Hätte der Holocaust in jedem Land passieren können?

13 Antworten

Aus meiner Sicht ein klares Ja. Dazu gab es ein Experiment von Milgram, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment

Das Milgram-Experiment ist ein erstmals 1961 in New Haven durchgeführtes psychologisches Experiment, das von dem Psychologen Stanley Milgram entwickelt wurde, um die Bereitschaft durchschnittlicher Personen zu testen, autoritären Anweisungen auch dann Folge zu leisten, wenn sie in direktem Widerspruch zu ihrem Gewissen stehen. Der Versuch bestand darin, dass ein „Lehrer“ nach Anweisungen eines „Versuchsleiters“ einem „Schüler“ bei Fehlern elektrische Schläge versetzen und deren Intensität nach jedem weiteren Fehler erhöhen sollte. Sowohl die „Versuchsleiter“ als auch die „Schüler“ waren Schauspieler und die Stromschläge erfolgten nicht real. Dies blieb den eigentlichen Versuchspersonen, den „Lehrern“, jedoch verborgen, so dass sie davon ausgehen mussten, den „Schülern“ echte Schmerzen zuzufügen.
...
Angeregt wurde Milgram durch den US-amerikanischen Psychiater Jerome D. Frank, der bereits 1944 der Frage nachgegangen war, wovon die Gehorsamkeitsbereitschaft willkürlich ausgewählter Personen abhängt. Frank verlangte damals von seinen Probanden den Verzehr von zwölf geschmacklosen Keksen – vgl. das Soda-Cracker-Experiment. Der Gruppe wurde gesagt, dass der Verzehr salzloser Kekse wissenschaftlich notwendig sei. Überraschend weigerten sich nur zehn Prozent der Teilnehmer, die Kekse zu essen.
Das Milgram-Experiment sollte ursprünglich dazu dienen, Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus sozialpsychologisch zu erklären. Dazu sollte die „Germans-are-different“-These geprüft werden, die davon ausging, dass die Deutschen einen besonders obrigkeitshörigen Charakter haben. Nach den ersten Ergebnissen der Untersuchung in New Haven schien dies jedoch nicht mehr notwendig, auch weil die Untersuchung in ihrem Aufbau wesentlich grundsätzlicher angelegt war.[1] Milgram erhielt für diese Arbeit 1964 den jährlich vergebenen Preis der American Association for the Advancement of Science in der Kategorie Sozialpsychologie. Die American Psychological Association hingegen schloss Milgram wegen des Experimentes für ein Jahr aus, nachdem ein Kritiker ihm in der Zeitschrift American Psychologist vorgeworfen hatte, ein „traumatisierendes“ Experiment vorgenommen zu haben, das „potenziell schädlich“ für die Versuchspersonen sei.[2] Vor allem wegen dieser Kritik, die auch von zahlreichen anderen Fachleuten geäußert wurde, verweigerte die Harvard University Milgram später eine Anstellung. Milgram hielt dazu anschließend selbst fest:
   „[Es ist] ethisch fragwürdig, […] Menschen in das Labor zu locken und sie in eine Lage zu bringen, die belastend ist.“[3]

Es ist durchaus umstritten aufgrund der Nebenwirkungen, aber mir scheint, dass es einen durchaus beängstigenden Kern hat. Wie mir außerdem scheint, sieht es in den USA ein wenig danach aus, denn eine Erstürmung des Kapitols mit Waffen nach der damaligen Wahlniederlage von DT halte ich für sehr ernste Anzeichen.


astor6772  21.03.2025, 09:43

Was Obrigkeitshörigkeit betrifft, brauchst du nicht den ollem Milgram hervorkramen. Ein Blick auf die Coronazeit genügt, um die Mär von der solitär "deutschen" Obrigkeitshörigkeit zu widerlegen. Die Leute haben vor ein paar Jahren überall auf der Welt brav ihre Masken getragen, nicht nur in Europas flachstem Land ...

