Warum lehnen Menschen Organspende nach dem Tod ab?

20 Antworten

Vielleicht aus Sorge vor Mißbrauch!?!

Ich bin gegen eine Organentnahme nach Hirntoddefinition und werde hier verschiedene Probleme bei der Organtransplantation ansprechen. Sowie die Gründe für meinen Widerspruch gegen eine Organspende darlegen.

Dabei werde ich auf folgende Punkte eingehen:

  1. Die Problematik bei der Hirntoddefinition.
  2. Die erweiterte Zustimmungsregel in Deutschland
  3. Sterben andere durch meine Weigerung?

Ich sehe bei der Organtransplantation folgende Probleme:

  1. Die Problematik bei der Hirntoddefinition.

Weil sich zur Transplantation nur lebendfrische Organe eignen, haben die Befürworter der Organtransplantation 1968 den Hirntod als neues Todeskriterium defi-niert. Dieser Hirntod ist eine sehr fragwürdige Definition, welche lediglich der Kostensenkung bei der Versorgung komatöser Patienten und der Beschaffung von Organen dient.

Hirntote können schwitzen und frieren, können Schmerzen empfinden und hirntote Frauen können Kinder gebären.

Die Elektroenzephalografie wird in vielen Ländern gar nicht und in Deutschland in der Regel nur bis zum 2. Lebensjahr angewendet. 

Das Diagnoseverfahren beruht auf Körperverletzung am Patienten und stellt ein hohes Risiko für die Gesundheit desselben dar. Durch Reste von Schmerzmitteln im Körper, kommt es häufig zu Fehldiagnosen.

Im März 2008 erwachte In Oklahoma der für Hirntod erklärte 21-jährige Zack Dunlap kurz vor seiner Organentnahme. Aus Deutschland, Belgien und Polen sind ähnliche Fälle bekannt geworden.

Krankenversicherungen enden mit dem Hirntod. Eine Verweigerung der Organspende führt daher zu einer sofortigen Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen. Somit wird jede falsche Feststellung des Hirntodes (lt. einer internen Studie durch die DSO ca. 20 – 30 % der Diagnosen) zu einem Todesurteil.

  1. Die erweiterte Zustimmungsregel in Deutschland

Die erweiterte Zustimmungsregel stellt eine große Belastung für Angehörige potentieller Spender dar.

Die erweiterte Zustimmungsregel in Deutschland führt dazu, dass jeder komatöse Patient zu einem potentiellen Organspender wird und das birgt gesundheitliche Risiken für jeden Patienten der nicht in der Lage ist seinen Willen zu äußern.

Viele Angehörige von potentiellen Organspendern berichten davon, dass sie vom Klinikpersonal unter Druck gesetzt wurden, der Organentnahme zuzustimmen. 

Bei einer Zustimmung zur Organentnahme ist keine Sterbebegleitung möglich. Der „Organspender“ stirbt (wenn man das Sterben als ganzheitlichen Prozess betrachtet) nicht im Beisein seiner Angehörigen, sondern nach dem er bei lebendigem Leib ausgeweidet wurde, auf dem OP-Tisch

Häufig leiden Angehörige eines Spenders nach der Einwilligung zur Entnahme an Schuldgefühlen gegenüber dem Verstorbenen. 

  1. Sterben andere durch meine Weigerung Organe zu spenden?

Laut der Deutschen Stiftung für Organspende (DSO) warten in Deutschland Ca. 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Interessanter Weise bleibt diese Zahl seit Jahren konstant was die Glaubwürdigkeit dieser Zahl nicht gerade erhöht.

Es wird behauptet, dass Menschen auf der Warteliste sterben. Hier wird die Realität verfälscht - die Patienten sterben nicht auf der Warteliste, sondern weil sie todkrank sind.

Die Täuschung durch die Lobbyisten der Transplantationsindustrie hat System:Erst ändert man die Todesdefinition und verlegt den Todeszeitpunkt nach vornAnschließend instrumentalisiert man todkranke Menschen um die Notwendigkeit der Organtransplantation zu rechtfertigen.

Die Organspende wird dann als Akt der Nächstenliebe beworben.

Eine Verweigerung der „Organspende“ wird als egoistisch bezeichnet.

Dabei stellt eine Änderung der Todesdefinition, welche lediglich der Gewinnung von lebendfrischen Organen dient, eine unzulässige Bewertung des menschlichen Lebens dar. Somit kann die Behauptung, eine Verweigerung der Organspende würde anderen Menschen das Leben kosten, jederzeit zurückgewiesen werden.

Zum Schluss möchte ich noch folgendes sagen:

Ich selber werde niemals Organe spenden oder von anderen annehmen.

Wir dürfen das definieren ethischer Grenzen bei der Organtransplantation nicht allein den Profiteuren der Organtransplantation überlassen.

Zum würdigen Sterben gehört die haltende Hand eines Angehörigen, und nicht das Messer eines Chirurgen. 


