Hey in die Runde!
Ich glaube, dass Motivation eher weniger wichtig und vergänglich ist. Wichtiger ist, sich die Werte anzusehen, die das eigene Handeln prägen (und aus denen sich Motivation ergibt). Ich habe mir schon oft riesige Listen an Werten angeschaut oder sortierte Werte, bei denen man irgendwo zwischen zwei Extremen zu verorten ist (z.B. der Drang nach "Macht", was nichts anderes ist als der Drang, Einfluss zu nehmen, vs dass man lieber im Hintergrund agiert, seinen Willen nicht unbedingt durchsetzen will etc.).
Das habe ich bei mir so oft analysiert, weil ich mich oft gewundert habe, dass andere Menschen andere Werte zu haben scheinen als ich und ich lernen wollte, das schneller zu erkennen, um damit entsprechend umgehen zu können. Denn da, wo es in einer Diskussion auf die Werteebene zugeht, also man erkennt, dass die Ursache für eine unterschiedliche Meinung/Sichtweise auf unterschiedlichen Werten gründet, kann und sollte man aufhören zu versuchen, das zu ändern.
Was bei mir bei meinen Motiven auffällig war ist, dass ich eine hohe Ausprägung bezüglich dem Wert Macht und Neugier habe, gleichzeitig eine sehr niedrige bei Ehre und Ruhe. Besonders Macht und Ehre ist mir schwergefallen, mir das einzugestehen, da Machtstreben oft verurteilt wird, ebenso, wenn man nicht viel Wert auf Prinzipien/Treue etc legt.
Ich habe aber länger darüber nachgedacht und festgestellt, dass mir persönlich sogar Menschen lieber sind, die nach Einflussnahme streben als die, die es nicht tun. Ich verstehe also nicht mehr, wieso man Machtstreben per se oft verurteilt wird. Es kommt mMn darauf an, nach wie viel Macht man strebt und auf welche Weise man sie sich holt (oder ob man sie zugewiesen bekommt). Und mir ist es wichtig, Einfluss nur auf legitimer Basis auszuüben. Wenn wir beispielsweise Fachschaftsvorstandswahlen hatten, habe ich mir immer genau angesehen, wer die Kandidaten für den Posten waren und überlegt, ob jemand dabei ist, der besser geeignet sein könnte als ich selbst oder ob jemand denkt, dass es besser geeignete Kandidaten gibt. Mir ist nämlich wichtiger, dass (positiver) Einfluss genommen wird als dass es zwingend mein Einfluss sein muss. Wenn es jemanden gibt, der meine "Arbeit" besser verrichten kann und will, bin ich absolut bereit, meinen Posten aufzugeben. Bis jetzt sind jedoch diese Kandidaten immer meine "Kollegen" geworden (da es 3 Vorstände gibt und ich nie mehr als 2 weitere geeignete gefunden hatte, die den Posten auch wollten). Vor Kurzem habe ich jetzt jedoch jemanden kennengelernt, den ich für viel besser geeignet als mich halte und bin dementsprechend schon gespannt auf die nächsten Wahlen, da ich ihm gerne meinen Posten geben möchte:)
Mein ausgeprägter "Macht-Wert" bedeutet für mich also eher, dass ich etwas bewegen möchte bzw möchte, dass einiges in Bewegung kommt. Das muss jetzt nicht an der Hochschule sein, sondern z.B. auch in der (Alterns-/Verjüngungs-)Forschung etc. Dieses Bewegen muss jedoch nicht von mir kommen, wichtig ist mir nur, dass maximal viel und maximal "qualitativ" bewegt wird. Deshalb hatte ich mich auch dagegen entschieden gehabt, Biochemie zu studieren, da es mMn viele Kandidaten gibt, die in der medizinischen Forschung besser geeignet sind als ich, aber dennoch keinen guten Posten bekommen. Deshalb habe ich mit Informatik angefangen, da hier die Nachfrage wesentlich größer ist und ich damit ebenfalls Dinge bewegen kann, die ich bewegen will. Falls sich das mit der Nachfrage ändern sollte, wäre ich bereit, wieder zu wechseln. Ich will dort Einfluss nehmen, wo Einflussnahme gebraucht wird, nicht wo ich sie mir (unrechtmäßig) holen müsste.
Neugier ist relativ selbsterklärend. Ich liebe es, dazuzulernen. Zwar lerne/lese ich nicht gerne alles. Z.B. muss ich aktuell ein Modul über Netzwerktechnik belegen. Und obwohl ich selbst in diesem Gebiet vieles finde, was ich interessant finde, so verzweifle ich doch, weil ich im Hinterkopf einige Themen habe, die mich wesentlich mehr interessieren würden, mit denen ich mich in diesem Moment jedoch nicht befassen kann. Da ich jedoch Freude am Lernen an sich habe, habe ich auch Freude daran, mich mit verschiedenen Netzwerkkonzepten und Protokollen auseinanderzusetzen, vor allem, weil mir aufgefallen, dass es durchaus Parallelen zur "Kommunikation" innerhalb (biologischer) Zellen und zwischen biologischen Zellen gibt und ich seit dem immer überlege, wie man die Netzwerktechnikkonzepte darauf übertragen könnte bzw welche davon vielleicht indirekt in der Biologie bereits Anwendung finden.
