wie gehe ich mit suizid gefährdeten um?
Hallo,
Ich habe meiner jüngeren Schwester letzte Woche meine Tasche ausgeliehen und habe sie mir heute aus ihrem Zimmer zurück genommen, weil ich sie heute Abend brauche. Ich wollte meine Handtasche packen, habe aber einen Zettel gesehen. Erstmal vorab, ich sage meinen Geschwistern immer, dass sie schreiben sollen (Tagebuch, Journal, etc.). Ich sage immer, dass schreiben dabei hilft, Gefühle zu unterscheiden, einen Überblick zu bekommen und einfach den Chaos im Kopf zu sortieren. Das tuen meine Geschwister auch, worauf ich sehr stolz bin. Jetzt habe ich den Zettel gesehen und dachte er ist von ihr für mich (warum auch immer…) und habe ihn gelesen. Der Zettel war nicht für mich, er hat mir eher Sorgen gemacht. Normalerweise respektiere ich die Privatsphäre meiner Schwestern sehr. Ich würde niemals in ihre Sachen rein schauen oder sowas in der Art, aber als große Schwester konnte ich mich nicht davon halten den Brief zu lesen. In dem schreibt sie, dass sie sich ‘definitiv’, wenn sie erwachsen ist, umbringen wird. Dann steht da auch ein Datum hinter, mit einem Fragezeichen und darunter steht “oder vielleicht an meinem nächsten Geburtstag?”. Meine Schwester ist Suizid gefährdet und ich weiß nicht was ich machen kann. Ich war auch mal so alt wie sie, ich sage ihr immer, dass alles was sie gerade fühlt vergehen wird mit der Zeit, sie wird Erfahrungen sammeln und sich noch ausleben. Jeder der mich und meine Schwester kennt, hat den Eindruck, dass ich ein Vorbild für sie bin, was mich etwas stört, weil ich schon den Gedanken habe, dass ich meinen Geschwistern die Aufmerksamkeit klaue. Ich mein, ich mache meinen Führerschein, ich habe bald mein Abi, ich lerne Instrumente, habe viele Hobbys. Zuhause geht es ständig um mich, weil ich ja so gut bin. Wenn meine Geschwister mit meiner Mama streiten, heißt es immer “ja deine Große Schwester ist so, sei doch mal bisschen wie sie”. Ich muss sagen, als große Schwester zeige ich selber nie meine Probleme, meine Mutter hat neulich herausgefunden, dass ich stark in einer Essstörung bin und mich Selbstverletzte. Hat meine Mama sauer gemacht aber dadurch hab ich wieder die ganze Aufmerksamkeit im Haus bekommen. Ständig rede ich. Meine Schwester schreibt auch, dass ich, wenn etwas meiner Meinung nicht entspricht, diskutiere bis sich die Person meiner Meinung anschließt. Wie grauenhaft, ich wusste nie, dass ich so bin.
Oh gott tut mir leid, dass ganze wird zu lang.
Ich sage meiner Schwester immer, dass ich auch da war wo sie gerade ist, dass man daraus wächst. Ich lese immer, wie Jugendliche die zu viel Zeit am Handy verbringen, dazu neigen eher mentale Probleme zu bekommen. Meine Schwester ist wirklich ständig am Handy und sehr sehr sehr Vergesslich. Sie vergisst Konversation von vor 30 min. Manchmal vertraut sie sich mir an und sagt, dass sie nicht weiß, wer sie ist, was sie mag etc. Sie könnte also keine 20 Min über sich selber reden, weil sie nicht weiß ‘wer sie überhaupt ist’.
Ich weiß nicht wie ich mit ihr umgehen soll, ich will sie definitiv nicht darauf ansprechen. Ich will indirekt was machen, aber was kann ich machen? Vielleicht weniger zuhause reden und mehr mit ihr alleine was machen?
3 Antworten
Zeige Deiner Schwester, dass sie Dir wirklich wichtig ist - und dass Du sie von Herzen liebst. Daher darf sie auch mal eine andere Meinung als Du haben und auch vergesslich sein. Und ja, unternimm mit Deiner Schwester etwas. Was würde ihr gefallen?
Jede gute Beziehung beruht auf einem gemeinsamen Wohlgefühl. Sorge dafür, dass sich Deine Schwester immer mit und bei Dir wohlfühlt.
Evt. sollte mal ein Psychologe hinzugezogen werden, wenn tiefer liegende Probleme nicht erkennbar und auflösbar sind.
