Ist der soziale Aufstieg als Ausländer schwieriger?

11 Antworten

Ich würde sagen, ja. Das ist der alltägliche Rassismus in unserer Gesellschaft. Die fast schon natürlich wirkende Feindseeligkeit, die auf der Unsicherheit und Angst vor dem Unbekannten basiert.

Allerdings ist die Herkunft nur eines der Merkmale. Meiner eigenen Erfahrung nach spielt hier der soziale Stand in den man hinein geboren wurde fast noch mehr rein.

Ich z.b. bin gebürtiger, (reinrassiger - für die Rassisten unter euch) Deutscher. Geboren in einer armen Arbeiterfamilie. In den USA würde ich wohl dem White Trash angehören.

Mir geht's da nicht viel anders wie dir. Bereits seit meiner Grundschulzeit wurde ich benachteiligt aufgrund meines sozialen Standes und musste mir sehr viel härter alles erkämpfen. Eines wurde mir dabei immer mehr bewusst. Geld ist in dieser Welt alles. Wer es hat, tut was er will und kämpft dann höchstens noch mit narzisstischen Luxusproblemen. Wer von Geburt an kein Geld hat, hat von Beginn an deutlich weniger Chancen. Das Studium z.b. Wer arm ist kann sich höchstens beim Staat mit Krediten verschulden um sich sämtliche Kosten,einschließlich dem Lebensunterhalt während dem Studium zu finanzieren. Wer wohlhabend geboren ist, der hat all diese Probleme nicht und kann sich sorgenfrei dem Studium widmen. Während der Arme stets die Last mit sich schleppen muss wie er bis zum Monatsende über die Runden kommen soll.

Das macht was mit dem Menschen, sodass für das wesentliche, wie das Studium oder die Ausbildung weniger Energie zur Verfügung steht.

Weiter geht es mit der Vetternwirtschaft, bei der die Kinder der bessergestellten, feinen Leute durch die Kontakte ihrer Eltern in ganz andere Kreise rein kommen wie unser eins, der "Trash" der Gesellschaft.

Die gängige Lehrmeinung sagt, dass der Feudalismus in Deutschland mit der bürgerlichen Revolution 1848 endete. Wenn ich mir aber die Gegenwart so ansehe, wüsste ich nicht wo der Unterschied zu damals sein sollte.

Man hat immer noch einen Geldadel der die Kontrolle über alles und jeden hat. Und brave Schäfchen die tun was der Geldadel vorgibt. Reichtum wird dabei von Generation zu Generation weitergegeben. Ebenso die Armut oder Zugehörigkeit zur Unter,- und Arbeiterschicht.

Wenn ich dann noch außerhalb deutscher Staatsgrenzen die Welt betrachte und sehe wie bis zu 50 Millionen Menschen jedes Jahr verhungern, weil sie nicht mal das allernötigste haben, während die feinen Leute Krieg spielen und sich durch das Leid der Ärmsten und der Ausbeutung von Mensch, Natur und Planeten bereichern, dann würde ich sagen, der Feudalismus hat nie aufgehört zu existieren. Lediglich das Setting hat sich geändert...

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Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Beruf und Interesse
 - (Schule, Psychologie, Recht)

Naja, ich würde sagen "nicht schwieriger per se, aber langwieriger", weil man als Ausländer nun mal - allen Rassismusdebatten zum Trotz - wenn man ankommt oder eben damit anfängt, sich über einen sozialen Aufstieg Gedanken zu machen erstmal den Schritt zur sozialen Eingliederung in die Gesellschaft vollziehen muss, sofern man das noch nicht getan hat vorher...

