Warum mache ich mir mit 19 schon Sorgen um das Altern?

18 Antworten

Wenn natürlich schon Verwandte oder Freunde der Familie gestorben sind und man mitbekommen hat, wie andere trauern oder dass die Betroffenen am Ende gelitten haben, kann man solche Gedanken bekommen.

Aber: Einmal könnten wir es uns nicht leisten, dass jeder einfach weiterlebt (Versorgung, Wohnraum, medizinische Betreuung).

Und dann gibt es natürlich auch viele Berichte von älteren Menschen bis zu sehr alten Menschen, die kaum oder gar nicht leiden. Elke Heidenreich ist 79 und anscheinend geistig wie körperlich noch ziemlich fit. Helmut Schmidt wurde 96 und offenbar ging es ihm trotz Rauchens noch bis ins hohe Alter gut.

Jetzt kann man sagen, die hatten aber auch Geld und aufgrund von "Promistatus" gute Betreuung/ Behandlung. Es gibt aber mehrere solcher Beispiele. Sowohl von armen wie auch reichen Älteren. Und auch von den armen leidet nicht jeder, viele genießen ihr Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten bis zum Schluss.

Man kann aber für das Alter vorsorgen. Das bedeutet im persönlichen Bereich: Gut essen, immer moderat Sport machen, geistig fit bleiben, immer wieder Neues lernen, darauf achten, dass man immer jemanden hat, an den man sich wenden kann (Freundeskreis, Verwandte, Kontakt halten) und sich auch Gedanken machen, wie man mit bestimmten Einschränkungen umgehen könnte. Natürlich reißt es einen in die Depression, wenn Sport das wichtigste im Leben ist und man irgendwann keinen mehr ausüben kann. Wenn Lesen das wichtigste ist und die Augen irgendwann nicht mehr mitmachen. Wenn man sein Leben lang mit den Händen gearbeitet hat und später Arthrose oder Rheuma in den Händen bekommt.

Aber man kann sich vorher schon überlegen: Was würde ich tun, wenn...? Kann ich schon in jungen Jahren anfangen, mich vielfältig zu interessieren, auch Hörbücher zu lesen, Hobbys haben oder Interessen, bei denen ich meine Hände oder Beine nicht unbedingt einsetzen muss?

Suche mal nach Dokus von Positivbeispielen (auch zu verschiedenen Unterthemen zum Thema) und überlege dir, ob du von den jeweiligen Menschen oder Herangehensweisen etwas lernen kannst, eine Haltung übernehmen kannst:

https://www.youtube.com/results?search_query=zufrieden+bis+ins+hohe+alter

Ich hatte zwei Verwandte, beides Frauen, die etwas über 90 Jahre alt wurden. Eine war körperlich lange gesund, hatte aber eine schlechte Einstellung und schlechte Voraussetzungen (Angst, Einsamkeit, Rückzug). Die konnte schon 10 Jahre vor ihrem Tod nur noch Trippelschritte machen, verließ das Haus freiwillig nie, hatte wenig Eigeninitiative. Die Mundwinkel hingen verkrampft immer runter. Die Frau war ständig angespannt und wurde auch von wenigen wirklich gemocht.

Die andere war mindestens 10 Jahre vor ihrem Tod, vermutlich deutlich länger, stark sehbehindert, konnte nicht mehr lesen, sich im bekannten Umfeld weitgehend nur aufgrund ihrer Erfahrung und Tastsinn orientieren. War sehr gebildet und führte oft intellektuelle Gespräche mit ihren Gästen, interessierte sich für aktuelle politische Themen, machte oft Rätsel mit ihren Besuchern. Hatte viel Besuch, verließ mit den Besuchern auch das Haus, meist zum Essen gehen, aber auch für Familientreffen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten blieb sie geistig, körperlich und sozial aktiv. Erst im letzten Jahr baute sie körperlich drastisch ab und wurde fast bettlägerig. Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch Besuch und Betreuung von nahestehenden Menschen (Freunden, Verwandten). Die hat wirklich ihr Leben bis zum Schluss genossen, war überall beliebt, hatte viel Kontakt und auch geistige Anregung. Ging aktiv mit ihren Problemen um, suchte immer nach Lösungen.

Das ist schon mal ein guter Ansatz.

Die erste Frau war nicht arm, aber hatte nur eine durchschnittliche Rente und veränderte in ihrer Umgebung nichts mehr in den letzten 20 oder 30 Jahren. Die zweite Frau war sehr wohlhabend, veränderte auch nichts mehr in ihrer Umgebung in den letzten 20 oder 30 Jahren, aber bei ihr war es Bescheidenheit (eigene Entscheidung) und Maßnahme, um sich weiter zurechtzufinden. Im ersten Fall war es "Faulheit" und Passivität. Damit verlor diese Person komplett den Anschluss an die Außenwelt und die Ängste wurden immer größer.

Das Beispiel zeigt aber, dass man auch ohne viel Geld, aber mit bewusstem Umgang mit seinen Einschränkungen zufrieden sehr alt werden kann.


KathaHohenfels  07.08.2022, 18:18

Aber was, wenn es nicht reicht, "gut" zu altern? Was, wenn man gar nicht altern möchte?

