Wo gab es damals mehr Nazis?
DDR oder BRD? Also wo hatte der Nationalsozialismus mehr Zustimmung und weniger Aufarbeitung?
Weil einige nicht verstehen was ich meine:
Ich meine die Zeit als die Mauer noch stand.
4 Antworten
1. Personal-Kontinuität (ehemalige NSDAP-Mitglieder in Schlüsselpositionen)
In der BRD waren über 50 % der Beamten in Justiz, Polizei, Auswärtigem Amt und Verwaltung aus NSDAP-Strukturen. Hier als bsp.
- Hans Globke (Kommentator der Nürnberger Rassengesetze) wurde Adenauers Staatssekretär.
- Adolf Heusinger (Generalstabschef unter Hitler) wurde NATO-Militärausschussvorsitzender.
- Reinhard Gehlen (Chef der NS-Abwehr Ost) wurde BND-Chef – mit Unterstützung der CIA.
- Das Bundesverfassungsgericht bestand in den 1950er Jahren zu ca. 70 % aus Ex-NSDAP-Mitgliedern.
Im verglwich DDR:
- Ehemalige NSDAP-Mitglieder wurden systematisch aus höheren Staats- und Parteiämtern entfernt.
- Die DDR betrieb aktive Entnazifizierungsprozesse – ideologisch aufgeladen, aber real durchgeführt.
- Die führenden Stellen in Justiz, Verwaltung, Partei waren fest in SED-Hand – mit kommunistischer Biografie, nicht NS-Vergangenheit.
2. Öffentliche Erinnerungskultur und Schulbildung in der BRD (bis ca. 1970er)
- Täter wurden meist nicht zur Rechenschaft gezogen.
- Wehrmacht wurde glorifiziert, NS-Verbrechen relativiert („Befehl war Befehl“).
- Erst mit der Studentenbewegung kam echte Aufarbeitung in Gang.
- Viele Schulbücher verschwiegen systematisch den Holocaust oder verharmlosten ihn.
Im Vergleich die DDR:
- Der Antifaschismus war Staatsdoktrin. Die DDR stilisierte sich zum „antifaschistischen Staat“.
- Die Erinnerung an Buchenwald, Ravensbrück etc. war zentraler Teil der Schulbildung – auch mit ideologischer Überhöhung.
- Die DDR bot zahlreichen Nazi-Verfolgten (z. B. Kommunisten, Juden) politische Anerkennung.
3. Umgang mit NS-Eliten nach dem Krieg
in der BRD:
- Tausende NS-Funktionäre wurden in den 1950er Jahren „reintegriert“ (z. B. durch das „131er-Gesetz“).
- Viele Richter, Lehrer und Offiziere blieben ohne jede Sanktion im Amt.
- Die BRD verweigerte lange Zeit Entschädigung für viele Opfergruppen (z. B. Sinti und Roma, Deserteure, Homosexuelle).
Und in det DDR:
- Kriegsverbrecherprozessde fanden früh statt (z. B. Waldheimer Prozesse, wenn auch oft formalistisch).
- Zusammenarbeit mit der sowjetischen Besatzungsmacht führte zu schneller Entfernung ehemaliger NSDAP-Kader.
- Allerdings: gelegentliche Instrumentalisierung des Antifaschismus zur politischen Repression Andersdenkender.
Also wenn man das jetzt mal grob zusammengefasst, war die BRD personell stark von alten Nazis durchseucht, politisch pragmatisch „versöhnt“, aber historisch absichtlich völlig ignorant.
Die DDR war hingegen ideologisch überzogen, aber strukturell konsequenter entnazifiziert. Also wer fragt, wo mehr Nazis Einfluss hatten, bekommt eine völlig klare und eindeutige Antwort: In der frühen BRD saßen sie in Regierung, Justiz, Polizei und Wirtschaft – geschützt vom Westen und eingegliedert in NATO-Strategie Nazis.
Das KI-Pamphlet ist leider nur die halbe Wahrheit.
