Warum soll die globale Erwärmung die schlimmste Gefahr für die Menschheit oder das Leben auf der Erde sein, wenn Pathogene viel mehr Schaden anrichten?

3 Antworten

Warum soll die globale Erwärmung die schlimmste Gefahr für die Menschheit oder das Leben auf der Erde sein

Wer behauptet denn, dass die globale Erwärmung die schlimmste Gefahr für die Menschheit ist? Das größte Umweltproblem, vor dem die Menschheit steht, ist die Biodiversitätskrise, noch weit vor dem anthropogenen Klimawandel (Rockström et al. 2009). Was wir gerade erleben, ist nicht weniger als der Beginn eines sechsten großen Massenaussterbens, das schon jetzt in seiner Geschwindigkeit das letzte Massenaussterben übertrifft, dem die Nichtvogel-Dinosaurier zum Opfer fielen (McCallum 2015). Säugetiere und Vögel sterben aktuell 1000-fach schneller aus als es normal wäre (Pimm et al. 2014) und es steht zu befürchten, dass sich deren Aussterben in Zukunft noch weiter bis um das 10000-fache erhöhen wird (Vos et al. 2015). Nach aktuellem Zustandsbericht zur Biodiversität des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sind 1 Mio. der geschätzt 8 Mio. auf der Erde lebenden Arten bedroht, stark bedroht oder vom Aussterben bedroht (IPBES 2019). Eine neuere, noch exaktere Schätzung korrigiert die Anzahl bedrohter Arten sogar deutlich nach oben auf insgesamt 2 Mio. Arten (Hochkirch et al. 2023).

Das Aussterben einer Art zieht das Aussterben zahlreicher anderer nach sich, die in einer Wechselbeziehung zu ihr stehen. Das Wegfallen nur weniger Elemente in einem Geflecht der Wechselbeziehungen eines Ökosystems breitet sich wie eine Laufmasche in einem Strickgewebe immer weiter aus und führt letztendlich zum Zusammenbruch des gesamten Ökosystems. Deshalb ist der Erhalt der Biodiversität essentiell, denn artenreiche Ökosysteme sind gegenüber Störungen viel stabiler (Elton 1958, Wagg et al. 2022). Oder anders ausgedrückt: mit der Vernichtung der Biodiversität vernichten wir unsere eigene Existenzgrundlage, denn auch wir sind von den intakten Ökosystemdienstleistungen abhängig. Man denke nur an die Vielfalt von Pflanzen, die Teil unserer Ernährung sind und auf Bestäuberinsekten angewiesen sind. Oder an Korallenriffe, Mangroven und Seetangwälder, die wichtige Kinderstuben für (Speise-)Fische sind.

wenn Pathogene / biologische Waffen viel mehr Schaden anrichten?

Weil Pathogene kaum dazu im Stande sind, die ganze Menschheit auszurotten. Und das gesamte Leben auf der Erde vernichten wird ein einzelnes Pathogen erst gar nicht. Der Grund ist ganz einfach: je tödlicher ein Pathogen ist, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich zu einer Pandemie entwickelt, die alle Menschen vernichtet. Weil die Überträger einfach sterben, bevor sie viele weitere Menschen infizieren können. SARS-CoV-2 beispielsweise konnte sich weltweit ausbreiten, weil es ein vergleichsweise "harmloses" Virus ist. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind in Deutschland bis 2021 "nur" 1.8 % der Infizierten an der Erkrankung gestorben (RKI 2021). Die meisten Infizierten überlebten und konnten die Krankheit somit übertragen - insbesondere, weil die Erkrankung bei vielen symptomlos verlief, ihnen also gar nicht bewusst war, dass sie damit infiziert waren und andere ansteckten. Ebola dagegen ist eine Erkrankung mit extrem hoher Mortalität von zwischen 30 und 90 %, im Schnitt liegt sie bei 50 % (RKI 2023). Ebolaausbrüche blieben daher bislang immer lokal begrenzt, hatten also epidemischen Charakter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Durch den Klimawandel treten doch auch gefährliche Pathogene auf

Warum soll die globale Erwärmung die schlimmste Gefahr für die Menschheit oder das Leben auf der Erde sein, wenn Pathogene / biologische Waffen viel mehr Schaden anrichten?

Das eine ist real, das andere hypothetisch.

Die Klimaerwärmung hat im übrigen auch zur Folge, dass sich Krankheitserreger in neuen Lebensräumen ausbreiten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Studiert, promoviert und im Bereich Molekularbiologie tätig.
Interrogantis 
Fragesteller
 15.02.2024, 23:12
das andere hypothetisch

Das es diese Forschung gibt und das die Pathogene sich ausbreiten können, ist also eine Hypothese?

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Saim0n  15.02.2024, 23:14
@Interrogantis

Nein. Dass sie eine Gefahr für die Menschheit darstellen ist eine Hypothese.

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Saim0n  16.02.2024, 07:30
@Interrogantis

Weil Maßnahmen gibt, um einen Schaden durch Labor-Pathogene zu verhindern. Die werden, wie du zitiert hast, nicht als Waffe, sondern zur Entwicklung von z. B. Medikamenten hergestellt.

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