Was soll ich machen?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich langsam nicht mehr kann. Ich bin am Ende.
Ich erzähle euch mein Problem, aber ich werde sehr ausführlich sein, damit ihr alle Zusammenhänge versteht.
Meine Eltern (beide 60+) streiten sich seit Jahrzehnten fast jeden Tag. Ich lebe noch bei ihnen, obwohl ich schon eine Ausbildung mache. Leider bin ich sehr unselbstständig, was auch an ihnen liegt. Deswegen kann ich nicht ausziehen. Meine Eltern geben sich andauernd gegenseitig die Schuld für ihr unglückliches, unerfülltes Leben.
Als sie sich zu ihrer eigenen Schulzeit kennengelernt haben, war meine Mutter eine sehr hübsche, aktive und sportliche junge Frau. Durch das Leben mit meinem Vater und das damit verbundene, auch selbstverschuldete, Leid wiegt sie mittlerweile knappe 150kg, hat Diabetes, kann kaum noch laufen und leidet an Folgeerkrankungen. Sie gibt meinem Vater die Schuld daran, ohne einzusehen, dass sie selbst auch Fehler gemacht hat. Er gibt hingegen ihr die Schuld an allem. Meine Mutter ist meiner Meinung nach psychisch krank und müsste dringend eine Therapie anfangen, aber auch dagegen wehrt sie sich massiv. Wenn man sie darauf anspricht, hält sie sich die Ohren zu, schreit einen an und beleidigt einen aufs Übelste.
Mein Vater ist seit Jahren vollkommen überfordert, weil er durch die Krankheit meiner Mutter alles, wirklich alles, selbst machen muss. Sie lebt wie eine Pflegebedürftige, externe Unterstützung lehnt sie kategorisch ab. Er arbeitet, schmeißt den Haushalt und kümmert sich um uns. Wer jetzt denkt, er sei ein armes Unschuldslamm, liegt aber gewaltig falsch. Er beleidigt meine Mutter immer wieder, insbesondere für ihr Aussehen, aber tut nichts dafür, dass die Situation besser wird. Auch das kritisiert meine Mutter, was immer wieder zu heftigem Streit führt. Sie sagt, er sei schon immer extrem passiv und antriebslos gewesen. Als sie sich kennengelernt haben, habe er sie kein einziges Mal ausgeführt. Er wollte immer nur mit ihr im Zimmer sitzen und kuscheln. Guten Sex hatten sie auch nie... Den "Heiratsantrag" musste, wenn man die Frage "Sollen wir jetzt nicht mal heiraten?" überhaupt so nennen kann, sie machen. Kurz vor meiner Zeugung hat er meine Mutter dann mit einer Arbeitskollegin betrogen. Das hat ihr Verhältnis nochmal deutlich verschlechtert.
Die Anfänge ihrer Probleme liegen meiner Meinung nach in ihrer Jugend. Mein Vater hat meine Mutter wohl bereits in der 7. Klasse bemerkt, sie aber erst in der 11. Klasse angesprochen. Er hat sie mit Komplimenten und Zuneigung nahezu überschüttet. Meine Mutter sprang darauf an und ließ sich auf ihn ein. Oben steht ja bereits, wie ihre Kennenlernphase verlief. Als sie dann zusammenzogen, hat er das eigenständige Leben meiner Mutter beendet. Sie war zu diesem Zeitpunkt schon körperlich krank und konnte nicht mehr ihr Studium abschließen. Deswegen hat sie übrigens auch bis heute nie gearbeitet. Er hingegen hat ein Haus gemietet, das relativ weit von ihren damaligen Freund*innen entfernt war. Er hat vor einiger Zeit gesagt, er habe das Haus vor allem mit dem Hintergedanken gemietet, dass er dort meine Mutter isolieren kann. Aufgrund seiner Arbeit musste er damals viel und lange reisen und er befürchtete wohl, dass meine Mutter ihn in der Zwischenzeit betrügen könnte. Dadurch, dass sie fortan kaum noch soziale Kontakte hatte, fing sie mit exzessivem Essen an. So wurde aus der hübschen, sportlichen jungen Frau mit 90/60/90 eine schwer übergewichtige, kaum noch bewegliche Person, die für alles Hilfe braucht.
Als er dann endlich, nach wohl jahrelangem Ärger, seinen Job gewechselt hatte, wurde ich geboren. Er ging in Teilzeit und nahm oft unbezahlten Urlaub, um für mich dazusein. Unser Haus wurde jedoch immer mehr zu einer Messi-Bude, weil meine Eltern mit dem Haushalt und mir zusammen überfordert waren. Außerdem wollte mein Vater noch nie freiwillig putzen. Auch ein Grund für Streit. Als dann noch unsere Haushälterin kündigte, wurde alles nochmal schlimmer.
