Wie würdet ihr euch Wirtschaftspolitisch einordnen?
Kurz die Bedeutung der jeweiligen Wirtschaftsordnungen:
Libertarismus: Minimalstaat, maximale individuelle Freiheit, fast keine staatlichen Eingriffe.
Neoliberalismus: Moderne Form des Liberalismus, Fokus auf Deregulierung, Privatisierung und Globalisierung.
Liberalismus: Freie Märkte, wenig Staat, individuelle Freiheit.
Monetarismus: Steuerung der Geldmenge zur Sicherung von Preisstabilität, weniger staatliche Eingriffe.
Ordoliberalismus: Freie Märkte, aber Staat setzt Regeln und sorgt für sozialen Ausgleich.
Keynesianismus: Staat greift aktiv ein, um Konjunktur und Beschäftigung zu stabilisieren.
Sozialismus: Staatliche Kontrolle über wichtige Produktionsmittel, Ziel: soziale Gerechtigkeit und Umverteilung.
Kommunismus: Vollständige Abschaffung von Privateigentum, zentrale Planung, Gleichheit für alle.
35 Stimmen
10 Antworten
Meine Position bewegt sich am ehesten im Bereich des Ordoliberalismus.
Märkte sollen grundsätzlich frei agieren können, weil Wettbewerb Effizienz und Innovation fördert. Gleichzeitig braucht es klare Regeln und Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass Machtkonzentration, Monopolbildung oder soziale Ungleichheit nicht überhandnehmen. Der Staat übernimmt also eine ordnende und korrigierende Rolle, sorgt für Rechtsstaatlichkeit, soziale Absicherung und Chancengleichheit, ohne selbst alle wirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen. Das unterscheidet sich deutlich vom reinen Neoliberalismus oder Libertarismus, wo staatliche Eingriffe minimiert werden, aber auch soziale Sicherheit und Marktstabilität oft vernachlässigt werden. Keynesianismus oder Sozialismus setzen stärker auf direkte Eingriffe oder Eigentumskontrolle, während Ordoliberalismus einen Mittelweg sucht: Freiheit im Markt, aber mit stabilisierendem und ausgleichendem Rahmen.
LG aus Tel Aviv
Mir ist natürlich bewusst, dass ein sozialistisches System nur schwer umzusetzen ist. Ich denke aber, dass es eine sehr schöne Utopie ist. Ich gebe mich aber auch mit einer sozialen Marktwirtschaft mit deutlich mehr Chancengleichheit zufrieden. Allerdings sind wir davon leider noch sehr weit entfernt.
Ein fairer Wettbewerb braucht immer Regeln, also eine Balance zwischen Marktfreiheit und staatlicher Kontrolle eines abgesteckten Rahmens.
Ich hab diese Antwort mal provokativ gewählt. Ich mag unsere soziale Marktwirtschaft, unsere Zentralbank arbeitet ordentlich, der Staat setzt Regeln und sorgt für sozialen Ausgleich und er greift auch ein, wenn er bzw. die Automobillobby es für nötig hält ;o)
Langfristig ist es so, dass die Automatisierung fortschreitet und der Mensch nach und nach von Programmen, Maschinen, Robotern und Intelligenzen abgelöst wird. Da müssen wir in unserer Gesellschaft darauf hinarbeiten, dass alle ihren Anteil an der Wertschöpfung haben. Staatsfonds wären dazu ein probates Mittel? Die Unternehmen bleiben unabhängig, aber alle sind an ihnen beteiligt.
In vielen Bereichen hat bei uns die Privatisierung nicht funktioniert. Das Bahnwesen empfinde ich als staatliche Aufgabe; hier sollte der Fokus auf funktionierende und umweltgerechte Mobilität liegen und nicht auf Kostenminimierung durch Streichung aller Angebote und jeglicher Zuverlässigkeit. Wir wollen einen niedrigen CO2-Abdruck, lebenswerte Innenstädte, keine Staus auf der Autobahn und kostengünstiges und schnelles Reisen. Dann müssen wir den Bahnverkehr in die Hand nehmen.
