Meinung des Tages: Ist die Rückkehr zu 19% MwSt in der Gastronomie sinnvoll?
In den vergangenen Monaten sind die Lebenserhaltungskosten stark angestiegen - Heizen und Tanken wurden teurer und auch bei den Lebensmitteln zogen die Preise stark an. Für viele Menschen ist deshalb Sparen mehr angesagt denn je - was zur Folge unter anderem auch hat, dass ein Besuch im Restaurant finanziell kaum noch möglich ist - und das, obwohl in der Gastronomie noch ein reduzierter Mehrwertsteuersatz gilt. "Noch" ist dabei das Stichwort, denn die Ampel hat sich nun darauf geeinigt, zum alten Steuersatz (19%) zurückzukehren.
Warum es in der Gastronomie den reduzierten Steuersatz (7%) gab
Während der Hochzeit der Corona-Pandemie blieben viele Gaststätten über einen sehr langen Zeitraum geschlossen. Viele dieser Betriebe waren auf Staatshilfen angewiesen. Zudem wurde die Mehrwertsteuer bei Speisen von 19% auf sieben Prozent gesenkt. Doch damit soll nun bald Schluss sein, die Regelung des reduzierten Steuersatzes soll zum Ende des Jahres auslaufen.
Gemischte Reaktionen bezüglich der Mehrwertsteuer
Gastronomen befürchten aufgrund des Entschlusses zur Rückkehr zur alten MwSt. eine Pleitewelle. Die Preise im Alltag seien sowieso bereits so hoch, dass Essengehen für viele ein seltener Luxus geworden ist. Werden die Preise nun durch den höheren Regelsatz noch weiter erhöht, so könnte daraus folgen, dass die Menschen bei sich zuhause essen und höchstens noch auf ein Getränk in den Gastronomie-Betrieb kommen, so beispielsweise die Sorge von Catalina Kremers da Palma, einer Restaurantbetreiberin aus Saarbrücken. Auch Johannes Schäfer, welcher sowohl ein Restaurant als auch ein Hotel-Restaurant leitet, befürchtet ernsthafte Konsequenzen durch die Rückkehr zur alten MwSt. So müsse dadurch unter anderem an Lebensmitteln gespart werden. Artgerechte Tierhaltung könnte noch mehr in den Hintergrund rücken. Auch auf billigere Verpackungen, die häufig viel Plastik enthalten, müsste vermehrt zurückgegriffen werden. Zu guter Letzt fallen potentiell notwendige Sparmaßnahmen aber auch besonders auf das Personal zurück - hier drohen dann Stellenstreichungen.
Eine Umfrage der DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) hat ergeben, dass um die 12.000 Betriebe im Falle einer Erhöhung der Mehrwertsteuer schlichtweg schließen werden. Als Beispiel: Im Saarland würde das von insgesamt 2250 Gastronomiebetrieben allein schon 150 Betriebe betreffen. Das entspricht rund 6,7% der Gaststätten im ganzen Bundesland.
Dem gegenüber stehen die Meinungen von Wirtschaftsexperten. Eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent ist in ihren Augen nicht tragbar. Friedrich Heinemann vom Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung findet die Subventionierung der Gastronomie während der Krise zwar sinnvoll, doch in seinen Augen sei diese vorbei. Krisenmaßnahmen müssen laut ihm gezielt und vor allem zeitlich befristet sein. Durch die derzeitige niedrige MwSt verzichte der Staat auf sehr viel Geld, welches er dringend benötigen würde. Weiter sagt Heinemann, dass der Staat es sich nicht leisten könne, durch dauerhafte Subventionierung Betriebe am Leben zu erhalten, welche ohne entsprechende Unterstützung nicht funktionieren würden.
Ein weiteres seiner Argumente bezieht sich auf den Anreiz, welcher durch eine niedrige MwSt geschaffen wird - Deutschland sei im OECD (Organization for Economic Co-operation and Development) eines der Länder mit der geringsten Arbeitszeit. Eine dauerhafte Subventionierung, so Heinemann, würde die Menschen dazu anregen, noch mehr Zeit beispielsweise in Restaurants zu verbringen - statt zu arbeiten.
Unsere Fragen an Euch: Sollte die MwSt bei sieben Prozent bleiben? Würdet Ihr bei einer weiteren Preissteigerung noch zum Essen gehen oder ist das für euch allgemein weniger von Interesse? Könnt Ihr die Argumentationen der beiden Seiten nachvollziehen, welcher stimmt Ihr mehr zu? Welche Folgen drohen Eurer Meinung nach bei beiden Szenarien?
Wir freuen uns auf Eure Antworten!