Mir wurde über Jahre hinweg verboten, Freunde einzuladen, weil unser Haus nicht mehr präsentabel war. Meine Mutter meint, die Eltern meiner Spielkameraden hätten das Jugendamt informiert. Das führte dazu, dass mich meine Freunde "komisch" fanden und ich immer weniger Einladungen bekam. Tatsächlich kam es auch zu einigen Polizeieinsätzen aufgrund der lauten, auch nächtlichen, Streitigkeiten, aber meine Eltern wirken nach außen sehr überzeugend, gebildet und fürsorglich, weshalb die Beamten jedes Mal davon abgesehen haben, das JA einzuschalten. Über die Jahre wurde alles immer noch schlimmer, wir führen ein Scheinleben, damit niemand merkt, was bei uns los ist.
Obwohl sie ein so unglückliches Ehepaar sind, brauchen sie sich paradoxerweise mittlerweile auch sehr. Sie hassen sich, aber können nicht mehr ohne den jeweils anderen. Sie erlaubt mir nicht, alleine auszuziehen. Sie sagt, sie würde sich sonst suizidieren. Allgemein schreit sie fast nur noch, meine Hilfe interpretiert sie als Angriff.
Ich brauche euren Rat.
Wie alt bist du?
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10 Antworten
Tut mir leid erstmal, meine Situation mit meinen Eltern ist sehr ähnlich. Und auch meine Abhängigkeit zu ihnen. Ich habe es so gelöst, dass meine Eltern sich zumindest eine kleine extra Wohnung für mich leisten konnten zeitweise oder ich gehe auf reisen, übernachte bei Freunden oder Verwandten. Seit Jahren habe ich keinen festen Wohnsitz. Das ist mega ätzend, aber besser als das weiter zu ertragen!
Meine Mutter macht auch gerne emotionale Manipulation. Wenn sie sich isoliert und dann depressiv wird, ist sie aber selbst schuld. Weder ich, noch du, als ihre Kinder sind verantwortlich für unsere Mütter, die sich ihr Leben verbaut haben, den falschen Mann geheiratet, zu viel gegessen etc. - natürlich liebt man seine Mutter und wünscht ihr dennoch das beste - aber wenn sie konstant externe Hilfe abblockt, kann man ihr nicht helfen. Ich verstehe sie, aber ich akzeptiere es nicht, mich deswegen so behandeln zu lassen. Erpressen, benutzen etc. - Denk an deine menschliche Würde, die muss sie wahren.
Was den Vater betrifft, typischer Machtmensch halt. Narzissten denken immer sie seien Helden, indem sie andere versorgen, behüten, beschützen und zu ihrem Glück zwingen oder überreden. In Wirklichkeit machen sie ihr Umfeld miserabel und dass deine Mutter keine Arbeit hat und kein soziales Umfeld, hat ihr nur geschadet und nicht geholfen. Die zwei sollen sich endlich trennen. Und du ausziehen so viel du kannst. Lass dich nicht kontrollieren. Werd nicht so wie deine Mutter. Sei ein freier Mensch und schalte die Polizei selbst ein, dass du explizit um Hilfe bittest. Ruf diverse Hilfsstellen an.
Guck dich mal nach einer Wohnung um. Das du die finanziellen Aspekte auch mal durchplanen kannst. Du wirst ja eh nicht ewig bei deinen Ellis wohnen wollen.
Die "Drohung" deiner Mutter würde ich jetzt einfach mal ignorieren. Gesunde Eltern sagen so etwas nicht. Musst ja nicht bleiben und genauso verkorkst werden.
Ein Freund hatte ein anderes Szenario. Da leben die Ellis immer noch unzufrieden und geschieden nebeneinander zusammen in einer Haushälfte, weil sie das mickrige "Haus" nicht aufgeben wollen. 2 von 4 Kinder wohnen noch dort und gehen weder Arbeiten noch sonst was, weil sie nie gelernt haben selbstständig zu sein. Mein Freund war das erste Kind, dass seinen eigenes Ding gemacht hat, also mehr als nur die Pflichtjahre in der Schule (was eigentlich normal ist) und ausgezogen ist. Sein älterer Bruder hat dann Jahre später auch den Auszug geschafft.
Ist übel, wenn Leute Angst vor Veränderung haben und andere da mit reinziehen wollen. Ich habe es damals auch nicht verstanden, warum mein Freund mit 16 schon um 20 Uhr Zuhause sein muss. Erst im Laufe der Jahrezehnte hat er mal offen über die Situation im Elternhaus gesprochen, und wie seine Mutter klammerte.
So eher du dich mit dem Thema Auszug beschäftigst, desto eher hast du das Selbstvertrauen, dass das auch funktioniert und damit den Mut und einen Plan da raus zu kommen. Die Beziehung zu deinen Eltern wird sich wahrscheinlich auch später nicht mehr verbessern, so ist es zumindest bei meinem Freund gelaufen. Die werden einfach nicht mehr "normal" die Leute.
Musst dich halt zwingen dein eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Es ist nicht deine Aufgabe das kaputte Leben deiner Eltern zu fixen. Das ist leider ein untergehendes Schiff, dessen Sog du spürst.
