Sind Rothaarige arisch?

6 Antworten

Die Frage ist, was du unter dem Begriff "arisch" verstehst. Dieser wurde seit dem 19. Jh. im Abendland in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet:

1. taxonomisch-anthropologisch

Ursprünglich von dem französischen Denker Arthur Comte de Gobineau und anderen Zeitgenossen gegen Mitte des 19. Jh. als Begriff für den ursprünglichen Menschenschlag, der sich in der Bronzezeit von der Urheimat (entweder in Nord- oder Osteuropa) nach Südeuropa sowie Südasien hin verbreitete, in Eroberungszügen andere Völker unterwarf und dort einen Teil der bekannten antiken Hochkulturen begründete, also die vedische Indus-Kultur in Indien, die persische Kultur im Iran ("Land der Arier"), die Hethiter-Kultur in Kleinasien, die hellenischen Hochkulturen in den griechischen Poleis und später auch in Italien die römische Zivilisation.

Ursprünglich hatte man, bereits seit Ende des 18. Jh., nur die Sprachen erforscht und festgestellt, daß nicht nur die europäischen, also germanischen, keltischen, romanischen, baltischen und slawischen, sondern auch manche südasiatischen Sprachen wie eben das Persische sowie das Sanskrit im grundlegenden Wortschafts miteinander verwandt waren.

Denker wie Gobineau haben daraus geschlossen, daß es ein bronzezeitliches oder noch älteres Urvolk gegeben haben muß, von dem alle Völker, die diese Sprachen gesprochen haben oder auch heute noch sprechen, abstammen müssen. Dieses hat er nach Europa verortet und es anthropologisch als Volk schmal- und eher hochwüchsiger, aber kräftiger, schmalschädliger und depigmentierter, also blonder und rothaariger sowie blau-, grau- und grünäugiger Menschen beschrieben. Dafür liefert die Geschichtsschreibung, Archäologie und heute auch die Genetik tatsächlich deutliche Hinweise. Gobineau und andere Franzosen (später z. B. der bekannte Soziologie Lapouge) sprachen somit von einer race aryenne, einer arischen Rasse.

Gegen Ende des 19. Jh. aber änderten sich die Begrifflichkeiten und man benannte diesen Menschenschlag immer weniger ausgerechnet nach dem Volk, das am weitesten von seiner Urheimat weggewandert ist, sondern nach Völkern und Gebieten, in denen dieser Typus auch heute noch lebt: Etwa als teutonic race (Ripley, 1899) oder als nordic race (Grant, 1920er) bzw. als später als "nordiden Typus". Also typische Nordeuropäer mit etwa diesem Erscheinungsbild:

http://humanphenotypes.net/basic/Nordid.html

2. politisch

Daneben entwickelte sich aber schon im 19. Jh. eine zweite Verwendung des Arierbegriffs, bei dem es nicht um "Rasse" im anthropologischen Sinne ging, sondern einfach darum, um begrifflich zwischen Juden und Nichtjuden differenzieren zu können. Mit Ariern waren nach dieser Begriffsverwendung einfach Europäer oder Leute gemeint, die in Amerika, Australien usw. von solchen abstammen, sofern sie keine Juden waren. Den Begriff "Gojim" von den Juden konnte man deshalb nicht einfach übernehmen, weil mit "Gojim" die Juden einfach alle Nichtjuden meinen, also auch Schwarzafrikaner, Asiaten und so weiter.

Viele Jahrzehnte später dann, zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, wurde beide Arier-Begriffe nur noch selten verwendet. Im anthropologischen Sinne gar nicht mehr, hier wurde stattdessen von Rassen-Experten wie Hans F. K. Günther durchwegs der Begriff "nordische Rasse" für diesen Typus verwendet. Im politischen Sinne hingegen haben eine ältere Jahrgänge unter den Nationalsozialisten den Arierbegriff aus Gewohnheit noch verwendet, allerdings nur selten in offiziellen Dokumenten. Bei den Nürnberger Gesetzen wurde stattdessen der Begriff „deutschblütig“ genutzt, um Juden und Deutsche voneinander abzugrenzen. Den Nationalsozialisten ging es ja nicht um eine internationale arische Sammelbewegung, sondern um eine dediziert deutsche, nationalistische Ideologie. Ein Engländer, Franzose oder Schwede konnte auch nicht so ohne Weiteres Deutscher werden, allerdings wurde hier die Vermischung mit Deutschen nicht grundsätzlich verboten wie das mit der zwischen Juden und Deutschen der Fall war.

