Womit darf ich mich verteidigen, wenn mich in der Dämmerung 2 Personen überfallen und erstechen wollen?

8 Antworten

Standardantwort zum Thema Notwehr:

In einer Notwehrsituation ist jede Handlung erlaubt, die durch die Notwehr geboten ist. Das kann auch den Einsatz einer potentiell tödlichen Waffe einschließen, auch in Tötungsabsicht, inklusive dem Einsatz einer verbotenen Waffe (der verbotene Besitz würde unabhängig davon verfolgt). Nothilfe wird vom Gesetz ebenfalls unter dem Begriff "Notwehr" erfasst, ist hier also synonym zu verstehen.

Ob Notwehr vorliegt, ist aus der Ferne immer ganz schwer zu prüfen. Die Notwehrhandlung (§ 32 Abs. 1 StGB) muss geeignet und erforderlich sein, um den gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff abzuwenden. Das Notwehrrecht kennt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Allerdings ist das jeweils mildeste (geeignete) Mittel zu wählen (ständige Rechtsprechung des BGH).

An die Wahl des mildesten zur Verfügung stehenden Verteidigungsmittels sind jedoch keine überhöhten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des BGH). Der zur Notwehr Berechtigte muss sich nicht auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang einlassen.

Der Angegriffene muss sich nicht mit der Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel begnügen, wenn deren Abwehrwirkung zweifelhaft ist; auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen (vgl. Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. I, 4. Aufl., § 15 Rn. 43).

Quelle: BGH 2 StR 523/15 - 12. April 2016; HRRS 2016 Nr. 671, Rn. 10, S. 2

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit zur Flucht ein bestehendes Notwehrrecht nicht grundsätzlich entfallen lässt.

Nach dem Rechtsbewährungsprinzip des Notwehrrechts entfällt dieses Recht im Allgemeinen auch nicht wegen der Möglichkeit einer Flucht vor dem Angreifer (vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, 5. Aufl., § 32 II 2 c, S. 343; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 32 Rn. 40; Roxin aaO § 15 Rn. 49).

Quelle: BGH 2 StR 523/15 - 12. April 2016; HRRS 2016 Nr. 671, Rn. 12

Zur Dauer des Notwehrrechts:

Der rechtswidrigen Angriff dauert so lange an, bis er beendet ist. Beendet ist ein vollendeter Raub z. B. erst mit der Beutesicherung; für eine rechtfertigende Notwehr genügt es, dass der Taterfolg sich durch den Mitteleinsatz noch abwenden lässt.

Ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB wäre nochmal separat zu prüfen.

Hinweis: Ich bin kein Anwalt, das ist keine Rechtsberatung. Ich gehe grundsätzlich von BRD-Recht aus, keine Anwendbarkeit auf das Recht anderer (deutschsprachiger) Länder. Angaben und Einschätzungen nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Garantie für Richtigkeit und Vollständigkeit.

Gilt soweit ich weiß als Notwehr, weil dein Leben auf dem Spiel stünde und die Schuld in diesem Falle eindeutig nicht bei dir läge

Liebe Grüße


Womit darf ich mich verteidigen

Grundsätzlich erst einmal mit allem, was dir in diesem Moment zur Verfügung steht - wenn dort ein Raketenwerfer herumliegt, darfst du ihn in der Theorie auch nutzen.

Voraussetzung ist aber, das hier tatsächlich Notwehr vorliegt. Warum das mit dem Raketenwerfer dann doch eine eher schlechte Idee ist, zeigt sich später.

§ 32 StGB Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__32.html

Hier steht also, dass du dich verteidigen darfst, um einen, in diesem Moment stattfindenden Angriff, der nicht nur Gesetze legitimiert ist, abzuwehren.

Es gibt hier zunächst keinen Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder die Wahl des mildesten Mittels, oder welche Waffen du wählen darfst.

Allerdings gibt es Sonderformen im Fall der Notwehr, etwa die Putativnotwehr und den Notwehrexzess.

