Warum gibt es immer noch Leute die meinen die AfD wäre demokratisch?

7 Antworten

Weil ein nicht unerheblicher prozentualer Anteil der AfD-Wählerschaft über einen eher geringen Bildungs- und Allgemeinwissens-Stand verfügt, es nicht schafft, diese Partei mal kritisch genauer unter die Lupe zu nehmen und weil sie z.B. der Leier der AfD mit angeblich geplanten "Volksabstimmungen" (die hierzulande kaum effizient durchführbar wären) auf den Leim zu gehen scheinen....


DonarsEiche  10.06.2025, 10:59

Warum sollte es nicht möglich sein einmal im Quartal oder alle halbe Jahr eine Abstimmung zu organisieren wo dann entsprechend wichtige Punkte aus dem Parlament vom Volk abgestimmt werden? In Bayern macht man das schon das sind bei den Wahlen manchmal auch Sachfragen zur Abstimmung mit dabei.

smartguy92  10.06.2025, 11:03
@DonarsEiche

Das ist in der Tat ein etwas komplexeres Thema, allerdings fasste dieser User es in einem anderen Thread ziemlich gut zusammen, warum Volksabstimmungen für ein Land wie Deutschland (zumindest auf Bundesebene) eher ungeeignet sind (Zitat):

Eine direkte Demokratie wo das Volk selbst  über alles wichtige abstimmt, wäre aus vielerlei Gründen eine Katastrophe. Politik ist so komplex, dass der durchschnittliche Bürger weder die Zeit noch das Hintergrundwissen hat, um sich so tief in die einzelnen Themen hineinzuarbeiten, dass er eine fundierte Wahl treffen kann und oftmals auch gar nicht das Interesse sich näher damit zu befassen. 

Dazu kommt das Problem, dass die meisten Menschen erstmal an sich denken. Das käme bei einer direkten Demokratie viel stärker zum Tragen als bei unserer repräsentativen Demokratie. Damit eine Gesellschaft funktioniert, müssen im Sinne der Allgemeinheit oftmals auch für einzelne Bürger unangenehme Entscheidungen getroffen werden. 

Deshalb ist ein System sinnvoller bei dem  Berufspolitiker Entscheidungen treffen die genügend Zeit und Ressourcen haben um sich auch wirklich entsprechend tiefgehend mit einem Thema zu befassen und die auch die Gesellschaft im Ganzen berücksichtigen und nicht nur Einzelinteressen, sowie auch weitreichendere Folgen einer Entscheidung im Blick haben.

Wie überall gibt es natürlich auch bei Politikern fähigere und unfähigere Leute und in der Praxis werden auch mal unglückliche Entscheidungen getroffen. Dies wäre bei Volksabstimmungen aber viel häufiger der Fall.

Das Problem bei vielen Menschen die sich für mehr direkte Demokratie aussprechen ist ausserdem, dass  sie durch ihr persönliches Umfeld eine verzerrte Wahrnehmung haben was der überwiegende Wille der Bevölkerung ist und oftmals davon ausgehen, dass die meisten Menschen so denken wie sie selbst, was aber häufig nicht zutrifft. Dadurch kommt dann auch der falsche Eindruck, die Politik würde am Willen des Volkes vorbei agieren.  Falls sie selbst direkt über die entsprechenden Themen abstimmen könnten, wäre das Ergebnis aufgrund dieser Fehleinschätzung aber oft genausowenig in ihrem Sinne wie wenn Politiker entscheiden würden.

DonarsEiche  10.06.2025, 11:47
@smartguy92

🤔Schwierig, das klingt so, als wären die Politiker absolute Fachexperten und die Bürger nahezu grenzdebil.

Da aber eben nahezu nie, die Ministerposten fachlich besetzt werden, also Justiz geht an einen Juristen, etc. Sitzen da auch Fachfremde, die sich im worst case noch von ihren Kumpels und Verwandten "beraten" lassen, anstatt Fachkräfte einzustellen. Und von dem Grüppchen hängen dann komplette Resorts ab.

Andererseits gibt es genug Fachexperten im Land die sich entsprechend ideologisch gepolte Politiker gar nicht anhören wollen(!).

So wie wäre folgendes Szenario:

Im Fernsehen werden Sachkundige eingeladen, die die Themen öffentlich diskutieren, das stellt der ÖR mit seinem Bildungsauftrag sicher, die verschiedenen Meinungen müssen auch ausgewogen dargestellt werden.

Das können sich die Bürger anschauen und entscheiden wie sie dazu stehen wollen.

Ja und wem das zu viel ist, geht halt nicht wählen oder stimmt ab wie er denkt.

