Ende der "Erinnerungskultur"?

23 Antworten

Was mich dabei irritiert, ist der Umstand, dass viele Leute Probleme den Unterschied zwischen "Verantwortung für die Zukunft" und "eigene Schuld an der Vergangenheit" nicht zu verstehen scheinen. Aber seit einem Tag in der Schule war mir das klar geworden (und da war ich nicht mal 18, sondern noch deutlich jünger).

Natürlich geht es nicht darum, dass heutige Menschen "Schuld" daran tragen (das wäre ja auch blödsinnig). Es geht nur darum, dass die Erinnerung dazu führen sollte, dass wir Verantwortung dafür haben, dass das nicht wieder so passiert wie damals.

Und das leuchtete mir völlig ein. Dazu muss man auch nicht hochbegabt sein, das ist meiner Ansicht nach für einen durchschnittlichen Menschen verstehbar.

Ich verstehe nicht, wieso Leute wegen der Erinnerungskultur meinen, sie seien an etwas "Schuld". Das sagt ja auch niemand.

Ich vermute, das liegt an einem Thema: Textverständnis und Verständnis der deutschen Sprache, das hat auch bei Einheimischen dramatisch nachgelassen in letzter Zeit. Was sehr schade ist.

Die Erinnerung ist deshalb wichtig, weil man die Zusammenhänge verstehen sollte. Wie es dazu kam. Und dass wir heutigen Menschen nicht "schuld" an etwas sind, aber dass wir die Verantwortung haben, dass die Zukunft nicht wieder so verläuft wie damals.


Gabel1953  01.05.2025, 09:16

Sehe ich auch so.

Ich finde es erschreckend, dass sowas hier von der CDU bis heute nicht richtig aufgearbeitet wird:

Bild zum Beitrag

und solche Plakate von der FDP in der Vergessenheit verschwinden:

Bild zum Beitrag

In der aktuellen Situation, wo eine gewisse Partei in den Bundestag hievt, die sich als das "freundliche Gesicht des NS" bezeichnen und Mitarbeiter beschäftigt, die die nachweislich Erschießung und Vergasung von Flüchtlingen forderten, ist die Erinnerungskultur wichtiger denn je. Dabei geht es nicht um ein "Ich bin schuld/verantwortlich für das, was passiert ist“, sondern um ein "Ich bin verantwortlich dafür, dass das nie wieder passiert".

Quelle der Grafiken: https://clarify.wiki/de/parteiwechsel-nsdap-mitglieder/ 💡

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
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annabg777 
Beitragsersteller
 01.05.2025, 03:51

Eine richtige Entnazifizierung fand nach dem Krieg nie statt. Ich denke mal das ist allgemein klar.

Schnoofy  01.05.2025, 05:35
@annabg777

Es kommt darauf an was man darunter versteht, eine flächendeckende Gehirnwäsche sicher nicht.

annabg777 
Beitragsersteller
 01.05.2025, 11:04
@Schnoofy

Nein, ich spreche von einer Entnazifierung, nicht von Gehirnwäsche.

Schnoofy  01.05.2025, 11:08
@annabg777

Nur hast du leider nicht näher ausgeführt was du darunter verstehst.

annabg777 
Beitragsersteller
 01.05.2025, 11:14
@Schnoofy

Entnazifizierung bedeutet eine ehrliche Aufarbeitung der NS Zeit und man hätte die Straftäter der NS Zeit bestrafen müssen und klar sein müssen. Adenauer hatte NS Verbrecher in seiner Partei nicht nur geduldet, sie haben hohe Ämter erhalten. Vor einigen Jahren NSDAP dann aber CDU, und so ist der Geist dieser Alt Nazis nie wirklich ausgerottet worden. Globke fällt mir da ein, dieser war ein Nazi, dann gute Stellung unter Adenauer. Ich weiß nicht was Du mit Gehirnwäsche meinst. Was meinst Du damit?

