Warum sind so viele menschen gegen höheren Mindestlohn?

16 Antworten

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Die Sache ist einfach:

Wer gehen höheren Mindestlohn ist, befürchtet dadurch höhere Preise für betroffene Waren und Dienstleistungen, zum Beispiel Versandkosten, Preise für den Friseur, für Obst und Gemüse vom heimischen Bauern, etc.

Und da man nicht erwartet, dass das eigene Einkommen dann ebenfalls im gleichen Umfang steigt wie die Preise, befürchtet man als Konsequenz, sich immer weniger leisten zu können.

Also indirekt eine Gefährdung des eigenen Lebensstandards dadurch.

Ob diese Befürchtung zutrifft ist was ganz anderes.

Der Grund ist also nicht der, dass man den Leuten in Niedriglohnberufen nicht an sich mehr Geld gönnen würde. Nein, es ist die Angst um den eigenen Lebensstandard.

Wer gegen den Mindestlohn ist, will billige Arbeitsleistung und dafür so wenig wie möglich bezahlen. Das ist die volle Wahrheit, genauer kann man das im Grunde nicht beschreiben.

Im Einzelfall gibt es natürlich viele Gründe, z.B. wenn jemand ein Pflegefall ist und Hilfe braucht, aber dafür nicht zureichend bezahlen kann. (Allgemein sollte das durch die Pflegeversicherung abgedeckt sein, aber es kann Fälle geben, wo eine spezielle Notlage vorliegt, die dadurch nicht abgedeckt werden kann. - Aber das sind Ausnahmen. Allgemein gilt, was ich im ersten Satz geschrieben habe.)

Wenn ich Geld verteile, das ich nicht habe, bzw. das die momentan stagnierende Wirtschaft nicht erwirtschaften kann, dann führt das dazu, dass entweder die Inflation angeheizt wird oder dass diese Arbeitsplätze abgebaut werden. Dann wird eben im Ausland produziert oder die Gastronomie stellt auf Selbstbedienung um, wie man in den Biergärten zur Zeit erlebt.

Schwere Arbeit oder höherqualifizierte Arbeit muss man nicht staatlich regeln, das sorgen Gewerkschaften oder einfach die Nachfrage für steigende Löhne. Selbst Discounter zahlen über Mindestlohn.

Naja, es gibt Branchen, wo es schon mit dem jetzigen Mindestlohn schwer ist , das zu bezahlen und dann eigentlich nur noch Auslagerung ins Ausland in Frage kommt, weil die Kunden das nicht bezahlen wollen.

Wobei ich insgesamt die Einführung des Mindestlohnes schon einen Segen finde, hat für nicht SO wenige zur Lohnverdopplung geführt (und es läßt sich nicht alles ins Ausland auslagern).

Aber ich finde den in der jetzige Höhe schon o.k. Nur für Selbstständige gilt der halt nicht. Da verdienen etliche immer noch weniger.

seizegott  16.07.2023, 09:25

Die Branchen die am meisten vom Mindestlohn betroffen sind, sind Dienstleistungen im Bereich der Gastro und Lieferung von Waren. Die kann man ja wohl schlecht ins Ausland verlagern.

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Stellwerk  16.07.2023, 09:26

"Nur für Selbstständige gilt der halt nicht. Da verdienen etliche immer noch weniger."

Wenn Du selbständig bist und nach einem Jahr immer noch auf Mindestlohn rumkrebst, mach was anderes.

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Ich bin tendenziell auch gegen eine Erhöhung des Mindestlohns. Warum?

Nehmen wir mal an der Mindestlohn steigt um 1€/Stunde. Beim Arbeitnehmer kommen davon nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern noch etwa 0,65€ netto an, während der Arbeitgeber inklusive Lohnnebenkosten 1,30€ zahlt. (Bitte dir zahlen nicht auf die Goldwaage legen, können paar Cent mehr/weniger sein).

Jedenfalls haben die Arbeitgeber deutlich höhere Kosten als am Ende beim Arbeitnehmer ankommt. Die Kosten werden natürlich wieder auf die Waren und Dienstleistungen umgelegt, wodurch sich diese verteuern. Unterm Strich schaut der reale Lohnzuwachs sehr gering aus.

Der größte Profiteur an der Erhöhung des Mindestlohns ins dadurch in aller erster Linie der Staat, weil die Steuereinnahmen (Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, ...) sowie die Einnahmen für die Sozialversicherungen steigen. Das gilt natürlich generell für alle Lohnerhöhungen. Nicht nur beim Mindestlohn.

Was also alternativ tun? Damit die arbeitende Bevölkerung wirklich entlastet wird wäre es zum Beispiel eine Möglichkeit den Grundfreibetrag auf etwa 25.000€ zu erhöhen. Dies entspricht etwa dem Einkommen eines Vollzeitarbeitnehmers zum Mindestlohn. Denn aktuell zahlt man selbst bei diesem geringen Einkommen schon etwa 140€/Monat an Lohnsteuer.

Natürlich zieht die Politik einen solchen Schritt nicht in Erwägung, da dies zu deutlich weniger Einnahmen führen würde.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung