Warum bleiben Menschen bei einem Partner, der sie mehrfach offensichtlich betrogen hat?

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Hi,

Viele Menschen (und dazu zähle ich mich auch) mögen keine Unsicherheit. Wir möchten Planbarkeit und Berechenbarkeit. Das hat gute und schlechte Seiten, mMn.

Und das ist warscheinlich auch ein Grund dafür, dass manche Menschen lieber bei dem bleiben was sie kennen, anstelle sich auf die Reise zu machen und den Sprung ins Unbekannte zu wagen.

Vielleicht ist das auch ein wenig fehlendes Gottvertrauen oder fehlender Optimismus, so das man lieber bei dem 'Elend' bleibt, was man meint zu kennen, anstelle sich ins Unbekannte zu wagen, weil da könnte es ja noch schlimmer sein (zumindest in der Vorstellung).

Das ist auch eine art Metapher, die sich auf mehrere Situationen anwenden lässt.

Liebe Grüße 🍀

skipworkman  03.03.2021, 21:30

Danke dir für den Stern 🍀☺️

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Hallo Rosenmary,

ich meine, was Partnerschaft angeht, eine gewisse Systematik zu erkennen: für viele Paare eine Art Zweckgemeinschaft, für viele Paare Liebe als Grundlage - und da meine ich schon Liebe in dem von mir oft angeführten universalen Sinne.

Die universale Liebe, die sich theologisch philosophisch aber glaubensunabhängig modellieren lässt, führt zur Einheit der liebenden Menschen sowie zu einem Geben und Schenken, ohne dass es Erwartungshaltungen oder ein Habenwollen geben kann. Und mit der Universalität gilt die Liebe auch über eine Partnerschaft hinaus: enthebt sie von der Exklusivität und Synonymität einer Partnerschaft.

Wenn wir aus Richtung der universalen Liebe schauen, würde ein Betrügen oder Fremdgehen die Einheit durchbrechen: ein Partner oder eine Partnernin würde die jeweils andere Person in einer Parnterschaft bei etwas ausschließen, um einen eigenen Vorteil oder Nutzen von woanders zu erlangen. Da sind wir außerhalb jeglicher Liebe.

Betrachten wir die Zweckgemeinschaft, würde eine bestimmte Leistung oder Zuwendung mit einer Person außerhalb der Partnerschaft erfolgen - und nicht (mehr) mit der Partnerin oder dem Partner. Hier können Erwartungshaltungen, die nicht (mehr) befriedigt würden, eine Rolle spielen.

Soweit zunächst ein Hintergrund.

Einheit oder Zweckbindung wären durchbrochen - und in sehr vielen Fällen würde das auch ein Ende einer Partnerschaft bedeuten.

Existieren aber in einer Zweckgemeinschaft noch irgendwelche andere Zwecke, die noch gegenseitig erfüllt bleiben, mag die Partnerschaft weiter halten, oder eine Person mag an der Partnerin oder dem Partner noch festhalten wollen. So ein Zweck könnte eine Bindung an die Partnerin oder den Partner sein, familäre Umstände - aber auch eine Rahmenbedingung, keine Partnerin oder keinen Partner mehr zu finden oder nur sehr schwer finden zu können. Auch kann eine Hoffnung bestehen, bestimmte Zwecke doch noch oder wieder erfüllen zu können.

Über den Begriff der Bindung kommen wir über eine kurze Brücke zur Einheit in Liebe. Da geht immer noch etwas von einer Person aus, was die Partnernin oder den Partner erreichen mag. Da ist immer noch die Einheit zum Partner oder der Partnerin da. Da wollen sich immer noch Enden, die sich getrennt haben, wieder verbinden.

Hat aber der Fremdgänger oder die Fremdgängerin keine Interesse mehr an der Partnerschaft oder bestimmten Zwecken mit der Partnernin oder dem Partner - oder auch kein Interesse (mehr) an der Einheit mit ihm oder ihr, so verbleibt häufiger Erfahrung nach wenig Hoffnung, wieder in die Partnerschaft zurückzukehren.