SirKermit  21.03.2025, 10:16
@astor6772
von der solitär "deutschen" Obrigkeitshörigkeit zu widerlegen

Sie haben sich aber der Obrigkeit der Coronaleugner bedingungslos unterworfen.

Naja. Ein Grund für den Aufstieg seiner Partei war die Unzufriedenheit der Deutschen wegen dem Versailler Vertrag und der Hyperinflation 1923. In der Präsidialzeit war auch noch viel los. Anscheinend hatten viele Leute in der Weimarer Republik auch keine Lust auf eine Demokratie. Die hatten lange einen Kaiser und plötzlich mussten sie sich selbst mit der Politik beschäftigen. Viele glaubten ja, dass sie den ersten Weltkrieg hätten gewinnen können. Stichwort: Dolchstoßlegende.

Wenn Hitler in einem anderen Land eine Diktatur errichtet hätte, hätte ein anderes Land für millionenfachen Mord an Juden verantwortlich sein können. Denn Antisemitismus und militärischer Gehorsam waren auch in vielen anderen Ländern verbreitet (z. B. Polen und Estland).

Es wäre schwierig für Hitler gewesen, in einem nicht deutschsprachigen Land eine Diktatur zu errichten, weil er nur Deutsch und ein bisschen Französisch und Englisch sprach. Die Schweiz mit ihrer langen demokratischen Tradition hätte er wahrscheinlich nicht in eine Diktatur umwandeln können. Wenn er in Österreich geblieben wäre, wäre er vielleicht dort Diktator geworden. Österreich gehörte ja zur Zeit des Holocaust zum Deutschen Reich, weil er Österreich an das Deutsche Reich angeschlossen hatte. Viele Täter waren Österreicher.


Kapitalsozial  20.03.2025, 10:05

Vereinzelt beteiligten sich Menschen aus Ländern unter deutscher Besatzung freiwillig an der Judenverfolgung, z. B. Esten.

Nonkonformia  20.03.2025, 10:10
@Kapitalsozial

Gerade die Balten haben unter dem Bolschewismus extrem gelitten. Heute haben sie wieder Angst vor Russland, dessen Imperator nicht mehr der Massenmörder Stalin ist, sondern der KGB-Mann Putin.

Kapitalsozial  20.03.2025, 10:15
@Nonkonformia

Sie haben unter dem Bolschewismus gelitten, aber das macht meine Aussage nicht unrichtig. Zitat:

Als gesichert immerhin kann gelten, dass wenigstens 1000 bis 1200 Esten aus dem mehr dreißig mal so großen irregulären „Heimatschutz“ („Omakaitse“) an Verbrechen beteiligt waren.
Für mehrere reguläre Polizeieinheiten ist außerdem überliefert, dass sie als Wachpersonal in Ghettos im besetzten Polen eingesetzt wurden und an brutalen Ghettoräumungen mit dem Ziel, Juden in deutschen Vernichtungslagern umzubringen, beteiligt waren.
Außerdem waren Männer dieser Einheiten in verschiedenen weiteren Funktionen als Wachpersonal in und außerhalb Estlands eingesetzt, zum Beispiel in Weißrussland.

https://www.welt.de/politik/ausland/article13809947/Estland-denkt-ueber-Ehrung-der-Waffen-SS-nach.html

So wie er passiert ist?

Nein.

Einige hier weisen darauf hin, auch andere Länder hatten Genozide und Pogrome gegen Juden gab es seit Jahrtausenden. Zuletzt am 7.Oktober 2023 in Israel.

Doch der Holocaust hat einige Besonderheiten. Er war nicht einfach nur ein großer Pogrom oder ein großer Genozid. Es war keine ethnische Säuberung: Es war ein von langer Hand und minutiös geplanter industrieller Massenmord.

