50er Jahre – die besten Beiträge

Warum wird es oft so dargestellt, als ob die 60er ein einziger Kaufrausch gewesen wären?

Die 60er waren ein Jahrzehnt voller Dekadenz. Man tanzte Rock'n'Roll im Petticoat, man fuhr Mercedes Cabrio und man war Konsumsüchtig. So wird es jedenfalls in Dokumentationen immer wieder dargestellt.

"Der Aufschwung geht voran. Man konnte sich etwas leisten.", heißt es dann oft.

In einem Bericht des BR wird geradezu so getan, als ob man sich in den 60er Jahren die teuersten Protzgeschenke gekauft hat. Man gewinnt den Eindruck, die Leute in den 60ern wussten ja gar nicht, wohin , mit all ihrem vielen Geld.

Entschuldigung, aber bei einer solchen Darstellung geht mein Blutdruck in die Höhe. Mein Ur-Opa gehörte nicht zu den Armen und trotzdem konnte er sich bis Mitte der 60er Jahre kein Auto leisten und dann war er der erste im ganzen Ort. Meine Großeltern konnten sich einen Fernseher erst Mitte der 70er Jahre leisten, obwohl mein Opa nicht schlecht verdient hat. Und ein Telefon gab es meist im ganzen Ort nicht.

Und deswegen geht mir eine solche Darstellung im Fernsehen so auf den Keks. Vielleicht waren die oberen zehn Prozent der Leute in Westberlin so. Aber die Mittelschicht konnte sich vieles überhaupt nicht leisten.

Und trotzdem wird das Wirtschaftswunder oft als dekadent dargestellt. Warum?

https://youtu.be/rJeA_57JiiA

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Warum waren Menschen früher brutaler und gefühlskälter?

Wenn meine Oma mir Geschichten von früher erzählt, kann ich nur immer wieder staunen, wie gefühlskalt und brutal manche Menschen früher waren.

Zum Beispiel kurz nach Kriegsende wurden viele Ostdeutsche ja vertrieben aus Schlesien, dem Sudetenland, usw. Vielerorts wurden diese Menschen zwangsweise in Wohnungen zugewiesen. Auch meine Uroma sollte eine kleine Familie aus dem Sudetenland aufnehmen. Meine Uroma hat diese Familie mit der Mistgabel vom Hof gejagt: "Schärt's euch weg, Drecks Gesindel!" und hat ihnen gedroht, sie mögen nie wieder einen Fuß auf den Hof setzen. So etwas würde doch heute kein Mensch mehr machen. Man würde sich an die Behörden wenden, aber man würde doch niemanden mit Gewalt davon jagen.

Oder als meine Oma als kleines Mädchen in der Nachkriegszeit vor Hunger mal ein paar Äpfel von einem anderen Bauern genommen hat, wurde sie von diesem regelrecht blutig verdroschen.

Meine Uroma bekam auch mal mitten auf dem Feld ihre Niederkunft. Das Baby wurde vom Pfarrer mitgenommen, gewaschen, getauft und gefüttert. Meine Uroma musste noch am selben Tag nach ein paar Stunden Ruhe die Feldarbeit weiter machen. Schonzeit? Fehlanzeige!

Das sind nur einige Beispiele der Kindheitserinnerungen meiner Oma ans Landleben in der Rhön nach dem Krieg. Ich frage mich: Wie konnten Menschen nur so brutal, so gefühlskalt sein? Natürlich ging es den Menschen schlecht, aber ein bisschen Mitgefühl hätte doch sein können?

Entgegen dem heutigen Klischee vom 'bösen Pfarrer' war der Priester in den Dörfern damals einer der wenigen, die zum Nachdenken und zur Vernunft aufriefen. Priester waren im Gegensatz zur Land Bevölkerung ja auch gebildete Leute.

PS. Ein Onkel meiner Oma ist übrigens kurz nach dem Krieg an den Rhein gezogen, wo er in der Nähe der Loreley ein Wirtshaus betrieben hat. Auch meine Oma und ihre Geschwister haben ein paar Jahre dort verbracht. Die rheinische Gelassenheit war für sie wie eine Befreiung im Gegensatz zur Rhöner Ruppigkeit und Strenge.

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