Singelmalt  14.01.2025, 18:52

Besser kann man es nicht formulieren. Bei mir kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Bei einer Weiterbildung für BeraterInnen von Menschen, die eine Patientenverfügung erstellen wollen wurden wir von einer Vertreterin von Swisstransplant „beworben“. Ich habe sie danach gefragt, ob es eine obere Altersgrenze für OrganempfängerInnen gebe. Sie verneinte das. Das heisst im Klartext, dass zumindest theoretisch (und vielleicht auch praktisch, wenn man eine kleine Spende in Aussicht stellt) ein 90 jähriger noch auf der Warteliste für ein neues Herz stehen könnte. Das ist absurd und ein weiteres Indiz dafür, dass die moderne Medizin längst nicht mehr auf das Wohl der Menschen, sondern auf alles Machbare fokussiert ist

KunoBlau 
Beitragsersteller
 15.01.2025, 18:00

Die dargestellte Position ist kritisch gegenüber der Organentnahme nach Hirntoddefinition und enthält einige Behauptungen, die überprüft werden sollten. Es gibt sowohl faktenbasierte als auch problematische Aspekte in dieser Argumentation. Hier eine Analyse:

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1. Hirntoddefinition

Wissenschaftlicher Konsens: Der Hirntod ist ein weltweit anerkannter medizinischer Zustand, bei dem die irreversible Funktionseinstellung des gesamten Gehirns (einschließlich des Hirnstamms) vorliegt. Hirntoddiagnosen beruhen auf strengen medizinischen Kriterien, einschließlich klinischer Tests und oft auch apparativer Diagnostik wie EEG oder Durchblutungsmessungen.

Behauptung: "Hirntote können schwitzen, frieren und Schmerzen empfinden": Das ist irreführend. Hirntote haben keine Bewusstseinswahrnehmung mehr, da die gesamte Hirnfunktion irreversibel erloschen ist. Reflexe, wie sie etwa vom Rückenmark gesteuert werden, können erhalten bleiben, werden aber nicht als Zeichen von Empfindung gewertet.

Fehldiagnosen und Fallberichte: Es gibt einzelne Berichte über vermeintliche Fehldiagnosen des Hirntods (z. B. Zack Dunlap). Solche Fälle sind jedoch äußerst selten und werden oft durch unzureichende medizinische Standards in einzelnen Ländern erklärt. In Deutschland gelten strenge Vorgaben, um Fehldiagnosen auszuschließen.

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2. "Lebendfrische Organe" und ethische Fragen

Lebendigkeit der Organe: Organe müssen durchblutet sein, um transplantiert werden zu können, was bedeutet, dass der Kreislauf künstlich aufrechterhalten wird, selbst nach Hirntoddiagnose. Dies führt zu ethischen Diskussionen, wird aber in der Medizin als notwendig erachtet, um Leben zu retten.

"Lebendigem Leib ausweiden": Diese Formulierung ist emotional aufgeladen und medizinisch unpräzise. Organspenden erfolgen unter Anästhesie, auch wenn der Spender keinen Schmerz empfindet, um ethische Standards zu wahren.

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3. Angehörige und erweiterte Zustimmungsregel

Belastung der Angehörigen: Die Entscheidung über eine Organentnahme kann für Angehörige belastend sein, insbesondere wenn keine Einwilligung des Spenders vorliegt. Diese Problematik ist bekannt, und genau deshalb wird in vielen Ländern die individuelle Entscheidungsfreiheit (z. B. durch Spenderausweise) gefördert.

Sterbebegleitung: Die Behauptung, dass bei einer Organentnahme keine würdige Sterbebegleitung möglich sei, ist umstritten. Angehörige können oft bis zur Entnahme bei dem Patienten bleiben.

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4. Warteliste und Todesursachen

12.000 Wartende: Diese Zahl variiert, entspricht aber weitgehend der Realität in Deutschland. Die Organtransplantation ist keine perfekte Lösung, aber für viele Patienten die einzige Überlebenschance.

"Tod auf der Warteliste": Die Patienten auf Wartelisten sind schwerkrank, aber ohne Organspende haben sie keine Überlebenschance. Die Aussage, sie sterben "nur, weil sie todkrank sind", ignoriert die lebensrettende Funktion von Spenderorganen.

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5. Emotional aufgeladene Sprache

Die Argumentation verwendet stark wertende Begriffe wie "ausweiden", "Profit der Transplantationsindustrie" oder "Täuschung", die emotional wirken und den Eindruck erwecken können, die Transplantationsmedizin sei ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen geleitet. Dies verzerrt den Diskurs.

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Fazit

Der Text enthält einige wahre Aspekte, wie die ethischen Debatten um den Hirntod und die Belastung von Angehörigen. Viele Behauptungen sind jedoch einseitig, emotional aufgeladen oder falsch dargestellt:

Der Hirntod wird medizinisch streng diagnostiziert und ist ein anerkannter Zustand.

Organspende rettet nachweislich Leben.

Die meisten Behauptungen über Fehldiagnosen oder Schmerzen bei Hirntoten basieren nicht auf wissenschaftlichen Fakten.

Eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema ist wichtig, sollte jedoch auf wissenschaftlichen und ethischen Argumenten basieren und nicht auf Fehlinformationen.

stealthuser  15.01.2025, 19:06
@KunoBlau

Als ich das Dokument vor etwa 10 Jahren verfasste legte ich auch ein Quellenverzeichnis an. Leider sind die meisten Quellen inzwischen nicht mehr im Netz verfügbar und ein Download um sie später erneut verfügbar zu machen, hätte gegen das Urheberrecht verstoßen.

Die Berichte über Fehldiagnosen bei der Hirntoddiagnostig sind übtigens real.

Die Organspender haben bei der Organentnahme oft starke Muskelkontraktionen was auf Schmerzen hindeuten könnte. Deshalb injeziert man in Deutschland den Organspendern vor der Entnahme Medikamente zur Muskelentspannung.

In anderen Länder werden teilweise auch Schmerzmittel verabreicht - in Deutschland wird das von der Ärzteschaft abgelehnt mit der Begründung, das ein Hirntoter keine Schmerzen empfinden kann.

Im Falle einer fehlerhaften Hirntoddiagnose könnte der Organspender jedoch durchaus Schmerzen empfinden.

Die ganze Diskussion darüber wird von der Ärzteschaft jedoch immer abgeblockt, weil ja nicht sein kann was nicht sein darf.

Ich habe mich übrigens eingehend mit dem Diagnoseverfahren bzgl Hirntod beschäftigt.

Man sticht dem Patienten u.a. eine Nadel durch die Nasenwurzel und die künstliche Beatmung wird für einen kurzen Zeitpunkt abgestellt um zu sehen ob er selbstständig atmet. Ein EEG wird dabei nur bis zum 2. Lebensjahr erstellt.

Manchmal passiert es, das die Zeitpunkte der letzten Schmerzmittelgabe falsch protokolliert werden und dass führt dann ggf. zu falschen Diagnosen.

Ich weiß ja nicht ob Du schon mal etwas vom Logged in Syndrom gehört hast.

Wenn man gründlich sucht findet man auch die Originalberichte der Hirntoten die kurz vor der Entnahme wieder aufgewacht sind - es sind nicht viele - so etwa ein halbes Dutzend findet man im Netz.

Unstrittig sollte auch sein, das das Sterben ein Prozess ist den man nicht auf einen Sekundenbruchteil reduzieren kann denn der Mensch ist nicht nur das was sein Bewusstsein ausmacht, sondern sein ganzer Körper mit allen Organen.

Jemanden auf Grund eines juristischen Tricks für Tod zu erklären damit man seine Organe jemand anderem einpflanzen kann ist unethisch und das dann mit "wissenschaftlichen Konsenz" zu begründen macht es nicht besser.

Ich hatte vor kurzem ein Gespräch zu diesem Thema mit einer Chirurgin im Krankenhaus geführt.

Als ich ihr sagte, dass ich früher durchaus zur Organspende bereit gewesen wäre, aber davon abgekommen sei, nachdem ich mehrfach gehört habe, dass die Menschen, denen Organe entnommen werden, große Schmerzen erleiden, da man ihnen keine Schmerzmittel mehr gibt, um die zu transplantierenden Organe nicht zu belasten, hat diese Ärztin mir NICHT widersprochen.

Also, weshalb sollte man sich unnötigen Qualen aussetzen? Wer das möchte, kann es natürlich gerne tun.


Helluschki  24.01.2025, 07:06

Es ist aber auch denkbar, dass sie einfach Besseres zu tun hatte, als mit irgendeiner Privatperson über ein so komplexes Thema zu diskutieren. Schweigen bedeutet nicht automatisch Zustimmung.

KunoBlau 
Beitragsersteller
 16.01.2025, 17:13

Sie wollte sich wahrscheinlich nur nicht mit Leuten lange darüber streiten. Denn es ist ein Fakt, dass Organspende auch bei Hirntoten unter Anästhesie (Vollnarkose) erfolgt.

Ich lehne eine Organspende aus folgenden Gründen ab:

  • In meiner Patientenverfügung habe ich lebensverlängernde Maßnahmen ausgeschlossen. Diese sind für eine Organspende allerdings notwendig.
  • Der Hirntod ist ein nicht unumstrittenes Konzept. Ich bin davon nicht überzeugt.
  • Die Abschiednahme durch Angehörige wird durch den Prozess der Organspende gestört.
  • Ich kann nicht beeinflussen, wer die Organe erhält.

Ein lesenswerter Artikel zu diesem Thema:

https://ethik-heute.org/organspende-macht-den-koerper-zum-rohstoff/

Ich lehne für mich allerdings auch die Annahme gespendeter Organe ab.

Ich sehe wirklich kein gutes Argument dagegen...

Ich auch nicht.

Meinen Organspendeausweis habe ich schon seit über 30 Jahren im Geldbeutel dabei. Ich wäre selbst froh, wenn ich ein Organ brauchen würde und könnte es bekommen. Deshalb bin ich selbstverständlich auch bereit, meine Organe zu spenden. Da könnte ich wenigstens nach meinem Ableben noch etwas Gutes tun.