Jeder Aspekt davon ist besonders auf Deutschland zugeschnitten:

Es war industrielle Präzision nötig: Jeder Vollidiot kann einen Knüppel nehmen und seinen Nachbarn erschlagen. Doch um den Holocaust durchzuführen benötigte man deutsche Präzision und deutsche Bürokratie. Man benötigte die Daten der Einwohnermeldeämter, man benötigte Daten der Standesämter. Man hat ja nicht, öffentlich bekennende Juden zusammengetrieben, man hat genau nachgeforscht und jeden der selbst in der dritten Generation zum Christentum übergetreten war als Juden identifiziert.

Es war ein europäischer Krieg nötig: ein gesamteuropäischer Eroberungskrieg wie er an sich schon sehr selten ist. Der letzte der davor überhaupt diese räumlichen Möglichkeit gehabt hätte, war Napoleon. Der hatte dazu aber weder Interesse noch die industriellen Fähigkeiten.

Es war industrielle Entmenschlichung nötig: Die Nazis haben die Juden nicht von den Straßen weggefangen und sofort in Gaskammern geworfen. Es war ein Prozess der Entmenschlichung. Man nahm die Juden aus den Straßen, die da aussahen wie ganz normale Bürger. Während es in allen Gesellschaften Psychopathen gibt, hätte es den meisten Polizisten und Soldaten schwer gefallen- psychologisch unmöglich gewesen- einer netten alten Dame die aussieht wie ihre Oma in den Kopf zu schießen. Ganz zu schweigen von dem Aufruhr den das unter den nicht-jüdischen Nachbarn ausgelöst hätte.

Also holte man sie ab, transportierte sie in Viehcontainern in die KZs. Dort angekommen waren sie ausgemergelt, sie stanken, sie waren hungrig und die schwächsten waren bereits gestorben.

Dann nahm man ihnen ihre Kleidung, ihre Haare, hungerte sie weiter aus: Schließlich sahen sie nicht mehr aus wie der freundliche Nachbar. Sie waren hohle Gestalten. Psychologisch traumatisiert, kaum als Menschen erkennbar. Die schickt man in die Gaskammern.

Und dieser Prozess war notwendig weil der bei weitem größte Teil der deutschen Bevölkerung, selbst der Wehrmacht oder SS, psychologisch nicht fähig gewesen wäre aus heiterem Himmel einen normalen Menschen zu ermorden.

In einem unterentwickelten Land, hätte sich vielleicht Gewalt entladen können, bei denen man Angehörige einer anderen Volksgruppe in einem Blutrausch erschlagen hätte und fast jeder hätte mitgemacht während sich diejenigen die damit nichts zu tun haben wollten (der Tätergruppe) sich in ihren Häusern verbargen, doch schon wenige später wäre man aufgewacht, des Tötens müde und es wären genug übrig geblieben. In Nazi-Deutschland blieben keine Juden übrig und es war kein kurzer Blutrausch.

Es war nicht wie ein 7. Oktober, in dem die Deutschen in jüdische Viertel gefahren wären, vergewaltigt, entführt, gefoltert und getötet hätten um dann wieder in ihre eigenen Viertel zu fahren: Die Vergewaltigung eines KZ-Insassen wurde bestraft! Töten dürft ihr sie, aber treib keine Rassenschande mit ihnen! Und wenn du foltern willst, dann musst du ein Arzt sein und so tun als tätest du es für die Wissenschaft. Du kannst nicht einfach einen von ihnen aus Spaß zu Tode prügeln. Und wir verheimlichen es auch vor der Öffentlichkeit! Die wollen es doch gar nicht wissen.

Der Holocaust hatte Regeln, er hatte Gesetze. Die ganze Gesellschaft hat ihn kollektiv begangen.

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Machen wir uns keine Illusionen: Der Holocaust war etwas präzis Deutsches. Der Holocaust unterscheidet sich von anderen Genoziden. Der Holocaust ist auch eine Perversion all der guten Dinge die man Deutschen nachsagt: Ordentlichkeit, Pünktlichkeit, Gründlichkeit.

