Meinung des Tages: Stadt“flucht“ als Lösung für die Wohnungsnot?
Bauministerin Geywitz wollte eigentlich neue Wohnungen bauen. Denn: eine bezahlbare Wohnung in einer Großstadt zu finden, das kann eine massive Herausforderung sein. Doch nun hat sie eine neue Idee. Sie will versuchen, Menschen dazu zu bewegen, aufs Land oder in kleinere Städte zu ziehen.
Wohnungsnot und -leerstand
In Deutschland stehen knapp zwei Millionen Wohnungen leer, allerdings eben nicht in Großstädten und Metropolregionen. Hier besteht ein riesiger Wohnungsbedarf. Geywitz erklärte, dass eine Strategie gegen diesen Leerstand vorgelegt werden soll.
Die Bauministerin hat schon letztes Jahr dafür geworben, aufs Land zu ziehen. Ihrer Aussage nach sei der ländliche Raum besonders für Familien attraktiv, da er eine hohe Lebensqualität bieten würde.
Fehlende Angebote als Problem
Aber was nutzt das Landleben abseits des Großstadtlärms, wenn es vor Ort keine Angebote gibt? Das Problem sieht auch Elisabeth Kaiser vom Bauministerium. Um das Leben auf dem Land attraktiver gestalten zu können, bedarf es einiger Voraussetzungen. Etwa die Möglichkeit auf mobiles Arbeiten, aber auch eine funktionierende und angemessene Infrastruktur, um die Mobilität zu verbessern. Aber auch eine soziale Infrastruktur muss vorhanden sein – beispielsweise durch Kitas und Schulen.
Derzeit werden in Deutschland mehr Wohnungen gebraucht als entstehen. Die Ampel nahm sich vor, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen – als Vergleich: letztes Jahr wurden bundesweit 295.000 Wohnungen fertig.
Grabow als Beispielort
Wo Grabow jetzt genau liegt, dürften wiederum wenige wissen. Es ist eine Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern und er hat einen großen Vorteil, denn hier hält etwa der Regionalexpress vor Ort. Ungefähr 10.000 Menschen wohnen dort vor Ort, aber die Stadt ist dennoch leer. Junge Menschen sind überwiegend gegangen, die Alten geblieben.
Melissa Maldonado hat den Versuch gewagt. Eigentlich kommt sie aus New York und hat in Berlin gewohnt. Probeweise ist sie für fünf Monate nach Grabow gezogen. Und zwar zu einer älteren Dame, die mit 87 Jahren alleine in einem riesigen Bürgerhaus wohnt.
Maldonado sieht hier einen Vorteil für beide Seiten: Den Austausch zwischen den Generationen und das Teilen. Die Alten haben den Platz, die Jungen unterstützen beispielsweise dafür bei der Hausarbeit oder auch im Garten. Allerdings sieht sie auch, dass der Leerstand, beispielsweise bei gastronomischen Angeboten oder anderen Lokalitäten, ein Problem ist. Es gibt schlichtweg kein Angebot und dadurch kein reges Leben in der Kleinstadt – wenn mehr Menschen dort dauerhaft wohnen sollten, so sei es nötig, dass in Grabow mehr Leben einzieht.
Sprachlosigkeit bei der Union
Der baupolitische Sprecher der Union, Jan Marco Luczak erklärte, dass der Vorschlag ihn sprachlos gemacht hätte. In der Antwort der Bauministerin findet er keine sinnvollen Schlüsse, im Gegenteil, er erteilt dem Vorschlag eine glatte Absage und erläuterte, wenn dies die Antwort auf die Wohnungsbaukrise sei, so könne man das Bauministerium ebenso direkt abschaffen. Weiter betont er, dass die Ministerin lediglich von ihrem eigenen Versagen ablenken würde – nämlich eben davon, dass nicht, wie eigentlich versprochen, jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden.
Die Union spricht sich dafür aus, dass Bauen in Deutschland wieder günstig gemacht werden müsse, sodass Wohnungen entstehen können, die sich am Ende die Menschen auch leisten können.
Unsere Fragen an Euch:
- Habt Ihr persönlich Erfahrungen mit dem schwierigen Wohnungsmarkt in Deutschland?
- Lebt Ihr in einer Großstadt, Kleinstadt oder auf dem Land?
- Würdet Ihr in eine Kleinstadt oder aufs Land ziehen, bzw. wenn Ihr dort bereits lebt, sprecht Ihr euch für mehr Zuzug aus?
- Findet Ihr den Vorschlag der Bauministerin sinnvoll oder stimmt Ihr eher Luczak zu?
- Was müsste alles konkret getan werden, um das Landleben attraktiver zu gestalten? Ist hier am Ende vielleicht sogar mehr zu tun als „nur“ beim Bau der versprochenen Wohnungen?
Wir freuen uns auf Eure Antworten und wünschen Euch einen guten Start ins Wochenende.
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
Quellen
https://www.tagesschau.de/inland/geywitz-umzug-land-101.htmlhttps://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/geywitz-wohnungsnot-100.html
163 Stimmen
84 Antworten
Lebt Ihr in einer Großstadt, Kleinstadt oder auf dem Land?
Ich wuchs auf dem Land auf und lebte mit einigen Jahren Unterbrechung dort bevor es mich vor 15 Jahren in die Stadt zog.
Würdet Ihr in eine Kleinstadt oder aufs Land ziehen, bzw. wenn Ihr dort bereits lebt, sprecht Ihr euch für mehr Zuzug aus?