Meine niedrige "Ehre-Ausprägung" verstehe ich so, dass ich wenig Wert auf Regeln lege bzw darauf, dass Regeln auf Biegen und Brechen eingehalten werden müssen. Ich sehe Regeln flexibler. Regeln sollten nicht der Regeln wegen eingehalten werden, sondern weil sie sinnvoll sind. Wenn ich Regeln nach langem Nachdenken nicht für sinnvoll erachte, dann halte ich sie auch nicht ein, falls es aus meiner Sicht gute Gründe gibt, sie jetzt nicht einzuhalten.
Ein Beispiel: Es gibt Menschen, denen ist Treue sehr wichtig (in Freundschaft, Partnerschaft etc). Mir ist das nicht immer wichtig, nämlich dann nicht, wenn man nur noch der Treue wegen treu ist. Wieso sollte man zu einer Freundschaft halten, die schon lange nicht mehr gut läuft, in der man keine Zukunft mehr sieht? Wieso bei einem Partner bleiben, der einen offensichtlich unglücklich macht? Wieso sollte man von seinem Partner Treue einfordern, wenn dieser sie nicht freiwillig gibt?
Mir ist Treue vielleicht in dem Sinne wichtig, dass ich mir wünschen würde, dass es Beziehungen gibt, die ewig so gut halten, dass beide Parteien aus freien Stücken treu sein wollen. Das ist aber genau das, was ich meine, wenn ich sage, dass ich Regeln "flexibler" sehe. Regeln sollten nicht der Regeln wegen eingehalten werden, sondern weil beteiligte Parteien immer wieder über sie übereinkommen. Regeln sollten immer wieder neu verhandelt werden und ich möchte niemandem Regeln aufbürden, die ihn offensichtlich unglücklich machen.
Es kann sein, dass ich da von meiner Familie geprägt bin. Meinem Vater waren Regeln sehr wichtig. So wichtig, dass man Jahre noch bestraft wurde, wenn man gegen sie verstoßen hat. So sehr, dass es keine Möglichkeit zum Verhandeln gab, nein man für jeglichen Verhandlungsversuch bereits bestraft wurde. Sogar wenn es darum ging, nicht die eigenen Regeln auszuhandeln, sondern für seinen Bruder einzustehen, der offensichtlich unter bestimmten Regeln ernsthaft litt. Das ist etwas, was ich meinem Vater seit ich ausgezogen bin immer noch nicht verzeihen kann. Wenn ich Kinder haben sollte, werde ich ihnen immer ihrer Reife entsprechend den Raum zum Verhandeln geben. Ich möchte zumindest die Möglichkeit geben, darüber ins Gespräch zu kommen und mich ernsthaft dafür interessieren, warum aus der Sicht meines Kindes z.B. eine bestimmte Regel geändert werden sollte und vielleicht Konsens finden oder einen Kompromiss aushandeln.
Und meine niedrige Ausprägung des Wertes "Ruhe", meint, dass mir Ruhe nicht wichtig ist in dem Sinne, dass ich es nicht mag, ein ängstliches Leben zu führen. Das bedeutet nicht, dass ich keine Angst habe, ich habe sogar sehr oft Angst. Aber ich hasse es, wenn diese mein Leben bestimmt. Ich mag insofern (innere) Unruhe, da mir dies die Chance gibt, meine Ängste zu überwinden. Ich mag deshalb Herausforderungen.
Jedoch bin ich mir nicht ganz sicher, ob das jetzt bedeutet, dass mir Ruhe besonders wichtig ist oder nicht. Im Internet steht, dass Menschen, denen Ruhe wichtig ist, versuchen, herausfordernde/stressige/neue Situationen zu meiden und Menschen, denen Ruhe nicht so wichtig ist, Herausforderungen geradezu suchen.
Ich habe das Gefühl, dass mir Ruhe vielleicht sogar sehr sehr wichtig ist, bloß dass ich daraus für mich andere Schlüsse gezogen habe. Je mehr man nämlich das meidet, wovor man Angst hat, desto größer wird das, was man meiden muss. Je mehr man jedoch aus sich herauskommt, je mehr Herausforderungen und neuen Situationen man sich stellt, desto mehr gewöhnt man sich daran und desto häufiger und größer wird die "Ruhe" in einem.
Was mich also insgesamt motiviert: Etwas verändern und Lernen. Letzteres mithilfe von Büchern ebenso wie dadurch, dass ich mich Herausforderungen stelle.
LG Kath