Lass es mich Überspitzen: Die Franzosen wären viel zu sentimental gewesen einen Holocaust durchzuführen, die Italiener viel zu faul, die russen viel zu korrupt, die Briten viel zu kosmopolitisch.

Pogrome und Genozide kann jeder. Für einen Holocaust brauchst du deutsche Gründlichkeit, deutsche Ordnung und deutsche Kaltblütigkeit.


Feniaron  21.03.2025, 08:38

Franzosen sind weniger sentimental als Deutsche, Italiener nicht faul und die "kosmopolitischen" Briten waren "kosmopolitisch" genug, um allein in Indien in 40 Jahren nicht weniger als 165 Millionen Menschen umzubringen:

https://mronline.org/2022/12/14/british-empire-killed-165-million-indians-in-40-years/

Oppulus  21.03.2025, 09:19
@Feniaron

Es ist immer eine gute Idee solche Aussage neinzubauen.

Das sortiert Leute aus die auf die gar nicht über das Thema reden wollen.

Deine Aussage ist komplett an meiner Argumentation vorbei und hat nichts damit zu tun.

Feniaron  21.03.2025, 09:29
@Oppulus

Ist sie nicht. Hab deine unsinnige Pseudovölkerpsychologie am Schluß nur ad absurdum geführt.

Oppulus  21.03.2025, 09:48
@Feniaron

Genau du hast (fälschlich) gedacht meine überspitzte Endbemerkung zu konterkarieren. Tatsächlich würde es, selbst wenn du Recht hättest (hast du nicht), nichts an meiner Argumentation ändern.

Feniaron  21.03.2025, 15:12
@Oppulus

Und das wiederum ändert nichts daran, dass deine Argumentation ganz einfach falsch ist. –

Feniaron  16.04.2025, 09:03
@Oppulus

Spätestens da, wo du konstruierst, dieses Verbrechen sei etwas „typisch Deutsches“ gewesen. Das ist völlig absurd. Konzentrationslager haben die US-Amerikaner erfunden (Nordstaaten im Krieg 1861-65), später die Briten kopiert (Völkermord an den Buren um 1899-1902). Vergasungen und noch viel schrecklichere Mordmethoden gab es in den Folterkellern der kommunistischen Tscheka sowie den Gulaglagern unter Stalin in Russland lange vor Hitler.

Oppulus  16.04.2025, 09:22
@Feniaron

Du machst genau meinen Punkt.

Das ist exakt mein Punkt.

Die Amis hatten zum ersten Mal sowas wie Konzentrationslager: Doch sie haben nicht versucht ein ganzes Volk auszulöschen. Auch die Konzentrationslager der Briten sind nicht mit den deutschen vergleichbar. Ich höre zum ersten Mal jemanden den Burenkrieg einen "Völkermord" nennen. Das war er offensichtlich nicht.

Die Deutschen haben die Zugpläne auf eine Art erstellt, dass die Gaskammern und Verbrennungsöfen immer gut ausgelastet sind mit dem Ziel das industrielle Morden möglichst effizient zu gestalten.

Die Briten haben eben nicht versucht die Buren unter den Augen der eigenen Bevölkerung unter dem Mitwissen der britischen Bevölkerung auszurotten, die Toten dort waren das Ergebnis von schlechter Planung und Vernachlässigung. Die britische Bevölkerung war empört als sie davon hörte. Genau wie die deutsche Bevölkerung empört war vom Völkermord an den Herero und Nama.

Die schrecklichen Verbrechen in den Gulags waren nicht Mal ein Völkermord. Es ging hier nicht um die industrielle Vernichtung eines ganzen Volkes: Es ging um klare Umerziehungsziele.

Es ist unbestritten, dass all dies schwere Verbrechen waren und Abscheulichkeiten. Doch der deutsche Holocaust sticht mit einigen Eigenschaften klar hervor und hat eine andere Qualität.