Spielwiesen  08.08.2022, 08:17

Klasse Beitrag, der genau aufzeigt, wo die Knackpunkte sind und wie weit einen die eigene geistige Haltung bringen! Sehr schön - danke dir!

Mir geht es ähnlich, ich bin auch 19. Ich habe allerdings keine Angst vor dem Altern an sich, denn das ist ja erstmal was ganz normales und auch schönes. Wovor ich Angst habe ist der Tod, oder viel mehr die Sekunden/Stunden/Tage davor. Ich will es nicht mitbekommen, wenn du verstehst, was ich meine. Denn Sterben ist so eins der wenigen Dinge, wenn nicht das einzige, was im Leben unausweichlich ist.

Altersforschung würde deshalb auch nichts bringen. Klar, man kann zu Lebzeiten Menschen einfrieren, in der Hoffnung, in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten in der Forschung so weit zu sein, die dann zurückzuholen und ihr Leben deutlich zu verlängern. Aber ich persönlich glaube nicht, dass das wirklich umsetzbar ist.

Als ich vor ein paar Jahren realisiert habe, dass jeder sterben MUSS, und dass ich dem nicht entkommen kann, hat das definitiv etwas mit mir gemacht. Ich muss nicht permanent darüber nachdenken, aber manchmal holt mich der Gedanke einfach ein und ich habe wirklich Angst, mit 70 auf einmal zu merken, dass mein Leben nicht erfüllt genug war. Und eine andere Sache, vor der ich mich sehr fürchte, ist es, gar nicht erst so alt zu werden.


KathaHohenfels  07.08.2022, 18:18

Warum hast du keine Angst vor dem Altern an sich? Inwiefern ist das etwas Schönes?

Dann solltest du die Zeit mehr nutzen, mehr mit deiner Familie und deinen Freunden machen und dir Ziele setzen. Mit 19 hast du noch unglaublich viel Zeit und später wenn du dann alt bist kannst du auf dein Leben zurück schauen und wissen das du alles was du wolltest ereicht hast. Viele Rentner die ich kenne sind zufrieden damit wie sie gelebt haben und was sie hinterlassen haben.

Du kannst es eh nicht aufhalten, also solltest du es einfach hinnehmen. Jeder altert, wäre das nicht so hätten wir ne fette Überbevölkerung.

Ich selbst w16 habe ein großes Problem damit das mein Körper alten wird. Ich denke das kommt zum Großteil von social media. Aber ich geb mir Mühe nicht im Streit mit anderen auseinander zu gehen und schlafe über große Ausgaben ne Nacht drüber, einfach um später nichts zu bereuen.


SchakKlusoh  27.07.2022, 11:53

Mit 19 hat man Zeit, aber nicht unglaublich viel Zeit. Die wichtigen Entscheidungen für das Leben sollte man deutlich vor seinem dreissigsten Lebensjahr treffen, sonst ist es schnell zu spät.

Jeder möchte alt werden aber niemand möchte alt sein.


Wassermann3500  08.08.2022, 13:37

Präziser wäre: Jeder möchte chronologisch alt werden, aber nicht biologisch.

Genau deshalb arbeiten seit knapp zwei Jahrzehnten weltweit auch immer mehr Forscher daran, das Altern als Todesursache abzuschaffen. Bei den Therapien, die dafür entwickelt werden, geht es darum, dass Menschen nicht mehr schwach, krank und gebrechlich werden, sondern so gesund und fit wie im jungen Erwachsenenalter bleiben.

Hier zum Einstieg ein sehr aufschlussreiches Interview mit dem renommierten Biogerontologen Aubrey de Grey:

https://www.profil.at/wissenschaft/alternsforscher-grey-interview-gottes-arbeit-10744326

Dass man sich darüber Gedanken macht, ist für mich vollkommen normal - auch schon in jungen Jahren. Immerhin hat a) niemand die Garantie alt zu werden und b) begegnen wir dem Tod ja nicht erst, wenn er uns einholt.

Ich habe meinen Opa verloren, da war ich 6. Eine Tante, die mir sehr nahe stand mit 14 und meine Oma mit 17, meinen zweiten Opa mit 18 und meine zweite Oma mit 23. Und obwohl ich jedes Mal sehr jung war, hat mich das an meine eigene Sterblichkeit erinnert und mich dazu bewegt, mich mit ihr zu beschäftigen.

Aber nicht nur das, es hat mir geholfen das Leben bewusster zu leben. Ich habe nämlich auch zwei Freunde verloren, beide waren jünger als 20. Gerade das sorgt natürlich dafür, dass ich mir auch jetzt (mit 27) ab und an so meine Gedanken mache.

Aber ich denke nicht nur und ständig darüber nach und mich zieht der Gedanke irgendwann gehen zu müssen auch nicht runter. Und ich denke dass ist der Punkt, auf den man achten sollte. Man sollte den Tod akzeptieren, sollte sich von ihm aber nicht das Leben (oder eher die Freude daran) nehmen lassen.


KathaHohenfels  07.08.2022, 18:22

Und was, wenn es möglich wäre, etwas gegen das Altern zu tun?