Haben viele DDR-Bürger in volkseigenen Betrieben Waren produziert, die sie selbst in der DDR oftmals gar nicht kaufen konnten, und wie fühlten sie sich dabei?

6 Antworten

Fernseher, Waschmaschinen, Nylonstrumpfhosen

Waren alles Produkte welche wir zu hause hatten. TV sogar in Farbe.

Die Produkte wurden alle in ganz normalen Werken hergestellt. Waschmaischen zum Beispiel im  Kombinat Haushaltsgeräte Karl-Marx-Stadt. Da liefen auf dem selben Band die Produkte fürs Inland wie für den Export.

In so ziemlich jedem Betrieb gab es Regelungen das die Produkte zu einem Teil an die Beschäftigten für den Einkaufspreis verkauft wurden.

Deine Annahme das die Arbeiter am Band die Produkte nicht kaufen konnten ist also falsch.

Ich war im Frühjahr 1990 mal bei Villeroy & Boch im Werk. Ich bin mir relativ sicher das da auch nicht jeder Mitarbeiter eine Porzellan-Schüssel von V&B im WC hängen hatte.


Parralelwelt 
Beitragsersteller
 09.03.2024, 00:37

Also stimmt es womöglich gar nicht, dass die beste Ware in den Westen ging, und die 2. Wahl im Land blieb?

Es gibt hierzu diesen Witz:

Ein junger Mann hastet in die Entbindungsklinik weil seine Frau einen Sohn geboren haben soll

Auf dem Flur trifft er den Arzt und fragt ihn, ob mit dem Neugeborenen alles in Ordnung sei

Der Arzt lächelt und sagt, alles Bestens junger Mann, machen sie sich keine Sorgen

Der frischgebackene Vater insistiert, ja aber ist auch wirklich alles in Ordnung mit ihm??

Der Arzt runzelt die Stirn und sagt, nein wirklich alles in Ordnung, weswegen soll denn irgendetwas nicht in Ordnung sein?

Da schaut der junge Mann ganz traurig und sagt, aber wenn alles mit ihm stimmt, dann geht er doch in den Westen??

PufferMBO  24.12.2024, 20:46

Naja, nun übertreibe mal nicht ganz. Meine Eltern hatten bis zur Wende SV. Dass ich Farbe hatte, lag nur an Beziehungen. Sogar mit Fernbedienung im XXL-Format mit 9V-Block. Der wurde vermutlich für Grundig gebaut und diente als Vorführungszweck. Scheinbar wollte man in der DDR Teile für den Fernseher herstellen. Naja, und da kann bei Deutrans auch mal was vom LKW fallen.

Nicht dass meine Eltern kein Geld hatten, aber einen zu bekommen war selbst in Potsdam nicht einfach. Apropo Geld. Ein Farbfernseher kostete etwa 3500 Mark und mehr - plus Bestechung etwa 3700-4000 Mark. Allgemein lagen die Löhne ab 1985 bei etwa 1000 - 1300 Mark durchschnittlich. Allerdings machte es auch ein Unterschied, als was Du arbeitest.

Eine Art Prinzip in der DDR war, das viele Produckte, je nachdem wie lebenswichtig sie sind auch am EVP gebunden wurden. Was man beim TV draufzahlte, wurde benötigt m Brötchen billiger zu verkaufen.

Nomex64  24.12.2024, 21:04
@PufferMBO

Das ist traurig für Potsdam. In Leipzig hatten wir um 1985 sogar Farbfernseher in den Fernsehräumen im Studentenwohnheim. Selbst die KC 85 Rechner, welche im Computer-Labor quasi nur rum standen, hatten Farbfernseher als Monitore.

PufferMBO  24.12.2024, 21:05
@Nomex64

KC 85 bekam auch schnell im Geschäft.... aber TV waren oft ausverkauft, sehr oft

Da hier schon in den Unterantworten einige Dinger erscheinen, wie Funktionskontrolle von Geräten, den Preisen und der Seltenheit es zu bekommen....

Dazu erwähne ich mal, dass man sämtliche Dinge zur so genannten Dienstleistung gebracht hat, wenn sie kaputt waren. Vom Toaster bis hin zum Bügeleisen. Das wurde dann zum Hersteller gesendet, repariert und kam dann irgendwann zurück. Fernseher, Waschmaschinen der Größenordnung wurden entweder abgeholt oder vor Ort gemacht, wenn mal ein Termin frei war oder/und das Teil zur Verfügung stand.

Der Nebeneffekt war, dass man seine Gerätschaften deutlicher sorgsam behandelte und die Produkte regelrecht respektierte, anstatt sich immer gleich was neues anzuschaffen.

Eine Endkontrolle einzelner Geräte gab es kaum. Allerdings eh was in Serie ging, wurde das so durchgetestet, dass es nach der Konstruktion möglichst nie kaputt geht und einfach zu reparieren ist. Durch Rohstoffmangel musste halt alles so hergestellt werden, dass es robust und stabil ist.

Rein Logisch gesehen, war das fürs Klima eigentlich ein großer Vorteil, wenn nur die Produktion an sich nicht so verdreckt gewesen wäre.

die volkseigenen Betriebe arbeiteten und produzierten nach einem vorgegebenen Plan - lies mal nach bei Wikipedia unter "Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe"

ich war -kurz vor der Wiedervereinigung in der DDR und konnte in einem Betrieb feststellen, wie dies funktionierte - nicht besonders gut, weil

nicht einmal die Betriebsleitung konnte mitreden, was sie wann zu produzieren hatten - das konnten heute Kochtöpfe sein und morgen Kühlschränke oder Bohrmaschinen

eine Qualitätskontrolle gab es nicht - als ich nach der Versandabteilung fragte -dies hätte mich u.a. interessiert- sagten sie mir, das gäbe es nicht - sie erhalten den Auftrag, dies oder jenes zu fertigen, zu verpacken und (häufig) in Waggons zu verladen, die man ihnen vor die Tür stellte, - das letzte, was sie von der produzierten Ware zu sehen bekamen, waren die Schlusslichter des Güterzuges - es gab weder eine Vertriebsabteilung noch eine Werbung für Marketing/Werbung

es war somit nicht möglich, genau zu bestimmen, welche Ware woher stammte

die Leute im Betrieb waren sehr besorgt über die Zukunft und fragten mich, wie sie wohl aussehen würde - sie wären immerhin froh, dass noch einige "Ost-Aufträge" vorlagen..... ich musste sie enttäuschen: dafür gab es nicht direkt Geld ... - ich sagte ihnen, dass eigentlich ihre Vertriebs- und Werbeabteilung auf Hochtouren laufen müsste, um Aufträge an Land zu ziehen - eine Bemerkung, die sie nicht verstanden und so kam ich zur oben genannten Info, wie das im Osten funktionierte

am I right ?

es gibt doch bestimmt Bürger der heutigen ex-DDR, die das damals erlebten

Wenn ich als geborener DDR-Bürger solche Fragen lese, kann ich nur noch mit den Ohren schlackern.

Das klingt so, als hätte es in der DDR keine Fernseher, Waschmaschinen und Nylonstrumpfhosen gegeben, weil die für den Westen produziert wurden. Das ist natürlich falsch. Manche qualitativ hochwertigen Waren gingen für Devisen in den Westen und fanden sich dort in Quelle-Katalogen wieder - natürlich zu Billigstpreisen.

Richtig ist, dass so manche Waren in zu geringer Stückzahl produziert wurden und nicht jeder die Chance hatte, sie zu bekommen. Das kannte jeder DDR-Bürger. Daran war man gewöhnt.


Parralelwelt 
Beitragsersteller
 08.03.2024, 14:57

Was Du schreibst klingt so als hätte man in der DDR in einen Laden spazieren und mal eben einen Fernseher kaufen können. Sorry aber da weiß ich dass es nicht wahr ist. Zudem kostete ein Fernseher mehrere Tausend Mark.