Und das ist meistens dann die Schwierigkeit, gerade wenn man sich damit erstmal schwer tut, weil die jeweiligen Erwartungshaltungen und die Sozialisation in einem anderen Kulturkreis komplett anders ist als die der Gesellschaft, in die man finden möchte und darin dann auch aufsteigen will. Um aufzusteigen muss man halt erstmal Teil der Gemeinschaft werden (mit ihr sozialisieren, defacto also Re-Sozialisieren, weil man aspekte seiner bisherigen Lebensart ja zugunsten der anderen ablegen muss, wenn sie gegeneinander laufen würden), in der man das tun will. Das fällt jemandem, der in diese Gemeinschaft geboren und von Anfang an mit ihr sozialisiert wird (durch die Eltern und den Lebensalltag) natürlich erheblich leichter, während ein Ausländer, selbst wenn er hier gebohren wird, aber in der elterlichen Bubble aufwächst, die mit der Gesellschaft nicht so verzahnt ist, dass ein Aufstieg zum Thema wird DAS erstmal initialisieren muss bevor dann die nächsten Schritte überhaupt machbar werden.

Mal ein Beispiel vielleicht: Ein gläubiger Moslem mit entsprechder Sozialisierung wird einer Frau vielleicht nicht die Hand geben, weil sich das in seinem Ausgangs-Kulturkreis, dessen Gepflogenheiten er gewohnt ist und lebt so nicht gehört.
Das muss er aber in dieser Gesellschaft tun, da sein gewohntes Verhalten nach hiesigen Gepflogenheiten als absolut unhöflich und respektlos gelten würde und das für ihn ungewohnte Gegenteil gerade GUTE SITTE ist. Da geht dann halt nur das eine oder andere, nicht beides. Da gibt es keinen Mittelweg in dem Fall. Die Gesellschaft wird ihm vielleicht - wenn sich das aufklärt - einen einmaligen "Tritt ins Fettnäpfchen" aufgrund eines kulturellen Mißverständnisses nicht auf Dauer verübeln, aber die Situation ist erstmal "abgestürzt" dann und er muss dann seine Verhaltensweise anpassen, damit es anders wird und sich so nicht wiederholt.

Wenn es dann funktionieren soll wird es nicht anders gehen als sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten anzupassen, sonst ist an "Aufstieg" nicht zu denken, weil schon der "Einstieg" scheitert. Die Gesamtgesellschaft wird sich ihm nicht anpassen, vielleicht einzelne Personen, aber niemals so viele, dass ein gesellschaftlicher Aufstieg funktioniert und eine derartige Erwartungshaltung Seitens des Ausländers, dass SEINE Lebensart dem nicht im Wege steht wird definitiv zum Scheitern der Geschichte führen.

Die durchaus skeptische Haltung der Gesellschaft, die ja nichts mit Rasismus per se zu tun hat tut natürlich dann das Übrige. Sie ist aber auch zumindest erfahrungsevident begründet, weil eben dann doch viele entweder aufgeben oder es gar nicht erst versuchen oder sogar mit der Erwartung unterwegs sind, dass die Gesellschaft sie gefälligst so zu nehmen hat wie sie sind und nicht das Recht hat, ihren Lebensstil zu kritisieren. Letztes wäre vielleicht so, wenn dieser Mensch in seinem Ursprungs- und Sozialisations-Kulturkreis leben würde und dort in die Gesellschaft integriert wäre. ABER: Wenn er Teil der hiesigen sein möchte und innerhalb der sozialen Schichten aufsteigen will fällt dieses Kritikverbot weg und er muss sich das nicht nur gefallen lassen, sondern diese Kritik als Hinweis annehmen, dass es mit seiner Art so nicht klappen kann. Es ist dann SEINE Pflicht, zu fragen, was er beser machen kann, damit es funktioniert und das auch anzunehmen. Gerade unsere Gesellschaft ist so bereit wie kaum eine andere, diese Informationen zu kommunizieren. Aber dafür braucht es eben Bereitschaft, zuzuhören und sich dessen auch anzunehmen. Und das muss dieser Mensch schon mitbringen, das impft ihm niemand ein.
Genau diese Leute (die das nicht tun, mangels wollen oder können) sind es dann auch, die mit Problemen unterwegs sind, die diese Gesellschaft dann "von Außen" belasten und die darum abgelehnt werden und alle anderen, die es ernst meinen zusätzlich in ihren Schatten stellen, aus dem sie dann erstmal wieder herauskommen müssen.

