Bestandsschutz nun verloren?

4 Antworten

Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten:

Es gibt in der Elektrotechnik keinen Bestandsschutz. Gab es auch noch nie. Das, was du meinst, ist die "Nachrüstpflicht" eines Fehlerstromschutzschalters (RCCB) bei Veränderung der Elektroinstallation. Wobei es auch hier keine Nachrüstpflicht gibt.

Es ist allerdings so, dass die Arbeiten an einer Elektroinstallation immer den derzeitigen Normen und Vorschriften entsprechen müssen. Solange sich der Verwendungszweck einer elektrischen anlage nicht ändert und sie auch nicht erweitert wird, muss sie nur den Normen entsprechen, die damals bei der Errichtung gültig waren. Sonst müsste man ja jede Elektroinstallation nachrüsten, sobald es eine neue Vorschrift gibt. Solange es sich also nur um Instandhaltungsarbeiten (sprich Reparaturen) handelt, müssen keine aktuellen Vorschriften eingehalten werden, sondern nur die, die bei der Errichtung der Anlage gültig waren. Sobald aber die Elektroinstallation umgebaut oder in einem bestimmten Maß erweitert wird, muss die komplette Anlage den aktuellen Vorschriften entsprechen.

Was das Thema "Erweiterungen" angeht, ist die VDE aber sehr schwammig formuliert. Es ist also nicht klar festgelegt, ab wann es sich um eine ausreichende Nachrüstung handelt, wodurch die aktuellen Normen eingehalten werden müssen. Wenn es sich hierbei nur um eine Steckdose handelt, bin ich der Ansicht, dass man nicht unbedingt die komplette Anlage auf den neuesten Stand setzen muss.

Solltest du aber noch keinen RCCB in der Elektroverteilung haben, solltest du den definitiv nachrüsten lassen. Auch wenn es nicht unbedingt vorgeschrieben ist. Immerhin retten diese Teile regelmäßig Menschen das Leben. Die sind nicht umsonst schon seit vielen Jahren Pflicht. Es sollte also im eigenen Interesse jedes Hausbesitzers liegen, dass so ein Fehlerstromschutzschalter verbaut ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Elektrofachkraft im Kunden- und Wartungsdienst
Diese wurde nachträglich, nach 1983 hinzugefügt.

Die Frage ist, wann genau nach 1983? Ab 1984 war dieser nur für Feuchträume vorgeschrieben (Räume mit Bad/Dusche), ab 2007 erst für alle Steckdosenstromkreise. Es kommt immer auf das Datum der Änderung an, welche Normenversion da gerade gültig war und was diese beinhaltete... Wenn die Elektroinstallation bzw die Änderung zu dem Zeit dem Stand der Technik entsprach, so ist diese ggf auch noch ohne RCD gültig, sofern diese als TN-S angeschlossen und nicht klassisch genullt ist. Die allgemeine Pflicht, alle Steckdosenstromkreise mit RCD auszurüsten kam erst wesentlich später. Heute mpssen auch alle Leuchtenstromkreise über einen RCD verfügen. Von daher ist hier eine pauschale Aussage nicht möglich, nur weil diese nach 1983 installiert wurde...

Wurde diese also z.B. letztes Jahr installiert, dann muss sie nach aktuell gültiger Norm als TN-S und mit RCD ausgeführt sein. Da würde aber tatschlich der Rest nicht drunter fallen, weil nur der neu errichtete Anlagenteil dieser Norm entsprechen muss. Es wäre sogar gültig, an dem Abgriff einen RCD zu setzen und TN-S zu verdrahten, wenn der Rest noch klassisch genullt wäre. Oder eine RCD-Steckdose zu setzen, und auf einen getrennten RCD zu verzichten. Auch dann wäre der REst der Installation noch gültig, trotz Nachrüstung einer Steckdose. Gab es noch keine RCD-Pflicht für alle Steckdosenstromkreise, muss auch keiner nachgerüstet /vorhanden sein.

