Ist es intolerant von einem Transmann, zu erwarten, das man ihn als Mann anspricht?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Was du da aufzeigst, ist das Toleranz-Paradoxon. Dieses besagt, dass Toleranz gegenüber Intoleranz dazu führt, dass es keine Toleranz mehr geben kann. Denn dann kann einfach jeder intolerant sein und jeder hätte das zu tolerieren. Es muss also stets legitim sein, intolerant gegenüber Intoleranz zu sein.

Du musst jetzt die Kausalkette durchgehen. Du hast festgestellt, dass du entgegen deiner Zuschreibung bei Geburt ein Mann bist und hast deine Eltern gebeten, dich mit männlichen Pronomen anzusprechen. Darin sehe ich deinerseits kein intolerantes Verhalten gegenüber deinen Eltern. Dass du damit ihre persönlichen und religösen Gefühle verletzt, darf kein Kriterium sein. Denn sonst könnte jeder jedem irgendwelche beliebigen Vorschriften erteilen. Ich fände es zum Beispiel sehr intolerant von dir, wenn du mir nicht sofort 100€ gibst, weil du mich sonst sehr verletzen würdest und außerdem auch meine Gottheit meint, dass du das tun müsstest.

Interessant ist jetzt die Frage, ob deine Eltern auf deinen Wunsch intolerant reagiert haben. Einen Wunsch kann man grundsätzlich erst einmal ablehnen. Die Begründung spielt da eigentlich keine Rolle. Die Frage ist, ob sie durch die Ablehnung deines Wunsches nur deine persönlichen Gefühle verletzen (was wie oben beschrieben kein Kriterium sein kann) oder ob sie dich objektiv durch die Verwendung der falschen Pronomen bewusst herabwürdigen.

Solltest du zu der Erkenntnis kommen, dass deine Eltern dir gegenüber intolerant sind, dann musst du dir ab diesem Punkt keine Gedanken mehr über die Toleranz gegenüber dieser Intoleranz machen.

Situation 1:

- Mutter respektiert ihr Kind nicht. Zumal tut es ihr in keine Weise weh, ihren Sohn als solchen wahrzunehmen und auch so anzusprechen.

Natürlich braucht sie eventuell Zeit, sich dran zu gewöhnen. Aber indem sie ihn misgendert, schadet sie ihm. Als Mutter sollte man das eigene Kind nämlich genau so akzeptieren, wie es ist. Und als trans Mann hat man es mit Sicherheit schwer genug. Es ist wirklich keine Zumutung, den gewünschten Namen und die gewünschten Pronomen zu nutzen.

Situation 2:

- Religion ist keine Rechtfertigung für Intoleranz. Ganz einfach.

In beiden Situationen darf der trans Mann sich also beleidigt fühlen, weil es in beiden Situationen absolut keine Rechtfertigung für so ein Verhalten gibt. Nicht er ist intolerant, sondern seine Eltern.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Teil der LGBTQ+ Community
Von Experte LunarEclipse bestätigt

Hey

Situation 1:
In welcher Hinsicht leidet die Mutter daran das ihr Sohn als Sohn auch anerkannt werden möchte?
Es ist der Körper vom Sohn, er ist ein eigenständiges Individuum, ihm muss es gut gehen und er muss sich wohl fühlen.
Er sollte sich nicht verstellen müssen damit er es seiner intoleranten Mutter recht machen kann.

Situation 2:
Viel eher ist es intolerant vom Vater Religion und Glauben über die Gefühle des eigenen Sohns zu stellen.

Und im übrigen, Ja, ich finde es ist dein gutes Recht und auch legitim zu erwarten nach 10 Jahren auch als Sohn anerkannt zu werden.
Ich finde es nicht okay, dass deine Eltern Religion und Vergangenheit über deine eigenen Gefühle stellen.

Wenn der Transmann trotzdem darauf besteht, dass er mit seinen richtigen Pronomen angesprochen wird, ist das dann intolerant gegenüber den Gefühlen der Mutter? Sie leidet ja auch darunter.

Dann sollten auch Nazis Flüchtlinge schlagen dürfen weil sonst ja das die Nazis belastet.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin selbst MtF
AitazzaFrage 
Fragesteller
 10.12.2023, 19:28

Ich finde, das kann man nicht miteinander vergleichen.

0
Lamanini  10.12.2023, 19:30
@AitazzaFrage

Doch, kann man. Einige Religionen nehmen sich das Recht heraus trans Menschen zu quälen. Das ist widerlich.

