DB vs bahn in japan?

9 Antworten

Mich würde auch interessieren was die Japaner gemessen am BIP für ihre Bahnfahrten bezahlen?

Das ist eben, bei aller berechtigter Kritik an der DB, auch ein wichtiger Punkt. Öffentliche Verkehrsmittel kosten in Japan ein deutliches Stück mehr als in Deutschland (nicht unbedingt Einzelfahrten, ich rede von dauerhafter Mobilität), und dieses Geld kann dann eben zum Beispiel in den Streckenausbau und die Infrastruktur investiert werden. Oder eben auch nicht: die Bahngesellschaft JR Hokkaido beispielsweise kämpft schon lange mit roten Zahlen und ist deshalb gezwungen, sogar zurück zu bauen. In diversen Lobeshymnen auf die japanische Bahn kommt JR Hokkaido nie vor; die Leute denken immer, das, was sie über irgendwelche Bahnen in Tokyo gehört haben, gilt für ganz Japan…

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan

Das ist ein Thema, darüber könnte ich ein Buch schreiben, und das ist auch nicht in wenigen Sätzen erklärt.

Zunächst Geschichtliches:
In den 1960ger Jahren kam es nahezu zum Verkehrskollaps in der Metropolenregion Tokyo. Damals wurde ein massiver Ausbau der Verkehrsnetze beschlossen, insbesondere das Netz der Bahn und Metro. Und Ausbau heißt nicht, daß man einfach mehr Wagen auf ein- und dasselbe Netz schickt, sondern es wurde massiv an Strecke ausgebaut, zahlreiche neue Linien wurden gebaut, die Metro wurde massivst gepusht und der Ausbau läuft noch heute.

Dann wegen der Kapazität: Es hat so gut wie jede Linie sein eigenes Gleis bekommen, mit eigener Moderner Signaltechnik. Nur so kann in der Rushhour ein Takt von 2 Minuten gefahren werden.

Der Personalstamm wird hoch gehalten: Jeder Bahnhof hat einen Bahnhofsvorsteher, jedes Gleis hat mindestens einen Abfertiger mit Mikrofon, Signallampe und -Flagge. Jeder Zug hat einen Lokführer und einen Zugführer. Sollte es zu irgendeiner Verzögerung kommen, sei es daß ein Fahrgast stürzt, jemand in der Tür eingeklemmt wird, oder Ähnliches, sind sofort Mitarbeiter zur Stelle. Im Notfall kann sofort ein Gleiswechsel vorgenommen werden, denn es ist Manpower da, während in Deutschland der Lokführer auf sich allein gestellt ist und alle Bahnhöfe mittlerweile verwaist sind.

So gut wie alle hochfrequentierten Bahnsteige haben Bahnsteigtüren, dessen SPS entsprechend des Zugtypes und der Länge die Türen entsprechend weit öffnen. Das hilft Unfälle zu vermeiden und erhöht die Ausfallsicherheit.

Dann ist halt die Mentalität und der Druck. Die Zugführer stehen unter gewaltigen Druck und es drohen Strafen bei eigenverschuldeten Verspätungen. Jeder Lokführer bringt seine eigene Taschenuhr mit in den Führerstand und ist dafür verantwortlich daß sie immer synchron läuft.

Das Ticketsystem ist hochtechnisiert, man hat eine RFID-Karte, die man auflädt und von der beim Verlassen des Gates der Fahrpreis abgebucht wird. Die Preise sind vergleichsweise günstig, sind aber nach der Art der Leistung gestaffelt. Limited Express oder Sitzreservierungen kosten extra. Richtig teuer hingegen ist der Shinkansen Superexpress als Bullet Train Service.

Nicht jede Region ist hingegen rentabel, da gibt es auch gerade auf dem Land oder im Gebirge Regionen, die nur Stündlich angefahren werden und teilweise kaum Fahrgäste haben. Dennoch wird der Betrieb von der Regierung gefördert und entsprechend gepusht.

