Wieso ist der Dieselmotor so verteufelt?

9 Antworten

Wegen der Stickoxid- und Feinststaubemissionen.

Abgesehen davon, dass es Verbrenner fossiler Energieträger sind.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Bin beruflich mit Umweltschutz beschäftigt
checkpointarea  01.01.2021, 23:36

Da auch Benzinmotoren fossile Energieträger verbrennen, ist das zweite Argument irreführend.

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Kleidchen2  02.01.2021, 00:24
@checkpointarea

Die in der Frage gemeinten Dieselmotoren sind, ebenso wie die Benziner, alleine schon weil sie fossile Brennstoffe benötigen, umweltschädlich. Mir kam es darauf an, dass beide Motorentypen unmodern sind.

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Früher galten Diesel auch als umweltfreundlicher.

Wegen Feinstaub und NOx gelten Diesel nun aber (zumindest im urbanen Bereich) als problematischer.

checkpointarea  01.01.2021, 23:35
Früher galten Diesel auch als umweltfreundlicher.

Das war zu Zeiten, wo der Benziner keine Abgasreinigungsanlage hatte. Vieles hat sich inzwischen umgekehrt, zum Beispiel das mit dem Feinstaub. Von diesem emittieren Diesel dank effektiverer bzw. überhaupt erst vorhandener Filteranlagen deutlich weniger als Benziner, obwohl die Rohemission deutlich höher ist.

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Wieso ist der Dieselmotor so verteufelt?

Um die Frage möglichst umfassend zu beantworten, muss man ein wenig weiter ausholen. Ich versuche, es so knapp und allgemeinverständlich wie nur möglich zu halten:

Dieselmotoren stellen klassische "Magermotoren" dar. Das bedeutet: Es herrscht ein genereller Luftüberschuss - selbst bei Volllast. Außerdem haben Dieselmotoren eine geringere Abgastemperatur als Ottomotoren, und durch den kohlenstoffreicheren Kraftstoff samt inhomogener Gemischbildung erzeugen diese Motoren als "Rohemission" (also so, wie es aus dem Motor kommt) wesentlich mehr Ruß als "Benziner".

Diese unheilvolle Kombination hat nun mehrere Effekte: Einerseits werden unter Druck und Hitze aus dem Stickstoff der Atemluft (Anteil rund 3/4) die bekannten Stickoxide erzeugt, und der Ruß muss irgendwie herausgefiltert werden. Fährt man die Motoren unter längerer Niederlast, und kommen noch ein paar Kurzstrecken hinzu, lagert sich der Ruß überall ab, kann den Rußfilter verstopfen, außerdem die katalytisch aktive Schicht des Katalysators zeitweise deaktivieren. In der Praxis hat man dann einen Motor, welcher ohne zusätzliche Einrichtungen (idealerweise einen SCR - Kat mit Ad Blue) sehr viele NOx emittiert, und unter gewissen Betriebsbedingungen auch deutliche Mengen an HC, darunter sehr giftige und geruchsintensive PAK. Beim Abbrand des Rußflters werden zusätzliche Schadstoffe frei, und aufgrund des Harnstoffes kann Ammoniak entstehen. Beim "klassischen" Ottomotor werden alle Schadstoffe (CO, HC und NOx) im geregelten 3 - Wege - Kat bei Lambda = 1 nahezu vollständig eliminiert, Ruß fällt kaum an.

Der eigentliche Skandal setzte sich wie folgt zusammen: VW wollte sich in Europa das SCR - System sparen, bzw. in den USA, wo diese System früher verbaut wurden als hierzulande, den Zusatzstoff Ad Blue zur NOx - Beseitigung, damit die Kunden seltener nachfüllen müssen. Dazu wurde eine Prüfstandserkennung ersonnen. Kfz auf dem Prüfstand = "Sauber", was auf der Straße ist = egal - so die Denke der VW - Ingenieure. Und die bereits genannten weiteren Problematiken wurden noch nicht mal öffentlich erwähnt.

Außerdem stoßen Diesel weniger CO2 aus als die Ottos. Meines Erachtens nach müsste es Ottofahrverbote geben, keine Dieselfahrverbote.

Das war mal. Da Dieselmotoren bei gleichem Verbrauch rund 11 % mehr CO2 emittieren, während Ottos immer sparsamer werden, gibt es aktuell einige Modelle (bei vergleichbarer Leistung), die die gleiche CO2 - Emission haben. Davon abgesehen macht es gar keinen Sinn, einen Stoff, welcher kein Giftstoff darstellt, hinsichtlich der Umweltrelevanz höher zu gewichten als beispielsweise polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffverbindungen (PAK), von denen Dieselmotoren unter bestimmten Betriebsbedingungen deutlich mehr emittieren als Benziner. Man riecht es sogar: Einfach mal, speziell im Winter, an einer Hautpverkehrsstraße entlanggehen oder - fahren. Der Dieselmuff ist überdeutlich, in den USA (New York zum Beispiel) gibt es das schlicht nicht, dort gibt es kaum Diesel, und die Luft ist trotz erheblichem Verkehrsaufkommens sehr frisch und geruchlos.

Damit man mich nicht falsch versteht: Dieselmotoren haben durchaus ihre Rechtfertigung, schon alleine deswegen, weil man allen Kraftstoff nutzen sollte - schließlich entsteht bei der Destillation von Erdöl immer sowohl Diesel, als auch Benzin (unter anderem). Aber bitte nicht dort, wo Verkokung droht, sondern nur auf der Autobahn, idealerweise für den Schwerlastverkehr, so wie es früher halt auch war. Und nicht ohne SCR - System, denn "ohne" hauen moderne Dieselmotoren bequem 100x soviel Stickoxide raus als Benzinmotoren ohne Magermix.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Beim Diesel ist die Energiedichte per Liter Kraftstoff einfach höher als bei Benzin .

Im Erdöl-Raffinierungsprozess fallen aber Diesel und Benzin als Teilderivate trotzdem an . Jahrzehnte lang wurde Diesel in DE stark subventioniert , während es Benzinern abgastechnisch immer härter an den Kragen ging . ( U-Kat, G-Kat und Kat 2 bis X )

Nun vergleichen wir mal , wann der erste Partikelfilter bei Dieseln vorgeschrieben wurde nebst Ad-Blue bei LKW.

Fragen wir weiter , wie lange bei den Amis noch Benzin-LKW stärker als Diesel-LKW verbreitet waren .

Die Amis wollten zu Letzt nur ihre eigene KFZ-Produktion aufrecht erhalten , und die Europäer hatten da gepennt gegenüber den US - Anforderungentwicklungen beim Diesel .

In den USA waren Diesel beim Kraftverkehrswesen früher erheblich weniger verbreitet als in Europa . ( Man sah halt bei älterer Technik , wenn ein Diesel richtig ackern mußte )

Hätten VW & Co. nicht geschummelt , hätte der Diesel an sich nicht derartige Imageverluste international erlitten .

Von einem Experten bestätigt
ein Auto mit Dieselmotor verbraucht ja deutlich weniger als ein Auto mit Ottomotor

...weil der Diesel mehr Energie pro Volumen enthält. Primär deswegen.

Außerdem stoßen Diesel weniger CO2 aus als die Ottos.

1 Liter Diesel verbrennt mit höherem CO2-Ausstoß als 1l Benzin, daher nicht zwangsläufig.

Warum sind die Diesel also so verteufelt?

Dieselmotoren haben konstruktionsbedingt ein starkes Feinstaub- und Stickoxidproblem durch die hohen Verbrennungstemperaturen, Drücke und Direkteinspritzung. Nachdem vor 5 Jahren noch rauskam, dass die Abgasreinigung von Dieselautos nicht unbedingt so super funktioniert wie im Testzyklus, hat das die DIskussion noch weiter angeheizt.

Generell braucht es eine deutlich komplexere Abgasnachbehandlung als bei den meisten Benzinern, um deren Schadstoffemissionen zu erreichen.

Die Top 3 der Neuwagen mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß ohne Plug-In Lademöglichkeit haben zudem durchgehend Benziner inne.

roboboy  01.01.2021, 20:22

Die Top 3 der Neuwagen mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß ohne Plug-In Lademöglichkeit haben zudem durchgehend Benziner inne.

