Ist ein 1,0 Schnitt im Gymnasium ein Anzeichen/Beweis für eine Hochbegabung? Sagt die Note etwas über die Intelligenz aus?

10 Antworten

Anzeichen - ja, Beweis - nein. Hochbegabte haben generell das kognitive Potential, notentechnisch ganz vorne mitzuspielen. Aber die Lebensrealität stellt oft Dinge in den Weg dahin. Intelligenz ist ein Potential für Leistungen, es benötigt jedoch gute Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Veranlagungen auch zu realem Bildungserfolg entfalten können. Die Alltagserfahrung zeigt, dass ein zum Ehrgeiz erzogenes normalbegabtes Kind von Eltern mit akademischem Hintergrund bessere Chancen auf ein Traumabitur hat als bpsw. ein hochbegabtes Kind mit Migrations- oder Arbeiterhintergrund.

Zu deinem restlichen Beitrag: Im Bildungssystem wird Intelligenz nicht systematisch erfasst und als Potential gefördert. Lehrer:innen lernen das Konzept der intellektuellen Fähigkeiten paradoxerweise weder im Studium noch im Referendariatsseminar kennen (wenn sie nicht explizit danach suchen). Es ist sicherlich berechtigt, Lehrkräfte als diejenigen Autoritäten anzuerkennen, die bei der Leistungsbeurteilung gewisse Spielräume zur Verfügung haben. Es mag sein, dass es Schüler:innen gibt, die bspw. die Botschaft "ich glaub' an dich" benötigen, genau so wie es Schüler:innen gibt, die eher angespornt werden, wenn sie mal einen kleinen Rückschlag erleiden. Allerdings müssen die Lehrkräfte für diese Spielräume geschult werden, ganz besonders für dieses filigrane Zusammenspiel zwischen Intelligenz und Motivation.

Ich halte es persönlich grundsätzlich für besser, wenn die Schüler:innen ein heterogenes Notenbild erhalten, also auch mal Noten schlechter sind, weil man an die Grenzen der eigenen Begabung stößt. Wenn jemand die Schule abschließt, sollte derjenige halbwegs ein objektives Profil über die eigenen Stärken und Schwächen erhalten, um zu wissen, in welchen Fächern man im weiteren Lebensweg vielleicht mehr Leistung entfalten kann und in welchen nicht so. Viele Hochbegabte, die ich kenne, darunter auch ich, haben einen eher ungeraden Lebensweg, weil dieses Feedback in der Schule gefehlt hat. Man kann auf einem intellektuellen Niveau, auf dem die Schule keine "Grenzerfahrungen" mehr bietet, die Noten nicht mehr als Orientierung für Stärken und Schwächen heranziehen - Noten fangen vielleicht an, schlecht zu werden, weil Schüler:innen auf der Metaebene unzufrieden sind, vielleicht persönliche Rivalitäten mit Lehrkräften ausfechten o.ä. und nicht mehr, weil die Intelligenz, das Potential für Bildungserfolg, in dieser Situation an ihre Grenzen stößt. Je mehr sich das Abitur für den "Durchschnitt" öffnet, desto stärker prägt sich dieses Problem am oberen Ende der Intelligenzskala aus - das klingt erstmal "gemein" dem Durchschnitt gegenüber, der soll ja schließlich auch "was aus sich machen können", aber volkswirtschaftlich betrachtet verschwendet man Ressourcen, wenn man nicht ausreichend differenziert - so als würde man Erdöl nicht destillieren, bevor man es zur Energiegewinnung verbrennt. Für mein Dafürhalten bräuchte es hier nebst kritischerer Ausdifferenzierung ein mehrdimensionales Notensystem, das im Zeitalter von Excel oder anderen Tools auch überhaupt kein Mehraufwand mehr für die Lehrer:innen wäre (wenn sie sich mal davon lösen würen, die Werte aus einem Taschenrechner in die Zellen eines Tabellenkalkulationsprogramms zu übertragen...). Das eindimensionale Notensystem ist über 100 Jahre alt, hat zwar noch eine gewisse Aussagekraft aber entspricht längst nicht mehr dem, was technisch machbar wäre. Im Hochschulbereich ist bereits ein zweidimensionales Notensystem etabliert ("Klausurnoten" und "ECTS-Klassifikation"), ich wäre mindestens für ein dreidimensionales System ("Wie gut wurden die Anforderungen der Lehrkraft / Fachschaft / Schule erfüllt?" (klassische Note), "Wie steht diese Leistung in Relation zur Klasse? / Jahrgang?" und "Wie steht diese Leistung in Relation zur üblichen Leistung des Schülers / der Schülerin?" (hier wäre eine weitere Untergliederung denkbar nach "Fach" und "Gesamtschnitt")).

