Personalmangel - Dramatische Zustände in dt. Kitas. Wird dies von der Politik nicht ernst genug genommen?

Das Ergebnis basiert auf 16 Abstimmungen

Politik nimmt die Probleme nicht ernst genug 50%
Politik nimmt das Problem ernst 44%
Mir egal... was anderes. 6%

7 Antworten

Politik nimmt das Problem ernst

Das Thema wird schon ernst genommen, aber im Rahmen der Möglichkeiten - und die lassen leider keine optimale Versorgung zu. Ich denke, dass hier auch an der Ausbildung der Erzieher gearbeitet werden muss. Ich hatte mich damals (2006/07) ernsthaft dafür interessiert, wurde aber von der Dauer (vier Jahre) und der Tatsache, dass man die ersten drei Jahre kein Geld verdient, abgeschreckt - das war einfach unattraktiv gegenüber einer "normalen" Ausbildung. Auch die Elternarbeit wird immer anstrengender; ich sehe das an meiner Mutter (Lehrerin Grundschule), die immer mehr klagt und eigentlich keine Person ist, die wegen jedem Muckensch... aufschreit, im Gegenteil.

Man muss es aber mal so sehen: Im bevölkerungsreichen NRW mit zahlreichen Ballungsgebieten ist das Problem aber sicher größer als im beschaulichen Grenzland Bayern/Baden-Württemberg - wobei ich aus dem hiesigen Gemeinderat auch von Problemen berichten kann, was Kindergartenplätze angeht. Hier ist mal was vom Bayrischen Rundfunk.

https://www.youtube.com/watch?v=0AP4R_--wRw

Letztlich machen es sich manche Eltern aber auch arg einfach in der Hinsicht - man will alles auf einmal (Kinder und Arbeit usw.). Ich bin Jahrgang '90 und bei uns gab es arbeitende Mütter relativ selten - es hat eigentlich jedes Kind einen Platz bekommen, die Betreuungszeiten gingen von 8.30 bis 16 Uhr und nicht von sechs Uhr bis 19 Uhr wie vielerorts und es gab auch eine Mittagsruhe von 11.30 bis 13.30 Uhr. Es war keine "Kita", sondern ein Kindergarten; keine Verwahrzone, sondern ein Ort, wo Kinder Kontakte zu Gleichaltrigen hatten, spielten, bastelten und nebenher ein bisschen was lernten, z.B. zu den christlichen Hochfesten oder so etwas.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Zalla55  11.04.2023, 10:29

Ganz genau, der Job ist einfach für viele zu unattraktiv. Daran kann der Straat natürlich was tun, lässt es aber seit vielen Jahren schleifen.

Dass sich das Berufsverhalten über die letzten Jahrzehnte geändert hat, ist ja nun auch keine plötzliche Entwicklung.

1
rotesand  11.04.2023, 10:32
@Zalla55

Das war ja bei mir 2006/2007 schon der Fall, als ich mich mit der Frage "was lerne ich?" auseinander zu setzen hatte. Die Erzieherausbildung fand ich echt attraktiv, aber die Bedingungen stimmten nicht - aus der Stufe hat dann wirklich nur eine Person Erzieherin gelernt, aber auch nur als Basis, weil sie damit Fachlehrerin werden konnte, ohne zu studieren.

Hier hätte man schon was machen können, aber andererseits: Ich habe viel mit dem Thema Ausbildung zu tun, bin mit der IHK immer wieder in Verbindung und es ist auch in anderen Berufen so, dass die Ausbildungen trotz vollmundiger Werbung und händeringendem Suchen vieler Firmen nicht attraktiv sind und auf einem Stand von vor 30-40 Jahren. Bunte Flayer versprechen alles und vor Ort ist man dann zumindest im Handwerk immer noch der "Stift", der beschimpft wird und irgendwelche stupiden Tätigkeiten verrichten muss, die mit der Lehre an sich nichts zu tun haben. Das duale Ausbildungssystem Deutschlands muss dringend überholt werden, damit junge Menschen davon angesprochen werden.

2

Geht nicht nach Order der Mufti.
Kita's sind Aufgabe der Kommunen, kurz um Localcolorit.
Durch dieses Nadelöhr muss das Kamel durch.

Die Kommunen hängen an den Ländern, nicht am Bund.

Politik nimmt das Problem ernst

Die Politik nimmt das Problem schon ernst, erweist sich aber bei dessen Lösung als ziemlich hilflos.

Politik nimmt die Probleme nicht ernst genug

Das Problem sind in den meisten Fällen garnicht die Kindergartenplätze, sondern die Kindergrippenplätze. Die Gruppen sind kleiner und benötigen entsprechend mehr Personal. Außerdem reduzieren die Gemeinden die Krippenplätze schon in der Planung gern auf Basis eines Faktors der Kinder herausrechnet, die bis zum 3. Lebensjahr zu Hause betreut werden. Dass der in vielen Ballungsgebieten völlig an der Realität vorbei geht bildet schonmal die Basis - da hat der Kita selbst mit Vollbesetzung zu wenig Grippenplätze.

Das nächste große Problem ist die häufig die kaum bis garnicht vorhandene zentrale Verteilung, die meist sowieso nicht an der Mangellage ausgerichtet ist.

Um es mal an einem Beispiel deutlich zu machen:
Eine Stadt stellt ausreichend, aber sehr knapp bemessen Kitaplätze zur Verfügung. Allerdings müssen die Eltern sich selbst bei den verschiedenen Kitas anmelden/bewerben. Die Stadt hilft nur bedürftigen Familien über Agentur für Arbeit, Jugendamt, etc. Da schicken die Anwohner der Problemviertel ihre Kinder lieber auf Kitas in benachbarten Stadtteilen und bekommen die Plätze dank amtlicher Unterstützung auch - ist ja für die Integration der Kinder wichtig.
Die Anwohner dort merken wiederum, dass ihre Kitas von entsprechendem Klientel überlaufen sind und versuchen ihrerseits anderswo Plätze zu finden. Und plötzlich stellen Familien fest, dass alle Kitas in der Nähe voll mit Kindern aus komplett anderen Vierteln sind. Gehen sie offizielle Wege bekommen sie die noch freien Platz im Problemviertel am andern Ende der Stadt angeboten. Dass das die wenigsten Eltern akzeptieren sollte klar sein. Sie suchen also weiter und nehmen dann den nächstebesten Platz den sie irgendwo anders finden können und nehmen damit wiederum einer anderen Familie den Platz vor Ort weg.

Ergebnis: Die Kinder sind kreuz und quer über die Stadt verteilt und viele Eltern verzweifeln bei der Suche nach einem Platz, obwohl auf dem Papier genug da wären.

Politik nimmt die Probleme nicht ernst genug

Nicht ernst genug, sonst hätten wir diese Zustände nicht. Und nicht nur in Kitas, viele Schulen sind auch betroffen. Es wird ständig etwas versprochen, wird aber nicht eingehalten. Meine Meinung.