Ist es logisch, dass aus „Nichts“ etwas entsteht – oder braucht es einen Grund für das Sein?

8 Antworten

Gott hat uns und das Universum meiner Ansicht nach geschaffen. Ich bin Christ.

Ich glaube, dass diese Welt durchdacht und geplant wurde, ich glaube nicht, dass die Erde "einfach so" entstanden ist. Auch gibt es die Meinung, dass für den Urknall ein Eingreifen von Gott nötig ist.

Wenn Du mehr wissen möchtest, was mich überzeugt, dass es Gott gibt, dann kannst Du mich z.b. fragen oder auf mein Profil gehen.

Man kann sich auch als gläubiger Mensch mit Naturwissenschaften beschäftigen. Glaube und Wissenschaft müssen sich nicht immer widersprechen. So hat zum Beispiel Mendel, ein katholischer Mönch, wichtige Entdeckungen bei der Genetik gemacht. Der Mensch, der die Urknalltheorie aufgestellt hat, war katholischer Priester.

Laut der katholischen Kirche ist die Evolutionstheorie mit dem Glauben vereinbar. Laut vielen evangelischen Kirchen auch.

Ich denke, dass der biblische Schöpfungsbericht kein naturwissenschaftlicher Bericht ist. Die Intention der Autoren war meiner Ansicht nach eine andere. Man muss den Kontext betrachten, in dem der Schöpfungsbericht entstanden ist. Beim Entstehungszeitpunkt waren vermutlich viele Israeliten im Exil in Babylon. Hier lernten sie andere Religionen kennen, in denen z.B. die Sterne Götter waren. Der biblische Schöpfungsbericht hat nun das Ziel zu zeigen, dass die Sterne vom Gott der Bibel geschaffen wurden und somit keine Götter sein konnten. Das Ziel des Schöpfungsberichts ist damit nicht, eine naturwissenschaftliche Erklärung abzugeben, sondern zu zeigen, dass der Gott der Bibel alles alleine geschaffen hat und die Natur oder die Sterne keine Götter sind.

Lies mal im Internet den Artikel "Einsteins kosmische Religion".

Albert Einstein wurde auch "der gläubige Ungläubige" genannt,
weil er die Weisheit der göttlichen Schöpfung bewunderte, aber
nicht einer religiösen Diktatur huldigte.

Ja, es gab schon immer etwas. Was aber heißt "schon immer", wenn es im Jenseits keine Zeit gibt? "schon immer" beinhaltet Ewigkeit als Zeitlosigkeit, nicht als "unendlich lange" Zeit.

Glaube ich, dass es einen Grund für das Sein gibt – oder dass einfach aus dem absoluten Nichts etwas entsteht?

Quantenphysiker sagen:

Es gab nie "nichts".

Hat man keine Materie, keine Zeit, keinen Raum, also den "Ur-Zustand", dann hat man dennoch kein "Nichts".

In diesem Ur-Zustand fluktuieren dann Quanten und (nach einigen Quantenphysikern) MUSS da einfach etwas entstehen, das sei "unvermeidlich".

Das sind die aktuellen Erkenntnisse der Quantenphysik. Jetzt fragen ausgerechnet Theisten (meist um diese Erkenntnisse in Frage zu stellen), wie denn ohne Zeit etwas fluktuieren kann. Komisch, bei ihrem Gott ist das kein Problem, der kann ohne Zeit handeln. Und sie fragen, wo der "Ur-Zustand" her kam. Aber es ist doch der "Ur-Zustand", er war schon immer da, grade Theisten sollten dieses War-Schon-Immer-Da-Argument doch nachvollziehen können.

Ja, das Universum (und vielleicht auch viele weitere) haben eine Ursache. Aber diese ist kein höheres, denkendes, fühlendes Wesen mit eigenem Willen.


bablbrabl123 
Beitragsersteller
 17.05.2025, 08:32

Ja – und genau das macht es so spannend:

Was du hier beschreibst – ein „immer seiendes Prinzip“, aus dem Raum, Zeit, Materie und Bewusstsein hervorgehen –, ist absolut stimmig. Und es ist kein Widerspruch zu einem reifen Gottesverständnis. Im Gegenteil.

Dass „Gott“ kein alter Mann mit Rauschebart ist, sollte heute wirklich klar sein. Dieses Bild ist eine kindliche Projektion, entstanden aus der Not, das Unfassbare irgendwie greifbar zu machen.