Das ist aber auch wieder ein schlechter Vergleich-in Kleinstwägen, die in Testzyklen extrem gute Verbräuche eingefahren werden können, werden i.d.R. nur Benzinmotoren verbaut. Also ist das auch nur die halbe Wahrheit. Dass ein Diesel i.d.R. auch effizienter läuft wie ein Benziner, kann man schon sagen, dass mehr Energie in Bewegung umgesetzt wird und somit auch der CO2-Ausstoß gesenkt wird.

Generell gilt aber eine wichtige Sache: Egal ob Benziner oder Diesel, der richtige Motor fürs richtige Auto. Einem Kleinstwagen reicht ein 0,9 Liter Benziner, der nur in der Stadt gefahren wird, zum Einkaufen. Ein 5er BMW sollte weiterhin mit einem Großen Diesel angetrieben werden, wir haben die Erfahrung gemacht, dass der größte Diesel oft man wenigsten Verbraucht. Durch die Praktische Drehmomentkurve, die große Aufladung und durch andere, gute Bauartvorgegebene Bedingungen (keine Drosselklappenverluste bei Halbgas, Qualitätsregelung,...).

Einfach der richtige Motor fürs richtige Auto, fertig.

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SpitfireMKIIFan  01.01.2021, 23:38
@roboboy

Mit VWs 1.2 TDI im Lupo und A2 gabs sehr effiziente Diesel auch in Kleinwägen. Die waren im CO2-Ausstoß trotzdem nicht besser als ein Yaris Hybrid, der geringfügig mehr verbraucht.

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roboboy  02.01.2021, 17:31
@SpitfireMKIIFan

Ja, aber damals die 3L Autos waren ohne Hybridisierung gebaut. Wenn du diese auch dem Diesel von damals gegeben hättest, läge der Verbrauch noch viel weiter drunter....

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checkpointarea  01.01.2021, 23:33
Dieselmotoren haben konstruktionsbedingt ein starkes Feinstaub- und Stickoxidproblem durch die hohen Verbrennungstemperaturen, Drücke und Direkteinspritzung.

Ergänzend noch: Auch Wirbel, - oder Vorkammerdieselmotoren emittierten ordentlich Ruß - es ist also nicht (nur) die DI hierfür ursächlich. ;)

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SpitfireMKIIFan  01.01.2021, 23:37
@checkpointarea

Ja, aber "dicken" Feinstaub, Feinstaubbrickets quasi ;) Ich hätte lungengängiger Feinstaub schreiben sollen

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checkpointarea  01.01.2021, 23:43
@SpitfireMKIIFan
Ja, aber "dicken" Feinstaub

Hört man immer wieder - scheint aber nicht zu stimmen. Ich darf mal eine Studie von 2003, welche auf den Namen "Vergleich der Wirkungseigenschaften und der Wirkungsstärke von Dieselmotorabgasen der 1960er Jahre und heute" hört, zitieren:

Bei modernen Dieselmotoren sind sowohl Masse als auch Anzahl der Feinpartikel 50 – 200 nm reduziert. Dies gilt sowohl für Pkw als auch für Nutzfahrzeuge.
Partikelgrößenverteilungen und Partikeldurchmesser von Pkw und Nutzfahrzeugen unterscheiden sich nicht.
Die Partikelgrößenverteilung ist ausgesprochen unempfindlich gegenüber Änderungen der Motortechnik oder der Kraftstoffzusammensetzung.
Mittlere Durchmesser betragen 50 bis 150 nm.
Anzahl der Nanopartikel <30 nm ist gering.
Emissionen von Nanopartikeln <30 nm sind heute gegenüber früher erheblich reduziert. Ursache ist die drastische Verminderung des Schwefelgehalts (frühere Gehalte >2000 ppm).

Autoren: Prof. Dr. med. Helmut Greim, Dr. Wolfgang Hillesheim,

Dr. Harald Esch, Dr. Hartmut Höke, Dr. Iris Zwirner Baier

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checkpointarea  01.01.2021, 23:46
@SpitfireMKIIFan

Die Widerlegung von einmal festgebissenen Stammtischweisheiten ist enorm müßig und zeitaufwendig, aber nicht unmöglich, wie Du siehst - zumal es kaum jemanden zu geben scheint, der ein Interesse an der Widerlegung der Denke "Alte Diesel emittieren keinen Feinstaub" hat. ;)

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