Und ganz ehrlich: Neben Singapore ist Japan das einzige Land wo ich auf das Auto getrost verzichten kann, denn das Bahnnetz ist so dicht und zuverlässig, daß ich einfach kein eigenes Auto brauche.

Wenn ich hingegen ab und zu nach Deutschland komme und immer mehr heruntergekommene und zerstörte Bahnhöfe sehe und eine Betreiber-Firma, der es egal ist, ob ein Zug Pünktlich ist oder nicht wo laut DieBahn ein Zug, der ausfällt als Pünktlich gewertet wird und eine Verspätung erst ab 6 oder 7 Minuten (je nach Quelle) zählt, dann ist hier schon keine Erwartungshaltung an die Mitarbeiter vorhanden überhaupt einen zuverlässigen Service anzubieten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

testwiegehtdas  25.10.2023, 12:43

Das kann ich nur bestätigen.

Dort gab es einen Bahnhof, wo nur noch eine Schülerin für ihren Schulweg eingestiegen ist. In Deutschland hätte sie Pech gehabt, viel zu teuer, dort wurde nur für sie die Station offen gehalten bis sie die Schule beendet hatte. Das war vor kurzem der Fall, daher war es noch mal in den Medien. Der Zug hielt da auch nur zu ihren Ein- und Ausstiegszeiten, wenn es mal Änderungen (z.B. neuer Stundenplan) gab, musste sie die anmelden damit es angepasst wird.

Sowas geht nur, weil Personal und Geld vorgehalten wird, von den Bahnbetrieben aber auch der Regierung. einfach weil es einen anderen Stellenwert dort hat, als hierzulande und daher außer Frage steht, auf Schüler bei solchen Entscheidungen Rücksicht zu nehmen.

Dagegen schaue mal wie oft in Wolfsburg (ich hoffe das war die Stadt, bon nicht 100% sicher) der ICE nicht hält, obwohl da sogar eigentlich ein regulärer Halt wäre, weil die Signale ständig falsch sind. Die marode Technik schafft es da nicht mal einen normalen Halt umzusetzen.

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Ein gewaltiger Unterschied in Japan ist der DICHTEVORTEIL.

Im Grossraum Tokio da leben etwa 40 Millionen Menschen auf engsten Raum. Das gibt genug Potential für Fahrgäste und man kann so Bahnfahren KOSTENDECKEND anbieten. Das heißt je mehr Züge auf den Schienen sind, desto mehr Fahrgäste und desto mehr Gewinn für die Privatbahnen.

Auch ist die Topographie von Japan ein Vorteil. Japan ist sehr "schlauchförmig". Mit einer 1000 Meter langen Bahnlinie von West-nach-Ost" kann man alle japanischen Grosstädte anbieten und erspart sich so komische Umsteigeverbindungen und Kreuz-und-Querverbindung.

Ein weiterer Vorteil ist auch die japanische Kultur. Kein Japaner käme auf die Idee im Zug zu randalieren oder für sonstige Störung im Betriebsablauf zu sorgen. In Deutschland mehr als einmal erlebt das Neubürger randaliert haben und das ganze wurde erst von der Bundespolizei geklärt, Ergebenis war dann 60 Minuten Verspätung.

Bei uns (in Deutschland) wurde halt die Bahn kaputtgespart.

Grundstücke (z.B. Bahnhöfe) verhökert, keine Investition in die Schiene, Personaleinsparungen, Materialeinsparungen.

Das Ergebnis war eigentlich so vorabsehbar, aber zumindest von der Automobilindustrie so gewollt.

Wenn man in beide Richtungen nicht so sehr übertreiben würde, damit das eine total gut dasteht und das andere total schlecht, dann hätte man ein viel realistischeres Bild von der Sache.

Wäre auf jeden Fall toll, wenn ich mich auf meine Stadtbusse und regionalen Züge in Japan so sehr verlassen könnte, wie du das sagst.