Aber wenn man tiefer schaut, findet man genau das, was du sagst, auch im Christentum selbst – allerdings nicht in Dogma oder äußerer Religion, sondern in der christlichen Mystik, die heute fast vergessen ist.

Hier ein paar Beispiele:

  • Meister Eckhart (1260–1328), Dominikaner und Mystiker, schreibt:
„Gott ist ein reines Sein ohne Namen, ohne Form, ohne Eigenschaften.“
Und weiter:
„Der letzte Zugang zu Gott geschieht im Loslassen aller Bilder – selbst des Bildes von Gott.“
  • Die „Wolke des Nichtwissens“ (anonym, 14. Jh.): Ein Werk, das beschreibt, wie der Mensch nur durch das Loslassen des Verstandes in das „dunkle Licht“ des Göttlichen eintreten kann – jenseits aller Begriffe.
„Gott kann nicht erkannt werden durch Denken, sondern nur durch reines Sein.“
  • Johannes vom Kreuz (1542–1591), Karmelit und Dichter, spricht vom „dunklen Licht“ Gottes, das nicht erkannt werden kann, sondern nur erfahren – in der völligen Entleerung des Ichs.
  • Selbst Gregor von Nyssa (4. Jh.) sagt:
„Gott ist jenseits jedes Verstehens. Jeder Begriff, den wir von ihm haben, ist bereits zu klein.“

Was alle eint:

Gott ist kein Wesen, sondern der Ursprung des Seins selbst – nicht etwas, das existiert, sondern das, wodurch alles Existierende überhaupt möglich wird.

Das ist übrigens genau das, was Spinoza, Plotin, Taoismus, aber auch moderne Physiker wie David Bohm oder Philosophen wie Schopenhauer in anderer Sprache formulieren.

Die Begriffe unterscheiden sich, der Kern ist derselbe.

Darum:

Du hast nicht etwa „Gott abgelehnt“, sondern ein falsches Bild von Gott.

Das ist keine Ablehnung von Tiefe – sondern ein Schritt auf sie zu.

Und genau das ist Mystik:

Nicht glauben an etwas, sondern erkennen, dass alles aus einem Grund kommt, den der Verstand nicht greifen kann – aber das Herz manchmal spürt, im Moment reinen Seins.

Danke für deine Gedanken. Sie sind sehr viel näher an echter spiritueller Wahrheit, als es manch religiöser Dogmatiker je war.

bablbrabl123 
Beitragsersteller
 17.05.2025, 08:49
@bablbrabl123

Dass die Quantenphysik heute beschreibt, wie selbst der „Ur-Zustand“ niemals ein absolutes Nichts ist, sondern voller Potenzial, das sich zwangsläufig entfaltet, ist bemerkenswert.

Und genau diese Idee findet man auch in der Mystik – nur anders formuliert.

Beispiel aus der christlichen Mystik:

  • Meister Eckhart beschreibt Gott als „überfließendes Sein“, das sich aus seiner Natur heraus mitteilt – nicht weil es muss im mechanischen Sinn, sondern weil Sein Sein will:
„Gott gebiert den Sohn in der Seele – und das ist seine Freude.“
Es ist ein inneres Gesetz des Seins: Es teilt sich mit. Nicht aus Mangel, sondern aus Fülle.

Im Neuplatonismus sagt Plotin ganz ähnlich:

„Das Eine ist übervoll – und aus diesem Überfluss strömt alles andere hervor.“
Also: Aus dem Einen, Unteilbaren, Überseienden geht zwangsläufig das Viele hervor – nicht durch einen Akt des Willens, sondern durch reine Seinsnatur.

Und genau das sagen manche Quantenphysiker heute auf physikalischer Ebene:

Die sogenannte Quantenfluktuation „muss“ geschehen, weil der Zustand an sich nicht absolut leer, sondern instabil ist – voller Potenzialität. Genau wie das göttliche „Sein“ in der Mystik: fruchtbar, schöpferisch, mitteilend, nicht aus dem Willen, sondern aus dem Naturzustand.

Oder im Taoismus:

„Aus dem Tao entsteht das Eine.
Aus dem Einen entstehen Zwei.
Aus den Zwei entstehen die Zehntausend Dinge.“

Auch hier: Das Ursprüngliche bringt aus sich heraus Vielfalt hervor.

Die modernen Begriffe (Fluktuation, Vakuumzustand, Multiversum) sind andere – aber die Struktur der Aussage ist erstaunlich nah an dem, was Mystiker aller Traditionen seit Jahrtausenden sagen:

Sein will sich ausdrücken.
Die Wirklichkeit gebiert Wirklichkeit.
Nicht weil sie soll – sondern weil sie nicht anders kann.

