Ist Fremdbestimmung ("Sklaventum") durch Schule, Beruf und Staat wesentlicher Grund, sich von sich selbst zu entfremden (identifikatorische Dissoziation)?
Die Frage, ob Fremdbestimmung durch Schule, Beruf und Staat ein wesentlicher Grund für die Entfremdung von sich selbst ("identifikatorische Dissoziation") ist, berührt tiefgehende philosophische, soziologische und psychologische Konzepte.
Es ist eine Perspektive, die sich aus verschiedenen kritischen Theorien und psychologischen Ansätzen ableitet. Der Verlust von Autonomie und Selbstbestimmung zum Beispiel. In Schule, Beruf und im Verhältnis zum Staat sind wir oft an Regeln, Hierarchien und Erwartungen gebunden, die nicht unbedingt unseren eigenen Wünschen oder Bedürfnissen entsprechen. Wenn diese Fremdbestimmung dauerhaft und umfassend ist, kann das Gefühl entstehen, nicht mehr die Kontrolle über das eigene Leben und die eigenen Entscheidungen zu haben. Dies kann zu einem Verlust der Authentizität führen, da man sich ständig anpassen muss.
Der Begriff "identifikatorische Dissoziation" beschreibt das Gefühl, sich selbst fremd zu sein oder dass Teile der eigenen Identität abgetrennt sind. Wenn man in Systemen gefangen ist, die wenig Raum für individuelle Entfaltung lassen und stattdessen Konformität fordern, kann dies dazu führen, dass man die eigenen Wünsche, Träume und sogar die Persönlichkeit unterdrückt. Man beginnt, eine Rolle zu spielen, die nicht dem wahren Selbst entspricht, und kann sich dadurch von diesem entfremden.
Historisch gesehen hat Karl Marx das Konzept der Entfremdung der Arbeit entwickelt. Er argumentierte, dass in kapitalistischen Systemen die Arbeiter vom Produkt ihrer Arbeit, vom Arbeitsprozess, von ihrer Gattungswesen (ihrer menschlichen Kreativität) und von anderen Menschen entfremdet werden. Dies ist eine Form der Fremdbestimmung, die direkt zu einem Gefühl der Sinnlosigkeit und Entfremdung von sich selbst führen kann.
Die moderne Leistungsgesellschaft erzeugt oft einen enormen Druck, bestimmte Normen zu erfüllen und erfolgreich zu sein. Schule bereitet auf den Beruf vor, der Staat setzt rechtliche Rahmenbedingungen. Wer diesem Druck nicht standhält oder sich darin nicht wiederfindet, kann ein Gefühl der Unzulänglichkeit oder Fremdheit entwickeln.
Auf Basis der individuellen Resilienz und Gestaltungsmöglichkeiten reagieren Menschen unterschiedlich auf Fremdbestimmung. Viele finden Wege, innerhalb dieser Systeme Autonomiebereiche zu schaffen, ihre Arbeit sinnstiftend zu gestalten oder sich in ihrer Freizeit selbst zu verwirklichen. Nicht jeder erlebt Entfremdung.
7 Antworten
Was Du als "Fremdbestimmung" bezeichnest, ist das Grundmerkmal der arbeitsteiligen Gesellschaft. Wenn Deine Idealvorstellung der Jäger und Sammler ist, der seine komplette Arbeiteleistung einzig und alleine zur Versorgung von sich selbst und seiner Familie aufwendet, dann solltest Du Dir auch bewußt sein, daß das ein Leben am Existenzminimum bedeutet.
"Fremdbestimmung durch Schule, Beruf und Staat"
Also aus meiner Sichtweise war es bei mir so: weder die Schule noch das Studium habe ich als extrem fremdbestimmt erlebt (auch wenn es sicher hin und wieder Gelegenheiten gab, bei denen ich eine gewisse Willkür erlebt habe, z.B. von manchen Lehrern, längst aber nicht von allen). Natürlich gab es sowohl Fächer, die ich mochte, und andere, die ich nicht so mochte.
Ich habe das studiert, was ich wollte. Und es hat mir auch meistens Spaß gemacht, auch wenn es Semester gab, die mir zu anstrengend erschienen. Notfalls hatte ich ein wenig langsamer gemacht, und habe auch mal Veranstaltungen auf das nächste Semester verschoben. Das ging aber recht gut, und am Ende war ich auch froh, dass ich das Studium erfolgreich geschafft hatte.
Und ich habe auch meine ersten 10 oder 15 Berufsjahre nicht als sonderlich fremdbestimmt erlebt. Es gab viel zu tun, manchmal war es stressig, dennoch hat es mitunter Spaß gemacht, man hat einen Sinn dabei erlebt.