Ich verstehe nicht den Willen mancher Deutscher sich von den Verbrechen des Nationalsozialismus loszusagen. Es zeigt, dass die Erinnerungskultur in Deutschland immer noch nicht breit genug ist und wir immer noch nicht genug tun bei diesem Thema.

Ich rede mir hier eh den Mund fusselig bzw schreibe mir die Finger wund: Als ob auch nur versuchen wolltest meine Position zu verstehen.

Feniaron  16.04.2025, 11:16
@Oppulus

Selbstverständlich war der Völkermord an den Buren ein solcher. Die Briten hätten den Krieg gegen die Buren verloren, wenn sie nicht zu den genozidalen Methoden gegen Frauen und Kinder gegriffen hätten. Es war der erste Völkermord es 20. Jahrhunderts. Gewiß, wenn man als Völkermord ausschließlich solche Verbrechen bezeichnet, in dem ein Stamm oder Volk komplett ausgelöscht, d. h. aus dem Genom der Menschheit bis auf den letzten Mann und die letzte Frau entfernt, wurde, so hat es in der bekannten Geschichte überhaupt nur einen einzigen solchen totalen Völkermord gegeben, nämlich die komplette Ausrottung der Tasmanier durch die Briten.

Doch üblicherweise werden auch unvollständige Völkermorde als solche bezeichnet, da das Kriterium hier darin liegt, daß eine Gruppe eben aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit vernichtet wird, wie dies bei den britischen Vökermorden an den Iren, den Buren, Iranern, Bengalen und anderen ebenso der Fall war wie etwa beim Armenier-Genoizid, Holocaust, den sowjetischen Umsiedlungs-Genoziden an diversen Kaukasus-Ethnien, dem Holodomor an den Ukrainern, den vermeintlichen Völkermorden der Spanier in Süd- und Mittelamerika oder der Ausrottung wilder Indianerstämme in Nordamerika durch die US-Amerikaner und so weiter.

Oppulus  16.04.2025, 12:05
@Feniaron

Du entfernst dich immer weiter von dem Thema. Jetzt ist das ganze zu einem Briten-Bashing geworden.

Es gibt unerschiedliche Definitionen für Völkermord. Ich orientiere mich an der Definition aus der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes.

Ich kann nicht sagen, dass du Völkermord falsch definierst, weil ich deine Definition nicht kenne. Doch nach der Definition der UN war der Burenkrieg kein Völkermord, sehr eindeutig kein Völkermord. (und auch einige der anderen schrecklichen, schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind nach der Definition kein Genozid)

Was an keiner Stelle heißen soll, dass es nicht schlimm war!

Ein Völkermord gemäß der Konvention bemisst sich nicht in der Anzahl der Opfer sondern der Methoden und der Absicht.

Dass der Burenkrieg ein Völkermord gewesen sein soll, ist wie ich gerade feststelle eine ziemliche Fringe-Hypothese weil die Absicht fehlt. Ich habe mich vorher damit nicht beschäftigt (und die Beschäftigung führt uns immer weiter von dem eigentlichen Thema weg), doch ich lese, oh wow, dass Elon Musk eine Linie zieht vom Buren-Krieg zum "White Genocide" in seinem Heimatland Südafrika.

Also unter weißen Südafrikanern findest du Zustimmung zu deiner These.

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Nur um zu dem Thema zurückzukommen: Die Deutschen haben den zweiten Weltkrieg begonnen um den Holocaust durchzuführen. Die Briten haben die Buren in Konzentrationslager gesteckt weil sie den Krieg sonst nicht gewinnen konnten und nach Ende des Krieges wurden diese aufgelöst.

Für die Briten waren die Konzentrationslager (übrigens genau wie bei den Amerikanern zuvor) eine Folge des Krieges und eine Methode Krieg zu führen. Sie sahen es (ob zu Recht oder Unrecht) als nötig an zu diesen Maßnahmen zu greifen um den Krieg zu gewinnen. Für die Deutschen war der Holocaust eine RIESIGE Belastung der Kriegsanstrengungen. Man hat gewaltige Ressourcen investiert und erhielt praktisch keinen Nutzen.

