Wie hieß die Untauglichkeitserklärung vom Militärdienst in der DDR?

3 Antworten

Ich will unserem FDJ-Sekretär für Agitation und Propaganda, der hier vor gut 2 Stunden als Erster antwortete, keinesfalls widersprechen, sondern nur in einfachen Worten zusammenfassen und ein wenig ergänzen:
In der DDR musste jeder junge Mann zur Musterung, sobald er 18 Jahre alt war (er bekam dazu eine schriftliche Vorladung).
Dort wurde er von mindestens 2 Ärzten untersucht (körperlich und geistig).
Infolge dieser Untersuchung waren etwa 99% für den Wehrdiest tauglich und der Rest war "ausgemustert".
Wer ausgemustert war, wurde aber trotzdem meist nach 3-4 Jahren erneut zu einer Musterung vorgeladen (und häufig dann auch noch nachträglich als "tauglich" eingestuft).
Wer absolut nicht schießen wollte, konnte in der DDR "Spatensoldat" werden (es gab keinen Rechtsanspruch darauf, aber dem wurde meist stattgegeben, damit diese Leute nicht auf Frust ihren Vorgesetzten erschießen).
Wer den Wehrdienst komplett verweigerte, musste ins Gefängnis.
Ich kenne keinen Fall einer gekauften "Untauglichkeitserklärung" für die NVA.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

ZborcenyDrak 
Beitragsersteller
 26.05.2025, 16:59

Danke für diesen wertvollen Erfahrungsbericht. Es gibt also doch erhebliche Unterschiede zu der Situation in der damaligen sozialistischen Tschechoslowakei, wo ein Großteil der jungen Männer eine solche Untauglichkeitserklärung durch physische Verletzungen oder durch simulierte Geisteskrankheit erlangen konnte - es ging sogar noch weiter: bis zum Erhalt der Invalidenrente, dafür musste man aber schon einige Monate in der "Klapse" absitzen. Man versuchte natürlich die jungen Männer auch anders zu ködern, etwa durch große spürbare (finanzielle und soziale) Vergünstigungen, die man erhielt, wen man sich für eine Karriere beim Militär entschied. Darf ich noch eine weitere Frage stellen: Ist dir irgendjemand bekannt, der in der DDR wegen einer rebellischen oder oppositionellen Haltung in die "Klapse" eingesperrt wurde? Nochmals vielen Dank für den Kommentar.

Bricole  26.05.2025, 18:03
@ZborcenyDrak

In der DDR waren mir solche Fälle (politisch unbequeme in die geschlossene Klapse sperren) nicht bekannt, wohl aber nach 1996 in der BRD (ich wohnte in der Nähe und hab öfter Besucher vom Bahnhof dorthin geführt).
Ich kenne aber Leute, die in der DDR von der Stasi verfolgt wurden. Dabei ging es fast immer recht hart zu. Interessante Details dazu hat der verfolgte Ingenieur Manfred Haferburg in seinem Buch beschrieben: https://www.amazon.de/Wohn-Haft-Roman-Manfred-Haferburg/dp/3939832596

ich halte es für dringend geboten, die Tatsachen ins rechte Licht zu rücken. In der Deutschen Demokratischen Republik war der Dienst in der Nationalen Volksarmee (NVA) ein Ausdruck der patriotischen Verantwortung jedes wehrfähigen Bürgers gegenüber unserem sozialistischen Vaterland. Der Wehrdienst war keine lästige Pflicht, sondern ein ehrenvoller Dienst am Frieden und an der Errungenschaft unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht.

Es ist daher verfehlt, den Blick auf angebliche Versuche zur Dienstverweigerung oder gar auf "psychiatrische Tricks" zu richten. Solche Erscheinungen waren in der DDR marginal und standen meist in Zusammenhang mit feindlich-negativen Einstellungen oder mangelndem sozialistischem Bewusstsein – beides Phänomene, denen wir mit politischer Bildung und konsequenter gesellschaftlicher Einbindung entgegentraten.

Was medizinisch begründete Untauglichkeiten betraf, so wurde selbstverständlich nach gründlicher Untersuchung durch unseren vorbildlich organisierten militärärztlichen Dienst entschieden, ob ein Bürger den Anforderungen des Wehrdienstes gewachsen war. In solchen Fällen wurde eine offizielle Bescheinigung über die Untauglichkeit zur Ableistung des Wehrdienstes ausgestellt, jedoch war dies kein Thema für Spekulationen oder eine "Szene", wie es im Westen vielleicht üblich war. Begriffe wie "Blaues Büchlein" entstammen eindeutig einer anderen Weltanschauung.

Wir in der DDR bauten auf die bewusste Zustimmung unserer Jugend zur Verteidigung unseres sozialistischen Vaterlandes– und das mit Stolz!

