Zug fährt über Bahnübergang und Ampel geht nicht runter?
Ich hatte gestern folgende Situation: Fahre mit dem Auto innerorts mit 30kmh durch eine Kleinstadt über einen Bahnübergang. Darauf gucke ich in den Rückspiegel und sehe wie ein Schienenwartungszug mit c.a. 15kmh über dem Bahnübergang fährt ohne dass die schranke runter geht oder die Ampel rot wird. Ich möchte mir gar nicht ausdenken was passiert währe wenn ich 10 Sekunden später über den Bahnübergang gefahren währe. Meine Frage ist: ist das legal, ist das normal und wer hätte in einem Unfall gehaftet? Ich fahre fast jeden Tag über diesen Übergang und habe jetzt große Sorgen.
8 Antworten
Ich möchte mir gar nicht ausdenken was passiert währe wenn ich 10 Sekunden später über den Bahnübergang gefahren währe.
Dann hättest du einen Unfall verschuldet und dabei festgestellt, dass der Zug der Stärkere ist.
Am Bahnübergang hat der Zug Vorrang. Das Andreaskreuz allein sagt dir, dass du gucken musst, ob ein Zug kommt und wenn einer kommt, musst du anhalten und den vorbei lassen.
Ampeln und Schranken sind nur zusätzliche Sicherungsmaßnahmen, wenn Züge möglicherweise zu schnell angefahren kommen um sie als Autofahrer rechtzeitig zu sehen. Aber du darfst dich nicht darauf verlassen, dass kein Zug kommt wenn die Ampel aus und die Schranke oben ist. Der kommt nur nicht mit 160 km/h.
Logische Folge:
Fahre mit dem Auto innerorts mit 30kmh durch eine Kleinstadt über einen Bahnübergang.
Man darf immer, egal ob innerorts oder außerorts, egal ob auf der Straße sonst 20 km/h erlaubt sind oder 70 km/h, nur so schnell über den Bahnübergang fahren, dass man gucken kann ob ein Zug kommt und anhalten kann, wenn dem so ist.
Hast du garantiert auch so in der Fahrschule gelernt.
Wenn also 30 km/h zu schnell sind, als dass du gucken und anhalten könntest, darfst du nicht mit 30 km/h über den Bahnübergang fahren.
Als halber Eisenbahner kann ich dir die größte Sorge nehmen: Dergleichen kommt im Alltag nahezu nie vor und für den Fall ist vorgesorgt. Tatsächlich ist es beides kein Zufall, dass es 1. ein Wartungszug ist 2. nur sehr langsam unterwegs.
Aber der Reihe nach. Anders als viele Laien es glauben, wird ein Bahnübergang nicht frei und willkürlich gesteuert oder könnte einfach so mal offen bleiben. Schon seit mehr als einem Jahrhundert sind Bahnübergänge in das Stellwerkssystem eingeflochten und würden zu Gunsten der Sicherheit den Betrieb hemmen, wenn sie nicht geschlossen sind. Tatsächlich haben schon die damaligen elektrisch-mechanischen Sicherheitsgeräte eine einfache logische Abfrage gemacht, an dessen Ende erst das Signal gehoben werden kann. Das sah schon damals wie folgt aus:
Weichen vollständig gestellt? Ja. Fahrweg gegen umschalten gesichert? Ja. Bahnübergang geschlossen? Ja. Sonstige Bedingung erfüllt (z.B. Klappbrücke in richtiger Lage)? Ja. Signal kann auf Fahrt gestellt werden!
Später kamen mehr und mehr elektrische Teile dazu, so dass heute Bahnübergänge auch selbstständig arbeiten können. Aber es bleibt eine Absicherung. Bei selbstständigen Bahnübergängen stellt ein Gleissensor einige Kilometer vor dem Übergang einen Zug fest und arbeitet dann das übliche Verfahren ab. Blinken, läuten, schließen, wobei Endlagetaster erfassen ob die Schranken wirklich unten sind und eine Nachkontrolle durch einen Menschen vor Ort oder über Kamera oder mittlerweile auch durch bestimmte Radarsysteme. Erst wenn alles abgearbeitet und sein OK gegeben hat, bekommt der Zug für den Bahnübergang sein Fahrtsignal. Wenn hingegen ein Problem auftaucht - z.B. Onkel Hubert ist mit seinem Traktor auf dem Bahnübergang liegen geblieben - bleibt das letzte Signal vor dem Bahnübergang auf rot. Das steht oft einige hundert Meter vor dem Übergang und bringt einen Zug so immer rechtzeitig zum Halten.