Auch hier ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Holocausts an das ich noch gar nicht gedacht habe: Selbst wenn der Holocaust erfolgreich beendet worden wäre, hätte er erhebliche Netto-Kosten für Deutschland bedeutet. Die Juden haben den Nazis nichts getan und es gab nichts das diese von ihnen wollten.

artist23 
Beitragsersteller
 20.03.2025, 08:55

dein kommentar ist wirklich großartig und bringt mich zum nachdenken. danke.

besonders das mit dem entmenschlichen ergibt sinn. denn wie konten sie sonst solche schlimmen verbrechen begehen. sie sahen die juden irgendwann nicht mehr als menschen an sondern als ungeziefer. so wie es hitler wollte.

deswegen kann man auch nicht wirklich von einem sieg am ende sprechen finde ich. hitler ist zwar gestorben und viele nazis wurden bestraft aber dennoch wurden 6 millionen juden ausgelöscht.

und es betrifft immer noch viele, auch mich.

ich komme aus einer jüdischen familie und mein großvater war in treblinka und ist nur am leben geblieben weil er sich in einem kartoffelsack versteckt hat und dann irgendwie geflohen ist. meine großmutter war damals im jüdischen viertel in der ukraine. meine urgroßeltern väterlicherseits hatten weniger glück. sie wurden beide deportiert und kamen nie wieder.

Oppulus  20.03.2025, 09:47
@artist23

Ich habe mich viel mit dem Holocaust beschäftigt, vor allem als ich jünger war.

Es gibt viele Leute die, auch aus durchaus nicht verwerflichen Motiven, den Holocaust nur als einen weiteren normalen Genozid hinstellen wollen.

"Sowas hat doch jeder. Es ist eine Familienschande. Die Amerikaner haben die Indianer ausgerottet, die Briten haben in Indien gewütet, die russen sind sowieso groß im Völkermorden... Und der Holocaust ist eben unser Ding."

Doch der Holocaust. Der war aus so vielen Gründen besonders.

Auch weil man es den Deutschen nicht zugetraut hat! Die Deutschen haben einen Völkermord an den Hereros begangen. Das war aber über 30 Jahre vor dem Holocaust! Und begangen wurde er von deutschen Soldaten in Afrika- weit weg von der Öffentlichkeit. Und begangen wurde er nicht an europäisch aussehenden Juden die man äußerlich nicht vom Deutschen unterscheiden kann, es waren Schwarze (es ist traurig, dass dies einen Unterschied macht, aber das ist ein Fakt).

Und weißt du was passierte als dieses Vorgehen in Deutschland bekannt wurde? Es gab massive und breite Kritik! Man verurteilte es! Man fand es abstoßend! Man empfand es als Fleck auf der deutschen Ehre. Man war doch nach Afrika gegangen um den schwarzen Mann zu zivilisieren, nicht um ihn zu töten!

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Je mehr man sich damit beschäftigt desto deutlicher wird wie deutsch der Holocaust war. Wie ich oben schon schrieb: Eine Perversion von all dem Guten das man uns nachsagt.

Sogar unsere Empfindlichkeit! Es gibt Nazi-Schriften die sinngemäß sagen: "Wie edel wir sind, dieses Opfer auf uns zu nehmen. Wir begehen diese Verbrechen (sie wussten, dass es Verbrechen waren), damit die Nachwelt ohne das Joch der Juden leben kann." Was für eine abstoßende Perversion von Opferbereitschaft und historischer Verantwortung.

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Ich komme ins Plaudern. Ich denke mein Punkt ist klar. Ich wollte deinen lieben Kommentar nicht unbeantwortet lassen.

selbstverständlich!

das einige, was am Holocaust (bisher) einzigartig war, ist die *industrielle Form* der Massenvernichtung/des Genozids. alle andren Aspekte daran gab es vorher und nachher immer wieder mal.