Krankenhäuser sind ein Ort, an dem wir nicht Kunden sein wollen, denen irgendwelche teuren Operationen untergeschoben werden, weil die profitabler sind und als andere vorenthalten wird, weil es zu teuer ist. In anderen Bereichen des Gesundheitssektors wollen wir abgesichert sein. Wir wollen nicht von anderen Ländern abhängig sein, ob wir die benötigte Medizin geliefert bekommen oder nicht. Und wir wollen keine Mondpreise bezahlen.
Hier mal meine Definitionen zu den Kategorien:
Libertarismus: Eine Ideologie der Bourgeoisie, welche staatliche Schranken für das Kapital weitestgehend oder sogar gänzlich abbauen will, und die daraus resultierende Realität, die Herrschaft des Privateigentums, ideologisch/theoretisch und idealistisch als Freiheit ausgibt; in Wahrheit bedeutet die Umsetzung derartiger Vorstellungen nichts anderes, als Freiheit für die Besitzenden und (Lohnarbeits)Zwang für die Besitzlosen und jeder Arbeiter/Nichtreiche, der dieser Ideologie anhängt, verteidigt seine eigenen Fesseln und hält seine eigene Ausbeutung absurderweise für Freiheit.
Neoliberalismus: Eine mehr oder weniger offensichtliche Klassenoffensive des Kapitals seit den 1970ern, deren Mittel und Folgen frecherweise als unausweichlich dargestellt werden; real ist Deregulierung nichts anderes als Entrechtung der Arbeit, Privatisierung nichts anderes als Enteignung der Gesellschaft und Globalisierung nichts anderes als (verschärfte) weltweite Ausbeutung. Und diese ganzen Euphemismen und der Versuch neutraler Deskriptivität, die nerven, wir sollten klar sagen, was Sache ist, und übrigens, diese ''Neutralität'' ist kein Zufall, sondern Teil herrschender Ideologie.
Liberalismus: Auch hier handelt es sich wie beim Libertarismus um pure Ideologie der Bourgeoisie; Freiheit wird gepredigt, gemeint ist aber der Schutz des Privateigentums, entlarvenderweise mit Gewalt durchgesetzt durch den bürgerlichen Staat. Gänzlich freie Märkte bedeuten (deutlich mehr) Unfreiheit für Menschen ohne Privateigentum (die meisten), checkt es.
Monetarismus: Eine weitere lächerliche Ideologie des Kapitals, die allen Ernstes sagt, dass Inflation (ausschließlich/zum größten Teil) durch zu viel Geld im Umlauf entsteht; in Wahrheit ist es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Vorwand für Sparprogramme, Lohnzurückhaltung, mehr Profitsicherheit usw. Wieder Mal weniger Staat für die Mehrheit und mehr Schutz fürs Kapital, toll (für's Kapital).
Ordoliberalismus: Etwas sanfterer, kontrollierterer Neoliberalismus
Keynesianismus: Staatlicher Aktivismus, ja, Stabilisierung des Kapitals und der Profite, ja, Abmilderung von Arbeitslosigkeit, ja, deutlich bessere Krisenabfederung als diese klassisch liberalen Nonsens-Ideologien/Vorgehensweisen, ja, Abschaffung des Privateigentums, des Profitmotivs, der Ausbeutung, der Klassenherrschaft usw.? Leider nein.
Sozialismus (präziser Diktatur des Proletariats): Die gesellschaftliche Herrschaft wird ausgeübt durch die arbeitende Klasse (die Mehrheit), es herrscht eine demokratische Kontrolle über die Produktionsmittel, das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Klassenherrschaft werden nach und nach abgeschafft; der Staat ist in diesem Übergang wichtig, aber der Übergang zeichnet sich KEINESFALLS allein durch staatliche Verwaltung, Umverteilung usw. aus.
Kommunismus/Sozialismus: Vollständige Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln (gemeint ist hier nicht persönlicher Besitz, WICHTIG!), vollständige demokratische Planung der Wirtschaft/Produktion durch die Produzierenden selbst, es gibt keine Klassen mehr, keine Lohnarbeit, keine Ausbeutung, kein Profitmotiv, kein Geld, keinen Staat usw.
Meine Wahl ist klar