Viele Grüße und einen guten Start in die Woche wünscht Euch
Euer gutefrage Team
Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/lindner-mehrwertsteuer-gastro-100.html
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/dehoga-mehrwertsteuererhoehung-gastgewerbe-100.html
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/zew-mehrwertsteuer-restaurants-ungerecht-100.html
Das Ergebnis basiert auf 312 Abstimmungen
81 Antworten
Bei uns in Österreich hat es keine reduzierten Steuersätze für die Gastronomie gegeben, wobei die Mehrwertsteuer in der Gastronomie bei uns sowieso etwas komplexer ist. Für Speisen gilt der halbe Steuersatz (10%), für Getränke und alle anderen gastronomischen Angebote der volle (20%).
Trotzdem haben die meisten Gastronomiebetriebe bei uns überlebt und dass es einige nicht überlebt haben ist vielleicht sogar ganz gut, denn etwas Konsolidierung auf dem Markt nimmt da auch den Druck raus. Ein dauerhaftes Überangebot kann ja auch niemand wollen und nützt auch niemandem.
Das größte Problem der Gastro-Branche ist bei uns aber sowieso nicht, dass zu wenig Gäste zu bewirten seien, sondern dass man kaum mehr ausreichend und vor allem auch gutes/brauchbares Personal findet, um die verschiedenen Aufgaben in einem gastronomischen Betrieb zu bewältigen.
Ja schon, aber wie man auch in dem von dir verlinkten Beitrag lesen konnte, gingen diese Hilfen vor allem an Konzerne und Großbetriebe. Der Gastwirt an der Ecke oder der Betreiber eines kleinen familiengeführten Hotels hat davon nur ziemlich wenig gesehen.
Oha, okay, das wusste ich tatsächlich auch nicht. Das macht die ganze Sache natürlich noch viel komplizierter. Ich denke, dass es hier sogar im Interesse der Wirte liegt, wenn sie einen einheitlichen Steuersatz für alle ihre Dienstleistungen zahlen müssen. Das würde das Kassieren jedenfalls erheblich vereinfachen.
Die Sieben Prozent hätten bleiben müssen. Diese Erhöhung zeigt das man auf die Versprechungen der Aktuellen Regierung auf keinen Fall zählen kann und das ihnen auch total egal ist was sie versprechen. Es werden noch mehr Gastronomien dafür verschwinden und auch mehr Menschen werden Arbeitslos wie aber auch viele Teilzeit wie auch Minijober verlieren ihre Arbeitsplätze.
Die Gastronomie hat durch Corona (trotz angeblichen Subventionen) gelitten, die Energiepreise steigen (weil die Regierung nur das Klima retten möchte /weltweit höchste Strompreise), die Auflagen haben sich verschärft usw.
Irgendwann wird es die Gastronomie nicht mehr geben, außer Großkonzern wie Burger King, Mc Donalds usw.
Früher hat man gesagt, wir produzieren eine Menge und haben technisches Know How...... heute kommen die Meisten Produkte aus Fernost, weil wir es nicht mehr preislich schaffen.....
Naja: Essen gehen ist halt Luxus und warum soll das nicht als Luxus besteuert werden?
Eine dauerhafte Subventionierung, so Heinemann, würde die Menschen dazu anregen, noch mehr Zeit beispielsweise in Restaurants zu verbringen - statt zu arbeiten.
Aber einen so kompletten Unsinn muß man auch erstmal bringen. Man sollte danach vor allem den Bau von Betten stark besteuern, denn die meiste Nichtarbeitszeit verbringt der Arbeitnehmer im Bett.
Für Menschen die viel unterwegs sind ist Essen gehen kein Luxus sondern eine Notwendigkeit.
Wieso das? Man kann auch sein Essen mitnehmen. Und das geht einfach, solange man arbeiten und aufstehen kann .
Natürlich kocht man nicht im LKW (obwohl ich auch das schon gesehen habe) sondern nimmt zubereitetes Essen mit.
Sehr komplexes Thema, aber ich würde tendentiell die Rückkehr befürworten, da Essen gehen (anders als bloßer Lebensmittelkauf) eine Luxusdienstleistung ist. Niemand *muss* in ein Restaurant gehen, um zu überleben.
Es wäre also sinnvoll, solche Dinge zu verteuern und dafür "normale" Lebensmittelkäufe steuerlich zu reduzieren.
Gerade Steuern auf Grundnahrungsmittel sind im Wesentlichen pro-Kopf-Steuern und treffen Arme überproportional, im Sinne des Sozialstaats sollten Dinge wie Brot oder Nudeln eigentlich umsatzsteuerfrei sein.
Wurden die bei euch nicht auch künstlich am Leben gehalten?
https://kontrast.at/groessten-corona-hilfen-oesterreich/