Und das hat den Vorteil es muss nicht gemauschelt werden, keine Deals damit eine gegnerische Fraktion zustimmt, da sind die Leute eben mehrheitlich dafür oder dagegen und fertig.

Wer seinen Willen durchkriegen will, muss besser erklären, alles durchrechnen und ein belastbares Modell vorschlagen.

smartguy92  10.06.2025, 12:25
@DonarsEiche

Da aber eben nahezu nie, die Ministerposten fachlich besetzt werden, also Justiz geht an einen Juristen, etc. Sitzen da auch Fachfremde, die sich im worst case noch von ihren Kumpels und Verwandten "beraten" lassen, anstatt Fachkräfte einzustellen.

Sorry, aber das ist ja schlichtweg nicht wahr! Natürlich lassen Politiker sich ausgiebig von Fachexperten etc. zu bestimmten Themenfeldern beraten, weil sie davon von Haus auf zu wenig Ahnung haben, müssen sich langwierig einlesen und ggf. ausgiebig mit anderen darüber beraten, ehe eine Entscheidung gefällt werden kann. Das ist Teil ihres Jobs - dafür werden sie mit hohen Gehältern bezahlt.

Im Fernsehen werden Sachkundige eingeladen, die die Themen öffentlich diskutieren, das stellt der ÖR mit seinem Bildungsauftrag sicher, die verschiedenen Meinungen müssen auch ausgewogen dargestellt werden.

Das können sich die Bürger anschauen und entscheiden wie sie dazu stehen wollen.

Weiß ich nicht, ob das viel bringen würde....erst einmal muss man Fachexperten finden, die sich zu so etwas grundsätzlich überhaupt bereit erklären. Man kann niemanden dazu zwingen und nicht jeder mag das Rampenlicht. Zumal ich mir als Wissenschaftler irgendwie blöd vorkommen würde, da vor aller Augen etwas vortragen zu müssen, wovon der Großteil der 0815-Leute eh keinen blassen Schimmer hat und was diese auf der Basis eh nicht weiter interessiert....

Ja und wem das zu viel ist, geht halt nicht wählen oder stimmt ab wie er denkt.

Und hier haben wir so ein Problem, das sich aus dieser Handhabung entwickeln könnte - du sprichst es sogar direkt an: wenn nur ein Bruchteil der Bevölkerung Interesse an diesen Abstimmungen zeigt und dort hingeht, dann könnten ja nur die Ergebnisse der 10-20% der Bürger berücksichtigt werden, sie teilgenommen haben. Das heißt in Folge, dass ggf. der Wille einer Minderheit gilt und dieser kleine Prozentsatz an Leuten quasi über den absoluten Großteil der Bevölkerung und die Art, im Land zu leben, bestimmen würde!

Kann das denn am Ende die richtige Handhabe sein?!

Ganz ehrlich: ich könnte es durchaus verstehen, wenn man als normaler Mensch einfach nach einer gewissen Zeit einfach keine Lust mehr hat, ständig an solchen Abstimmungen teilzunehmen über Sachen, von denen man im Grunde nichts versteht. Sogar in der sehr viel kleineren Schweiz haben die ja schon Probleme, die Bürger zu den Abstimmungen zu bewegen. Und das gleiche dann im 8 Mal größeren Deutschland?!

Und dieses "einfach aus dem Bauchgefühl heraus" raten (abstimmen), wenn man keine Ahnung von der Materie und diversen langfristigen Folgen dieser oder jener Entscheidung hätten, ist das dämlichste, was man machen kann! Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass Menschen mit sowas ganz derbe auf die Schnauze geflogen sind!

DonarsEiche  10.06.2025, 13:49
@smartguy92

Wer nicht selbst gefragt werden will und kein Interesse hat, verzichtet eben auf seine Stimme, darf sich auch nicht beschweren weil die Möglichkeit bestünde ja faktisch trotzdem. Genau wie auch jetzt keiner gezwungen wird, zu wählen.

Derzeit ist es so, es stimmt trotzdem der Sozialpolitiker für den Bereich Technik und Wissenschaft ab und umgekehrt. Da ist grade wenn es um die Abstimmungen, geht auch die Mehrheit nicht sachkundig. Also warum nicht alle abstimmen lassen 🤔 Ausgearbeitet wird nach wie vor in Fachausschüssen, also die Qualität der Optionen verantworten nach wie vor die Parteien.

Besser als für 4 Jahre den kompletten Prozess an wenige Entscheidungsträgern outzusourcen und für den Rest der Legislaturperiode findet überhaupt keinerlei Rückkopplung mit dem Souverän mehr statt.