Bei einer Putativnotwehr geht der Verteidiger irrtümlich davon aus, Ziel eines rechtswidrigen Angriffs zu sein, obwohl keine Gefahr vorliegt.

Du nimmst beispielsweise irrtümlich an, die Person bedrohe dich mit einer Waffe in der Jackentasche, obwohl lediglich dessen Handy die Jackentasche ausbeult - und greifst sie an, weil du das Gefühl hast, in einer Notwehrsituation zu sein

Da in diesem Fall zwar deinerseits eine Körperverletzung vorliegen dürfte, aber kein Vorsatz zur Schädigung feststellbar ist, könnte durch § 16 StGB deine Strafe gemildert werden.

Beim Notwehrexzess wird durch den Verteidiger mehr Gewalt angewendet, als erforderlich ist, um den Angriff abzuwehren.

Das wäre der Fall wenn du mit Kanonen auf Spatzen schießt, bzw.immer wieder auf den Angreifer einschlägst, obwohl er längst am Boden liegt.

Hier wird also deutlich, dass sehr wohl die Verhältnismäßigkeit von Bedeutung für die rechtliche Würdigung des Geschehens ist.

§ 33 StGB Überschreitung der Notwehr

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__33.html

Du musst dann also womöglich vor Gericht plausibel machen, dass der Überfall dich so geschockt hat, dass du nicht mehr wusstest, was du tust, als du den zufällig herumstehenden Raketenwerfer gegriffen und fünf man abgefeuert hast. ;-)

Außerdem sollte man nicht vergessen, dass trotz Notwehrsituation weiterhin Strafanzeigen gegen dich gestellt werden können.

Nehmen wir an, du hast dich mit einem Schlagring gegen einen Angriff gewehrt

  • Verteidigung mit Schlagring = Straffrei da gem. § 32 StGB Notwehr vorliegt
  • Besitz des Schlagrings = Strafbar, da es sich um eine verbotene Waffe gem. Anlage 2 zu § 2 WaffG handelt.

Im Fall des Raketenwerfers würde übrigens ein Verstoß gegen des Kriegswaffenkontrollgesetz vorliegen. ;-)

Verteidigung gegen Messer

Eine effektive Verteidigung gegen Messer ist gerade für Laien praktisch nicht möglich. Meist kommt so ein Angriff überraschend und innerhalb von Sekunden.

Deshalb sind diese ganzen Messerabwehrtechniken in Kursen einfach Murks. Selbst trainierte Experten kassieren Treffer die tödlich sein können.

Gute Selbstverteidigungskurse haben andere Vorteile - aber nicht die Abwehr von Messern. Das ist schlichtweg illusorisch.

Sieht man zufälligerweise doch einen drohenden Messerangriff voraus, sollte man möglichst viel Distanz zwischen sich bringen und laut um Hilfe rufen.

Alles was die Distanz zwischen dir und der Waffe vergrößert ist gut - ein Regenschirm, ein Rucksack, was auch immer.

Das Ziel ist dabei nicht, den Angreifer zu besiegen, sondern fliehen zu können, oder im schlimmsten Fall den Angreifer so lange auf Distanz zu halten, bis Hilfe kommt.

Mein Ratschlag zur Verteidigung gegen rechtswidrige Angriffe

Lass es gar nicht erst so weit kommen.

Meide Risiken: Halte dich wann immer möglich aus gefährlichen Gegenden fern

Keine Provokation: Lasse dich nicht provozieren und provoziere auch nicht

Augen auf: Schau nicht aufs Handy, sondern auf Mitmenschen

Erkenne Gefahren: Achte auf Hände - sind sie nicht zu sehen, sei vorsichtig

Watch your back: Umdrehen oder Spiegelungen in Schaufenstern helfen

Keine Heldenspiele: Das Loch im Geldbeutel heilt schneller, als der Stich im Bauch

Soweit meine Ratschläge.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ausbilder Im Bereich SV

Userxyzffds344 
Beitragsersteller
 23.06.2025, 19:04

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Ist das schon gegeben wenn der ohne Messer zu dem mit Messer sagt pack dir den H*rensohn und diese Person auf mich zuläuft?

