Warum befinden sich in unserem täglichen Sprachgebrauch so viele antisemitische Wörter?

6 Antworten

Von Experten OlliBjoern und indiachinacook bestätigt

Warum sollten Begriffe aus dem Jiddischen von uns nicht verwendet werden? Das ist doch eine Bereicherung unserer Sprache.

Und wie kommst du auf die Idee, die Verwendung jiddischer Begriffe sei antisemitisch? Das musst du mir mal erklären!

Ich benutze viele Begriffe, die ursprünglich aus dem Jiddischen (oder aus dem Hebräischen) kommen. Bei vielen wusste ich nicht einmal, dass sie jiddischen Ursprungs sind (z.B. schmusen, Massel haben, im Schlamassel sitzen, etwas ausbaldowern). Ich habe die als Kind von Eltern und Großeltern so mitbekommen oder in Büchern gelesen. Wenn bei uns, was nicht so oft passierte, die große Familie mit Kind und Kegel, Mann und Maus zusammenkam, sagte Oma, und das war überhaupt nicht abwertend gemeint: "Na, da haben wir mal wieder die ganze Mischpoke beisammen. Kaffee oder Tee?" Die Satiren von Kishon waren/sind eine wahre Fundgrube von jiddischen Ausdrücken, die ich entweder durch den Kontext verstanden oder nachgeschaut habe. Ich fand viele dieser Begriffe lustig (z. B. Techtelmechtel).

Wenn du oder auch andere bei dem Verb "schachern" (statt "handeln") an "handeln wie ein Jude" denkst, dann ist das deine Sache. Ich verstehe unter "schachern", dass hart und lange verhandelt, um jeden Preis gefeilscht wird und jeder zu seinem Vorteil kommen will, aber das ist doch auch das Ziel des Feilschens. Ja, "Schachern" ist negativ konnotiert (z.B. um ein politisches Amt schachern). Aber wenn ein Jude oder irgendjemand die Benutzung dieses Verbs im Deutschen für Antisemitismus hält, nur weil das Verb aus dem Jiddischen kommt, dann ist dieser Jemand auf dem falschen Dampfer. Nehme ich stattdessen "feilschen", dann fühlt sich vielleicht ein Türke auf den Fuß getreten, denn es heißt doch oft" feilschen wie auf dem türkischen Basar" oder "feilschen wie ein Teppichhändler". Am Ende sind alle teppichexportierenden Länder auf den Steert getreten.

Ich denke, meine Meinung zu dem Thema ist klar.

Lexa1  27.09.2023, 15:17

Besser hätte man es nicht ausdrücken können.

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Verelat777  28.09.2023, 09:45

Ich habe noch nie eine Antwort mit so vielen positiven Bewertung in so kurzer Zeit gesehen!

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spanferkel14  28.09.2023, 11:05
@Verelat777

Ja, ich bin auch überrascht. Vielleicht liegt es daran, dass viele genau wie ich die Schnauze voll davon haben, hier auf GF wie auch in den Medien ständig mit angeblich diskriminierenden Ausdrücken konfrontiert zu werden.

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Das ist ja jetzt wieder gerade das neueste Märchen, dass verbreitet wird.
Wieso aber die Nutzung der jiddischen Begriffe antisemitisch sein soll, ist doch schwammig.
Es gibt so viele Worte aus dem Jiddischen in unserer Sprache und das ist etwas, was ich immer als positive angesehen habe. Zeigt es doch die engen Verbindungen, die es mit den Juden in Deutschland geschichtlich gab.
Das Jiddische hat viel aus dem Deutschen übernommen, das Deutsche viel aus dem Jiddischen. Vor der unseligen Nazi-Zeit, haben sich viele der Juden hier ja auch als Deutsche gesehen, was natürlich die Gräuel noch schlimmer macht.

Egal von wem es kommt, empfinde ich es als unaufrichtig, wenn man sich die paar Wörter mit negativen Konnotationen nimmt und das als antisemitisch hinstellt.
Und was ist mit den positiven Begriffen, oder den witzigen? Sind die dann prosemitisch?

