Suspendierung von Gary Lineker richtig - würde sowas in Deutschland auch passieren?
In GB gibt es momentan viel Aufregung um den bekannten Sport-Moderator Gary Lineker. Der hat in einem Tweet die Flüchtlings-Politik der englischen Regierung kritisiert und die Sprache der englischen Regierung mit dem Deutschland der 30er Jahre verglichen.
Die BBC hat ihn daraufhin suspendiert. War das angemessen?
Und was denkt ihr, würde hier passieren, wenn ein Moderator von ARD, ZDF oder einem führenden schweizer oder österreichischen Sender etwas ähnliches machen würde?
7 Antworten
Hallo ~
Gary Lineker ist nicht nur ein bekannter Sport-Moderator, sondern auch ein überaus berühmter sowie erfolgreicher Fußballer. Er war zum Beispiel 1986 und 1992 England Fußballer des Jahres. Er wurde drei Mal Torschützenkönig. Im Jahr 1990 erhielt er den FIFA Fairplay-Preis, weil er 15 Jahre ohne gelbe beziehungsweise ohne rote Karte blieb. Im Jahr 2009 wählten ihn die Fans von Leicester City zum besten Spieler der Clubgeschichte. Der zweitplatzierte bekam nicht einmal die Hälfte der Stimmen, die Lineker bekommen hat. Er ist eine echte Ikone.
Zudem ist Gary Lineker das Gesicht der Sendung und macht es schon seit über 20 Jahren. Er ist oder war der bestbezahlteste BBC Angestellte und bekam Zahlungen von fast 2 Millionen £ pro Saison. Dies wurde von den Tories kritisiert, aber der Generaldirektor der BBC Tim Davie meinte, dass dies aufgrund seiner Beliebtheit sowie der Hochwertigkeit seiner Analysen gerechtfertigt ist.
Gary Lineker ist nicht zum ersten Mal per Twitter aufgefallen und dies kam schon öfters vor. Im Jahr 2016 twitterte er zum Beispiel, dass die Behandlung der Flüchtlinge abscheulich rassistisch sowie absolut herzlos sei, als man im Parlament vorschlug, dass bei den Flüchtlingen zahnärztliche Untersuchungen durchgeführt werden sollen, damit man somit deren Alter überprüfen kann. Im Jahr 2022 gab es auch Aufregung, da er Spenden an die konservative Partei kritisierte. Bei der Weltmeisterschaft in Katar soll er auch auffällig gewesen sein, was dazu führte, dass sich die Kulturministerin bitterlich über ihn beklagte. Es wurde schon oft gefordert, dass er eine Verwarnung oder seine Entlassung bekommen soll, da er die BBC Richtlinien der Unparteilichkeit nicht erfüllt.
Die BBC tat sich oft schwer mit ihm. Mal meinte sie, dass er ein freiberuflicher Moderator ist, dessen Auftritte nichts mit Politik zu tun haben und er es somit darf. Mal verwarnten sie ihn und meinten, dass er gegen die sozialen Nutzungsrichtlinien verstoße. Es gab eine lange Vorgesichte und in Deutschland ist es nun zum ersten Mal aufgefallen, weil er wohl den Vergleich mit den Nazis brachte.
Seine Moderatorenkollegen erschienen aus Solidarität zu Gary Lineker alle nicht zur Sendung, was dazu führte, dass sie ohne Gastgeber beziehungsweise ohne Studiopräsentation stattfand. Die BBC konnte daher nur Spielmaterial zeigen und es gab auch keine Interviews mit den Spielern oder den Trainern.
Der BBC Generaldirektor Tim Davie rudert nun zurück und meinte, dass Lineker ein hervorragender TV-Journalist ist und er unbedingt wieder auf Sendung gehen soll. Wahrscheinlich hat man bei der BBC erkannt, dass es ohne Lineker nicht geht und dann die anderen Moderatoren auch nicht mitmachen.
Ich habe gestern Abend Sky News angeschaut und dort kam die Thematik gleich als erstes Nachrichten-Thema. Es wurde gezeigt, dass der BBC Vorsitzende Richard Sharp auch Dreck am Stecken hat. Er soll Boris Johnson finanziell beraten haben und eventuell nur dadurch seinen Posten bekommen haben. Auch soll Sharp eine Spende von 400.000 £ an die konservative Partei getätigt haben. Sharp soll vor allem den Rauswurf von Gary Lineker verlangt haben und hat nun den schwarzen Peter.