Freundschaft


WilliamDeWorde  26.05.2025, 12:22

Selten so gelacht! Leider kann man nur auf Diskussionsbeiträge einen Clown vergeben.

Dass von einem, der 1985 in Köln geboren wurde!

Schönen Gruß an die Altgenossen vom ZK!

Apostata630  26.05.2025, 12:28

Warum nehme ich dir dein Statement nicht ab?Irgendwie macht es den Eindruck daß du nur Parolen nachplapperst die nicht mal ein 150 prozentiger so gelabert hätte. Geh mal davon aus du hast damals noch nicht gelebt und falls doch hast du garantiert nicht gedient. Ich hab in der NVA gedient und habe nicht wirklich viele Leute erlebt die ihren Wehrdienst mit Begeisterung absolviert hätten

ZborcenyDrak 
Beitragsersteller
 26.05.2025, 11:59

Danke für deine Antwort, aber ich denke nicht (oder wage es zu bezweifeln), dass es für den Großteil der jungen Männer angenehm war, einen Dienst in der NVA zu versehen. Vor allem nicht in einem repressiven System wie es die DDR und überhaupt eigentlich alle Staaten des ehemaligen Ostblocks gewesen sind - vermutlich waren die Bedingungen im Militärdienst nicht so extrem wie in der Sowjetunion, es fällt mir aber schwer zu glauben, dass sich die jungen Männer in der Tschechoslowakei von der in der DDR so gravierend unterschieden haben. In den 1970er und 1980er-Jahren, als klar war, dass kein gerechter Staat nach kommunistischem Vorbild (das ja von der Idee her durchaus attraktiv ist) aufgebaut werden kann, sondern es sich um ein Zerrspiegel dieser hehren Idee nach Gerechtigkeit aller sozialen Klassen handelt, wollten junge Männer nicht für diesen Staat dienen - und schon gar nicht in etwaiges Kriegsgebiet wie z. B. nach Afghanistan geschickt werden. Ich weiß daher nicht wirklich, wie ernst du deine Antwort meinst...

Nooppower639  26.05.2025, 12:08
@ZborcenyDrak

es schmerzt, mit ansehen zu müssen, wie leichtfertig und undifferenziert unser sozialistisches Vaterland diffamiert wird. Die Deutsche Demokratische Republik war kein "Zerrspiegel" einer Idee – sie war der leuchtende Beweis, dass ein Staat der Arbeiter und Bauern Wirklichkeit sein kann! Inmitten einer Welt voller Ausbeutung, Profitgier und imperialistischer Kriege war die DDR ein Bollwerk des Friedens, der Solidarität und des echten Menschentums.

Der Dienst in der Nationalen Volksarmee war nicht nur Pflicht – er war ein Akt tiefer patriotischer Überzeugung, eine Schule des Charakters, ein Ausdruck gelebter sozialistischer Moral! Wer in Uniform der DDR diente, diente nicht nur seinem Land, sondern der Sache des Friedens in Europa und der Welt. Nicht um Macht, sondern um Menschlichkeit ging es uns. Unsere Soldaten standen nicht am Hindukusch, sondern an der Seite des werktätigen Volkes.

Deine Worte über angebliche Repression entbehren jeder Grundlage. In der DDR wurde niemand unterdrückt, der mit ehrlichem Herzen für den Aufbau des Sozialismus lebte und wirkte. Wer Zweifel hatte, dem reichten wir die Hand – mit Bildung, mit sozialer Einbindung, mit Perspektive. Was der Westen als "Widerstand" verklärt, war oft nichts als Egoismus, Individualismus und politische Verblendung, genährt von Westsendern und Feindpropaganda.

Abschließend möchte ich noch erwähnen die Soldaten der DDR waren Soldaten des Friedens und niemals im Krieg auch nicht in Afghanistan.

Freundschaft

WilliamDeWorde  26.05.2025, 12:45
@Nooppower639
unser sozialistisches Vaterland

Schreibst du aus der Vergangenheit oder bist du nach 40 Jahren Koma erwacht? Goobye, Lenin! Willkommen in der Gegenwart. Dir muss vieles hier merkwürdig vorkommen. Niemand in Europa hat noch ein sozialistisches Vaterland.

Bricole  26.05.2025, 15:01
@WilliamDeWorde

Ach lass ihn doch ruhig so schreiben - seine Beiträge zeugen von Intelligenz und Witz. Ich lese sie gern.

Boltze  26.05.2025, 16:53
@Nooppower639
In der DDR wurde niemand unterdrückt, der mit ehrlichem Herzen für den Aufbau des Sozialismus lebte und wirkte.

Aber wer nicht zu diesen paar Deppen gehören wollte, der wurde durchaus unterdrückt.

