Kann man mir noch helfen?
Hallo,
ich bin ein Mädchen, 18 und ich habe jetzt schon seit dem ich 13 bin oftmals Panikattacken.
Am Anfang dachte ich wäre es schon schlimm aber mittlerweile ist es viel schlimmer geworden. Ich dachte immer es würde vielleicht von alleine weggehen. Ich wusste aber schon damals, dass es nicht normal war das ich Panik hatte in Momenten wie beim Einschlafen, aber es war halt wirklich immer nur in Phasen.
Also wenn es nicht zu verwirrend ist: Es hat 2020 angefangen und jetzt ist es 2025, also 5 Jahre. Durch die Phasen aber denke ich hatte ich jetzt nur ca. 3,5 bis 4 Jahre „panische Phasen“.
Auf jeden Fall ist es jetzt schlimmer als je zuvor. Meine Panikattacken sind mittlerweile einfach nur noch Todesangst. Ich schlafe vor lauter Erschöpfung ein und der kleinste Trigger sorgt für schlimme Attacken. Sei es eine schlechte Nachricht im Fernseher oder ein Atemzug den ich nicht ganz hinbekommen habe. Mein ganzer Körper zittert und ich atme einfach so unregelmäßig was mich noch nervöser macht. Mittlerweile reicht auch nicht mehr nur ein Glas Wasser, ich muss wirklich an die frische Luft gehen und spazieren oder irgendetwas machen was mich ablenkt. Ich habe eine Handysucht entwickelt weil es mittlerweile eins der wenigen Dinge ist die mich genug ablenken damit ich nicht noch nervöser werde.
Ich fühle mich kurz und knapp gesagt einfach komplett überfordert und fertig. Ich kann einfach nicht mehr und mit jeder weiteren Attacke verliere ich wieder die Hoffnung das es mir jemals wieder besser gehen kann. Ich bin davon überzeugt das es eine Angststörung ist und ich will mir Hilfe suchen aber da stelle ich mir halt die Frage ob man mir überhaupt noch helfen kann oder es schon zu spät ist. Weil in diesen ganzen Jahren jetzt kam es auch zu Phasen in denen ich Derealisation erlebt habe. Und jetzt spüre ich wie es wieder zurückkommt und es macht mir nur noch mehr Angst.
Ich hoffe das mir jemand antworten kann der schonmal mit sowas zu tun hatte oder sich fachlich gut damit auskennt.
Danke im Voraus
14 Stimmen
Warum hast du denn solche Attacken wie war denn deine Kindheit
Meine Kindheit war eigentlich ganz gut. Ich weiß selber nicht wieso. Ich habe es irgendwie einfach mit der Zeit selber entwickelt weil ich mir über alles einen Kopf mache
7 Antworten
Ich denke schon, dass dir geholfen werden kann. Dazu benötigst du allerdings professionelle Hilfe. Und ich bin mir sicher, dass du es schaffst dir diese zu suchen, auch wenn es schwer fällt
Zunächst einmal ein definitives JA, "man" kann dir (noch) helfen. Du hast es ja schon über Jahre probiert und stellst fest - und das ist schonmal der erste Schritt, dass du es alleine nicht schaffst die Attacken in den Griff zu bekommen.
Wir Menschen sind soziale Wesen und nicht dafür geschaffen, alles alleine zu bewältigen. Für ganz viele Dinge im Leben braucht es eine Gemeinschaft, bzw. Menschen die einen hilfreich zur Seite stehen. Und in deinem Fall wären das Psychotherapeuten*innen, die darauf spezialsiert sind hilfreiche Impulse zu geben, wie du dir bestmöglich selbst helfen kannst.
Für Angst und Panikstörungen gibt es sehr effektive Therapien - wenn man sie nutzt. Der Sinn und Zweck einer Therapie ist es, dir "Werkzeuge" an die Hand zu geben dich selbstwirksam zu regulieren. Das heißt, dass erwartet wird, dass du in einer Therapie mitarbeitest, i.S.v. Hilfe zur Selbsthilfe.
Panikattacken haben ihre Gründe (der Ursprung könnte zweitrangig sein). Ein Teil deines Gehirns signalisiert dir eine akute existentielle Bedrohung - obwohl diese "objektiv" gar nicht vorhanden ist, und dein Körper reagiert demensprechend, was zutiefst verstörend und unangenehm ist.
