Ist es möglich, dass der Kommunismus funktioniere?

12 Antworten

Es spricht nichts dagegen. Reinformen werden nie funktionieren, das gilt aber für alles, auch z.B. für Demokratie ganz allgemein.

Man müsste sich natürlich fragen, woran es scheitern könnte:

a) an der Demokratie? Kaum, das die funktioniert, sehen wir ganz gut.

b) an der grundsätzlichen Gleichheit? Kaum, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie basieren ja darauf und sind sogar recht beliebt.

c) an der Abwesenheit von Hierarchien und Machtausübungen? Kaum, die Menschen mögen Selbstbestimmung und eben, Demokratie funktioniert ganz gut.

d) an den öffentlichen Unternehmen? Sicher der schwierigste Punkt. Allerdings sehen wir, dass auch die Öffentlichkeit wirtschaften kann, dass Leute für andere effektiv wirtschaften können und das auch Private grob versagen können. Es stellt sich hier also mehr eine ethische Frage, die aber sicherlich mit einem Kompromiss gelöst werden kann und somit eine gute Annäherung stattfinden kann.

Auch die Geschichte können wir berücksichtigen: Der Westen hat nach dem kalten Krieg die dominante Rolle eingenommen, der Osten ist praktisch untergegangen. Auch sonst liegt Westeuropa im Vegrleich zu fast allen anderen Staaten vorne unc seit der Industrialisierung ist ein nie dagewesens Wohlstandswachstum, aber auch ein Wachstum von Lebensstandards zu beobachten. Das spricht auch dafür, dass die kommunistische Idee zumindest teilweise sehr erfolgreich in der Realität angewandt werden kann, besser als anderes sogar.

Zusammenfassend also lässt sich sagen, das wenig gegen eine starke Annäherung spricht und es keinen Hinweis darauf gibt, das Kommunismus in der Realität weniger gut funktionieren würde als all die anderen Systeme, Ideen, Ideologien...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe mich wissenschaftlich damit auseinandergesetzt...

Gäbe es den Menschen nicht, dann würde es funktionieren. Leider verwässern die Menschen jede Ideologie sehr rasch durch ihre Gier nach Mach, Einfluss und Geld. So ist auch die UdSSR nie einfunktionierender Kommunismus gewesen und alle anderen Formen des Kommunismus haben immer in einer Diktatur eine Nomenklatur geendet. Kommunismus ist nicht geeignet für Staaten, aber sehr wohl für kleine überschaubare Organisationen, da kann es durchaus funktionieren. Das können sein Kibbuze in Israel, Wohngenossenschaften, andere Genossenschaften etc. aber alle unterliegen der Gefahr, dass eine starke Persönlichkeit das System für sich uns Seinesgleichen ausnutzen und die "Kommunisten" zu Statisten macht.

treppensteiger  02.10.2023, 13:35

Dazu hab ich eine Theorie:

Das ostdeutsche Gebiet betreffend (wo anders fehlen mir die Informationen, Erfahrungen)

Bis etwa 1955 gab es bedingt durch vorherige Wirtschaftssysteme und Kriege, für die breite (arbeitende) Bevölkerung eigentlich fast immer einen persönlichen Mangelzustand. Sei es bedingt durch temporär schlechte Ernten, eben Kriege, aber auch durch Ausbeutung verschiedenster Art.

So etwas prägt natürlich das Verhalten ganzer Generationen und verschwindet nicht einfach so. So war das Gegenteil davon, besonderer Privatbesitz auch gegen Ende der DDR in dieser oft noch ein "Status"symbol, welches weitgehend nicht! öffentlich diskutiert wurde. (Mein tolles Haus, mein tolles Auto usw.)

Wenn man jedoch selbst nicht den befreienden Gegensatz von Gier, Macht und Einfluss erlebt hat, sondern von seinen Eltern noch die alten Ängste vom Mangel, vermittelt bekam, in jeder kleinen "sozialen" Handlung oder eben Unterlassung, in Gesprächen usw. kann man das nicht verstehen, sondern muss sich solche Gedanken bewusst erarbeiten.

Es gibt aber viele Menschen, die genau in diesen Punkten, weil sie eben so sehr angstbesetzt sind (Angst ist ein natürliches Warnsignal) , lieber auf ihr starkes Gefühl vertrauen, als nachzudenken.

Der heutige Mangel wäre (bzw. ist seit >60 Jahren) praktisch nicht mehr nötig, also durch Umorganisation abschaffbar, und ist nur noch ein Ergebnis der vorherrschenden Ideologie. Aber erklär das mal jemandem, der da ganz Bauch ist, in einer Zeit, in der man u.a. medial fast ausschließlich, immer das Gegenteil vorgelebt bekommt.

Ich weiß, dass es auch anders zu denken geht, weil ich mich kenne, und genügend Menschen, die das ebenso können.

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Könnte er. Aber nicht mit diesen Leuten.

treppensteiger  02.10.2023, 13:02

Erziehung braucht jeder Mensch rechtzeitig, sonst wird er ein Monster.

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Kommunismus ist eine Gesellschaftsform, die auf Gemeinbesitz, Auflösung der Arbeitsteilung und kollektiver Entscheidungsfindung beruht, um die wirtschaftliche Produktion an die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse anzupassen statt an die Anhäufung von Profiten bei einer privilegierten Minderheit.

Für die absolute Mehrheit der Menschheit, die unter Ausbeutung, Armut, Unterdrückung, Imperialismus, Krieg, Krise und Umweltzerstörung leidet, wäre der Kommunismus natürlich eine bessere Alternative als das derzeitige kapitalistische System, das auf kein anderes Ziel ausgerichtet ist als Profit und dabei das Wohlergehen von Mensch und Natur untergräbt.

