Hat jemand die DDR noch miterlebt? Wie war das in der DDR mit den Restaurants?

13 Antworten

  1. Nun ja - andere Zeiten halt. Weniger modern entsprechend. Generell kommt es damals wie heute natürlich auch auf die jeweilige Preisklasse des Restaurants an.
  2. Ja - gelegentlich Essen zu gehen, war für den Durchschnittsverdiener aus finanzieller Sicht kein Problem, wenn man jetzt nicht gerade im Feinkostrestaurant essen ging.
  3. Ja - Trinkgeld war üblich.
  4. Ja und natürlich - soweit man eben überhaupt darauf Einfluss hatte, da Preise ja einheitlich waren. In der DDR gab es durchaus Prämien und Anerkennung für gute Leistung. Auszeichnungen und Ehrentitel, Urlaubs- und Freizeitanreize, Sachprämien oder Geldprämien. Besonderes Engagement wurde also durchaus belohnt.
  5. Das lässt sich schlecht vergleichen und ist mitunter auch abhängig welche Art Restaurants man da vergleichen wollen würde. Ich mochte die lockere Atmosphäre in den gut bürgerlichen Restaurants in meinem Heimatort. Die meisten kannten sich, wie das so ist, wenn der Ort nicht so groß ist und es war eher gemütlich als vornehm. Heute ist es - auch in meiner Heimatstadt alles etwas distanzierter. Das Angebot natürlich umfangreicher und logischerweise alles moderner.

Weil es einige erwähnt haben - es war durchaus nicht unüblich, dass man in Restaurants platziert wurde. Bei uns war das aber nur in den 1-2 gehobeneren Restaurants üblich. In den eher bürgerlichen Restaurants, konnte man sich setzen wo man wollte.

Da es meistens sehr voll war, war es aber fast immer nötig im Vorfeld einen Tisch zu reservieren.

Die meisten Restaurants öffneten auch erst am späten Nachmittag oder Abends - zumindest unter der Woche, außer dort, wo es viel Tourismus gab, was einfach daran lag, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen alle arbeiteten, die meisten Arbeitsplätze Kantinen hatten, wo man Mittag gegessen hat und somit tagsüber quasi nicht wirklich Bedarf an geöffneten Restaurants bestand.


Lukas1990 
Beitragsersteller
 02.08.2024, 09:56

Zu deinem letzten Punkt: Aber ist das denn heute nicht auch so? Auch heute arbeiten die meisten tagsüber und trotzdem sind die Restaurants schon ab morgens früh geöffnet und trotzdem gut besucht.

holjan  02.08.2024, 23:57
@Lukas1990

Mit dem Unterschied, dass die meisten Betriebe heute keine Kantinen mehr haben.

Damals war das quasi Standard. Selbst kleinere Betriebe waren an Kantinen angeschlossen, in denen man günstig warmes Mittagessen bekam (das galt im Übrigen auch für sämtliche Schulen).

Zumindest in meiner Stadt gibt's das gar nicht mehr. Entsprechend treibt es auch mehr Leute um die Mittagszeit in Imbisse und Restaurants.

Generell haben sich die Zeiten geändert. Heute sind alle mobiler und flexibler, auch in Sachen Arbeitszeit. Mit dem Laptop oder Tablet im Restaurant sitzen und bis das Essen kommt noch was wegarbeiten, war ja damals nicht. Mehr Tourismus auch außerhalb der Saison kommt auch oben drauf.

Dazu bieten heute viele Restaurants auch Lieferservice an, durch den man in der Mittagszeit, selbst wenn da weniger los ist, gut Umsatz macht. Auch sowas gab's zumindest in der DDR nicht.

Mein einziger Kontakt mit einem DDR Restaurant zu DDR Zeiten war 1988....: der Ratskeller in Leipzig.

Ich ( damals West Berliner ) war schon irritiert, als ich mit meiner Leipziger Brieffreundin den Laden betrat und dann erst mal warten musste, um " platziert " zu werden....: sprich man konnte sich nicht aussuchen wo man sitzen wollte, sondern das Personal hat einen zu einem Tisch derer Wahl geführt.

In unserem Fall war der Ratskeller komplett leer, lediglich an einem Tisch saß ein junges Ehepaar mit Kind.

Exakt an diesen Tisch wurden wir mit- " platziert ".

Auf meine erstaunte Frage, ob das hier normal sei realisierte die Bedienung dann offenbar, dass ich ein " Westler " war und wir bekamen sofort einen eigenen Tisch.

