jedoch auch rechtlich ein eigenständiger Verein - mit eigener Satzung, eigenem Programm, eigenen Mitgliedern. Künftig soll der noch zu gründende Jugendverband Teil der AfD sein.
"Der Vorteil dieses Konstruktes ist, dass die Mutterpartei, also die Alternative für Deutschland, über die Schiedsgerichtsordnung Durchgriff auf die Mitglieder der Jugendorganisation hätte. Das ist heute nicht der Fall", begründet AfD-Chefin Weidel den heutigen Vorstoß.Bei der Gelegenheit wolle man auch gleich dafür sorgen, "dass Mitglieder innerhalb dieser Jugendorganisation auch automatisch AfD-Mitglieder sein müssen". Aktuell ist nur die Hälfte der 2.400 JA-Mitglieder auch Mitglied in der AfD.
Kritik von Verbänden
Ganz anders bewertet das Dominik Schumacher vom Bundesverband Mobile Beratung, der bundesweit zum Umgang mit Rechtsextremismus berät: "Der Schritt zeigt auch, dass die Partei insgesamt Angst vor einem Verbot hat und dem Verfahren Wind aus den Segeln nehmen will", sagte Schumacher vor Journalisten in Berlin. "Die Junge Alternative ist nicht das Rechtsextremismusproblem der AfD - das Problem ist die AfD selbst."Umsetzung im Januar?
Eine neue Jugendorganisation will die AfD noch vor der Bundestagswahl gründen. Die Partei müsste dafür ihre Satzung ändern - per Zweidrittelmehrheit beim Parteitag im Januar. Ein von der Partei avisiertes Modell wäre, dass jedes Parteimitglied unter dem Alter von 36 Jahren künftig automatisch Mitglied der Jugendorganisation wird.
Die "Junge Alternative" will sich in dieser Woche nicht zu den Vorgängen äußern.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-junge-alternative-102.html
9 Antworten
Ich glaube die haben Angst dass das Verboteverfahren im Bundestag durchkommt und dass die dann vorm Verfassungsgericht stehen und da kommt eine Rechtsextreme Jugendpartei nicht so gut an. Wobei ich nicht glaube dass es was ändern wird, die müssten schon Höcke und co. rauswerfen dass das was bringt.
Ich denke auch, dass diese Überlegung dahinter steckt.
Für glaubwürdig halte ich die Absicht der AfD ähnlich wie die Auflösung des Flügels.
Immerhin ist der Vositzende der JA der suspendiert Oberfeldwebel Hannes Gnauck, dessen rechtsextremistische Aktivitäten der Bundeswehr zuviel wurden.
Genau dieser Hannes Gnauck ist aber auch Bundestagsabgeordneter der AfD und seinerzeit sogar als Mitglied des Verteidigungsausschusses vorgeschlagen.
Da wird wohl die Jugendorganisation geopfert, um in einem anstehenden Verbotsverfahren beweisen zu können, man grenze sich ja vom Rechtsextremismus ab. Macht aber wenig Sinn, wenn man Leute, wie Höcke, den Parteikurs bestimmen lässt.
Auf lange Sicht wohl eine gute Überlegung der AfD, denn die JA sehe ich eher als Brutstätte rechtsradikaler Terroristen, als eine politische Jugendorganisation.
Aber bei einer Trennung werden sich einige Mitglieder der JA bestimmt noch mehr radikalisieren.
Reine taktische Überlegung - wenn irgendwo eine radikalisierte NAZI-Zelle enttarnt wird, gibt es idR auch personelle Überschneidungen mit der JA - und dabei haben die nur 2.500 Mitglieder...
Das fällt halt alles auf die AfD zurück.
Das fällt halt alles auf die AfD zurück.
Wen wundert es auch bei einem Höcke oder Krah und wer da sonst noch so rumturnt. Da kann man ja jetzt gespannt sein, wie die Weidel das "lösen" will.
Oder Höcke macht auf Wagenknecht. Dann hat die AfD am Ende noch max. 10 %.
Wenn er seine eigene Partei gründen will... Denn er war wohl von der "Ablösung" zur Jugendorganisation nicht wirklich begeistert. Wen wundert es, hat er doch auch viele Fans ;-).
Und würde die AfD nun tatsächlich den Weg der "wir trennen uns mal von den Rechtsextremen und Neonazis" gehen, dann sind seine Tage dort auch gezählt.
Aber das sehe ich nicht und somit ist das Ganze eh nur Augenwischerei der AfD um potentielle Wähler anzulocken, denen man signalisieren will, dass man sich doch nicht radikalisieren will.
Natürlich liegt der Verdacht nah, dass man einem möglichen Verbot der JA zuvor kommen möchte. Die ist ja als Verein organisiert und ein Verbot wäre juristisch relativ leicht möglich.
Andererseits könnte es hier auch um einen Machtkampf im Bundesvorstand gehen. Die JA ist ja letztlich eine Machtbasis von Höcke und seinen Leuten. Das mag den ein oder anderen stören.
Man kann da immer viel spekulieren. Aber ich würde erstmal abwarten, was die Abstimmung der Delegierten beim Parteitag im Januar ergibt. Hier bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit. Das ist noch nicht beschlossene Sache.
Denen geht wohl die Düse wegen dem Verbotsantrag, die Junge Alternative ist ja gesichert rechtsextrem und lässt sich wohl nicht so ganz kontrollieren.
Mit einer neuen Jugend wären die dann automatisch Afd Parteimitglieder und könnten gemaßregelt bzw gefeuert werden.
Könnte ja sein das es hier schon Machtspiele zwischen Jugend und Partei stattgefunden haben.
Und einige finden sich dann wieder in der eigenen Jugendorganisation der AfD ;-). So schließt sich der Kreis dann wieder. Aber die Fans können jetzt sagen: seht her, die wollen doch keine Rechtsextremen und Neonazis haben... Ja ne, ist klar.