Dazu kommt sicher, dass die Gesellschaft auch immer weniger bereit ist, "kulturelle Mißverständnisse" zu tolerieren, je länger jemand hier lebt und damit auch mehr Zeit hatte, sich die hiesigen Gepflogenheiten zu Eigen zu machen bzw. zu akklimatisieren und einzufügen. Wer nach z.B.10 Jahren Leben in unserem Kulturkreis immer noch so "drauf ist", als wäre er gerade erst angekommen muss sich schon mal die Frage gefallen lassen, warum es denn jetzt auf einmal "klick" gemacht hat und dann zieht das Argument "immer in der Bubble gelebt" halt auch irgendwann nicht mehr, weil es dann immer unglaubwürdiger wird, wenn die Frage nach dem WARUM kommt.

Und genau das gibt den wirklichen Rassisten dann auch das Wasser auf die Mühlen, die eben einen Menschen seiner Hautfarbe, Herkunft o.ä. wegen ablehnt und diese dann aufgrund ihrer Landsleute in einen Topf mit den Fällen, die echte Probleme machen wirft. Leider ist diese Gruppe allerdings erheblich am Wachsen und das wird sich auch nicht umkehren, solange diese "Pflanze weiter gedüngt wird".

Aber das ist tatsächlich Gesamtgesellschaftlich hierzulande NOCH das geringere Problem, so sehr es auch immer wahrgenommen wird. Die breite Masse tickt eben durchaus offen, aber auch vorsichtig, weil es eben auch die Negativbeispiele gibt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das ist oftmals so, zumal viele Zuwanderer aus unteren Schichten stammen, etwa Türken (Gastarbeiter). Mit denen gibt es meistens auch die größten Integrationsprobleme, auch wenn ich nicht generalisieren möchte.

"Sie weisen die größte Schulabbrecherquote, den geringsten Abiturientenanteil, die meisten Menschen ohne Berufsausbildung, die geringste Erwerbstätigenquote und die wenigsten Selbstständigen auf. Da gerade diese Gruppe stärker als andere Einwanderer zunimmt, während gleichzeitig die Noch-Mehrheitsgesellschaft rapide schrumpft, wird ihre mangelnde Integration zum zentralen Problem der ganzen Gesellschaft. Es droht, wird diese Entwicklung nicht aufgehalten, ein >Kulturabbruch<, wie der Demograf Herwig Birg schreibt."
Dr. Necla Kelek

Zitiert in Deutschland schafft sich ab von Dr. Thilo Sarrazin, S. 286

Perser etwa haben sehr hohe Abiturquoten, sogar wesentlich höhere als Biodeutsche.

Stelle ich mir schon schwieriger vor, vor allem wenn man schon einige Jahre alt ist, wenn man nach Deutschland kommt, weil man ja dann nochmal eine neue Umgebung, Sprache etc. lernen muss.

Nein. In unserer Firma gibt einige Zugewanderte in Führungspositionen. Die Betriebe machen in Zeiten des Arbeitskräftemangels eine deutliche Metamorphose durch. Leistung und Einsatzwillen gewinnen stark an Bedeutung. Die ethnische Herkunft spielt so gut wie keine Rolle mehr.

LOLiee297 
Fragesteller
 05.03.2024, 21:30

Denkst du es war früher anders?

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Rennegent  05.03.2024, 21:52
@LOLiee297

Seilschaften, Kontakte, Beziehungen, Vitamin B, wie man so schön sagt. Und Zuwanderer waren früher eine kleine Minderheit. Es gab meistens genügend Bewerber für attraktive Jobs. Da mussten sich Zuwanderer oft mit schwerer körperlicher Arbeit oder unterbezahlten Tätigkeiten abfinden. Zeche, Bau und so weiter. Das ist jetzt ganz anders geworden. Viele Bereiche sind so unterbesetzt, dass einfach auf keinen Bewerber mehr verzichtet werden kann. Und Arbeitnehmer mit Zuwanderungshintergrund sind heute alltäglich geworden. Ganz im Gegenteil, es gehört für die Betriebe schon zum guten Ton, eine " bunte" Belegschaft zu haben. Qualifikation und Arbeitswille muss natürlich da sein. Sonst funktioniert es nicht.

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