Umfrage: steigende Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte! Was denkt ihr über die wachsende Zahl der Übergriffe auf Polizei/Feuerwehr/Rettungssanitäter?

Das Ergebnis basiert auf 33 Abstimmungen

Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen! 97%
Nur bei Polizei nachvollziehbar 3%
Finde ich nicht in Ordnung 0%
(Noch) keine Meinung 0%
Ist mir egal 0%
Verdient! "Immer feste rauf!" 0%
Etwas anderes? 0%

16 Antworten

Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen!

Hi,

Oder arbeitet in den Berufen und könnt etwas darüber berichten?

Das Thema "Gewalt gegenüber Einsatzkräften" ist sehr heikel...

Es ist allerdings auch medial durchaus stark aufgebauscht und die Realität sieht dann doch etwas anders aus, als es das Bild suggeriert - die Zunahme lässt sich statistisch nicht wirklich belegen (siehe z.B. hier).

Was sich geändert hat, ist allerdings der Umgang mit den Vorfällen: man ist erheblich stärker sensibilisiert, man ist eher bereit, Fälle zu melden (Dunkelfelderhellung) und durch die sozialen Medien haben entsprechende Berichte eine deutlich höhere Reichweite.

Gemessen an den üblichen Einsatzzahlen des Rettungsdienstes - rund 14 Mio. Einsätze pro Jahr (Quelle) - bewegen sich solche Vorfälle (nach RND rund 4000 Übergriffe auf Rettungsdienst/Feuerwehr) immer noch in einem Promillebereich.

Ändert nichts an der grundlegenden Tatsache: Angriffe, sei es verbal oder körperlich, sei es auf Rettungsdienstler, Feuerwehrleute oder Polizisten, sind zu verurteilen.

Ändert aber auch nichts daran, dass das nicht wirklich den Alltag (zumindest im nicht-polizeilichen) BOS-Bereich widerspiegelt.

Extremereignisse - wie beispielsweise die Silvesternacht 22/23 - sind eben genau das: Extremereignisse, kein Alltag. Und auch die Rettungswache in einem durch Alkohol, andere Drogen und kriminellen Milieu geprägten "Problemviertel" einer Großstadt ist nicht repräsentativ für das Rettungswesen in der gesamten Bundesrepublik. Das sollte man bedenken.

Fazit

Es ist meines Erachtens durchaus ein Problem - allerdings keineswegs so extrem und so flächendeckend, wie es gerne dargestellt wird.

Weder ich - noch der Großteil meiner Kollegen - werden tagtäglich beleidigt oder angegriffen, noch müssen wir tagtäglich um unsere Gesundheit oder unser Leben fürchten.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
ST0RMF0X 
Fragesteller
 03.11.2023, 10:54

Danke für die Antwort und deinen Erfahrungsbericht :)

Es bezog sich auch nur auf die allgemein steigende Tendenz, einen Wandel hin zur Respektlosigkeit. Vielleicht hätte ich es auch anders formulieren sollen.

Ich lebe schon lange in Berlin und hier zeigt sich das seit sehr vielen Jahren. Anfeindungen gegen Polizisten sind ja schon lange ein Thema (über das bereits viel diskutiert, gegen das jedoch wenig getan wird). Man wird in der Stadt nun aber auch immer öfter Zeuge, wie Feuerwehr und Rettungssanitäter zur Zielscheibe werden – nicht nur bei Großereignissen wie Silvester u.Ä.- und auch nicht immer nur durch extreme körperliche Angriffe. Ich kenne so etwas aus meiner Kindheit nicht und bin entsetzt über diese Veränderung in der Gesellschaft. Wenn auch nur ein Feuerwehrmann von Pöbeleien oder beleidigenden Sprüchen berichtet – oder nur einem mit einem Kreuzschlüssel das Jochbein zertrümmert wird -, ist das schon einer zu viel! Und selbst, wenn es für den Einzelnen noch nicht besorgniserregend erscheinen mag, sollte man diesem Trend doch entschieden entgegenwirken.

Es ist schön zu hören, dass du und deine Kollegen so etwas nicht erfahren müssen – ich danke euch für euren Dienst! ♡ ♡ ♡

Wünsche dir einen schönen Tag - LG :)

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SaniOnTheRoad  03.11.2023, 11:42
@ST0RMF0X
Danke für die Antwort und deinen Erfahrungsbericht :)

Gerne!

Es bezog sich auch nur auf die allgemein steigende Tendenz, einen Wandel hin zur Respektlosigkeit.

Auch das würde ich so nicht unterschreiben. Einen statistisch wirklich fassbaren Trend...gibt es nicht.

Die Tatsache, dass vermehrt über Vorfälle berichtet wird, zeigt für mich tendenziell eher den hohen gesellschaftlichen Stellenwert - während vor einigen Jahrzehnten Beleidigungen und Behinderung es mit Mühe und Not höchstens mal in die Lokalpresse geschafft hätten.

Ich lebe schon lange in Berlin und hier zeigt sich das seit sehr vielen Jahren.

Das muss man vielleicht einordnen...

Berlin ist - in der Tat - Schlusslicht was das angeht. In Berlin kommt zum einen ein relativ großes, entsprechendes Milieu zum tragen; zum anderen ein strukturell vollkommen überforderter und unzureichender Rettungsdienst.

Hier hat man schlicht und ergreifend schon ein systemisches Problem, das man nicht wegdiskutieren kann.

Umgekehrt: Berlin ist nicht repräsentativ für ganz Deutschland und einige Probleme sind tatsächlich exklusive Probleme der Bundeshauptstadt.

