Gab es in der DDR je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägte Linientreue innerhalb der Bevölkerung?
Z.B. dadurch dass einige Regionen kein West-Fernsehen empfangen konnten (das sog. "Tal der Ahnungslosen") und daher stärker vom DDR-Fernsehen beeinflusst waren, oder dadurch dass Regionen des Nordens kulturbedingt traditionell stärker unabhängig denken?
3 Antworten
Auf der Insel Rügen und in Vorpommern konnte man genau wie in Dresden kein Westfernsehen empfangen. Aber das hatte keinen Einfluss auf die politische Einstellung der Leute. Denn auch dort konnte man Radio empfangen. Selbst auf der Arbeit wurde in vielen Betrieben Westradio gehört.
Sogar bei der NVA hatten viele Soldaten ein winziges Radio dabei. Die Dinger waren gerade einmal 12 cm lang und 4 cm breit. Die konnte man überall hin mitnehmen und so gut wie jeder hat selbst in Uniform Westradio gehört. Es gab also nicht wirklich ein Tal der Ahnungslosen. Das ist zwar ein sehr schönes Bild, aber es entspricht nicht der Realität.
Mir wurde mein Radio mal weggenommen, weil ich in der Nachtwache NDR2 gehört habe. Aber eine Woche danach hatte ich ein neues Radio.
West"radio"... Ja, ich hab hier auch in der Küche noch so ein Ex-Werkstatt(röhren)radio (Bj.>1955) stehen, aus einer kleinen ehem. Dresdner Schmiede. Abgenutzt ist nur der Schaltknopf für Mittelwelle...
Es gab sehr wohl, das Tal der Ahnungslosen. Das hatte aber keinen politischen, sondern nur einen geologischen Grund. Das Stadtzentrum von Dresden liegt im Tal (Elbtalkessel), ist also von Bergen umgeben. Da war der Empfang von Westfernsehen kaum bis gar nicht möglich. Anfangs war auch der Empfang von DDR-TV kuam möglich. Daher mußte man den Dresdner Fernsehturm bauen (1969). Somit konnte man im Elbtalkessel wenigstens Ost-TV sehen und der Radio-Empfang wurde erheblich besser. Natürlich wurden Radio und TV-Frequenzen der Westsender nicht unterstützt. Es gab aber auch Probleme in vielen Dörfern in Sachsen und Thürigen.
für unabhängig denkend, hat sich jeder DDR-Bürger gehalten, wie wahrscheinlich auch noch heute jeder Mensch hierzulande... ungeeigneter Maßstab. Auch im Sozialismus war "unabhängig denkend" ein ähnlich gut oder schlecht passender "Schlüssel im Alltag" wie ebenso heute noch.
Ob es so ist, dass kann man selbst heute, wissenschaftlich kaum feststellen.
"Linientreue" ist da etwas besser geeignet; Diese stellte sich aber oft genug auch nur im "arbeiten wie von oben gewünscht" dar. Wer nicht (ständig) "linientreu" sein wollte, suchte sich Querwege. Alkohol war auch einer der Wege, Sport, Kleingarten, Urlaub, Häuschen baun, Autopflege usw.
Es gab auch zu DDR Zeiten Leute die überhaupt nicht davon überzeugt waren, und entsprechend privat kritisiert haben, es gab mindestens ab 1985 auch inhaltliche Kritik sogar intern an Parteischulen, zwischen denen, die linientreu waren, und noch mehr in dieser Richtung lernen und lehren sollten, die aber in dieser Arbeitsebene noch völlig mit der Realität vertraut waren. Deren Lehrer konnten aber auch nur zustimmend, ratlos mit den Schultern zucken, auf die Frage, was denn da noch zu ändern sei. (Bericht von meinem Vater)
Auch in der DDR gab es Unterschlagung und Korruption, unentdeckt, trotz Stasi, es gab aber auch in der DDR, wie auch heute, wahrscheinlich viel mehr Leute, die weitgehend korrekt und mit Freude am Leben und ihrer Arbeit, gehandelt haben.
Mein Landkreis lag direkt an der damaligen Grenze. Wir waren alle total westlich eingestellt. Wir hörten die aktuellen Charts des Westens und sahen Westfernsehen. Die DDR-Propaganda glaubten nur die wenigen strammen Genossen der SED.