Zunächst einmal ist die Forderung nicht neu. Mindestens seit 15 Jahren landet das immer mal wieder auf der politischen Tagesordnung. Da es für eine Grundgesetzänderung eine 2/3-Mehrheit braucht, ist es in der Vergangenheit im Wesentlichen an der Ablehnung durch CDU/CSU gescheitert.
Desweiteren ist die Formulierung unglücklich. Sie erweckt den Anschein, als hätte eine unklar definierte Menge an Menschen Sonderrechte. Das ist Quatsch und darum geht es auch nicht. Es geht darum, eine offensichtliche Lücke zu schließen.
Die Forderung lautet, den Absatz 3 von §3 um die Merkmale der sexuellen und geschlechtlichen Identität zu erweitern, nach denen Menschen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfen. Ich wiederhole ausdrücklich: auch nicht bevorzugt.
Und da auch hier wieder zahlreiche Personen auf den ersten Absatz verweisen, nach dem ohnehin alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind: Das ist nicht so absolut zu lesen, wie immer wieder suggeriert wird. Ansonsten könnte man einen Straftäter nicht ins Gefängnis bringen. Schließlich würde ich ihn ja anders behandeln, als alle Menschen, die in Freiheit leben dürfen. Diese Gleichbehandlung ist immer in einer Bezugsgruppe zu sehen. Vielmehr darf ich zwei Straftäter mit denselben Voraussetzungen und derselben Straftat nicht unterschiedlich bestrafen.
Was unterschiedliche Voraussetzungen sind, muss begründet werden. Zum Beispiel könnte das Alter des Straftäters ein Unterscheidungskriterium bzgl. der Einsichtsfähigkeit sein. Ein Kind, ein Jugendlicher und eine erwachsene Person können daher unterschiedlich bestraft werden. Die in Absatz 3 aufgelisteten Merkmale dürfen dagegen im Regelfall nicht als Kriterium herangezogen werden oder müssen sehr, sehr gut begründet werden. Ich kann also nicht so einfach begünden: Frauen reagieren auf eine Bestrafung empfindsamer und einsichtiger, weshalb sie nur halb so lang ins Gefängnis müssen wie Männer.
Ich könnte demnach heute noch die sexuelle Identität als Unterscheidungsmerkmal für ein Gesetz mit einfacher Begründung heranziehen. Die irrige Idee, dass Homosexualität krankhaft sei, war damals bspw. ausreichende Begründung, warum homosexuelle Handlungen strafbar waren. Deshalb halte ich es für richtig, die Lücke (selbst wenn man sich darüber streitet, wie groß oder klein sie ist) endlich zu schließen.