Was sagt die Philosophie über Bewusstsein?
Und wie wichtig ist Bewusstsein in Ethik, Moral, Kommunikation und Zusammenleben ?
5 Antworten
Moin,
der Begriff bedeutet erstmal nicht anderes als "Etwas" zu "wissen", also Existenz oder Zustände, Sachverhalte etc.etc. zu "wissen" bzw. zu "realisieren".
Das geschieht auf 2 Ebenen.
A - Philosophie) primär als Selbst-Bewusstsein,- also als Wissen von der eigenen Existenz als ein von der Umwelt als >Entität< abgegrenztes System, potentiell eigenen Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Handelns. -
Das ist systemtheoretisch formal einfach erklärt: Im Rahmen einer System-Umwelt - Kommunikation entstehen durch die Autoaktivität des Systems Veränderungen in der Umwelt, die als Aufmerksamkeitssignal einen Input zurück in das System erzeugen, der das System dazu bringt, sich verhalten zu müssen. Dieser Input wird in der Folge zu einer Information a) über den Input selbst und b) über das System an sich selbst - eine Art "Spiegeleffekt", der dem System Selbstwahrnehmung ermöglicht.
Es erkennt sich als Entität in dem es seinen abgegrenzten Charakter zu seiner Umwelt erkennt, - also Umwelt als etwas qualitativ und quantitativ von sich Verschiedenens.
Hier gilt der Satz von gregory Bateson (Ökologie des Geistes): "Eine Information ist ein Impuls der einen Unterschied macht".
B Psychologie) die Ebene von Bewusstseinsinhalten - also die Transformation von einer Entität in eine Identität. Hier bildet sich ein Ich-Konzept durch das Erlenen, Erfahren und Übernehmen von Ursache-Wirkungserfahrungen, Ausbildung von Erwartungs- und Handlungsmustern, Selbstentwicklungsstrategien usw. aus.
Dieser Prozess aus B) findet natürlich nicht im "luftleeren Raum" statt. Man kann es Erziehung oder Sozialisation nennen - in jedem Fall gehören zu den Lern- und Erfahrungsinhalten immer auch ideelle und pragmatische Vorgaben von außen, um Lernprozesse zu "konfigurieren",- i.d. R. mit Bezug auf "Werte" zwischen Pragmatismus und Idealismus.
Und hier setzt dann die Frage nach der Bedeutung von Ethik und Moral an.
Hierbei ist entscheidend, dass sich Ethik und Moral zwar aufeinander beziehen, aber nicht identisch sind. -
Während Moral den Bereich der, durch Erziehung psychologisch verankertes Affektsystem repräsentiert für ein "gefühltes" Sollen, Müssen, Dürfen, Nicht-Dürfen,- also eine affektive Leitstruktur für erwünschtes / unerwünschtes Verhalten zur Regelung spontanen Alltagsverhaltens darstellt
bildet Ethik eine formallogische Grundlage für die Verbindung der Begriffe "Recht" und "Gerechtigkeit". Sie hat übergreifenden normierenden Charakter. (Universalie / Naturrecht)
Das zwischen beiden Ebenen erhebliche Konflikte betstehen können und i. d. R. auch bestehen kennt eigentlich jedes Kind, wenn es im Zuge seiner Selbstentwicklung eingeforderte Verhaltensnormen als "gerecht" oder "ungerecht", als plausibel oder willkürlich hinterfragt.
Und in der Tat hat ja auch jedes Gewaltregime auf dieser Welt eine Moral und auch eine Rechtsstruktur.
Auf der anderen Seite steht z. B. eine Prinzipienethik von I. Kant (Menschenrechte, Weltrecht, Kategorischer Imperativ, Zweckfreiheit des Menschen etc. pp.), die als Universalie (weil logikbasiert) als Naturrecht den Relativismus moralischer und fragmentierter Rechtssysteme aushebelt.
Inwieweit ein Mensch nun selbst Autonomie in seiner Selbstentwicklung erreicht und von zufälligen Moral- und Rechtssystemen unabhängig zu denken und zu fühlen vermag hängt davon ab, welche Chancen er hatte, bei seiner Entwicklung von der Entität zur Identität sein Ich-Bild mit entsprechenden Leitbildern, aber auch unabhängig von Leitbildern im Sinne psychischer Abhängigkeit auf dem Hintergrund eines bildungsfördernden (nicht nur aus-bildungsfördernden!) Umfeldes entwickeln zu können.
In der ideologisch aufgeladenen Form geht es immer um das richtige Bewusstsein, dass man haben soll, um ethisch wie moralisch richtig zu handeln.
Bewusstsein hat auch einen physikalisch physiologischen Aspekt, d.h. wie funktioniert das individuelle Bewusstsein, wo kommt es her bzw. wie ist es entstanden, wie wird es abgehört und überwacht.
Wenn du nach Ethik, Moral etc. in Zusammenheit mit dem Bewusstsein bringst, hängt es dann nicht auch mit Erziehung, Umfeld und Kultur zusammen?
Uns Menschen wird schon früh beigebracht was richtig und was falsch ist. Dabei macht man auch Dinge, von denen wir "wissen", dass sie falsch sind, weshalb sich auch bei vielen Menschen das schlechte Gewissen einstellt.
Aber was für dich falsch ist, ist am anderen Ende der Welt vielleicht richtig. Wir neigen also auch gerne zu Vorurteilen über komplett fremde Menschen, über das, was sie tun und was sie denken.
Aber ganz allgemein lässt sich sagen, dass das Bewusstsein stark beeinflisst und verfälscht werden kann. Auch das eigene Bewusstsein hängt von uns selbst ab und beeinflusst unser eigenes Wohlbefinden.
Es gibt nicht "die" philosophische Antwort, sondern mehrere, je nach philosophischer Tradition und dazugehörigen Philosophen. Die Positionen reichen von Bewusstsein als Produkt des Gehirns (materialistisch) zu Bewusstsein als der metaphysischen Seele identischem (idealistisch). Allgemein ist Bewusstsein insofern wichtig, als dass es den konkreten Seinszustand des Individuums als Vorrausetzung zur Erarbeitung der von dir genannten Fragen schafft.
Die Ethik und Moral findet ja in der Familie, Genetik (Charaktereigenschaften) und der Wechselwirkung mit anderen Menschen statt und nicht nur mit dem eigenen Bewusstsein