Nun zur Beantwortung deiner Frage:

„Arisch“ im politischen Sinne hat natürlich nichts mit Pigmentmangel zu tun, somit galt im 19. Jh. bzw. bis 1945, als der Begriff genutzt wurde, jeder westliche Mensch als „Arier“, der kein Jude war, gleich, ob seine Haarfarbe flachsblond oder pechschwarz, fuchsiarot oder braun war.

„Arisch“ im ursprünglichen anthropologischen Sinne hingegen korreliert stark mit Rutilismus, also Rothaarigkeit. Die ursprünglichen arischen bzw. indoeuropäischen Völker waren wohl vorwiegend blond und rothaarig, aber nur wenige Menschen bei ihnen hatten dunkle Haare. Im Altertum wurden diese Völker (Kelten, Römer, Germanen, Griechen, Makedonier, Thraker, Skythen usw.) von antiken Autoren auch als ursprünglich blond und rothaarig beschrieben und sehr viele bedeutende Kelten, Griechen, Römer und Germanen auch mit einer dieser beiden Haarfarben geschildert. Am besten haben sich rote und blonde Haare bis heute bei den nordgermanischen Völkern erhalten, bei den Deutschen, Franzosen und Briten hingegen weniger und am schnellsten und stärksten zurückgegangen ist deren Anteil bei den Mittelmeervölkern, wie die römische Bevölkerung der Kaiserzeit bereits schon mehr oder weniger vorwiegend dunkelhaarig war (wofür es allerdings auch eine Menge an Gegenbelegen gibt). Das ist auch logisch, denn je südlicher ein arisches (also indoeuropäisches Volk) gelebt hat, desto mehr ist es auf Menschen dunkleren Typs gestoßen und hat sich dann im Laufe der Zeit mit diesen vermischt.

Im Altertum war es sogar so, dass viele Autoren nicht streng unterschieden zwischen blond und rothaarig (obwohl es im Griechischen und Lateinischen dafür eigentlich verschiedene Wörter gab, in letzterem etwa flavus für gelb / blond und rufus für rot(haarig) und es ist möglich, daß manche historische Persönlichkeiten, die allgemein als rothaarig gelten, in Wirklichkeit blond gewesen waren oder umgekehrt (etwa Alexander der Große, Augustus, Boudicca, Arminius usw.)

Den frühen Griechen und Römern etwa galten blonde und rote Haare als natürliche Haarfarbe des Menschen, den späten (Hellenismus, Kaiserzeit!) aber eher als Haarfarbe nördlicher Barbaren wie der Makedonier, Germanen oder Gallier, einfach deshalb, weil sich die Römer und Griechen mit dunkelhaarigen Mittelmeermenschen (Pelasgern, Ligurern), die schon vor ihrer Einwanderung dort lebten, sowie mit später aus Nordafrika und dem nahen Osten zugewanderten Händlern oder von dort importierten Sklaven vermischten und somit in der Spätantike irgendwann selbst zu vorwiegend dunkelhaarigen Völkern wurden, ähnlich den Völkern, die heute am Mittelmeer leben.