Erst in den letzten Jahren erlebe ich die Fremdbestimmung im Beruf etwas stärker. Das hängt aber mit der speziellen Situation in unserer Abteilung zusammen (hängt auch mit ganz konkreten Personen zusammen). Im Beruf ist es oft gar nicht so entscheidend, dass viel getan wird, entscheidend ist eher, ob das, was man tut, als sinnvoll empfunden wird oder nicht.
Jemand, der eine sinnlose Tätigkeit machen muss, ist schon von einem Halbzeit-Job genervt. Aber jemand, der etwas macht, was er als gut und sinnvoll empfindet, kriegt auch bei einem Vollzeit-Job keinen Burnout (Burnout ist nicht direkt mit der Arbeitszeit korreliert, sondern eher damit, was man psychologisch bei der Arbeit empfindet, eine unbefriedigende Stelle führt leichter dazu als eine Stelle, die man mag).
Meiner Meinung nach enthält der Text viel heiße Luft. Das erkennt man schon an seinem Duktus, der durch Substantivierung, also die Verwendung abstrakter Begriffe („Behördenstil“), gekennzeichnet ist. Das ist immer mit mangelnder Präzision und viel Abstraktheit verbunden.
Es klingt zwar gebildet, enthält aber kaum Informationen, da jeder Begriff definiert werden müsste.
Ich denke, der Stress bei der Jagd auf das Wollnashorn, beim Pflügen mit dem Pferd und bei ausbleibendem Regen war deutlich größer als der Stress der „bösen” Leistungsgesellschaft".
Eine Industriegesellschaft bedarf der Arbeitsteilung. In einer menschlichen Gesellschaft ist man teilweise fremdbestimmt, da die Freiheit des Einzelnen an der Freiheit des anderen endet.
Anarchie und Kommunismus sind vage Visionen, und wie Helmut Schmidt sagte: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.”
Polemik („Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.”) trifft auf "Behördenstil". Meine Fragestellung beinhaltet kein Traktat zu dem Thema. In der Herleitung bin ich auf einzelne Aspekte zur Erläuterung eingegangen, um den Interpretationsspielraum etwas zu konkretisieren. Freie Assoziationen können auch sehr hilfreich sein, sollen aber nicht zu weit von der Eingangsfrage wegführen.
In erster Linie ist mein Beitrag eine Fragestellung, die zum Nachdenken anregen soll, auch um den Fesseln des Alltags (und seiner rigideren Denkmuster) zu entschlüpfen. Ein etwas sachlicherer Stil soll dazu beitragen, die Emotionen nicht übermäßig zu bedienen, da ich an anregenden Inhalten interessiert bin.
Viele finden Wege, innerhalb dieser Systeme Autonomiebereiche zu schaffen, ihre Arbeit sinnstiftend zu gestalten oder sich in ihrer Freizeit selbst zu verwirklichen. Nicht jeder erlebt Entfremdung.
Da hast Du den Weg zu einer Antwort auf das mögliche Problem der Entfremdung gefunden. Es geht die Frage voraus: Wie soll ich denn leben? Es ist eine Frage, die sich jede Person selbst zu stellen hat - die sich nicht abwälzen lässt.
da stimme ich Dir zu. Das Problem liegt in mangelnder Selbstreflexion und in einem Mangel an Sinnstiftung und sinnvollem Tun. Strukturen der Gesellschaft führen zu Automatismen, die zu wenig reflektiert werden. "Funktioniere ich nur noch im Sinne der Gesellschaft? Will ich so leben, wie ich lebe?"
Und da sollte der Einzelne sich selbst reflektieren und sich nach dem Sinn seines eigenen Tuns fragen. Tief durchdacht geht das dann bis hin zu der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens.
Meine Hoffnung besteht u.a. darin, dass bei einer allmählichen Beantwortung der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens - und diese Antwort kann nur aus dem Innen kommen - diese Antwort in einer positive Veränderung des Außens mündet (nennen wir es Inspiration). Daraufhin könnten neue und idealerweise sinnstiftendere Inhalte auch materiell Struktur annehmen.
Diesen Sinn des Lebens fand ich, während ich mich mit Psychologie und Theologie beschäftigte und letztlich bei Jesus Christus und seiner Lehre der Nächstenliebe landete. Nächstenliebe = positive Veränderung des Außens.
Arbeit gab es schon immer. durch dieses "System" wurde unteranderem die berufliche Klassifizierung nach Geburtsname durchbrochen. So hat jeder die Chance Bildung zu genießen. ohne dieses System würdest du mit viel weniger Rechte eine Ausbildung machen, die du dir nicht aussuchen könntest.
Einen Aspekt finde ich sehr wichtig. Und zwar die Introspektion. Anstatt Erfüllendes und Wahres stets im Außen zu such, sollte die Suche in den eigenen Tiefen, auch in Erwartung eines eigenen Ichs, stattfinden. Das hektische Äußere zerrt einen hinfort.