Ich bestellte sofort Getränke und nach einem kurzen Blick auf die Karte ein Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gemüse. Meine Freundin hatte wohl irgendwie keinen großen Hunger und bestellte bloß eine Suppe.

Mein Bier kam in einem randvoll eingeschenkten Glas ohne Schaum, Bratkartoffeln und Schnitzel schwammen in Fett, das Gemüse hatte alles die gleiche Farbe / Konsistenz / keinen Geschmack.

Meine Freundin hatte dann plötzlich doch Hunger und wollte noch was bestellen, da wurde uns aber gesagt jetzt gälte die Nachmittagskarte und das was sie wollte gäbe es nicht mehr ( es war fünf Minuten vor 14 Uhr und die Karte galt bis dahin ).

Interessante Erfahrung....


Lukas1990 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 00:04

Dass du das alles noch SO GENAU weißt ;) Komisch, dass sie euch ausgerechnet an den Tisch platzierten, wo schon Leute saßen. Obwohl ja alles frei war. Und wie waren die Preise?

siceripos  01.08.2024, 20:10
@Lukas1990

Das war so ziemlich der skurrilste Pfingstausflug meines Lebens und meine erste reale Begegnung mit der DDR, außer dem was ich so vom Transit kannte.....

Die genauen Preise hab ich jetzt nicht mehr im Kopf, aber es hat alles gefühlt irgendwie so gut wie nichts gekostet. Ich hatte damals eigentlich vor, so vier...fünf Tage zu bleiben und hatte zusätzlich zum Zwangsumtausch noch extra Geld getauscht. Losgeworden bin ich das nicht.

Eine wirklich interessante Frage. Ich war nie in der DDR, will aber trotzdem "meinen Senf dazugeben" ( was für ein passendes Wortspiel)

Ich war ANfang 1991, also wenige MOnate nach der Wende mit meinem Vater in den neuen BUndesländern untwegs, der dort beruflich zu tun hatte. Das Ganze ging 2 Wochen lang, durch Städte Halle, Magdeburg, Dresden, Leipzig, Berlin, COttbus, Neubrandeburg und ein paar mehr.

Natürlich musste man damals auch sehen wo und wi eman was zu essen bekommt. Fastfoodketten gab es noch nicht, und die "ossis" hatten auch wirklich keine Erfahrungen. Restaurants und einfache Kneipen in dem Sinne waren auch kaum zu sehen. Da gab es leute die auf Parkplätzen Kaltes Bier aus der Kühltasche verkauft haben usw.

HIer und da gab es auch Imbisswagen. Das interessante waren die Preise. Ich erinnere mich an Pommes für 4 Mark die Portion, und das Schnitzel gab es für 1,50Dm dazu,

Auch die Übernachtungern waren ein Abenteuer. Man hatte oft wirklich das Gefühl, das das "Hotel" einfach nur ein Privathaus war wo jemand zwei Zimmer vermietete.

Und das, wie alles in der Ex-DDR in zweifelhaftem Zustand.

FÜr mich war das einfach ein Abenteuer, ich war damals 10 Jahre alt.

Den Restaurantbesuch konnte sich damals jeder leisten, denn die Preise waren vorgeschrieben und billig. Nur - ob man einen Platz bekam, war fraglich. Oft stand man vor verschlossener Tür mit einem Schild "Heute Ruhetag", "Wegen Krankheit geschlossen", "Geschlossene Veranstaltung" usw. Die meisten Gaststätten gehörten der HO oder dem Konsum, die Betreiber bekamen ein Gehalt, und das war's. Gewinn zu machen, war verpönt - wer in die eigene Tasche wirtschaftete, fand sich irgendwann vor Gericht wieder - ich habe selbst so einen Artikel in der "Wochenpost" gelesen. Private Inhaber wurden m. E. genötigt, einer staatlichen Beteiligung zuzustimmen, und sicher machten das viele freiwillig, denn bei Mittagessenpreisen von 2,50 Mark (Bauernfrühstück im Dorfgasthof) konnte man nicht viel verdienen.

Berüchtigt waren auch die Schilder "Sie werden plaziert" (damals noch ohne "tz"). Da war das halbe Restaurant leer, aber man durfte sich erst setzen, wenn es dem Personal gefiel und ein Tisch zugewiesen wurde. Suchte man sich selbst einen Platz, wurde man umgehend herausgeschmissen.