Ich selbst vermute die meiste Intelligenz eher im Bereich von 1,2-1,7.

Mit einer Note in dem Bereich zeigt man genügend Fähigkeiten, sehr gute Leistungen zu erzielen.

Auf der anderen Seite zeigt man aber auch hinreichendes Urteilsvermögen zur Relevanz der Schulnote. Die Leute sind nicht blind dem Ideal der 1.0 hinterhergerannt sondern haben sich überlegt, was sie eigentlich tatsächlich wollen.

Du sprichst es aus.

Mach dir da nicht zu viel draus. Noten sind oft unfair. Alleine, wenn ich jetzt daran denke, kommt Wut in mir hoch.

Das hat nix mit dir oder deiner Intelligenz zu tun, lass dir das bloß nicht einreden

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abi Bio/Engl, Notfallsanitäterin i.A

Ich bin schon lange aus der Schule raus. Das Noten Fachübergreifend Einfluss nehmen kenne ich daher nicht.

Was du mit der ''Meinung von Lehrern'' meinst erschließt sich mir nicht in Gänze.

Klar - ob ein Aufsatz oder eine Interpretation gut ist oder wie man das Bild im Kunstunterricht bewertet lässt natürlich zu, dass die Meinung des Lehrers einfließt, aber wenn ich z.b. im Mathetest X Fehler habe oder im Sportunterricht nur X Meter weit springe, dann hat die Note nichts mit irgendeiner Lehrermeinung zu tun, sondern dann wird eben die Note vergeben, die anhand der gesichteten (und nachweisbaren Fehler) vorgesehen ist.

Ich hatte in der Schule auch so meine ''Hass-Lehrer'', aber unangemessen bewertet habe ich mich nie gefühlt. Wenn die Note schlecht war, wusste ich, dass die Fehler bei mir lagen...Bestenfalls hat mich aufgeregt, dass der Lehrer den Stoff schlecht vermittelt hat.

Was die Frage zum Zusammenhang mit Intelligenz angeht, kann ich so viel sagen, dass gute Noten sicherlich auch ein gewisses Maß an Intelligenz voraussetzen.

Sprich - wer stets top Noten schreibt ist, dürfte wohl nicht unbedingt unintelligent sein.

Allerdings bedeutet das auch nicht zwangsweise, dass die Person hochintellient ist, genauso wenig wie schlechte Noten zwangsweise mangelnde Intelligenz bedeuten.

Bekanntlich waren viele hochintelligente berühmte Menschen schlechte Schüler. Schließlich hat Lernen auch viel mit Fleiß und auch Interesse zu tun bzw. erfordert in vielen Fällen auch nicht unbedingt Zusammenhänge zu verstehen, sondern häufig reicht es Dinge einfach auswendig zu lernen.

In meiner Zeugnisbeurteilung stand z.b. immer das ich sehr Interessenbezogen lerne und hier sehe ich dann auch die eigentliche Aufgabe der Lehrer. Nämlich den Unterrichtsstoff interessant zu gestalten.

Auch weiß ich, dass ich eher visuell veranlagt bin. Sprich mir Inhalte besser merken und sie besser verstehen kann, wenn sie dargestellt werden. Sprich - wenn nicht nur mündlich vorgetragen wurde, sondern Bildmaterial verwendet wurde oder aber ganz simpel Stichpunkte an die Tafel geschrieben wurde, konnte ich stets besser folgen, verstehen und auch verinnerlichen, als wenn einfach nur stumpf ein mündlicher Vortrag gehalten wurde.

So konnte ich den Stoff zumeist nachdem ich mir Spickzettell geschrieben hatte und war dann immer ganz überrascht, wenn ich gut zurecht kam, obwohl ich dank eines zu aufmerksamen Lehrers gar nicht dazu gekommen war auf den Zettel zu schauen :)

Ich denke allgemein ist es hilfreich herauszufinden, welche Lernmethode einem am ehesten liegt. Mir wurde das leider erst gegen Ende der Schulzeit klar. Hätte ich das früher bemerkt, hätte ich wohl in so manchem Fach ne bessere Note erzielen können...mal ab davon, dass ich allgemein hätte besser abschneiden können, wäre ich nicht so faul und von anderen tollen Dingen abgelenkt gewesen :)

Long story short:

IQ und Zensuren sehe ich nicht in direktem Zusammenhang, wenngleich Tendenzen sicherlich gegeben sind

DoctorInge 
Fragesteller
 14.02.2022, 05:28

Mit Meinung der Lehrer meinte ich nicht, dass einer den Aufsatz schlecht findet, das wäre ja noch legitim.

Nur an meiner Schule passiert das:

Schularbeiten usw. werden fair benotet. Es geht mir hier also nicht um Einzelbewertungen.