Wenn ich dir etwas anraten dürfte: Warte nicht mehr, kümmere dich um eine Angsttherapie. Je länger du wartest (und die Wartelisten sind schon eh ziemlich lang), desto länger dauert es bis du die Attacken im Griff hast, bzw. die Steuerung über sie übernehmen kannst (Auch mit der Frage: "Wer hat hier das Sagen? Die Angst oder ich?").
Vielleicht noch eine Anmerkung: es gibt unterschiedliche Therapieschulen - manche mehr, manche weniger geeignet für Angststörungen, manche etwas kürzer, und bei einigen dauert es sehr lange. Deine Geschichte, also deine Vergangenheit ist schon wichtig, sollte aber nicht der Hauptbestandteil einer Therapie sein, sondern eher der aktuelle Zustand, und der Ausblick in eine gewünschte Zukunft. Bei Angstsymptomatiken haben sich die Verhaltenstherapie und die Systemische (oder Hypno-Systemische) Therapie sehr bewährt.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen
Sorry, nur du alleine kannst die "passende" finden - durch probieren. Niemand kann in deinen Kopf hineinschauen und wissen was für dich stimmig ist, und was nicht. Und es ist sehr wichtig, dass sich eine Therapie (auch wenn sie manchmal herausfordernd ist) stimmig anfühlt, dass kein Zwang ausgeübt wird ("du musst..."). Und das gilt auch für die Therapeuten*innen - ein/e Therapeut/in mit der "besten" Therapiemethode wird für dich nicht hilfreich sein, wenn du dich nicht gut aufgehoben fühlst - und umgekehrt.
Die Verhaltenstherapie hat sich auch in den letzten Jahren verändert. Früher wurde nur auf das Symptom geschaut - mit der Gefahr, dass das Symptom durch eine Verhaltensänderung zwar verschwindet, dafür aber ein neues Symptom auftauchte (Symptomverschiebung), weil die Ursache nicht berücksichtigt wurde. Auch diese Haltung (nur symptomorientiert) hat sich bei den meisten Verhaltenstherapeuten*innen inzwischen geändert.
Ich könnte mir vorstellen, dass auch die Systemische Therapie für dich passend sein könnte: Da geht es auch um deine Beziehung zum Symptom und die Frage, wofür steht das Symptom, und welche "Botschaft" vermittelt es? Welche unbefriedigten Bedürfnisse (z.B. das Bedürfnis nach Sicherheit) führen zu diesem Symptom, und wie könnten diese Bedürfnisse (auch aus den eigenen Ressourcen) so befriedigt werden, dass das Symptom nicht mehr auftauchen muss?
Hilft dir das ein wenig weiter?
Hallo,
ja, Dir kann geholfen werden, da bin ich mir sehr sicher!
Danny59 hat es schon sehr gut erklärt, dem möcte ich aber noch gerne etwas hinzufügen. Vielen Dank dafür Danny59.
Panikattacken kommen nicht einfach so aus dem Nichts. Das bedeutet, Du musst irgendwas schlimmes erlebt, gesehen oder gehört haben. Das kann auch schon sehr lange zurück liegen.
Es gibt die Möglichkeit Dich mit Psychotherapie zu behandeln. Keine Anngst, deshalb bist Du nicht verrückt oder so. Nein, ganz im Gegenteil.
Wenn Dein Hausarzt Dir die Psychotherapie verordnet, zahlt sie sogar die Krankenkasse.
Der Psychotherapeut muss zunächst ersteinmal herausfinden, ob es sich bei Dir um eine Panikattacke oder um eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) handelt. Die Panikattacke ist eine Vorstufe der PTBS.
Du brauchst dann aber einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin, der / die sich auf Traumabehandlung spezialisiert hat. Auch in der Psychotherapie gibt es Fachgebiete, so wie bei Ärzten. Die nützt also keine Therapie im Gebiet Fammilientherapie, sondern Du brauchst das Fachgebiet Traumabehandlung.