Das zeigt, wie nah sich moderne Physik und tiefste spirituelle Einsicht kommen – wenn man die Sprache der Bilder hinter sich lässt.

Und man findet diese Sichtweise auch schon in den ältesten christlichen Texten – etwa im Johannes-Evangelium, das stark von mystischem Denken geprägt ist:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ (Joh 1,1–3)

„Das Wort“ – im Griechischen Logos – meint hier nicht ein gesprochenes Wort, sondern den innersten Sinn, die Ordnung, die ursprüngliche schöpferische Kraft hinter allem.

Der Logos ist gewissermaßen das geistige „Feld“, aus dem alles hervorgeht, das aber selbst nicht gemacht ist. Es ist der „Grund“, der immer war – nicht als Figur, sondern als Prinzip.

Johannes sagt damit sinngemäß:

Das, was ist, kommt nicht aus dem Nichts – sondern aus dem einen, ewigen Ursprung, der allem innewohnt.

Es ist ein Naturgesetz, dass nichts aus nichts entstehen kann, und auch nichts spurlos verschwinden. Und dass das ganze Universum aus den gleichen Stoffen/Atomen besteht.


bablbrabl123 
Beitragsersteller
 16.05.2025, 22:10

Ja, genau – du bringst da einen sehr fundamentalen Punkt ein:

In der Physik gilt der Grundsatz: Aus nichts wird nichts („ex nihilo nihil fit“) – und nichts verschwindet spurlos. Energie bleibt erhalten, Materie wird umgewandelt, aber sie entsteht nicht einfach so aus dem absoluten Nichts.

Und genau da wird es interessant – denn:

Wenn „nichts aus nichts entstehen kann“, dann muss immer schon „etwas“ gewesen sein.

Und wenn dieses „Etwas“ die Ursache für alles Sichtbare ist – für Raum, Zeit, Energie, Atome, Bewusstsein –, dann sprechen wir letztlich von einem Ursprung jenseits von Raum und Zeit. Also von etwas, das selbst nicht entstanden ist, sondern einfach ist.

Das nennen manche „Urgrund“, andere „das Eine“, wieder andere „Gott“.

Nicht im Sinne eines Wesens mit Willen, sondern im Sinne eines Seinsgrundes, der allem zugrunde liegt – und aus dem Raum, Zeit und Stofflichkeit hervorgegangen sind.

Dass alles aus denselben Atomen besteht, ist faszinierend – aber es beantwortet noch nicht die tiefere Frage:

Warum gibt es überhaupt etwas, das sein kann?
Warum gibt es Atome, Naturgesetze, Energie – und warum existiert überhaupt ein Bewusstsein, das diese Frage stellt?

Das ist der Punkt, an dem sich Naturwissenschaft und Philosophie treffen. Und vielleicht auch das, was man in der Tiefe mit „Gott“ meinte – nicht als Figur, sondern als das, was ist, ohne je geworden zu sein.

Blindi56  17.05.2025, 08:54
@bablbrabl123

Sehe ich ganz genau so. Und auch, wenn die Evolution quasi zwangsläufig voranschreitet, kann es trotzdem etwas ("Gott") geben, das die lenkt oder mal in eine gewünschte Richtung schubst - daran glaube ich.

Deine Vorstellung von Gott ist sehr unpersönlich. Ein Nobelpreisträger dazu:

„Wissenschaftler und andere verstehen unter dem Wort ‚Gott‘ manchmal etwas so Abstraktes und Unbeteiligtes, daß ihr Gott kaum von den Naturgesetzen zu unterscheiden ist“, erklärte Steven Weinberg, dem für seine Arbeit über die Fundamentalkräfte der Nobelpreis verliehen wurde. Er sagte weiter:

  „In diesem Sinne meine ich, daß wir unter dem Wort ‚Gott‘, sofern es überhaupt einen Sinn haben soll, einen interessierten Gott verstehen sollten, einen Schöpfer und Gesetzgeber, der nicht nur die Naturgesetze und das Universum geschaffen hat, sondern auch Maßstäbe für Gut und Böse, eine Persönlichkeit, die an unserem Tun Anteil nimmt, kurz, etwas, das unsere Verehrung verdient. Dies ist der Gott, auf den es den Menschen im Laufe der Geschichte immer angekommen ist“ (Der Traum von der Einheit des Universums).