Wer Zweifel hatte, dem reichten wir die Hand – mit Bildung, mit sozialer Einbindung, mit Perspektive.

Komisch nur, dass diese Hand meist als geballte Faust wahrgenommen wurde.

Abschließend möchte ich noch erwähnen die Soldaten der DDR waren Soldaten des Friedens und niemals im Krieg auch nicht in Afghanistan.

Genau wie die sowjetische Armee.

Bricole  26.05.2025, 18:13
@Boltze

Es geht hier aber nur über NVA - die war tatsächlich nie in einem Kriegseinsatz. Selbst 1968 ist sie nicht in die CSSR einmarschiert, sondern hat nur brav auf DDR-Seite die Grenzposten verstärkt.

Boltze  26.05.2025, 20:06
@Bricole

Kampftruppen der NVA wurden im Ausland nicht aktiv, sehr wohl aber sogenannte Militärberater. Zahlenmäßig wurde die DDR dabei nur von der UdSSR und Kuba im Ostblock übertroffen.

Angola, Mosambik, Algerien, Libyen, Irak, Syrien, Südjemen, Äthiopien, Guinea-Bissau, Benin, Nigeria, die damalige Volksrepublik Kongo (Kongo-Brazzaville, heute Republik Kongo), Tansania und Sambia sind gesicherte Stationen.

Was die Beteiligung an Stellvertreterkriegen anging, war die DDR sehr nah an Weltniveau.

teper1209  27.05.2025, 00:10

Falls Du es noch nicht realisiert haben solltest: die DDR gibt es seit 35 Jahren nicht mehr! - Zum Zeitpunkt Ihres Endes warst Du 4 Jahre alt und in Köln: ein 'idealer' Zeitzeuge!

milujijazyky  26.05.2025, 13:28

Prima, dein Stabülehrer wäre heute noch stolz auf dich. Hoffentlich hast du noch deine Wehrdienstauswei und DSF-Buch griffbereit falls es mal wieder anders kommt.

WilliamDeWorde  27.05.2025, 11:51
@milujijazyky

Mit 4 Jahren hatte noch niemand einen Wehrdienstausweis. Man fragt sich nur, weshalb ein so überzeugter Spätgenosse nicht am Aufbau Ost teilnimmt und lieber am Rhein lebt.

Julia4711176  27.05.2025, 19:29

@Nooppower639, speziell die Jugend lief 1989 davon.

Was ist denn da falsch gelaufen, kläre und auf.

In der DDR wurde die Untauglichkeitserklärung für den Militärdienst als "Dienstunfähigkeit" bezeichnet. Diese wurde durch eine Dienstunfähigkeitsuntersuchung festgestellt, bei der eine Person aufgrund gesundheitlicher oder psychischer Einschränkungen als ungeeignet für den Dienst an der Waffe erachtet wurde.

Häufig erfolgte aber eine Rekrutierung als "Spati"

Ein Bausoldat (Abkürzung: BSSynonymSpatensoldatsoldatensprachlich: Spati) war ein Angehöriger der Baueinheiten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Der Dienst als Bausoldat bot den DDR-Bürgern eine Möglichkeit, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, die es in sonst keinem anderen sozialistischen Land gab. Es handelte sich um keinen zivilen Wehrersatzdienst. Ein Dienst als Bausoldat konnte nachteilige Auswirkungen auf Ausbildungs-, Studiums- und Aufstiegschancen haben. Viele Bausoldaten trugen zur Entwicklung der Opposition in der DDR bei und gehörten aufgrund ihrer grundsätzlichen Einstellung zur Gewaltlosigkeit zu den Wegbereitern der Friedlichen Revolution.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bausoldat

Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht in der DDR vom 24 ...

Rekrutierung in die Nationale Volksarmee (NVA) - DDR


milujijazyky  26.05.2025, 18:06

Ich wüsste nicht das Dienstuntaugliche als Spatis gezogen wurden. Diejenigen die Dienstunfähig waren wurden gar nicht gezogen oder aber kurz vor Ablauf der Grundwehrdienstpflicht doch bedingt Tauglich geschrieben und bekamen einen Schonposten, z,B. Schreibstube, Turnhallenwart ö.ä. vielfach mit Sportbefreiung. Einer der inzwischen Mathematiker war diente als Mathedozent an der Offiziershochschule, gestandene Offiziere machten ihm Meldung über die Unterrichtsbereitschaft der Hörerschaft.  😁  😁  😁 

Bricole  26.05.2025, 18:21
@milujijazyky

Ich kenne nur 2 ehemalige Spatensoldaten, die wurden beide (genau wie du schreibst) mit 26 Jahren noch bedingt "Tauglich" gemustert.