Die Sache ist die: Jeder Selbstmord hat einen Grund und ist immer sehr heikel. Das Einzige, was Sie tun können, ist Folgendes: „Ich weiß, was du tun willst und ich habe es in letzter Zeit an deinem Verhalten gesehen. Tu es nicht, denn du bist die stärkste Person, die ich kenne. Ich weiß, dass du das nicht tun willst. Ich liebe dich, also erzähl mir, was mit dir los ist.“ Tun Sie dies, während Sie die Person umarmen. Zweitens: Stellen Sie ihnen Christus vor, denn ob es Ihnen gefällt oder nicht, die Religion hat die Selbstmordrate gesenkt, da die Menschen die Vorstellung haben, dass ein vollkommener Gott sie erdacht und erschaffen hat und dass es ihnen nicht gefallen würde, wenn diese Person Selbstmord begeht, sondern dass sie stark sein sollte. Drittens möchte eine solche Person manchmal allein sein. Lassen Sie sie also allein, aber denken Sie daran, dass Christus immer bei ihr sein wird und möchte, dass sie stark ist. So habe ich mich gerettet. Der Unterschied besteht darin, dass ich es alleine getan habe und es niemandem erzählt habe und dass Christus mich gerettet hat.
Als ich deinen Text gelesen hab, ist mir immer wieder aufgefallen, dass sehr viel Druck auf dir lastet und du sehr hohe Erwartungen an dich selbst hast. Du wirst als Vorbild für deine Schwestern gesehen, auch wenn du das nicht möchtest und bemühst dich sehr um sie. Du hast eine Auge auf deine Schwestern und versuchst ihnen deine Erfahrungen zu vermitteln und ihnen zu helfen.
Gleichzeitig geht es dir selbst aber auch überhaupt nicht gut...du schreibst, dass du eine Essstörung hast und dich selbst verletzt. Und als das aufgekommen ist, deine Mutter wütend geworden ist und du wenig Unterstützung erfahren hast. Es tut mir leid das zu hören, denn du verdienst Unterstützung. Und du darfst Raum einnehmen und laut sein. Die Probleme deiner Schwester werden sich nicht lösen indem du versuchst dich selbst kleiner zu machen.
Zu lesen, dass du viel diskutierst ist bestimmt unangenehm und im Kontext des Briefes vielleicht auch schmerzhaft. Es macht dich aber nicht zu einem schlechten Menschen und ist nicht dafür verantwortlich, dass es deiner Schwester schlecht geht. Und du brauchst dich auch nicht für den langen Text zu entschuldigen. Es ist ein komplexes Thema und wie du selbst meinst, hilft es die eigenen Gedanken aufzuschreiben :)
Es klingt so, als gäbe es Spannungen und Dynamiken in eurer Familie, die sowohl dich als auch deine Schwester belasten. Auf dir lastet viel Druck ein Vorbild zu sein, deine Schwestern werden verglichen. Diese Probleme wirst du nicht alleine lösen können. Und das musst du auch nicht.
Ob du den Brief mit deiner Schwester ansprechen willst ist deine Entscheidung. Ich stelle es mir aber wie eine große Last vor, dieses Wissen für dich zu behalten... Indirekt etwas zu machen ist in der Situation schwierig, denn du weißt nicht was deine Schwester gerade braucht und wie hoch das mögliche Risiko in ihrer Situation ist. Das wird dir auch hier niemand sagen können. Beruhigend ist aber, dass sie in dem Brief ja keine direkt bevorstehenden Pläne äußerst.
Hast du schon mal mit jemandem über die Situation zu Hause und deine eigenen Probleme gesprochen? Es gibt zum Beispiel Frauen- oder Essstörungsberatungsstellen in denen du kostenlos und vertraulich Beratung bekommen kannst.
Wenn du mal mit jemandem sprechen willst, oder weitere Unterstützung suchst, kannst du dich auch gerne bei mir melden. Ich bin von Digital Streetwork Bayern, wir bieten professionelle Online-Beratung an, kostenlos, anonym und unverbindlich. Wir sind immer Mi/Do/Fr online. Weitere Infos findest du auf unserem Profil oder unter www.digital-streetwork-bayern.de
So, jetzt ist mein Text auch ganz schön lang geworden :)
Ich wünsche dir jetzt schonmal alles Gute!
Dankeschön. Ihr Text bedeutet mir ehrlich viel und war genau das was ich eigentlich irgendwie brauchte.. 🩷