Fazit: In dem Sinne, den der Fragesteller wahrscheinlich meint, also den anthropologischen, galten rote Haare ebenso als „arisch“ wie blonde. Dass rote Haare aber auch bei den sonst vorwiegend dunkelhaarigen Juden relativ häufig vorkommen (etwa 4% immerhin, laut Wikipedia), war auch schon immer bekannt und Anlass zu einiger Verwunderung. Auch die Juden haben sich im Altertum und später eben mit indogermanischen („arischen“) Völkern vermischt bzw. haben teilweise einen gemeinsamen Ursprung mit diesen, jedenfalls mit dem, was den Rutilismus bei den Ariern bedingt, der entwicklungsgeschichtlich gesehen durchaus eine andere Quelle haben kann als der Flavismus, also die Blondheit. Letztere könnte mit Blauäugigkeit, der Rutilismus aber mit Grünäugigkeit korrelieren und dieser mit dem Neandertaler, die blond-blaue Kombination aber mit dem Cro-Magnon-Menschen in Zusammenhang stehen. Das ist aber wissenschaftlich bis heute umstritten.

Arisch ist ein pseudowissenschaftlich dummes Zeug,

Arisch ist kein Begriff, der wissenschaftlichen Untersuchungen standhalten kann.

Wem es Spaß macht, arisch zu sein, soll sein Privatvergnügen pflegen.

Aber die aktuelle Lebenswelt hat andere Probleme.

Sind Rothaarige arisch?

Nein, das sind sie nicht.

https://www.facebook.com/irland.irishnet/photos/a.157910417570348/1327339387294106/?type=3&locale=de_DE

Irland ist ein “keltisches Land” – heute sind unter diesem Begriff mehrere europäische Länder einzuordnen. Hierzu gehören vor allem Schottland (ohne die Shetland und Orkney Inseln), Irland (Republik und Nordirland), die Isle of Man, Wales, Cornwall und die Bretagne.

Nein, Arier ist ohnehin ein Begriff auf wackligen Füssen mit der Völkerwanderung.

https://encyclopedia.ushmm.org/content/de/article/aryan-1

Woher ich das weiß:Recherche
ASparrow  01.05.2024, 14:07

Nach den im 19. Jh. verwendeten Begriffen, nach denen man mit "Ariern" Europäer meinte, die keine Juden waren, galten natürlich Kelten, Slawen, Germanen, Romanen und Balten allesamt als Arier.

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Da rote Haare ja noch mehr an Pigment mangeln als Blonde

?

Die meisten Menschen haben rote Pigmente in verschiedenen Anteilen im Kopfhaar.
Rothaarige haben mehr rote Pigmente als Blonde. Aber auch Blonde haben Rotpigmente im Haar, nur halt weniger davon.

Wie kommst du auf deine Aussage?
Reichlich Pigmente aber Mangel an Bildung?

anonym12hoo 
Fragesteller
 02.05.2024, 15:46

Weil Rothaarige nie braun werden und Blonde hingegen öfter, bin ich auf die Idee gekommen, dass Blonde im Schnitt mehr Melanin produzieren.

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amormutuus  02.05.2024, 16:39
@anonym12hoo

Achso, dann gehts ja noch. ;-)

Rothaarige haben feinere Haut und weniger dunkle Pigmente, mehr rote Pigmente, da beides die Sonne stärker aufnehmen kann, denn meist leben sie in nördlichen Ländern mit wenig(er) Sonne. Das Wenige, was sie davon abbekommen, soll möglichst alles schnell aufgenommen werden können, was mit feiner Haut und rot- / blonden Pigmenten leichter geht.

Braun sein wäre ein Schutz vor Sonneneinstrahlung ....

Südländer haben als Schutz vor Sonneneinstrahlung dunklere Haut und Haare.

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Wie sind ja nicht mehr bei den Nazis. Die waren fälschlicherweise der Annahme, dass rote Haare bei Juden überdurchschnittlich häufig vorkämen. Also es wurde eher als negativ angesehen.

Die größte Häufigkeit findet man in Schottland, Wales und Irland.

Woher ich das weiß:Recherche
ASparrow  01.05.2024, 14:10

Das hatte seine Berechtigungen, diverse Haarfarbenstatistiken haben bei aschkenasischen Juden eine gewisse Häufung des Rutilismus, also der Rothaarigkeit, feststellen können, wenn auch nicht in dem Maße wie bei den keltischen Völkern, aber häufiger als bei den meisten germanischen, slawischen und romanischen. Der Typus Mark Zuckerberg ist bei aschkenasischen Juden nicht selten.

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