Jemand hatte Kishon erwähnt, auch ich habe viele dieser Worte zuerst bei Kishon gesehen, und sie hatten die gleiche Bedeutung wie im allgemeinen Sprachgebrauch, sowohl positive als auch negative, war jetzt etwa Kishon Antisemit? (Übertrieben, klar, aber ich will damit die Absurdität dieser Herangehensweise aufzeigen).

Sprache ist schön, Sprache lebt und verändert sich, Sprache ist sehr wichtig, was wir aber in den letzten Jahren erleben, dass jedes Wort überprüft und auf die Goldwaage gelegt wird, das ist schon beinahe pervers.
Da werden Worte mit Begriffen aus anderen Sprachen gleichgesetzt, auch wenn sie nie diese Bedeutung hatten, oder so gebraucht wurden, Bezeichnungen werden einfach negativ dargestellt, nur weil sie ursprünglich mal so genutzt wurden.
Aber mit der Logik dürfte man ja gar keine Worte mehr nutzen, die aus Zeiten stammen, wo die Europäer auf alle anderen herabblickten, der Duden müsste dann halt tüchtig zusammen gestrichen werden.

Vielleicht sollte man endlich aufhören, nach Gründen zu suchen, sich aufzuregen, und Worte und Begriffe nach dem heutigen Nutzen beurteilen, nicht nach dem aus anderen Zeitaltern. "gay" war mal fröhlich, "queer" war auf besondere Weise merkwürdig oder spleenig, dann waren es Beleidigungen, dann haben LGBTQ+ Menschen sie für sich vereinnahmt. Sollte man die Worte jetzt nicht mehr nutzen, auch wenn sie für die meisten Menschen nicht mehr negativ sind und die Gruppen sich selbst so bezeichnen?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
mightydubman  16.11.2023, 22:26
war jetzt etwa Kishon Antisemit?

Kishon ist/war selbst jüdisch.

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spanferkel14  01.02.2024, 00:10
@mightydubman

Das weiß WalterLudolf doch. Deshalb hat er je gerade Kishon als Beispiel angeführt - um den Vorwurf des Antisemitismus ad absurdum zu führen.

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Wieso gehst du davon aus, dass diese Wörter antisemitisch sind? Sie sind jiddischen Ursprungs; Jiddisch ist eine nahe verwandte Sprache des Deutschen. Mir sind keine Äußerungen von jüdischen Menschen bekannt, die die Verwendung der hier genannten Wörter kritisieren oder als antisemitisch einordnen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft
mightydubman  16.11.2023, 22:31

Man könnte es höchstens als kulturelle Aneignung verurteilen. Das ist ja momentan auch sehr trendy dagegen etwas zu haben.

Ist es a-semitisch sich zum Karneval als Rabbi zu verkleiden?

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Ich sehe das Problem nun nicht in derselben Art und Weise, auch wenn das Wort "schachern" jiddischen Ursprungs ist שאַכערן

so verwenden wir es doch heute nicht, um Menschen jüdischen Glaubens damit zu bewerten, vielmehr ist das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, und wird meist gegenüber nicht-jüdischen Menschen benutzt. Wenn ich sage, "da redet aber jemand Schmonz" meine ich ja gerade NICHT einen Menschen jüdischen Glaubens, sondern irgendjemanden, der eben Schmonz, Unsinn erzählt.

Zudem sind auch etlich positiv konnotierte Begriffe aus der jiddischen Sprache übernommen worden, etwa "schmusen".

Das sind keine ANTIsemitischen Wörter, sondern Entlehnungen aus dem Jiddischen. Bevor Juden hierzulande massiv verfolgt wurden, waren sie und ihre Sprache hier sehr verbreitet und bekannt.

https://www.mdr.de/religion/juedisches-leben/jiddisches-woerterbuch-100.html

https://www.advertext.de/jiddische-woerter-im-deutschen-sprachgebrauch-dos-and-donts/

https://www.deutschunddeutlich.de/contentLD/GD/GSt35qJiddisch.pdf