Das ganze läuft so ab, dass Du einen Therapeutin oder eine Therapeutin in diesem Fachgebiet finden musst. Dann gibt es ein erstes Kennenlerngespräch, welches kostenlos ist. Dabei sollst Du feststellen, ob der Therapeut Dir sympathisch und vertrauenswürdig ist und der Therapeut soll dabei feststellen, ob er Dir helfen kann und mit welcher Therapieart. Danach beginnt die Behandlung, bei der Du auch bestimmte Hausaufgaben bekommmst, die Du bis zum nächsten Termin erfüllt haben musst. Du wirst bei der Therapiebehandlung gut gefordert werden, was aber normal ist.
Die Therapie / Behandlung wird nicht mit einem Mal fertig sein, sondern sie wird sich hinziehen, was aber auch normal ist. Weil Dir ja auch immer die Möglichkeit gegeben wird, das erlernte umzusetzen. Dann wirst Du oder der Therapeut zwischendurch Mal krank sein, also jetzt nicht durch die Behandlung, sondern Grippe, oder ähnliches oder der Therapeut geht auch Mal in Urlaub, aber das ist alles normal. Je nach dem wie stark Deine Panikattacke oder PTBS ist, zieht sich so eine Behandlung über mehrere Monate hin. Auch das ist normal.
Ich selbst habe mit PTBS und Panikattacken meine Erfahrung gemacht. Schuld daran war bei nir ein sehr schwerer Autounfall, bei dem ich mit einer Geisterfahrerin zusammen gestoßen bin und den Unfall gerade so noch überlebt habe. Kurz nach dem Unfall habe ich eine PTBS - Behandlung bei einer sehr erfahrenen Psychotherapeutin gemacht, die sich sicher war, daß ich ohne Behandlung nie mehr in meinem Leben in ein Auto eingestigen wäre. Jetzt 7 Jahre nach dem Unfall habe ich Panikattacken, wenn ich Blaulicht sehe oder beim Auto fahren ein Rettungsfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn durchlassen muss. Deshalb bin ich bei der gleichen Therapeutin wie bei der PTBS.
Bei der PTBS konnte sie mir wirklich gut helfen und bei den Panikattacken merke ich schon, dass sie weniger schlimm werden.
Deshalb bin ich davon überzeugt, dass Du erfolgreich therapiert werden kannst. Ich glaube an Dich und wünsche Dir dabei viel Erfolg.
Alles Gute
Kiebe Grüße aus Unterfranken.
Danke, dass du den Mut hattest, das alles so offen zu schreiben. Ich lese deine Zeilen mit viel Respekt – und mit dem klaren Gefühl: Ja, man kann dir helfen. Es ist nicht zu spät. Überhaupt nicht.
Was du erlebst, klingt nach etwas, das viele Menschen mit einer Angststörung oder Panikstörung gut kennen – auch wenn jeder Mensch es etwas anders beschreibt. Du schilderst es sehr eindrücklich: Einschlafängste, körperliche Überforderung, Derealisation, und dieser innere Kreislauf aus Angst vor der Angst. Es ist nachvollziehbar, dass du irgendwann denkst: Vielleicht komme ich da nie wieder raus. Aber gerade, dass du jetzt trotzdem schreibst, trotz all dem Erschöpftsein, zeigt: In dir ist noch etwas Lebendiges. Etwas, das Hilfe will – und verdient.
Was du beschreibst, ist ernst. Aber nicht aussichtslos.Es gibt Hilfe. Und ja – sie kann auch nach mehreren Jahren noch sehr wirksam sein. Angststörungen sind behandelbar. Oft nicht über Nacht, aber mit der richtigen Unterstützung kannst du wieder Boden unter den Füßen spüren.
Ein paar Dinge, die dir helfen könnten, zu verstehen, was gerade in dir passiert:
1. Du bist nicht „kaputt“ – du bist überlastetPanikattacken und Derealisation entstehen oft dann, wenn das Nervensystem über längere Zeit im Dauerstress war. Es ist, als hätte dein innerer Alarm nicht mehr ausgeschaltet – weil er sich irgendwann nicht mehr sicher gefühlt hat. Du bist also nicht „verrückt“ – dein System ist einfach ständig in Alarmbereitschaft, weil es dich beschützen will. Leider erzeugt genau das die Symptome, die dich so ängstigen.