Aber:

Die Meinung der Lehrer, ob sie dich für intelligent halten oder nicht, fließt teilweise in die Zeugnisnote mit ein, ganz unabhängig von deiner erbrachten Leistung.

Und wenn ein Lehrer nie einen Test machte aber denkt, du kannst nichts, aufgrund von Faktor x, der nichts mit dem Fachinhalt zu tun hat, gibt er dir dann eine schlechtere Zeugnisnote. Aufgrund von Schätzung.

Das finde ich unerhört.

Wenn nur die Leistung in die Zeugnisnote einfließen würde, das wäre ja ideal.

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holjan  14.02.2022, 05:33
@DoctorInge

Hm - das war zu meiner Schulzeit anders. Da konnte ich meine Zeugnisnote anhand meiner im Schuljahr ebrachten Noten ausrechnen.

Sprich, da hat niemand eine Note aufgrund einer persönlichen Einschätzung erdacht. Das erscheint mir allgemein ziemilch unsinnig -schließlich gibt es doch nicht umsonst Zensuren für alles Mögliche das ganze Schuljahr über.

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DoctorInge 
Fragesteller
 14.02.2022, 05:35
@holjan

Eben. Wenn ich so manche Noten ausrechne, komme ich auf ein anderes Ergebnis als in meinem Halbjahreszeugnis steht. Ebenfalls stellte ich fest, dass einige Schüler bei gleicher oder minderer Leistung die bessere Note bekamen. Das macht mich wütend.

Wenn meine Leistung genau die Note wäre, die im Zeugnis steht, dann wäre ich nicht angepisst. Ich bin nicht wütend aufgrund meines Zeugnisses, sondern deshalb, weil es teilweise nicht fair ist.

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holjan  14.02.2022, 05:36
@DoctorInge

Hast du die/den entsprechenden Lehrer mal zur Rede gestellt? Ich mein - man kann ja mal höflich fragen, ob er einem transparent erklären kann, wie die Note zustande gekommen ist.

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DoctorInge 
Fragesteller
 14.02.2022, 05:39
@holjan

Ich hatte noch keine Gelegenheit. Ich habe die Note erst auf dem Zeugnis erfahren und jetzt ist eine Woche frei.

Ich habe nur leider das Gefühl, einen Streit zu provozieren und sonst nichts, der sich dann wieder negativ auf die Note auswirkt.

Eine Lehrerin zB interpretiert jedes höfliche Gegenargument oder Kritik als Angriff und fängt an sich wie ein Kleinkind zu benehmen und eine andere hat keine Nerven mehr und schwänzt sogar die eigenen Unterrichtsstunden.

Da werde ich keine Erklärung erhalten.

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holjan  14.02.2022, 05:44
@DoctorInge

Mh...im Zweifel dann vielleicht mal mit der nächsthöheren Instanz sprechen. Ich mein - du willst ja erstmal nur eine Erklärung und die steht dir schließlich zu.

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DoctorInge 
Fragesteller
 14.02.2022, 05:52
@holjan

Stimmt. Du hast natürlich recht. Natürlich wäre das nur eine einfache Frage und jeder normale Mensch würde sie einfach beantworten. Aber wie gesagt, stattdessen geht dann eine Trotzarie los, die meine Ganzjahresnote gefährden kann.

Diese Person ist so:

Du musst alles was sie sagt immer einfach abnicken, ein kleinster Zweifel beschert dir eine gestörte Diskussion in der du niedergelabert wirst, unterbrochen wirst und von ihr solche Sachen kommen wie "poah dann lass halt" in so einem richtig trotzigen Ton. Sachlich reden ist halt überhaupt nicht.

Hinzu kommt, eben wie gesagt, dass sie die Zeugnisnote, ohne eine einzige Leistungsfeststellung gemacht zu haben aufgrund von Annahmen und Gefühlen vergibt, die meist ziemlich von der Realität entfernt sind. Was sie aber nicht sieht.

Klar, mehr als Tipps geben kannst du mir auch nicht. Aber es musste mal raus, wie du dir denken kannst. Ich wusste nicht wohin mit diesem Stunk.

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Es besteht keine wissenschaftliche Korrelation zwischen Hochbegabung und 1.0 Schnitten. Es gibt auch Menschen, die mit viel Fleiß 1.0 erreichen können.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abitur 2022 - Englisch/Geschichte LK
Hacker48  14.02.2022, 02:47

Du widersprichst dir selbst. Aber guter Einsatz von Fachtermini. 😉

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Hacker48  14.02.2022, 02:50
@PatrickBatemanx

Was, Menschen, die ihre Fehler einsehen, sowas gibt's noch auf dieser Plattform? Props an dich.

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