  1. Wie alt ist das Haus?
  2. Welche Probleme hast du genau in diesem Zusammenhang?
  3. Woran machst du fest, dass die Installation nach besagtem Datum durchgeführt wurde?
  4. Für die offene Dose untendrunter gibt es keinen Bestandschutz - nichtmal eine Existenzberechtigung - Es handelt sich hierbei um Elektropfusch!

"Bestandschutz" im Zusammenhang mit Elektroinstallationen bedeutet: Wurde damals was fachgerecht installiert, was durch nachträgliche Änderungen der Bauschriften im Laufe der Zeit in dieser Form nicht mehr zulässig wäre, muss es nicht an das neue angepasst werden, solange es nicht geändert wird.

Für Elektropfusch gibt es also keinen Segen, der Krempel da muss in jedem Fall weg oder nachgebessert werden (wenn der Leitungstyp stimmt und auch im Inneren sauber gearbeitet wurde, ist das Thema durch Nachrüsten der fehlenden Abdeckung höchstwahrscheinlich erledigt, da eine Elektroinstallation durchaus hässlich sein darf, solange sie betriebssicher ist^^).

Wenn das Haus von 1983 ist und die Leitungen noch im guten Zustand sind und sämtlicher Elektropfusch ausgebessert oder entfernt wurde, sollte sich die Installation durch Ergänzen eventuell fehlender FI-Schutzschalter technisch wieder auf einen aktuellen Stand bringen lassen, so dass sich das Thema gar nicht ergibt.

Dieses Bestandschutzthema ist eher für uralte Installationen aus den 70ern oder noch älter, die sich ohne komplette Neuinstallation nicht auf Stand bringen lassen.

Besprich das am besten mal mit einem Elektriker vor Ort, was gemacht werden muss.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.

Auf welchen Bestandschutz beziehst du dich?

Die offene Verteilerdose unter der Steckdose hat zumindest keinen Bestandsschutz.

FeLo15 
Fragesteller
 26.08.2023, 19:55

Hi, danke für deine Antwort!

Mir geht es um den grundsätzlichen Bestandsschutz der Elektrik. Wir sind zur Miete in das Haus gezogen doch leider passt hier so einiges nicht… Laut Internet verliert alte Elektrik den Bestandsschutz wenn man in diese nach dem Jahre 1983 eingreift. Ist das in dem Fall passiert? 🤔 FI gibt es jedenfalls auch nicht.

Viele Grüße!

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FeLo15 
Fragesteller
 26.08.2023, 20:07
@Asardec

Vielen Dank! Das hilft mir sehr weiter!

Zwei letzte kurze Fragen: Weißt du ob die Norm bedeutet dass der Vermieter zur rechtmäßigen Instandsetzung nun verpflichtet ist oder ist die Norm lediglich eine Art Empfehlung, wie es eigentlich sein sollte? Und muss nun die gesamte Elektrik im Haus erneuert werden oder kann die Steckdose einfach entfernt werden?

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Asardec  26.08.2023, 20:25
@FeLo15
Instandsetzung bezieht sich auf Maßnahmen, die bei bereits eingetretenen Mängeln und Schäden zur Wiederherstellung eines früheren bestimmungsgemäßen Zustandes dienen.

(Zitat aus einer Suchmaschine)

Wenn deine Elektroinstallation defekt ist, muss dein Vermieter diese wieder in Stand setzen. Bei der Instandsetzung erlischt nicht der "Bestandsschutz".

In wie weit Normen zu befolgen sind ist schwer zu erklären. Tatsächlich sind Normen nicht direkt verpflichtend. Allerdings werden die meisten Normen durch z.B. eurem Stromversorger (der, der den Hauszähler stellt) als verpflichtend vorausgesetzt um überhaupt Strom zu bekommen.

In der Theorie kann die Steckdose einfach wieder entfernt werden um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Wende dich am besten mal an euren Stromversorger und frage da nach. Im Idealfall setzen die sich dann mit euren Vermieter auseinander.

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