Gerade weil es aber die Klasse der Kapitalisten ist, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht auf sich konzentriert, hat sie auch die Möglichkeiten, unter der breiten Bevölkerung Rechtfertigungen für ihre privilegierte und herrschende Stellung zu streuen, mit anderen Worten Ideologie und Propaganda zu verbreiten. Mit kapitalistischer Ideologie ist man z.B. in der Schule oder in den Massenmedien ständig konfrontiert und auch viele der übrigen Antworten hier geben solche Vorstellungen wieder, wie z.B. folgende:

  • dass der Kapitalismus Leistung belohnen würde und jeder reich werden könnte, wenn er sich nur genügend anstrengt. Tatsächlich basiert immenser Reichtum nicht auf der eigenen Arbeit, sondern auf der Ausbeutung der Arbeit anderer Menschen. Die Chance, tatsächlich aus bescheidenen Verhältnissen in den Club der Reichen aufzusteigen, ist verschwindend gering, trotzdem bringt diese Aussicht viele Leute dazu, sich selbst mit ihren Ausbeutern zu identifizieren und aus diesem Grund z.B. Vermögenssteuern abzulehnen, obwohl sie selbst davon profitieren würden.
  • dass der Kapitalismus schon immer existiert hätte und der menschlichen Natur entsprechen würde - hat er nicht und tut er nicht. Kapitalismus und mit ihm profitorientiertes Wirtschaften und Lohnarbeit sind in Europa erst seit wenigen Jahrhunderten vorherrschend und wurden in anderen Erdteilen noch später eingeführt. Die menschliche Natur ist eben nicht festgelegt, sondern wird von den gesellschaftlichen Bedingungen geformt. Im Kapitalismus werden Eigenschaften wie Gier und Egoismus stärker an die Oberfläche gekehrt und gefördert als Solidarität und Kooperation, zu denen der Mensch ebenfalls fähig ist. Auch in feudalen Gesellschaften, also in Europa bis vor wenigen Jahrhunderten, waren die Menschen dazu in der Lage, bestimmte Werkzeuge oder Felder in der Gemeinschaft zu teilen - eben weil sie nicht für private Profite und Investitionen arbeiteten, sondern für ihren eigenen Lebensunterhalt (und den des Lehnsherrn).
  • dass der Kapitalismus sich bändigen lassen würde, z.B. in Form einer "sozialen Marktwirtschaft". An den grundlegenden Spielregeln und Widersprüchen ändert auch ein Grundmaß von sozialer Absicherung nichts, dadurch kann die Zunahme der Ungleichheit nur verlangsamt werden, aber nicht aufgehalten oder umgekehrt, und auch Krisen und imperialistische Kriege bleiben unvermeidlich. Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass alle sozialen Regelungen durch harte Kämpfe dem Kapitalismus abgerungen wurden und in Momenten der Schwäche der Arbeiterbewegung deshalb auch wieder verloren gehen können, wie es in Deutschland im Zuge des Neoliberalismus seit den 80er Jahren der Fall ist.
  • dass Kommunismus mit stalinistischer Diktatur gleichzusetzen ist - ist er nicht. Die Oktoberrevolution in Russland erzeugte eine bisher noch nie dagewesene Form der Rätedemokratie und Rechte für Frauen und nationale Minderheiten. Dass diese Errungenschaften nicht von Dauer waren und die Rätedemokratie durch die stalinistische Diktatur abgelöst wurde, war nicht eine unvermeidbare Folge des kommunistischen Programms, sondern der spezifischen damaligen Bedingungen, d.h. der Armut Russlands, der Zerstörung und Entvölkerung des Landes nach Welt- und Bürgerkrieg und der globalen Isolation nach dem Scheitern der Revolutionen in den stärker industrialisierten Ländern wie Deutschland. Die kapitalistischen Großmächte haben durch den Versuch, die junge Sowjetunion militärisch zu zerschlagen, selbst ihren Teil dazu beigetragen, sie zu einem autoritären Staat umzuformen.

Wenn man die Sowjetunion und die anderen realsozialistischen Staaten, objektiv betrachtet, haben sie die Anforderungen einer sozialiatischen Gesellschaft nicht erfüllt. Rätedemokratie und Kollektivierung von Produktions- und Hausarbeit wurden in der Sowjetunion nach wenigen Jahren zurückgenommen und anderswo gar nicht erst eingeführt; es herrschte eine elitäre Clique von Parteibürokraten; Unterdrückung der Bevölkerung, Nationalismus und Marktmechanismen kehrten wieder zurück. Auch wenn Tito, Mao und Hoxha früher oder später mit der Sowjetunion brachen, behielten sie dennoch ähnliche Machtsysteme.

Trotz alledem zeigen diese Staaten auch die Vorteile einer Planwirtschaft. Verglichen mit kapitalistischen Ländern auf dem gleichen Entwicklungsstand zeigten realsozialistische Länder nahezu durchwegs ein höheres Wirtschaftawachstum, bessere Versorgung und Sicherungssysteme und einen höheren Lebensstandard, und obwohl sich der Relsozialismus in einigen der unterentwickelsten Regionen der Welt etablierte, hatte die Sowjetunion von allen Allierten den größten Anteil am Sieg über Nazideutschland und konnte im Kalten Krieg mit dem westlichen Machtblock in Sachen Wirtschaft, Technik und Wissenschaft mehr als mithalten.

Mir ist kein Beispiel bekannt, wo man hätte sagen können: das war ein Erfolgsmodell.

Kommunistische Systeme waren immer gleichbedeutend mit Miss- und Mangelwirtschaft, Zwang und Repression.