Bzgl. den diversen Berater und Lobbyismus Affären, Graichen, etc. Solche Skandale sind nicht die Ausnahme sondern passieren mit schöner Regelmäßigkeit (nur die größten Fälle, nicht vollständig)

https://dvd-partei.de/korruption-unserer-abgeordneten/

smartguy92  10.06.2025, 15:12
@DonarsEiche

Im Endeffekt votierst du dafür, Politik, die du persönlich in der aktuellen Form (repräsentative Demokratie) ohnehin schon für ineffizient/schlecht hältst, alternativ den "primitiven" Volksmassen inform von simplen Ja- und Nein-Abstimmungen zu überlassen, damit die Ergebnisse und Entwicklungen im Anschluss noch deutlich ernüchternder ausfallen würden. Wo ist da die Logik?!🤔

DonarsEiche  10.06.2025, 16:18
@smartguy92

Naja, die Masse ist eben nicht stumpf sondern normalverteilt, das ist so eine typische Fürstenargumentation von früher um dem Volk die Rechte vorzuenthalten.

Ganz im Gegenteil sogar, wenn ich da an gewisse Personen denke deren Vita auch keine Einzelfälle sind, nichts gelernt noch nie etwas auf dem freien Markt gearbeitet, denke ich der ungünstige Bias könnte in den selbsternannten "Eliten" weitaus häufiger vertreten sein, als in der Allgemeinheit.

weil sie sich nicht aus mehreren Quellen informieren

Eine "demokratische Partei" ist in der Regel eine politische Partei, die sich dem demokratischen System und seinen Prinzipien verpflichtet fühlt und die politischen Interessen der Bürger durch Teilnahme an Wahlen und parlamentarische Arbeit vertritt. Sie ist eine Vereinigung von Bürgern, die langfristig die politische Willensbildung beeinflussen und an der Vertretung des Volkes im Parlament teilnehmen wollen. 

Das ist die Definition einer demokratischen Partei.

Die AFD fühlt sich dem demokratischen System verpflichtet. So akzeptieren sie die Form der Demokratie und streben keine Diktatur an. Ebenso akzeptieren sie demokratische Prozesse, Wahlergebnisse (auch wenn mal kritisch hinterfragt wird) letztlich, Entscheidungen von Gerichten etc.

Sie vertritt auch die politischen Interessen der Wähler und Vertritt diese im Bundestag, Landtag etc.

Man muss nicht schau sein, um das zu verstehen. Und nein, ich bin kein AFD - Wähler.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – S. Profil

Das hat viele Gründe. Aber einer davon (und das besonders im Osten) ist dieses Denken "Menschenskinder noch mal, da muss mal jemand aufm Tisch hauen" oder "Sowas geht nicht, kann denn da keiner mal ein Machtwort sprechen?".
Bedeutet, wir haben schon im Land ein gespaltenes Verständnis von Staat und Gesellschaft.

Viele Menschen sehen, dass ständig was passiert (primär durch Verzerrung durch Medien, social Media und absoluten Fokus auf Negativberichterstattung) und scheinbar NICHTS dagegen getan wird. So kommt schnell das Gefühl und die Meinung auf, dass die aktuelle Demokratie zu schwach und zu lasch ist.

Diesen Effekt haben sich rechte Parteien schon immer zu nutze gemacht, aber durch social Media und besonders ab 2015 die großen Flüchtlingsströme ist das förmlich explodiert.


DonarsEiche  10.06.2025, 10:27

Hart gesagt hat Merkels vehemente Weigerung das klassisch eher rechtskonservative Klientel weiterhin zu bedienen die Afd erst groß gemacht, ebenso wie Schröder durch seine Sozialpolitik die Abspaltung der Linken damals WASG zu verantworten hat.

Das Problem ist doch eine massive Diskursverschiebung, früher hat etwas ein etablierter CDU Politiker gesagt - kein Problem.

Jetzt werden dieselben verwaisten Positionen von neueren Parteien aufgegriffen, kommt auf einmal die sind extemistisch, nein sind sie eben nicht, weil sonst wäre die CDU vor nichtmal 20 Jahren selbst rechtsextrem gewesen.

Ifosil  10.06.2025, 10:59
@DonarsEiche

Merkel hat massiv überschätzt, wie tolerant die Bevölkerung gegenüber so vielen Fremden ist. Ein schwerer Fehler, wenn man es so sagen kann.

DonarsEiche  10.06.2025, 22:15
@Ifosil

Abgesehen von der Migration, das hat bei der Union schon früher angefangen die Afd ist wegen dem Euro gegründet worden. Den Aspekt bitte auch nicht ausblenden, insbesondere da grad wieder so viel Neuverschuldung gemacht wurde.