Schnoofy  01.05.2025, 11:21
@annabg777
und so ist der Geist dieser Alt Nazis nie wirklich ausgerottet worden.

Natürlich nicht - genau das meinte ich mit dem Begriff "Gehirnwäsche". Menschliches geistges Denken lässt sich nun einmal nicht auf Knopfdruck auslöschen.

Und deshalb kannst du davon ausgehen das "Entnazifizierung" zum einen auf eine wenn mögliche strafrechtliche Konsequenz und zum anderen auf eine Entfernung bekannter NSDAP-Mitglieder aus öffentlichen Ämter begrenzt war.

annabg777 
Beitragsersteller
 01.05.2025, 11:24
@Schnoofy

Es ist keine Gehirnwäsche wenn man sich klar bekennt. Wieso erhalten Nazis die vor einigen Jahren an der Ermordung Millionen Menschen beteiligt waren in der jungen BRD hohe Ämter? Das hat vermittelt, war nicht sooo schlimm, ist jetzt vorbei, jetzt ist ne andere Zeit. Das hat nichts mit Gehirnwäsche zu tun, das ist eine Haltung die von der Politik der Gesellschaft vermittelt wurde.

YamiJana  01.05.2025, 21:58
@annabg777

Das war nicht nur damals so. Auch die Mauermörder aus der DDR haben sich wieder hohe Posten in der BRD erschlichen. Da arbeitet auch keiner was auf. Wenn sie alle neunzig sind, wird es der Politik dann wieder einfallen das man da noch ein paar alte Zausel vor Gericht stellen könnte.

annabg777 
Beitragsersteller
 02.05.2025, 01:38
@YamiJana

Ich weiß nicht ob ein Stasi Mann mit einem Nsdap Typen verglichen werden kann

Jeder Mensch, der glaubt dass die NS- Zeit rechtfertigen zu sei, hat nicht wirklich den Appell verstanden. Sowas kann man nicht rechtfertigen. Deutsche, die heute leben tragen keine Schuld, wir haben aber die Möglichkeit von Fehlern zu lernen. Dezwegen muss es präsent sein, gestern morgen oder übermorgen. In der heutigen Zeit kann sowas schneller passieren, als man glaubt zu wissen.

Woher ich das weiß:Hobby – Geschichtsfreak

Wenn alle Menschen von damals Tod sind und je länger es her ist, desto größer ist die Gefahr, dass es sich wiederholt. So sagte es mein Opa.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nein.

Die entscheidende Frage ist, was diese Leute unter "Erinnerungskultur" verstehen. Dabei geht es nicht um Schuldzuweisungen sondern schlicht darum, einen Fokus auf die Dinge zu setzen, die damals falsch liefen und zum Tod von Millionen von Menschen geführt hat.

Wir sehen doch heute nur all zu gut, wozu es führt, wenn ein Volk nur noch seine vermeintlichen Rechte im Blick hat, aber nicht seine Pflichten. Dass keine 100 Jahre später eine afd 25% bekommt, ist nicht nur eine Offenbarung der menschlichen Dummheit sondern zeigt ebenso, wie wichtig die Erinnerung an damals ist. Und vorallem Bildung in diesem Bereich!


annabg777 
Beitragsersteller
 01.05.2025, 11:00

AfD wurde Bundesweit von 20% gewählt, in Teilen Ostdeutschlands lag die Partei bei 40%. Interessant ist aber auch das eine Aufarbeitung der NS Zeit im Osten nie stattgefunden hat. Ich denke das hat auch heute noch Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima im Osten.

Während in der Bundesrepublik die "Vergangenheitsbewältigung" ein ständiger Prozess war, erklärte die SED diese mit der "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" für beendet. 

https://www.bpb.de/themen/erinnerung/geschichte-und-erinnerung/39814/geschichte-der-erinnerungskultur-in-der-ddr-und-brd/