Ich habe deinen Beitrag aufmerksam gelesen und darin meine eigenen Eltern wiedererkannt. Ich bin selbst ü 60, mein Vater ist schon lange tot, meine Mutter ist 85. Meine Eltern gehörten also zur Geberation deiner Grosseltern. Die Ähnlichkeit ist trotzdem verblüffend. Auch meine Mutter war sehr attraktiv in jungen Jahren, auch sie war irgendwann ( ziemlich früh) übergewichtig, krank ( unter anderem Diabetes), hat nicht gearbeitet, auch unsere Wohnung war vermüllt so dass ich niemanden mitbringen konnte und irgendwann angefangen habe, zu putzen, zu kochen, einzukaufen ( Ordnung war trotzdem schwer zu schaffen, weil die Mutter generell Unordnung verursacht hatte). Auch bei uns gab es Streit tagtäglich.Vater hat Geld verdient und war grundsätzlich an allem schuld. Permanent und grundsätzlich. Du hast wenig über deinen Vater geschrieben, meiner war attrakriv bis in das hohe Alter, hat Karriere gemacht und wurde allgemein sehr respektiert. Ausser zu Hause.
Ich kann dir nur mitteilen, was ich aus dem ganzen Schlamassel in meiner Familie verstanden habe. Die Mutter hat starke Züge vom verdeckten Narzissmus. Vater war co- abhängig. Deswegen hat er sich von ihr nie getrennt ( das hat mich immer gewundert, bis ich was über diese Art von psychologischer Abhängigkeit von dem narzisstischen Partner/Partnerin erfahren habe). Er konnte sich also aus dieser Ehe nicht befreien können. Nachdem er an Krebs gestorben war, mussten die Kinder die Fürsorge für die Mutter übernehmen. Sie ist immer kranker geworden und immer mehr psychisch und körperlich abhängig, wobei sie vieles davon bewusst selbst verursacht hat, eindeutig.
Meiner Meinung nach solltest du dich von deinen Eltern distanzieren, emotional und auch räumlich. Egal, womit deine Mutter droht. Du sollst Vater vorschlagen, über Therapie nachzudenken ( er braucht Therapie, nicht die Mutter). Sonst stirbt er zu früh an Stress.
Er duldet sie doch auch gar nicht ,er arbeitet sich ja offenbar an ihr ab .Zumal ich hier auch keine Diagnosen stellen wollte ..
Schrecklich. Das - "Sie sagt, sie würde sich sonst suizidieren. " - ist das schlimmste was man den Kindern antun kann. Es ist Psychoterror und eine emotionale Erpressung. Ich würde auch sagen, daß Du Dich endlich trennen solltest, egal womit sie droht. Gegeben Falls muss Du Notarzt anrufen und sagen, daß sie glaubwürdig mit Suizid droht. Sie würde dann ins Krh. kommen, man würde Dich befragen, wie die Situation bei Euch ist um einschätzen zu können wie ernst die Drohung ist und da kannst Du das nochmal erzählen unter welchen Druck sie sich befindet und alles auf Dich ablädt. Wenn sie im Krh bleibt, dann wird man ihr dort helfen mit der Situation umzugehen.
Eine Option wäre, daß Du Dich wegen Depression einweisen lässt. Damit wäre die Mutter gezwungen mehrere Wochen ohne Dich auszukommen und sich zu organisieren ganz ohne Dich. So eine Einweisung ist nicht schwer und sofern Du keine suizidalen Absichten äußern wirst, kannst Du dann auch jede Zeit die Klinik verlassen.
Ansonsten kann ich Dir auf jeden Fall empfehlen eine Psychiaterin aufzusuchen und mit ihr das abzusprechen, wie Du Dir selber helfen kannst. Wenn es eine gute Psychiaterin ist, wird sie Dir direkt einen oder zwei Tipps geben, was Du machen muss um Dich etwas zu entlasten. An einer längeren Therapie wirst Du aber nicht vorbeikommen.
Geh auf jeden Fall zu einem Psychiater und sprich mit ihm. Wenn Du nicht weiß, wie Du bei ihm sprechen muss, dann fang einfach so an: "Es gibt etwas was mich total emotional belastet und ich damit überhaupt nicht umgehen kann..." Und dann erzählst Du wiesehr Dich alles belastet und, daß Du Dein Leben nicht leben kannst und Angst vor Depressionen hast, weil Du Dich vor dieser emotionalen Erpressung nicht schützen kannst und damit nicht umgehen kannst. Eine gute Ärztin wird Dir schnell auf die Sprünge helfen und Dich alles relevante ausfragen.
Es gibt auf Facebook "Wohnen gegen Hand" Gruppen - da kannst du dir vielleicht mal eine Auszeit nehmen. Da gibts tolle Abgebote oder du stellst selbst einen Beitrag ein.
Der Narzist scheint eher der Vater zu sein,der die Mutter bewusst isoliert hat in JungenJahren.Er brüstet sich sogar .damit.
Naja vielleicht auch beide ..
https://youtu.be/9pCBTdYu__U?si=D9hFKdbhwSQtCqlm