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AitazzaFrage 
Fragesteller
 10.12.2023, 19:49
@Lamanini

Eine Mutter, die jahrelang ein Kind als Mädchen aufgezogen hat und nach religiösen Überzeugungen lebt, wird definitiv mehr darunter leiden, dass sich das Kind umwandeln lässt, als ein Nazi darunter leiden wird, wenn er Flüchtlinge nicht schlagen darf.

Natürlich möchte ich als Mann akzeptiert und angesehen werden aber ich möchte auch Verständnis für meine Mutter aufbringen können. Schließlich hat sie sich immer liebevoll um mich gekümmert und mich überall unterstützt, außer bei meiner Transition.

Ich verstehe deine Sichtweise und bin auch absolut gegen Radikalismus; ich möchte nur nicht, dass meine Mutter und mein Vater wegen mir noch mehr leiden müssen. Die Transition an sich ist ja schon schwer für sie.

0
Lamanini  10.12.2023, 20:01
@AitazzaFrage
und nach religiösen Überzeugungen lebt, wird definitiv mehr darunter leiden, dass sich das Kind umwandeln lässt, als ein Nazi darunter leiden wird, wenn er Flüchtlinge nicht schlagen darf.

Ja. Denke schon. Religiöser Extremismus macht viel mit Menschen. Aber das berechtigt sie nicht dazu andere Menschen zu misshandeln.

aber ich möchte auch Verständnis für meine Mutter aufbringen können.

Du meinst das was sie aus fundamentalistischen Weltansichten dir nicht gewähren?

immer liebevoll um mich gekümmert und mich überall unterstützt, außer bei meiner Transition

Immer unterstützt außer beim allerwichtigsten Lebensentscheidenden.

ich möchte nur nicht, dass meine Mutter und mein Vater wegen mir noch mehr leiden müssen

Sie leiden nicht wegen dir, du tust nix. Sie leiden und tun dir Leid an weil sie Fundamentalisten sind.

Als Eltern sich so zu verhalten verdoppelt die Suizidwahrscheinlichkeit von trans Kindern. Das tun sie.

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Lost003  10.12.2023, 20:16
@AitazzaFrage

Und dir ist es wirklich wichtiger dich zu verstellen damit deine Mutter weiterhin Intolerant sein kann, als einfach dein richtiges Ich zu sein?

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Devoid8  10.12.2023, 20:36
@AitazzaFrage

Du bist nicht das Eigentum deiner Eltern. Du hast das Recht dein Leben so zu leben, wie du es möchtest und zu sein, wer du bist.

Wenn deine Eltern damit ein Problem haben, ist das nicht nur deren Problem, sie sind in der Hinsicht auch sehr schlecht zu dir.

3

Beides ist absolut intolerant. Meine Eltern waren genau so und mein Therapeut hat das Rückblickend als emotionale Gewalt bezeichnet.

Nur weil man etwas tut, wodurch jemand verletzt ist, heißt das noch lange nicht, dass das moralisch falsch ist. Überleg doch mal:
... darf man eine Beziehung beenden, in welcher man unglücklich ist, auch wenn der Partner dann zutiefst verletzt ist?
... darf man nein zu Sex sagen, auch wenn der andere dann sehr enttäuscht ist?
... ist es okay, wenn man einen gefährlichen Mörder einsperrt, obwohl er im Knast todunglücklich ist?

Bei der Frage nach Moral denke ich mir immer folgendes:
Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die Freiheit anderer verletzt wird!

-> Damit der Partner glücklich sein kann, müsste die Partnerperson zur Beziehung gezwungen werden? Pech gehabt!
-> Damit man den Sex, den man sich wünscht, bekommen kann, müsste man die andere Person vergewaltigen? Pech gehabt!
-> Man will frei sein, obwohl man eine Gefahr für andere ist? Pech gehabt!

und genau so auch:
-> Deine Eltern können nur glücklich sein, indem sie dir DEINE Identität absprechen, dich beleidigen, dir die Fähigkeit absprechen zu wissen wer du bist usw? Pech gehabt!

Du bist nicht derjenige, der irgendwas nicht respektiert. Du respektierst deine eigenen Bedürfnisse und Grenzen und das ist absolut richtig so. Was deine Eltern dir antun ist grausam. Sie respektieren dich nicht, obwohl das verf|ckt noch mal ihre Aufgabe ist.