TheBlueLiner  23.06.2025, 19:11
@Userxyzffds344
Ist das schon gegeben wenn der ohne Messer zu dem mit Messer sagt pack dir den H*rensohn und diese Person auf mich zuläuft?

Falls Täter A seinen Mittäter B aufruft, dich anzugreifen und dieser läuft auf dich zu, kann von einer Angriffsabsicht und damit Notwehr ausgegangen werden.

Wenn aber der Verteidiger den Angreifer provozieren würde und damit einen Angriff herausfordert, dann liegt eine Notwehrprovokation vor.

Das Gericht kann dann entscheiden, dass die folgenden Maßnahmen nicht durch das Notwehrrecht gedeckt sind, weil versucht wurde, ein Recht zu missbrauchen.

Allerdings bin ich kein Fachanwalt für Strafrecht, das ist nur das, was ich selbst im Rahmen meiner Ausbildung gelernt habe.

Ich kenne aber einen guten Strafverteidiger

Userxyzffds344 
Beitragsersteller
 23.06.2025, 19:23
@TheBlueLiner

Ich kenne aber einen guten Strafverteidiger

Rofl und ich bekomm von RedBull Flügel ^^

TheBlueLiner  23.06.2025, 19:42
@Userxyzffds344

Ich habe zwar keine Ahnung, wie du in dem Zusammenhang jetzt auf einen Energydrink kommst, aber solltest du tatsächlich Bedarf an Strafverteidigung haben, kann ich die Kanzlei Reubel Grubwinkler Rechtsanwälte empfehlen - eine Fachkanzlei für Strafrecht.

https://www.rgra.de/

Solltest du noch weitere Fragen haben, die keine juristischen Examen voraussetzen, helfe ich aber natürlich gerne selbst weiter. :-)

Mit allen, was Dir zur Verfügung steht, jedoch in angemessenem Rahmen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Laie und erteile KEINE RECHTSBERATUNG..

Wenn du nicht Bruce Lee bist oder eine Pistole bei dir hast, kannst du nur schneller rennen. Selbst als trainierter Kampfsportler und mit einem langen Knüppel hast du kaum eine Chance gegen zwei Leute und auch kaum eine Chance gegen einen Messerangriff.


Userxyzffds344 
Beitragsersteller
 23.06.2025, 18:26

Mit 2 komm ich zurecht, mit einer Waffe nicht.

Geraldianer  23.06.2025, 18:30
@Userxyzffds344

Nein, ich habe lange Kampfsport trainiert. Selbst echte Spitzenathleten haben kaum eine Chance gegen zwei Leute. Gegen ein Messer hilft nur eine lange Waffe. Ein Baseballschläger. Aber wenn du bei einem Gegner nicht triffst, macht er dich nach dem ersten Versuch mit dem Messer kampfunfähig.

Deshalb setzen Polizisten auch Pistolen ein, keine Schlagstöcke oder Pfefferspray.

NemoContradeum  23.06.2025, 18:58
@Geraldianer

Es gibt nichts Besseres als ein Sand Wedge gegen ein Messer. Ist mit einer scharfen Kante darauf ausgelegt, tief in den Bunkersand einzudringen und wieder aufzutauchen. Viel leichter als eine Axt und länger. Baseballschläger kann man vergessen.

NemoContradeum  23.06.2025, 19:08
@Geraldianer

Hehe ... Ich ... Bin immer mit geschmiedetem japanischem Eisensatz unterwegs, da ich mit öffentlichem Verkehrsmittel zum Platz fahre. Habe noch einen Schläger, der von Hiro Honma persönlich gemacht wurde. Der Kampfschrei wäre: Honmaaaaaaaaa!