2. Derealisation ist ein SchutzmechanismusDieses Gefühl, „nicht richtig da zu sein“ – oder als wäre alles unwirklich – ist oft eine Art Notbremse der Psyche. Es wirkt unheimlich, aber es ist kein Zeichen, dass du „verloren gehst“. Es ist ein Signal: Zu viel Input, zu wenig Sicherheit. Und es lässt sich Schritt für Schritt zurückentwickeln, wenn du lernst, deinem Körper wieder Vertrauen zu geben.
3. Hilfe ist möglich – auch jetzt nochAuch wenn du denkst, dass es „zu spät“ sei: Das ist ein Trugschluss, den viele erleben, die so lange durchhalten mussten. Je länger man allein kämpft, desto mehr wächst die Verzweiflung. Aber es gibt sehr gute therapeutische Ansätze, die genau für das gemacht sind, was du durchlebst – zum Beispiel:
- Traumasensible Verhaltenstherapie
- Somatische Arbeit mit dem Nervensystem (z. B. Polyvagal-Ansatz)
- Atemtherapie, Achtsamkeit, Körperorientierte Verfahren
- Und in akuten Fällen: medikamentöse Unterstützung, wenn nötig
Du musst nicht wissen, welcher Weg für dich der richtige ist – aber du darfst wissen: Es gibt Wege.
4. Was du jetzt tun kannst (realistisch und machbar)- Stabilisierung statt Selbstoptimierung: Es geht nicht darum, sofort „funktionieren“ zu müssen. Sondern erst einmal darum, dich sicherer zu fühlen. Ein fester Tagesablauf, regelmäßiges Trinken und Essen, kleine Atemübungen – das klingt banal, aber es hilft deinem Nervensystem, sich wieder zu orientieren.
- Vermeide die Angstspirale durch Information: Viele googeln sich in die Verzweiflung. Versuch lieber, eine verlässliche Quelle oder ein Buch zu wählen, das dich nicht triggert, sondern beruhigt. Ich kann dir auf Wunsch eines empfehlen.
- Spreche mit deinem Hausarzt über einen Überweisungsschein für eine psychotherapeutische Erstberatung – auch wenn es dauert, auf einen Platz zu kommen. Parallel dazu kannst du dich bei einem sozialpsychiatrischen Dienst melden (gibt’s in jeder größeren Stadt, kostenlos und ohne lange Wartezeiten).
„Kann man mir noch helfen?“
Ja. Ja. Ja.
Du brauchst Hilfe, ja – aber du bist nicht „verloren“. Nicht zu spät. Nicht zu schwer.
Du bist eine junge Frau mit einem überlasteten Nervensystem, die seit Jahren versucht, allein zurechtzukommen – und die jetzt spürt: Es geht so nicht mehr.
Das ist kein Versagen. Das ist ein mutiger Punkt.
Wenn du willst, kann ich dir auch ganz einfache Stabilisierungstechniken für den Alltag erklären. Sie helfen dir vielleicht nicht sofort gegen alles – aber sie können den Kreislauf durchbrechen, in dem dein Körper und dein Kopf sich gegenseitig hochschaukeln.
Du bist nicht allein. Und du musst nicht mehr alles allein tragen.
Meld dich gern – ich lese mit offenem Herzen.
Herzliche Grüsse
Ralf
Es kann immer geholfen werden. Ob es eine Therapie ist, oder vielleicht eine Klinik. Es klingt schlimm aber es hilft, nur schon um sich mehr zu überlegen. Ja, ich bin 13 aber habe selber meine Sachen und war auch schon in verschiedenen Therapien, Kliniken.
So wie ich es verstanden habe wohnst du Zuhause (du bist jedoch volljährig also bin ich mir nicht sicher). Vielleicht würde es helfen mit deinen Eltern nach einer guten professionellen Hilfe zu suchen, lass dir Zeit es gibt sehr viele Therapeuten die extrem unprofessionell sind, oder einfach nicht passen.
Ich hoffe es wird besser!
Dankeschön, ich habe schon öfters über Verhaltenstherapie gelesen und dachte damals immer dass es das richtige für mich sei aber irgendwie lese ich immer öfter das Verhaltenstherapie bei sowas nicht wirklich hilft. Wissen sie vielleicht mehr als ich was das angeht? Es gibt ja so viele Formen und ich will wirklich die passendste wählen