Wenn auch nur ein Feuerwehrmann von Pöbeleien oder beleidigenden Sprüchen berichtet – oder nur einem mit einem Kreuzschlüssel das Jochbein zertrümmert wird -, ist das schon einer zu viel!

Sicher, da gehe ich vollkommen mit. Mit der darauf beruhenden Schlussfolgerung eines gesamtgesellschaftlichen und allgemeingültigen Problems allerdings nicht.

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ST0RMF0X 
Fragesteller
 03.11.2023, 12:48
@SaniOnTheRoad

Oh, jetzt fühle ich mich etwas angeschlagen, weil ich nun das Gefühl bekomme, einer subjektiven Meinungsmache erlegen zu sein …😄

Aber nein – du hast ja recht damit, wenn du schreibst, dass es kein gesamtgesellschaftliches oder allgemeingültiges Problem ist.

Ich wollte auch lediglich nach Meinungen und Erfahrungen anderer fragen, denn es ist ja nicht so, dass es diese Probleme überhaupt nicht gibt. Es war nicht mein Bestreben, dies zu verallgemeinern oder künstlich aufzubauschen.

Immerhin wird mehr berichtet – bei vielen dieser Berichte muss man dann natürlich auch differenzieren, ob sie wirklich den Tatsachen entsprechen oder der Meinungsbildungsprozess gezielt beeinflusst werden soll (beispielsweise in eine bestimmte politische Richtung). War mir dessen selbstverständlich während meiner Recherchen zu dem Thema bewusst.

Berlin nenne ich natürlich, weil ich hier lebe. Das Problem weitet sich aber bereits in anderen Städten aus. Von Bekannten, die in Hamburg, Köln, Dortmund, Essen, Bremen, Cottbus und Leipzig leben, wird ähnliches berichtet – aber klar, selbst das sind nur subjektive Eindrücke.

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SaniOnTheRoad  03.11.2023, 13:12
@ST0RMF0X
Oh, jetzt fühle ich mich etwas angeschlagen, weil ich nun das Gefühl bekomme, einer subjektiven Meinungsmache erlegen zu sein …😄

Naja, ich finde nicht, dass das "vorwerfbar" ist. Wenn man nicht gerade selbst im jeweiligen Bereich unterwegs ist, muss man sich auf das Verlassen, was berichtet wird.

Das ist auch nicht falsch - bei solchen Fällen unterliegt man allerdings den Effekten der Berichterstattung, wie "Crime Bias" oder "Sensation Bias". Es wird eben über den einen spektakulären Zwischenfall berichtet; über die tausend anderen völlig komplikationslosen Einsätze am selben Tag allerdings nicht.

Immerhin wird mehr berichtet – bei vielen dieser Berichte muss man dann natürlich auch differenzieren, ob sie wirklich den Tatsachen entsprechen oder der Meinungsbildungsprozess gezielt beeinflusst werden soll (beispielsweise in eine bestimmte politische Richtung).

Sofern man die Quellen der Berichte mit der üblichen Sorgfalt auswählt: zutreffend sind die Berichte durchaus - man muss sie allerdings auch in den Kontext einordnen.

Versuche der politischen Beeinflussung gibt es zwar; sie sind allerdings ausgesprochen wenig erfolgreich oder nachhaltig.

aber klar, selbst das sind nur subjektive Eindrücke.

Das sind sie im Endeffekt immer. Auch von Einsatzkräften selbst.

Jemand, der hauptsächlich in einem Großstadtbrennpunkt unterwegs ist, wird die Lage auch anders beurteilen als ich, der in einer 5000-Einwohner-Stadt Landrettung genießt. Und beides trifft gleichermaßen zu, und beides kann man nicht verallgemeinern.

Was allerdings sehr auffällig ist, ist dass Einsatzkräfte selbst - sieht man durchaus bei den diversen Fragen hier bei GF zu dem Thema - die Situation insgesamt sehr anders bewerten als die Allgemeinbevölkerung...

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Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen!

Ich empfinde das seit es soziale Medien gibt das Niveau der Gewalt auch auf den Straßen zunimmt - nicht nur unterirdisch im Netz - auch ich wenn ich mit einem Streufahrzeug oder einer Kehrmaschine auf der Straße unterwegs bin werde öfters beleidigt - Gesten wie Vogel zeigen usw - Kollegen bei der Feuerwehr erzählen auch so einiges

Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen!

Besonders fände ich es wichtig, Ross und Reiter eindeutig zu benennen.

Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen!

Auf der anderen Seite finde ich aber rabiates Vorgehen gegen friedliche Demonstranten, die niemanden behindern und sich nicht festkleben, eine große Sauerei.

Wenn man z.b. gegen Stuttgart21 protestiert, indem man sich irgendwo ankettet, wo man niemanden stört und dann eine fette Rechnung fürs Losmachen zugeschickt bekommt (um das man nicht gebeten hatte), ist die Demokratie in Gefahr.

Das Projekt läuft genau so schlecht, wie befürchtet. Also hatten die Protestierer Recht, aber eben kein Gegenkonzept, wie man sonst noch öffentliche Gelder in private Kassen verschieben könnte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Verurteile ich! Fordere härteres Vorgehen!

Ich bin Krankenpfleger und wurde glücklicherweise noch nie angegriffen. Beleidigt wurde ich schon das eine oder andere mal. Ich denke mir dann "OK, der Mann/die Frau ist gerade in einer Extremsituation. Bleib ruhig".

Rettungssanitäter oder Feuerwehrleute im Dienst anzugreifen sollte extrem drastisch bestraft werden. Zwingend mindestens Gefängnis ohne Bewährung. Das geht gar nicht Menschen anzugreifen, die helfen wollen. Das ist moralisch unterste Stufe.