warum ist die Fluktuation bei Pflegekräften so hoch, wenn neue Fachkräfte dringend gesucht werden?


05.09.2024, 16:48

Wenn die Arbeitslosenquote so hoch im Sommerloch so gestiegen ist, wie sollte es an mangelnden Fachkräften liegen?

4 Antworten

Die Bezahlung ist echt nicht schlecht. Hab den Pflegeberuf jahrelang ausgeübt. Aber: die Arbeitszeiten bzw. die Schichten sind sehr belastend. Und kommt mir nicht mit gesetzlichen Pausenzeiten, das funktioniert bei unserem Pflegesystem nicht.
hinzu kommt, dass teilweise eben bei den Bewohner nach Minuten abgerechnet wird und man unter Stress die 80-90 jährigen Bewohnern waschen, anziehen, versorgen muss. Die spüren das natürlich und merken, das man keine Zeit für sie hat. Grund für die Aufgabe des Berufs war dann ein Todesfall. Eine Bewohnerin ist bei mir gestorben, während ich bei ihr im Zimmer war. Ich hab den Notruf gedrückt, aber da natürlich permanent unterbesetzt ist und jeder im Stress, hst es 15min gedauert, bis überhaupt mal jemand gekommen ist… die Frau ist gestorben und ich hab dem System den Rücken gekehrt


Mohnblume611  03.08.2024, 09:41

Ohhhh… danke fürs teilen. Heftig. Vor allem, weil wir selbst alt werden und vielleicht auf Hilfe angewiesen sind. Ich kann dich gut verstehen.

LuClRa  05.09.2024, 18:02

👍

Der Beruf ist physisch und psychisch sehr anstrengend.


tajpms  03.08.2024, 10:21

Ich war letztes Jahr in einer orthopädischen Reha. Es waren unglaublich viele aus der Pflege dort mit Rückenproblemen.

LuClRa  05.09.2024, 18:02

Exakt.

Bei uns in den Pflegeheimen wird pro Station nur noch eine Fachkraft pro Schicht beschäftigt, der Rest sind Hilfskräfte, der Personalschlüssel ist im Vergleich zu unseren Nachbarländern katastrophal.

"warum schmeißen Pflegekräfte so schnell ihren Job hin"

Ich würde in keinem (mir bekannten) Haus für kein Geld der Welt auch nur eine Woche arbeiten wollen. Das was dort vonstatten geht ist sowohl für die Bewohner als auch für die Angestellten eine enorme Belastung.


bachforelle49 
Beitragsersteller
 03.08.2024, 11:50

ja, aber irgendeiner ist ja der "Wasserkopf" oder Mehrzahl eben .. wenn die Oberen den Überblick verlieren , hilft kein Geld der Welt das und was zu verbessern oder sie haben ihren Job verfehlt .. hier helfen vielleicht Verbesserungsvorschläge, die alle mit einbindet

Geocacher76  03.08.2024, 12:00
@bachforelle49

Genau das ist doch aber das Problem. Denjenigen die "oben" das große Geld verdienen und im netten Büro sitzen, ist es doch völlig egal ob die Bewohner adäquat versorgt werden oder ob die Angestellten angemessene Arbeitsbedingungen haben.

bachforelle49 
Beitragsersteller
 03.08.2024, 16:03
@Geocacher76

dann ist das ein politisches Problem, und es sollte eine Petition entweder an den Landtag in Düsseldorf oder gleich an den Bundesgesundheitsminister verfasst werden - es kann nicht sein, daß dieser jämmerliche Opportunismus auf den Rücken der schwächsten ausgetragen wird - schließlich jammert die Politik so rum usw

Viele Leute gehen mit falschen Erwartungen in den Beruf. Tatsächlich gab es nie so viele Auszubildende in der Pflege wie in den letzten Jahren. Viele springen aber schon während der Ausbildung ab und gehen in andere Berufe.

Es sind aber alles bekannte Themen. Natürlich müssen die Menschen 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag versorgt werden. Bedeutet also für den Mitarbeiter, dass er auch am Nachmittag, am Abend, in der Nacht, am Wochenende oder auch an Weihnachten arbeiten muss.

Es ist auch bekannt, dass man mit multimorbiden, teilweise schwerst kranken und sterbenden Menschen arbeiten muss. Sowas kann sehr belastend sein. Schmerzen, Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit sind nicht zu unterschätzen.

Dazu kommen die Angehörigen, die oft anspruchsvoller sind als die Bewohner. Und natürlich nicht zu vergessen die körperliche Arbeit. Man hat natürlich auch eine große Verantwortung und da die Pflege immer anspruchsvoller wird, benötigt man auch viele Kompetenzen.

Viele Menschen sind sich einfach nicht bewusst was Pflege alles bedeutet. Sie sind dann schnell überfordert. Pflegekräfte sind auch Profis im jammern und meckern und damit wird häufig das ganze Team mit runtergezogen.

Es ist aber auch so, dass viele Einrichtungen nicht verstanden haben, wie wertvoll ihre Pflegekräfte sind. Oft werden die Mitarbeiter behandelt, als würden vor der Tür 100 andere stehen, die nur darauf warten, endlich einen Job zu bekommen.

Dabei ist es eher umgekehrt. Ich als Pflegekraft kann mir meinen Arbeitgeber aussuchen. Ich kann jederzeit da anfangen wo ich arbeiten will, weil wirklich alle Einrichtungen Mitarbeiter suchen.

Dass viele Einrichtungen nicht mit ihren Mitarbeitern umgehen können sieht man oft schon an der Art und Weise wie mit Auszubildenden umgegangen wird. Oft werden sie einfach als billige Arbeitskräfte missbraucht und werden schon da vergrault. Da darf sich niemand wundern wenn die nach der Ausbildung weg sind.

Und dann ist da noch die Politik. Da entscheiden Menschen die häufig noch nie ein Pflegeheim von innen gesehen haben. Der Pflegenotstand ist schon seit den 1980er Jahren bekannt und es wurde einfach verschlafen etwas dagegen zu unternehmen. Und jetzt kann man nicht erwarten, dass 40 Jahre innerhalb kürzester Zeit aufgearbeitet werden.

Dazu kommt auch noch, dass es immer mehr alte Menschen gibt, die immer älter werden. Auf der anderen Seite bekommen die Leute heutzutage immer weniger Kinder. Es ist halt problematisch, wenn immer weniger junge Menschen immer mehr alte Menschen versorgen müssen.

In naher Zukunft wird man die Probleme nicht alle lösen. Es kann auch nicht jeder in der Pflege arbeiten. Das sieht man schon an der hohen Durchfallquote bei den Examensprüfungen.

Ich für meinen Teil arbeite sehr gerne in der Pflege und würde nie was anderes machen wollen. Es macht mir unglaublich viel Spaß. Ich bin jetzt 33 und seitdem ich 16 bin in der Pflege. Mit den 17 Jahren Erfahrung bin ich schon jetzt ein Urgestein. Die meisten Leute schaffen keine 10 Jahre in einem Pflegeberuf.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Langjährige Berufserfahrung als Pflegefachkraft