Sprechen wir aber davon, dass jemand aus welchem Grund oder unter welchem Anlass etwas so gemacht hat, dass dieser Bruch entstanden ist, Die Person verändert aber eine Ansicht oder auch grundsätzliche Attitude, lässt sich dieser Bruch wieder reparieren. Und so mag auch eine "betrogene" Person an der Partnerin oder dem Partner in dieser Zuversicht festhalten. Das geht in der Liebe mit der immer noch bestehenden Einheit einher. Die Einheit erlaubt, etwas zu verzeihen und auch die Geschichte in deren Annalen zu belassen.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Stolz ist was Anderes - das hat damit nichts zu tun. So etwas sagen meiner Ansicht nach nur archaisch orientierte Typen, denen man auch markige Sätze wie "ein deutscher Junge weint nicht" ohne Weiteres zutrauen würde.

Meist reden sie sich das Ganze schön nach dem Motto "es kommen auch andere Zeiten" oder "eigentlich geht's mir ja ganz gut" oder "geben wir die Hoffnung nicht auf" und sind gleichzeitig einfach zu schwach, um Farbe zu bekennen, Flagge zu zeigen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Meist alles zusammen.

Oder würde man bei einer Trennung Status, Image, Ehre und nicht zu vergessen viel Geld und/oder einen komfortablen Lebensstandard verlieren. Kenne einige solcher Biographien auch von Paaren im, sagen wir mal, "gesetzteren Alter". Teilweise mischen auch übermächtige Eltern/Schwiegereltern oder sonstige "graue Eminenzen" im Hintergrund mit oder denkt man, dass man sich eine Blöße geben würde, weil man im öffentlichen Leben steht und eventuell in einer übersichtlichen Gesellschaft unterwegs ist, wo man mit einer solchen Trennung komplett zur Persona non grata degradiert werden würde. Komme ursprünglich aus einem sehr konservativen und katholischen Vorstadt-Umfeld, da war das genau so. Lieber erduldet man große Schmerzen, als dass man ehrlich ist und Ansehen/Ehre/Image/Einfluss/Status einbüßt. Der Weg führt trotzdem früher oder später zum Psychologen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Rosenmary 
Fragesteller
 12.01.2021, 19:13

Exakt so ist es oft. In dem geschilderten Fall definitiv.

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realistir  13.01.2021, 01:14
@Rosenmary

Nö, so ist es immer nur bei "denen" die es bevorzugt "so" betrachten. Nur weil solche ja ihre Vorurteile weiter leben lassen, etwas nicht anders sehen wollen, ist es definitiv exakt so? Nee, nur bei extrem kurzsichtigen Denkern und Betrachtern.

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realistir  13.01.2021, 13:10
@Rosenmary

Doch das ist "immer" so bei Personen, die etwas bevorzugt nur so betrachten.

Erkläre mir nicht, Pessimisten könnten etwas optimistischer betrachten. ;-) Z.B.

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Das kann mehrere Gründe haben.
Angefangen von dem zwanghaften Aufrechterhalten der "heilen" Familie, Schutz der Kinder (sofern vorhanden), bis hin zu dass die betrogene Person selbst mit der Beziehung bereits abgeschlossen hat und nur aus Bequemlichkeit oder finanziellen Gründen nichts ändern möchte.
Bei einem einmaligen Vertrauensmissbrauch kann man noch drüber diskutieren, das käme - zumindest bei mir - auf die Situation an. Aber bei mehrfachem Fremdgehen wäre ich weg. Egal welche Konsequenzen das für mich nach sich zöge.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit vielen Jahren glücklich verheiratet

Gibt für alles eine logische Erklärung...

Wenn meine Freundin mich betrügen würde, wäre ich sicherlich im ersten Moment am Boden zerstört, würde dann aber auch zeitgleich Fehler bei mir suchen.

Warum? Weil die Beziehung zwischen und beiden läuft und keine Einbahnstraße ist.

Soll heißen, dass ihr Fremdgehen auch mit Fehlverhalten meinerseits zusammenhängen kann.

Möglicherweise habe ich mich ja im Laufe der Beziehung geändert und kann sie nicht mehr so glücklich machen wie früher sodass sie deswegen Reißaus nimmt.

Klingt sehr weit hergeholt aber würde sie mit mir offen darüber sprechen, würde ich es akzeptieren und ihr um unser beider Willen eine weitere Chance geben und es besser machen.

Damit möchte ich ihr Fremdgehen nicht gutheißen, aber jeder hat seine Gründe...

Das selbe würde ich mir natürlich auch von ihr wünschen, wobei ich früh genug das Gespräch suchen würde.

Ich glaube niemand will das, was er sich mit dem Partner aufgebaut hat, vor allem dann, wenn es schon lange läuft, einfach wegschmeißen, weil er sich für einen oder mehrere Momente in der Beziehung unvollständig gefühlt hat.