Ich bekomme das ganze Drama mit, weil ich seit dem Jahr 1989 ein großer Fan des englischen Fußballs bin und diesen seit Jahrzehnten genau verfolge. Zudem spiele ich Fantasy Premier League und es gibt ein entsprechendes Forum, wo wir uns bezüglich der Aufstellung Tipps geben www.fantasyfootballscout.co.uk. Dort wird die Thematik auch ausgiebig und kontrovers diskutiert. Die meisten User dort meinen, dass eigentlich alle Dreck am Stecken haben und die Sache so lange geht beziehungsweise so komplex ist, dass es keine einfache Lösung gibt. Viele finden jedoch, dass Gary Lineker bleiben soll, da er über zwanzig Jahre das Gesicht der Sendung und ein überaus guter Fußballexperte ist.
Ich denke, dass man dies mit deutschen Verhältnisse nicht vergleichen kann. Wie gesagt, Gary Lineker ist eine echte Fußball Ikone und macht seine Sendung schon seit über zwanzig Jahren. Er fiel schon sehr häufig mit seinen Twitter Äußerungen auf und es wurde schon öfters sein Rücktritt gefordert. In Deutschland würde es auch wohl nicht vorkommen, dass sämtliche Kollegen daraufhin die Arbeit verweigern und nur Spielmaterial gezeigt werden kann. Zudem scheint bei den BBC Oberen auch nicht alles astrein zu sein und man muss sich fragen, wie sie zu ihren Job gekommen sind beziehungsweise warum sie 400.000 £ an die Tories spenden. Dies ist alles ein sehr spezieller sowie einzigartiger Fall. Daher gibt es wohl keine einfach Lösung und ist mit der deutschen Sportschau nicht zu vergleichen.
Alles Gute und eine schöne Zeit!
Die BBC hatte so gesehen auch keine andere Möglichkeit.
Mit wem sonst hätten sie die Sendung am Samstag moderieren sollen, wenn alle anderen Journalisten sich - aufgrund der Solidarität zu Gary Lineker - weigern, die Show zu moderieren. Ich denke, dass dies der entscheidende Punkt war. Andere Reporter bekommt man nicht so schnell und auch sie müssen erst etwas eingearbeitet werden.
Gary Lineker kann stolz beziehungsweise froh sein, dass er so loyale Kollegen hat, die fest zu ihm halten. Ansonsten wäre es wohl nicht so schnell gegangen.
Sicherlich wird dies ein Nachspiel bei der BBC haben, da es gewaltigen Wirbel verursacht hat. Es kann sein, dass nun der BBC Vorsitzende Richard Sharp gehörigen Druck bekommt. Über ihn wurde schon zuvor gemutmaßt, ob er den Job nur bekommen hat, weil er zuvor Boris Johnson finanziell beraten hat. Beziehungsweise es wurde sich gefragt, warum er 400.000,- £ an die Tories gespendet hat.
Alles Gute und eine schöne Zeit!
Dankeschön für Deine sehr ausführliche und erhellende Antwort.
Das Gary Lineker selbst berühmter Fußballer war wusste ich natürlich, aber die ganze Vorgeschichte des aktuellen Skandals nicht.
Das Spieler und Trainer Interviews verweigert haben, habe ich auch mitbekommen.
Aber so gut wie Du erklärt es nicht einmal "Die Zeit".
Ich wünsche Dir einen angenehmen Sonntag.
Danke für das nette Kompliment. Dies war nett und hat mich gefreut. Danke!
Ja, nicht schlecht für jemanden, der angeblich sein Leben nicht auf der Reihe hat und dem sie deswegen einen Betreuer aufhalsen möchten ;-) Dies ist auch so eine Geschichte.
Der britische Fußball ist aber mein Hobby und daher kenne ich mich ein wenig aus.
Ich denke, dass der Druck auf die BBC zu stark sein wird und Gary Lineker bald wieder auf dem Bildschirm zu sehen sein wird. Entscheidend dürfte gewesen sein, dass sich alle seine Kollegen geweigert haben, ohne ihn die Sendung zu machen.