Zudem waren die Waren bei Quelle keineswegs billig, sondern nur etwas günstiger als die etablierten Marken.

JMC01  08.03.2024, 15:00
@Parralelwelt

Man konnte durchaus in einen Laden spazieren und einen Fernseher kaufen. Nur nicht jederzeit. Es gab oft Wartezeiten, man musste Sachen vorbestellen und warten. So wars ja auch bei Autos. Man brauchte einfach nur etwas Geduld. Du bist übrigens nicht der einzige Mensch, der die DDR kannte. Ich habe ihre letzten 22 Jahre miterlebt.

Parralelwelt 
Beitragsersteller
 08.03.2024, 15:04
@JMC01

Und, was kostete der Fernseher dann? Ein Jahresgehalt?

Ich kenne die DDR nicht. Sie ist für mich ein Mysterium was ich versuche zu verstehen

Parralelwelt 
Beitragsersteller
 08.03.2024, 15:26
@JMC01

War es nicht so dass auf DDR-Schraubenschlüsseln sogar der Preis eingeschmiedet war?

Spikeman197  08.03.2024, 15:30
@Parralelwelt

Auch im Westen waren TVs lange nicht wirklich billig. Eine Tendenz von Elektronik. Heute bekommt man riesige TVs dagegen für ein Taschengeld!

JMC01  08.03.2024, 15:45
@Parralelwelt

Viele Massenartikel kamen mit eingestanztem oder gegossenen Festpreis, ja. Mein gelber Plastik-Kamm Marke Hels: "Qualität" kostete z.B. 95 Pfennig.

JMC01  08.03.2024, 16:01
@Parralelwelt

Nachtrag: Nicht auf allen Schraubenschlüsseln stand der Preis. Ich hab hier viele ohne Preisangabe. Nur ein kleiner (Größe 9 und 11) hat den Preis EVP 1,05 M.

Katinkacat  14.11.2024, 01:43
@Parralelwelt

Wir hatten Mitte der 80er nur zwei Modelle: einen für 4900 Mark, den anderen für 6500 Mark. Man verdiente hier in etwa 600 Mark Vollzeit.

Rotfuchs716  16.11.2024, 13:13
@Spikeman197

stimmt. Die ersten Farbfernseher im Westen (um 1967) kosteten um 2000 DM. Das war damals mehr als ein durchschnittliches Monatsgehalt brutto im Westen!

Fernseher: der kleinste aus sowjetischer Produktion 37cm , schwarz weiß, ein junost kostete 1250 Mark. Ein gleich großer ostdeutscher S/w Fernseher kostete 1630 Mark . Die könnte man problemlos kaufen...

Verdient hatte ich damals ca 800 Mark netto.

Die normalen Lebenshaltungskosten waren niedrig... Meine erste Miete: 29,50 Mark pro Monat. Eine Kilowattstunde kostete 8 Pfennig. Ein Brötchen 5 Pfennig.

Also konnte man sich so einen überteuerten FS kaufen... Recht problemfrei.

Ein Farbfernseher dagegen war fast unerschwinglich.. 6300 Mark. Eine Fernbedienung dazu: 700 Mark.

Auch ne Waschmaschine konnte man kaufen.. war auch nicht billig. Aber man konnte.

Anderes war aber nur mit langer Wartezeit zu bekommen. Ich hatte Nachrichtentechnik gelernt: ein Telefon bekam ich deswegen nicht schneller😉 .Auch wenn ich im Telefonanlagenbau beschäftigt war.. vom anmelden bis zum erhalten eines Telefons konnten auch 14..20 Jahre vergehen. Aber das war mir egal: ging ich doch lieber zu den Freunden. Und ein Telefon hatten die auch nicht. Wen sollte man dann anrufen?? Also gab das auch keinen Sinn...


Parralelwelt 
Beitragsersteller
 08.03.2024, 16:56

aber der ABV bekam sein Telefon schneller, oder?

Parralelwelt 
Beitragsersteller
 08.03.2024, 16:55

Wahnsinn