Latein?

2 Antworten

Cicero meint: Das Urteil der Richter im Prozess gegen Verres hat Einfluss auf das Ansehen der Richter und des Gerichtshofes.

An diesem Redeanfang (Marcus Tullius Cicero, In Verrem 1, 1, 1 – 3) erklärt Cicero auch, das Urteil der (senatorischen) Richter werde Auswirkung auf den Senatorenstand und den Staat haben

Nach Ciceros Darlegung hat Verres Schlimmes getan und schweres Unrecht begangen. Ein Freispruch wäre für das Ansehen der Richter und des Gerichtshofes schlecht und hätte schädliche Folgen für den Senat und den römischen Staat.

Wenn die Richter streng und gewissenhaft urteilen (was nach Ciceros Überzeugung nur ein Schuldspruch sein kann), werde das Ansehen, das ihnen zurückbleiben muss, fest an sie angehängt bleiben, wenn aber der gewaltige Reichtum des Verres Gewissenhaftigkeit und Wahrheitsliebe der Gerichte durchbricht, werde Cicero dennoch erreichen, dass eher dem Staat ein Gericht als den Richtern ein Angeklagter oder dem Angeklagten ein Ankläger gefehlt zu haben scheine (Marcus Tullius Cicero, In Verrem 1, 1, 3).

Cicero weist darauf hin, dass es zu dieser Zeit Verärgerung und Anfeindung gegen die mit Senatoren als Geschworenen besetzten Gerichtshöfe und den Senat gibt:

Es sei wünschenswert, die Anfeindung/Verhasstheit des Senatorenstandes und den schlechten Ruf der Gerichte (invidiam vestri ordinis infamiamque iudiciorum Marcus Tullius Cicero, In Verrem 1, 1, 1) beizulegen.

Es habe sich die für den Staat schädliche und für die senatorischen Richter gefährliche Meinung bei den Römern und ausländischen Völkern festgesetzt, von den Gerichten, die jetzt bestehen, könne kein reicher Mann verurteilt werden, wie sehr er auch schuldig sei.

Die Richter können im Fall Verres (durch einen Schuldspruch) das verlorene Ansehen der Gerichte wiederherstellen (reconciliare existimationem iudiciorum amissam) und in ein gutes verhältnis mit dem römischen Volk zurückehren (redire in gratiam cum populo Romano).

Jetzt, im kritischen Entscheidungspunkt für den Senatorenstand und die senatorischen Gerichte (in ipso discrimine ordinis iudiciorumque vestrorum), in einer Zeit, in der Leute bereitstehen, die versuchen, mit Volksversammlungen und Gesetzesanträgen, diese Anfeindung gegen den Senat (hanc invidiam senatus) anzufachen, wird mit Gaius Verres ein Mann vor Gericht gestellt, der wegen seines Lebens und seiner Taten schon von der Meinung aller verurteilt ist, aber aufgrund der großen Menge seines Geldes seiner Erwartung nach und nach seiner öffentlichen Aussage freigesprochen ist.

Gaius Verres war Praetor 74 v. Chr. und als  Propraetor 73-71 v. Chr. römischer Statthalter der Provinz Sizilien. Verres wurde wegen Erpressung angeklagt, die lateinische Bezeichnung ist de repetundis (pecuniis) = wegen der Zurückforderung (erpreßter Gelder)/wegen zurückzufordernder Geldsummen. Der von einem Praetor geleitete zuständige Gerichtshof hieß quaestio repetundarum und bestand damals aus Senatoren als Geschworenen. Das Gerichtsverfahren wird als Repetundenprozeß bezeichnet.

Lucius Cornelius Sulla hatte als Diktator (82 – 79 v. Chr.) bestimmt, dass ausschließlich Senatoren als Geschworene an den Gerichtshöfen tätig waren. Daran gab es Kritik und es wurde auf eine Änderung gedrängt. Im Jahr 70 v. Chr. wurde gesetzlich eine Zusammensetzung aus je einem Drittel Senatoren, Rittern (equites) und Aerartribunen festgelegt.

Anfang des Jahres 70 v. Chr. wurde Anklage gegen Verres vor dem Prätor erhoben. Die Nobilität stellte sich sofort zum Großteil hinter Verres, da diese selbst durch die drohende Aufdeckung selbst betroffen würde. Als Verteidiger des Verres wurden deshalb drei bedeutende Männer bestellt, Hortensius, Cornelius Sisenna und P. Scipio. Den Widerstand des Adels bekam Cicero gleich zu Beginn des Prozesses zu spüren: So wollte man als Ankläger den Quästor Quintus Caecilius Niger vorschieben; da dieser sich in Sizilien selbst kräftig bereichert hatte, wäre die Anklage wohl sehr glimpflich ausgefallen, was – wohl unbestritten − sehr zum Vorteil des Angeklagten Verres gereicht hätte. Es kam zu einem Vorverfahren, der divinatio in Caecilium. Cicero und Caecilius Niger traten Mitte Januar vor dem gleichen Gericht gegeneinander an, das später über den Prozessgegenstand urteilen sollte. Ciceros Rede fiel knapp aus aber sie überzeugte anscheinend. Die Richter setzten Cicero somit offiziell als Ankläger ein.Auch in Sizilien stieß Cicero als Ankläger auf den Widerstand der Gegner, denn Verres‘ Nachfolger versuchten mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Gemeinden Gesandte zum Prozess abordneten. Dadurch sollten sich keine der aufgerufenen Zeugen bei Cicero einfinden.Als Cicero nach Rom zurückkehrte, versuchten nun Verres und seine Anhänger, den Prozess in das nächste Jahr zu verschleppen, da Metellus, dessen Wahlen zum Prätor von Verres finanziert wurden, dann den Vorsitz des Verfahrens inne gehabt hätte.

 

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – LK Latein
EinstNewt142 
Fragesteller
 24.02.2024, 16:01

Aber verkauft Cicero mit seinem Satz den Richtern nicht die Möglichkeit ihre Integrität zu beweisen, wenn sie ein richtiges Urteil gegen Verres aussprechen? Weil dann ja alle Bewohner Siziliens wieder Hoffnung auf ein besseres Leben hätten?

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