Wegen diesem und dem Vorlauf für den Zug, welcher schon am über einen Kilometer entfernten Vorsignal wissen soll was Sache ist, braucht es auch etwas an Zeit, vor allem wenn der Zug nicht die mögliche Höchstgeschwindigkeit fährt.
Bei eingleisigen Strecken und ähnlichem kommt übrigens ein so genanntes Bahnübergangssignal zum Einsatz. Das blinkt mit einem gelben Licht, wenn der Bahnübergang gesichert ist. Wenn er nicht gesichert ist oder ein defekt vorliegt, bleibt das Licht aus und der Zug muss vor dem Bahnübergang halten.
Es ist also nicht so, dass ein Zug unwissend auf einen offenen Bahnübergang zufahren kann. Und in diesen Fällen muss ein Zug vor einem Bahnübergang anhalten und für eine Sicherung des Bahnübergangs sorgen bzw. dürfen nur mit sehr besonderer Vorsicht über diesen Fahren um keine anderen Verkehrsteilnehmer zu gefährden.
Die Frage, wer bei einem Unfall schuld hätte, ist dann vom Hergang abhängig. Wäre der Bauzug mit wenigstens 40 km/h ohne Sicherungsposten über den Bahnübergang gefahren und hätte dich mitgenommen, wäre der Triebfahrzeugführer Schuld, da er seine Sicherungsaufgabe nicht eingehalten hat. Hätte der Zug aber am Bahnübergang gehalten und wäre langsam und mit Horn über den Bahnübergang gefahren und hätte dich erwischt weil du noch schnell vorbei wolltest oder weil du den Sicherungsposten ignoriert hast, läge die Unfallschuld bei dir.
In diesem Fall gehe ich aber davon aus, dass die Bauarbeiter gerade die Strecke ausbessern und indirekt durch die Arbeiten oder mit Vorsatz den Bahnübergang außer gefecht gesetzt haben. Letzteres ist möglich, weil Bauzüge während ihrer eigentlichen Arbeit oft nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Entsprechend wäre so ein Bahnübergang für einen für 80km/h zugelassener Streckenabschnitt den ganzen Tag geschlossen wenn der Bauzug da im Schnecken dahinrollert. Da der Bauzug laut deiner Beschreibung auch nicht schnell war, gehe ich davon aus, sie sind entsprechend der Vorschriften vorgefahren, haben bemerkt, dass kein Verkehrsteilnehmer in der Nähe ist oder spontan im Eilverfahren gesichert, da der Sicherungsposten auch vorne auf dem Tritt stehen und schnell abspringen kann, und sind flott weitergefahren ohne für irgendeinen dabei eine Gefahr darstellen zu können. Du hast dann dabei halt nur noch den Zug gesehen, der über den Bahnübergang rollt.
Summa summarum kann man sagen, dass dir gewöhnlich nichts an Bahnübergängen passieren kann, weil auch Züge keine uneingeschränkte Vorfahrt haben. Die Wissen ob ein Bahnübergang geschlossen ist oder nicht und müssen entsprechend handeln. Wenn der Zug nun weit weg war und nicht zu hören, ist auch noch nichts verkehrt gelaufen, es sei denn du hättest aus irgendeinen Grund das Horn des Zuges niemal hören können. Anders sähe es bei unbeschrankten Bahnübergängen aus. Hier bist du als Autofahrer zum Eigenschutz verpflichtet und solltest bei schlechten Sichtverhältnissen lieber vor den Dingern halten und schauen ob nichts kommt.
https://www.youtube.com/watch?v=AORwIPQFUk0
Darauf gucke ich in den Rückspiegel und sehe wie ein Schienenwartungszug mit c.a. 15kmh über dem Bahnübergang fährt ohne dass die schranke runter geht oder die Ampel rot wird.
Bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h legt der Schienenwartungszug ca. 4 Meter/Sek. zurück. Eigentlich hättest du den Zug bereits erkennen müssen, als du den Bahnübergang überfahren hast.
Ich habe in der Fahrschule gelernt bei Bahnübergängen immer rechts und links zu schauen auch bei offener Schranke oder ohne Stop-Signal.
So ein Signal kann auch mal defekt sein und mit dem Auto hat man schlechte Chancen
...bisschen spät, ich weiß! Ich würde vermuten, dass dieser Wartungszug den Straßenverkehr abgewartet hat und sich erst in Bewegung gesetzt hat, als die Straße frei war. Denn ohne Signal (Ampel, Bediensteter der sperrt, Schranke) gilt für Dich "freie Fahrt". Gut möglich, dass die Besatzung keinen Bock hatte, einen Posten rauszuschicken und lieber abgewartet hat.