Ich wünsche einen guten Wochenstart und hoffe, dass es in Ordnung ist, wenn ich mich wegen der anderen Angelegenheit nochmals melden werde. Danke!
Alles Gute und eine schöne Zeit!
Zunächst einmal gilt
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich -Genau darum geht es aber in der Frage
Und was denkt ihr, würde hier passieren, wenn ein Moderator von ARD, ZDF oder einem führenden schweizer oder österreichischen Sender etwas ähnliches machen würde?
Es soll eine Situation mit einer anderen (theoretischen) verglichen werden.
So etwas kann eigentlich nur schief gehen.
Auf ins Gefecht, die Schwiegermutter naht . . .
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Witzigerweise kommt Unterstützung für BBC hierzulande vor allem aus den Kreisen, wo immer gegen die "linksgrüne Cancel-Culture" gewettert wird und "das wird man doch wohl noch sagen dürfen" als gültiges Argument durchgeht.
Lineker hat ein Recht auf seine private Meinung und darf natürlich auch die Regierung kritisieren. Es sei denn, die BBC versteht sich als der verlängerte Arm der Regierung. Was nicht unbedingt dem entspricht, was meiner Ansicht nach die Rolle der Medien in einer Demokratie sein sollte.
In Deutschland darf glücklicherweise auch im öRR die Politik der Regierung kritisiert werden ohne dass die Journalisten persönliche Konsequenzen befürchten müssen.
Das ist eine sehr interessante Antwort, denn Lineker hat ja explizit (und das macht er seit Jahren) die Migrationspolitik der britischen Regierung als unmenschlich kritisiert.
Das sollte hiesigen Rechtspopulisten ja eigentlich nicht gefallen.
Trotzdem pochen diese auf die Meinungsfreiheit eines freien Journalisten gegenüber der Regierung.
Das ist beachtlich.
Und ein wichtiger Fakt ist auch, dass Gary Lineker als freier Journalist auf Honorarbasis arbeitet und kein Angestellter der BBC ist.
Ein hochinteressanter Fall ist das.
Wie weit geht Meinungsfreiheit als Journalist?
Auf Twitter äußert er sich ja als Privatperson.
Er hat das ja nicht während einer Sportreportage von sich gegeben.
Nur weil er eine öffentliche Person ist, solle er also weniger Meinungsfreiheit haben?
Das ist doch rechtlich echt brisant.
Nein, die Rechten sind hier auf Seite der BBC, unterstützen also, dass Lineker 'gecancelt' wurde.
Oh sorry, war im Stress aufgrund zuvieler Mitteilungen und Antworten.
Habe Deine Antwort noch einmal gelesen und nicht nur überflogen.
Dann wird es deutlich.
Ist doch schon für viel weniger...
Jörg Dahlmann sprach bei Sky über einen japanischen Stürmer und nannte ihn (wohlbemerkt: anerkennend gemeint) "Sushi-Bomber". Dafür wurde er entlassen und taucht seitdem auch nicht mehr auf.
Der "Bomber der Nation", Gerd Müller, würde sich im Grabe umdrehen. Und nicht nur der.
Lineker hat das Recht, sich politisch zu äußern.
Er ist freiberuflich und somit nicht an die Überparteilichkeit der BBC gebunden.
Leute regen sich regelmäßig über die verm. Cancel Culture auf... schweigen dann aber, wenn sowas geschieht. Die Asylregelungen sind eine Unmenschlichkeit; man kann von den NS-Vergleichen freilich halten, was man will.
Es zeigt nur, wie grundsätzlich rechtsgerichtet und konservativ die meisten britischen Medien sind. Lediglich der Guardian fällt hier raus. Das lässt sich auch nachlesen beim Länderbericht Großbritannien der BpB.
LG
Das sehe ich auch so. Liebedienerei der alten Tante BBC. Kuschen vor der Regierung.
PS: Nicht nur beim Guardian gibt es Kritik.
Wie linksradikal muss man sein, um auf so einen Nonsens zu kommen?
Respekt für diese Antwort!
Und Respekt für Gary!