Trinkgeld gab man damals auch schon.

Und die Einrichtung der Restaurants war - mit Ausnahme von gehobenen Restaurants, die auch entsprechend teuer waren - recht einfach.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

NadjaX1970  14.09.2024, 07:15
Berüchtigt waren auch die Schilder "Sie werden plaziert" (damals noch ohne "tz")

Nein, korrekt wäre: placiert.

Claud18  16.09.2024, 13:05
@NadjaX1970

Das ist die Form, die aus dem Lateinischen (placet) abgeleitet wurde, aber damals hatte man aus dem "c" schon ein "z" gemacht. Schau mal in einen alten Duden (vor 2002). Mit der Rechtschreibreform hat man dann noch ein "t" davor gesetzt.

NadjaX1970  16.09.2024, 22:05
@Claud18

Ja, das ist die korrekte Rechtschreibung platziert. Meine Erfahrungen beruhen auf einem Besuch im Forum Hotel am Berliner Alexanderplatz aus dem Jahre 1987. Dort stand auf dem Schild: Bitte warten, sie werden placiert!

Claud18  18.09.2024, 15:52
@NadjaX1970

Das ist ja lustig, dort wollten sie wohl besonders vornehm sein, besonders gegenüber Besuchern aus dem Westen. Aber die dürften so oder so den Kopf geschüttelt haben.

  1. Nein, natürlich nicht. Das war meistens recht spießig eingerichtet. Das Angebot war minimal und häufig wurde man platziert. Also man könnte sich nicht einfach an einen Tisch setzen, auch wenn das Restaurant halb leer war.
  2. Ja, die Preise waren schon relativ günstig.
  3. Ja, wenn man zufrieden war schon. Das kam aber eher selten vor.
  4. Ja, die meisten gehörten zur HO, Mitropa oder Konsum. Sozialismus und Gewinne passen nicht so Recht.
  5. Schlechter natürlich, bis auf wenige Ausnahmen vielleicht.

Lukas1990 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 00:05

Warum konnte man sich den Tisch nicht aussuchen? Was hatte das für Gründe?

NKK79WFZ  01.08.2024, 09:52
@Lukas1990

Weil die Servicekräfte jeden benutzten Tisch reinigen mussten. Wurde man zu jemand an den Tisch hinzuplatziert, dann hatte der Genosse weniger Arbeit.

Lukas1990 
Beitragsersteller
 02.08.2024, 09:57
@NKK79WFZ

Also arbeiten mochten die Leute in der DDR nicht so gerne?!

Claud18  18.09.2024, 15:55
@Lukas1990

Sie bekamen ihren festen Lohn, und da reißt man sich natürlich kein Bein aus, wenn man nicht andere Gründe für diesen Beruf (z. B. einen gewissen Berufsstolz) hat.

Lukas1990 
Beitragsersteller
 18.09.2024, 21:15
@Claud18

Bei Mc-Donalds bekommen die Leute auch einen festen Lohn, komplett ohne Trinkgeld. Und trotzdem verbeugen sich die Mitarbeiter, wenn der Chef zur Tür reinkommt. Die haben eine riesen Ehrfurcht.

Claud18  19.09.2024, 06:59
@Lukas1990

Ja, dort fliegen sie ja raus, wenn sie nicht spuren. Aber in der DDR durfte niemand entlassen werden bzw. nur in Ausnahmefällen, z. B. bei fortgesetzter Arbeitsbummelei. Und selbst dann gab es Betriebe, die dazu gezwungen wurden, diese Leute mit durchzuschleppen. Die bekamen dann eben Lohnabzug. Es gab kein Arbeitslosengeld und Sozialhilfe nur im Ausnahmefall (z. B. als mein Cousin zum Wehrdienst einberufen wurde und mit 80.- Mark Sold seine Familie mit 3 kleinen Kindern nicht ernähren konnte.)

Das System in der DDR war völlig anders als heute. Da waren fast alle Betriebe in staatlicher Hand, und die Betriebsleiter konnten auch nicht frei entscheiden, wen sie einstellen wollten. Ich habe in einem geologischen Betrieb gearbeitet, alles streng geheim. Da wurde eine Sekretärin gebraucht, und wie ich mitbekam, durfte eine äußerst kompetente Bewerberin nicht eingestellt werden, weil sie zu viel Westverwandtschaft hatte. Auch ich musste alle Westkontakte offenlegen. Die fand ich dann später in meiner Stasi-Akte wieder.