Du beschreibst das sehr zutreffend. Allerdings hatten beide Teilstaaten das Problem, dass man sich kein neues Volk wählen konnte, und vor allem Sachsen war schon ähnlich braun wie Teile in West- und Süddeutschland. Auch durch das Verweisen der DDR darauf, dass es die Westdeutschen gewesen wären, hat nicht zu einer richtigen Aufarbeitung geführt. Und das Ergebnis heute ist: Alte und neue Nazis aus dem Westen rekrutieren im Osten. Dass es dort auf so fruchtbaren Boden fällt, liegt an der Demütigung nach der Wiedervereinigung. Oder hat der Westen außer dem grünen Abbiegepfeil etwas aus DDR übernommen?
So und nicht anders ist es gewesen. Dieses Aufbäumen, es der DDR das anzulasten, ist eine reine Doktrin, das im Osten alles schlechter ist und der Westen als Vorbild dastehen will.
Es gab prozentual in beiden deutschen Staaten gleich viel.
Die 16 Millionen Ostdeutschen sind ja 1945 nicht mit Ulbricht zusammen nach Berlin geflogen.
Also wo hatte der Nationalsozialismus mehr Zustimmung und weniger Aufarbeitung?
-> Zustimmung hatte er bei der Bevölkerung auf beiden Seiten. Man wurde ja eher zwangsweise vom NS-Regime befreit.
Aufarbeitung fand in der DDR nach 1949 praktisch gar nicht, in der Bundesrepublik bis in die 60er nur sporadisch statt. Die grosse Wende im Westen brachten die Auschwitzprozesse der 60er sowie die Serie "Holocaust", die in den 70ern ausgestrahlt wurde.
Im Osten galt das Märchen, dass alle Nazis im Westen sassen ( was so nicht stimmte).
DDR - - mein Onkel aus Sachsen hat es uns einmal hinter vorgehaltener Hand beim Waldspaziergang, als wir sicher waren vor Stasi-Bespitzelung, erzählt. "Ihr glaubt ja gar nicht wie viele Nazis wir hier haben. Die dürfen nur nicht so genannt werden, sondern Rowdies, wenn sie jüdische Friedhöfe mit Hakenkreuzen beschmieren. Und in der Zeitung steht dann nur was von Sachbeschädigung."
Die Mauer, der "antifaschistische Schutzwall" hat uns im Westen sogar von diesen Ostnazis beschützt, wenn der Ulbricht das gewusst hätte, wie seinem Bauwerk eine ganz andere Bedeutung zuteil wurde ... hihi.
Viele Nationalsozialisten fanden nach 1945 in Argentinien Zuflucht. Was die drei deutschen Staaten nach 45 betrifft, so haben in Österreich und Westdeutschland wahrscheinlich prozentual mehr ehemalige NSDAP-Mitglieder gelebt als in der Deutschen Demokratischen Republik.
Das ist korrekt, jedoch nicht gleich nach dem 9. Mai 1945 (da war noch in etwa alles gleich verteilt), aber zumindest ein gutes Jahr später.
Grund: Die Russen haben in ihrer Besatzungszone sämtliche "Kriegsverbrecher" und Großgrundbesitzer nicht nur entschädigungslos enteignet, sondern diese auch aus ihrer Heimat verbannt (die Bannzone war in der Regel 50 km Umkreis vom Heimatort).
Kriegsverbrecher war jeder Unternehmer, der irgendwas für die Wehrmacht produziert hat. Großgrundbesitzer war jeder ab 100 ha Landbesitz. Fast alle enteigneten Menschen sind in die Westzonen geflohen - fast alle davon waren NSDAP-Mitglieder.
Kleine Ergänzung: "Holocaust" wurde auch in der DDR gesehen. Die Einschaltquote war fast die selbe wie im Westen. Wir haben auf dem Schulhof darüber gesprochen . Es gab keinen, der es nicht gesehen hatte.