Müsste ich mir sehr gut überlegen. Weil es bringt ja nichts wenn man wo hinzieht und feststellt das manche Menschen, nicht alle!, solche sind mit denen man am besten nichts zu tun haben will.
Findet Ihr den Vorschlag der Bauministerin sinnvoll oder stimmt Ihr eher Luczak zu?
Ich finde den Vorschlag von Frau Geywitz nicht sinnvoll und würde auch Herrn Luczak eher nicht zustimmen. Das Problem ist schlussendlich ein Versagen bisheriger Politik, insofern auch von CDU und CSU.
Was müsste alles konkret getan werden, um das Landleben attraktiver zu gestalten? Ist hier am Ende vielleicht sogar mehr zu tun als „nur“ beim Bau der versprochenen Wohnungen?
Sehr viel und Ja.
Die Gemeinde wo ich aufwuchs hat keine Beschränkungen für Bauherren (welches Material, zum Beispiel fürs Dach, verwendet werden darf, und so weiter). Zwar gibt es Orte wo ich das nachvollziehen kann, weil sonst das Gesamtbild hin ist, aber es ist und bleibt auch ein Kostenfaktor.
ich lebe selbst auf dem Land , da kann nicht einer aus der Stadt einfach glauben ja ich zieh mal aufs Land . Der bekommt hier nämlich auch nicht mal eben eine Wohnung.
Er könnte eher ein Haus kaufen, oder Bauland aber nicht einfach ne 2 Zimmer Wohnung mieten.
Dazu kommt das man hier mobil sein muss ohne geht es nicht- ein Job den findet man auch nicht um die Ecke
Ich wuchs auf dem Land auf und lebte mit einigen Jahren Unterbrechung dort bevor ich vor 15 Jahren in die Stadt zog.
Er könnte eher ein Haus kaufen
Stimmt. Aber auch bei uns, zumindest im Dorf wo ich herkomme sind die Preise kaputt. Ein Haus wo man hätte drei Familien unterbringen können, baulich in sehr gutem Zustand und großem Grundstück wurde für 160.000 Euro angeboten und ging auch für den Preis weg. Bei anderen Objekten im Ort die danach auf den Markt kamen hatte ich den Eindruck, egal wie schlecht der Zustand des Hauses ist und egal wie klein, man will den gleichen Preis verlangen.
Dazu kommt das man hier mobil sein muss ohne geht es nicht- ein Job den findet man auch nicht um die Ecke
Am Anfang unserer Straße kaufte jemand ein altes Bauernhaus, renovierte es nach und nach und zog dann wieder in die Stadt. Als er im Dorfladen war sprach ich den Besitzer darauf an. Er sagte das es zwar viele Gründe gäbe auf dem Land zu leben und es auch eine schöne Gegend sein, er aber nicht mehr der jüngste ist, ans Alter denken müsse und die fehlende Mobilität das ausschlaggebende Argument für ihn war wieder in die Stadt zu ziehen.
Viele Menschen aus der Region wo ich herkomme pendeln zur Arbeit nach Euskirchen, Bonn oder Köln. Manche nach Koblenz oder Trier. Die meisten bilden Fahrgemeinschaften. Einige Hartgesottene nutzen Bus und Bahn. Ich sprach mal mit Menschen aus unserem Dorf die pendeln. Selbst wenn es damals schon das Deutschlandticket gegeben hätte, hätte es sich für sie nicht gelohnt. Mit dem Auto ist man in einer Stunde +/- in den Städten. Mit den Öffis doppelt so lange.
Wer sich eine Wohnung nicht leisten kann in der Stadt, der sollte dann mehr auf's Land ziehen.
In großen Städten sind Wohnungen generell teurer als auf dem Land sie es sind.
Sie hat in vielem, was sie dort sagt, schlicht Recht und die Hindernisse richtig identifiziert. Hätte ich Infrastrukturell die Möglichkeit in einem kleinen Dorf zu leben, ich würde es sofort machen. Als jmd., der aus einer Kleinstadt im Herzen des Ruhrgebiets stammt weiß ich, dass es die ideale Kombination ist, in seinem direkten Umfeld Zusammenhalt und menschliche Nähe vorzufinden, ebenfalls aber die Möglichkeit zu haben binnen weniger Minuten in der Großstadt zu sein.
Es müsste dann eine bessere Infrastruktur geben.
z.B
- Lebensmittelgeschäfte auch in kleineren Orten
- gut ausgestattete Hausarztpraxen in kleineren Orten
- Grundschulen und Kitas in geringer Entfernung ( per Fahrrad oder zu Fuß erreichbar)
- eine gute Busanbindung zu weiterführenden Schulen
- alternativen zum Auto ( guter ÖPNV, Rad und Fußwege).
Dann wäre es machbar.
Das kostet Geld was Gemeinden/ Komunen nicht haben . Und das der ÖPNV auf dem Land ausgebaut werden würde den Zahn kann man dir auch gleich ziehen. So kann man jeden Punkt den du angeführt hast - benennen.
Schulen und Kitae bauen , Haha es wird nicht einmal geschafft die seid Jahren maroden Gebäude zu sanieren . Zu guter letzt haben auf dem Land auch die Leute / Bevölkerung ein Wort mit zu reden; und dass was du angeführt hast würde keiner befürworten noch wollen . Wir wollen und werden unsere Gemeinschaft nicht aufgeben nur weil man in Städten kein Platz mehr hat .
Es wird nichts von dem passieren- schier unmöglich alleine aus gründen der fehlenden Mittel